Welche Beeren kann man im Juli ernten? Bei der Beantwortung der Frage zur Beerenernte im Juli geht es einem fast wie im richtigen Leben: Der Juli ist ein eigenartiger Zwischenmonat, es ist zwar Hochsommer, die Mitte des Jahres ist erreicht, die längsten sonnigen, ja heissen Tage sind endlich da, und trotzdem ist niemand hier. Das Leben verlangsamt sich, sehr viele Nachbarn, Freunde, Arbeitskolleginnen sind in den Ferien, und der Rest freut sich über die plötzliche Ruhe, die abnehmenden Telefonate – und vielleicht auch über die Zeit im Garten. Aber was sollen wir im Garten tun, wir können ja unmöglich einfach untätig herumsitzen? (Ich weiss, ich rate in meinen Gartenbriefen gerne und wiederholt zum Müssiggang im Garten, aber ich weiss auch, dass dieser Ratschlag bei den Gärtnerinnen und Gärtnern eher selten auf fruchtbaren Boden fällt…) Damit wären wir glücklich zurück bei unserem eigentlichen Thema: Welche Beeren sind im Juli zu ernten? Was ist mit den Beerensträuchern, können sie uns wenigstens mit ihren reifen Beeren helfen, einen weiteren Grund zu finden, im Juli auf die Ferien zu verzichten und den Garten zu geniessen?
Inhaltsverzeichnis
- Der Juli als »Wasserscheide« der Beerenpflanzenwelt – schon abgeerntet oder noch nicht ganz reif…
- Beerenernte im Juli: Johannisbeeren
- Himbeeren, die im Juli reifen
- Brombeeren im Juli – die Reife beginnt
- Heidelbeeren – die frühen grossfrüchtigen Kulturheidelbeeren
- Wann pflanzen, um schon im nächsten Sommer zu ernten?
Bild: Wer zuletzt kommt... gilt für einige Strauchbeeren bereits im Juli, aber nicht nur wegen der zeitigen Reife. Die Vögel sind oft einfach schneller, deshalb unser Tipp: rechtzeitig Vogelschutznetze anbringen!
Der Juli als »Wasserscheide« der Beerenpflanzenwelt – schon abgeerntet oder noch nicht ganz reif…
Wenn wir versuchsweise die Welt der Strauchbeeren von ganz hoch oben, im Überblick zu betrachten, so können wir mit etwas Glück und vor allem mit etwas Abstraktion zwei verschiedene Gruppen unterscheiden: erstens die Frühlingsblüher und die zweitens die Direktblüher oder Sommerblüher.
Die Frühlingsblüher blühen – na wann denn? – im Frühling, die Blütenanlagen dafür sind aber schon im Vorjahr entstanden. Die Pflanze hält die Blütenanlagen, die in manchen Fällen schon im Sommer des vergangenen Jahrs ausdifferenziert wurden, im Herbst und Winter mit Hemmstoffen ruhig, um eine vorzeitige und letztlich unproduktive Blüte im Herbst des laufenden Jahres zu verhindern. Im Winter dann werden die Hemmstoffe dank der Kälte abgebaut und mit den wärmer werdenden Temperaturen im Frühling nehmen die Blütenanlagen ihren Lauf, sie falten sich aus, werden hoffentlich befruchtet und entwickeln die Früchte, die wir anstreben, und die Samen, die die Pflanze zum Überleben braucht.
Die Sommerblüher sind mutiger, ja vielleicht auch frecher. Sie trauen sich sehr viel zu und wagen es, im gleichen Jahr Triebe, Blüten und Früchte zu entwickeln. So früh wie möglich, bei genügend gutem Wetter und bei einer bestimmten Pflanzenentwicklung werden die Blütenknospen differenziert und die Blüten, später dann auch die Samen und Früchte entstehen noch im gleichen Jahr. Diese Strategie wählen vor allem Arten und Sortentypen, die aus wärmeren Regionen stammen – und in ihrer Geschichte über Hunderttausende von Jahren gelernt haben, dass ihre Chancen gutstehen, im gleichen Jahr am diesjährigen Holz Blüten auszubilden und Früchte ausreifen zu lassen
Sture Frühlingsblüher (z.B. alle Johannisbeeren) dagegen entstammen meistens Regionen mit einer kürzeren Vegetationsperiode – hier ist es aus Sicht der Pflanze sinnvoll, die wertvollen Blüten-Ressourcen über den Winter sicher zu verstecken, so dass sie dann im Folgejahr für die Samen- und Fruchtproduktion zur Verfügung stehen.
In der Folge dieser Logik (zu der es wie fast immer in der Natur auch genügend Gegenbeispiele gibt) reifen Frühlingsblüher meist früh. Die Blütenanlagen sind ja schon fixfertig angelegt und die Pflanze möchte ihr Überleben, das ja an den reifen Samen liegt, so schnell wie möglich sicherstellen. Viele Frühlingsblüher sind also im Juli schon überreif oder ganz und gar abgeerntet. Und die Sommerblüher und Direktträger? Sie brauchen naturgemäss mehr Zeit, um Früchte auszubilden, da sie alle ‘Arbeit’ in eine Vegetationsperiode pressen: Triebwachstum, Blütendifferenzierung, Blütenausbildung, Fruchtwachstum und Fruchtreife, dazu die Samenreife. Also tragen viele Sommerblüher (z.B. die meisten Herbsthimbeeren und auch Herbstbrombeeren) im Juli noch kaum Früchte, von einigen Ausnahmen abgesehen. Allerdings gibt es wie immer in der Natur auch Ausnahmen, die diese Regeln bestätigen. Und genau um diese geht es, wenn wir Früchte und Beerensorten suchen, die im Juli, in diesem Übergangsmonat der Natur reif werden – nach dem Einschnitt des längsten Tages.
Beerenernte im Juli: Johannisbeeren
Im Beerengarten sind die Johannisbeeren die Frühlingsblüher par excellence. Sie blühen früh, schnell nach Vegetationsbeginn, und möchten ihre Früchtchen und Sämchen schnell ins Trockene bringen. Das gilt auch für die verwandten Ribes-Arten wie die Stachelbeeren. Umso mehr stechen einige Sorten hervor, die dann doch erst im Juli reif werden. Bei den roten Johannisbeeren sind das Ribest® 'Sonette' und Ribest® 'Violette'. Diese beiden Sorten haben auch die Fähigkeit, ihre Früchte sehr lange reif am Stauch zu halten. Und in der Regel lohnt sich das Zuwarten auch, weil die Früchte dann immer milder und auch süsser werden.
Bild: Ribest® 'Sonette' wird im Juli reif.
Bei den Schwarzen Johannisbeeren ist die Zeit der Frucht-Pracht auch schon weitgehend vorbei. Durch die Einzüchtung von russischem und ukrainischem Genmaterial ist bei den Schwarzen Johannisbeeren von Lubera, bei den Cassissima® Sorten die Ausrichtung auf früh reifend & grossfruchtig & hohe Zuckerwerte noch eindeutiger geworden. Einzig die Sorte Cassissima® 'Late Night'® schiebt die schwarze Pracht bis in den Juli. Sie hat auch andere Vorfahren als alle unseren anderen Sorten. Im Gegensatz zu 'Black Marble'® und Little 'Black Giant'®, die alle schon im Juni reifen, bildet Late Night® relativ lange Trauben mit nur mittelgrossen Beeren aus und der Säureanteil ist deutlich akzentuierter als bei den frühen Sorten, dafür die Brixwerte tiefer (12-14 Brix vs bis zu 20 Brix bei den grossfrüchtigen Sorten wie Black Marble). Dennoch hat Late Night® im Garten ihren Platz: Dank ihrer Säure und vor allem dank des akzentuierten Cassisgeschmacks eignet sie sich diese Sorte besonders gut zu Mischkonfitüren und Mischsäften mit anderen Früchten. Das Cassisaroma mit fast beliebigen anderen Früchten zu kombinieren führt fast immer – auch bei sehr exotischen Kombinationen – zu spannenden Resultaten. Die Geniesser der neuen Kreationen stellen zwar sofort den exotischen Geschmack fest, können aber meist nicht genau sagen, woher der Eindruck stammt.
Bild: Cassissima 'Black Marble'® treibt die Suche nach Grossfrüchtigkeit bei Schwarzen Johannisbeeren auf ein neues Level…
Himbeeren, die im Juli reifen
Bei den Himbeeren entsprechen die sogenannten Herbsthimbeeren genau der obigen, zunächst theoretisch gehaltenen Beschreibung der Sommerblüher und Direktträger: Sie haben die Fähigkeit, alles im gleichen Jahr zu ‘erledigen’, vom Triebwachstum bis zur reifen Frucht. Dies ist zumindest in gemässigten Klimazonen mit einem deutlichen Wintereinschnitt ein ziemliches Wunder der Natur, ein Rennen gegen die Zeit und die Jahreszeiten, da ja Früchte und Samen noch reif werden müssen. Lange Zeit, weit bis ins 20. Jahrhundert hinein, blieben Himbeer-Sorten mit diesen Eigenschaften eher unbeachtet, weil sie einfach zu spät reif wurden und weil ein zu grosser Anteil der Herbsternte gar nicht mehr reif wurde. Durch kontinuierliche Züchtung und mit der Einzüchtung von frühreifenden Rubusarten ist es jedoch gelungen, den Reifezeitpunkt immer mehr nach vorne zu schieben. Der Durchbruch kam dann in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Sorte 'Autumn Bliss'. Unsere Sorte 'Autumn First'® ist eine Tochter von 'Autumn Bliss', verbessert sie in fast allen Eigenschaften, nur gelang es uns mit dieser Sorte (noch) nicht, den Beginn der Zeit der Reife und Ernte in den Juli hinein vorzuziehen. Also ist auch bei Autumn First und bei den meisten anderen Herbsthimbeersorten nichts mit der Ernte im Juli…
Bild: 'Autumn First'® ist eine in vielen Belangen verbesserte Tochter von Autumn Bliss.
Dieses Kriterium – Ernte im Juli – erfüllen allerdings perfekt unsere kompakt wachsenden Lowberry® Himbeeren wie 'Little Sweet Sister'® und 'Good as Gold'®, deren Reife regelmässig bereits im Juli einsetzt. Und das ist auch leicht erklärbar, wenn man sich die Architektur dieser Sorten ansieht: Durch ihren kompakten Wuchs (dank etwas kürzerer Internodien) haben sie ihr Saisonziel schneller erreicht und bilden dann an den Triebspitzen Blüten aus – die Grundlage der frühen Ernte. Und umgekehrt verhindert die frühe Blüten- und Fruchtentwicklung mit ihrem massiven Energiebedarf ein weiteres Wachstum. Dieser ineinandergreifende Regelmechanismus Kompakter Wuchs – frühe Blütenbildung – Wachstumshemmung führt dann zur grundsätzlich bei Herbsthimbeeren unüblichen frühen Reifezeit im Juli.
Bild: Himbeere 'Little Sweet Sister'® wächst sehr kompakt und wird nur bis 80 cm hoch.
Umgekehrt können die spätreifenden Sommerhimbeeren (Frühlingsblüher, die an den letztjährigen Trieben fruchten) bis in den Juli hinein reifen und so mithelfen, die Himbeerlücke im Juli zu schliessen. Unsere neue, hocharomatische Sommerhimbeer-Sorte 'Summer Chef'® ist das beste und vor allem am besten schmeckende Beispiel dafür!
Bild: 'Summer Chef'® ist hocharomatisch, ein Leckerbissen…
Brombeeren im Juli – die Reife beginnt
Brombeeren sind in der Entwicklung deutlich langsamer als die eng verwandten und der gleichen Art angehörigen Himbeeren. Sie brauchen mehr Zeit für die Blütenbildung, und auch die Zeit von der Blüte bis zur reifen Frucht dauert deutlich länger als bei den Himbeeren. Bis vor kurzem begann daher die Brombeerreifezeit so richtig erst im August: Sorten wie 'Navaho® Original' und Loch Ness haben im Juli in den meisten Jahren noch nicht allzu viel zu bieten – ausser, dass die Früchte massenhaft grün und leicht rötlich werdend am Strauch hängen und sich fast zu weigern scheinen, reif zu werden. Der Grund dafür ist leicht erklärt: Vor allem in Regionen mit sehr hohen Sommertemperaturen ist es im Juli häufig zu warm, bei Temperaturen über 30°C beginnt die Pflanze in den Überlebensmechanismus zu wechseln, sie schützt sich gegen die Hitze, stoppt ihr Wachstum. Trotz der Wärme und gerade wegen ihr geht dann auch die Reife kaum mehr vorwärts…
Auch hier aber beginnt die Beerenzüchtung von Lubera Abhilfe zu schaffen und neue Sorten zu kreieren, die regelmässig ihren Erntehöhepunkt im Juli haben. Unser erstes Beispiel ist sicher 'Navaho® Bigandearly'®, aber in der Züchtungspipeline stecken für die nächsten Jahre diverse Sorten, die den Juli für die schwarzen Riesenbeeren erobern werden – und den Zuhause-Gebliebenen helfen, noch mehr Gründe für den Ferienstreik im Juli zu finden. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute hängt so nah…
Bild: 'Navaho® Bigandearly'® ist die erste Brombeere, die schon im Sommer reift!
Heidelbeeren – die frühen grossfrüchtigen Kulturheidelbeeren
Die die grossfrüchtigen Kulturheidelbeeren (Vaccinium corymbosum) beginnen im Juli erst zögerlich reif zu werden. Sie stammen aus dem Nordosten der USA, aus den Küstengebieten, und tun sich mit sehr hohen Sommertemperaturen auch eher schwer. Deshalb ist bei uns in der Baumschule sowohl in der Schweiz als auch in Norddeutschland das Hauptwachstum der Sträucher erst im August und September. Die beste frühe Sorte ist weiterhin 'Duke', die noch aus der Pionierzeit der Heidelbeerzüchtung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammt. Und auch für die frühe Reife von 'Duke' gibt es einen Grund: 'Duke' hat einen relativ hohen Anteil von Vaccinium angustifolium in ihren Genen – gerade zur Anfangszeit der Heidelbeerzüchtung wurden nämlich häufig Sorten von Vaccinium corymbosum mit Vaccinium angustifolium gekreuzt. Vaccinium angustifolium stammt noch weiter aus dem Norden Nordamerikas. Von ihrer Herkunft hat die Art auch die Fähigkeit, früher zu starten und schneller Früchte zu produzieren, was sich auch in der frühen Reife von 'Duke' zeigt. Übrigens ist die im Juli reifende 'Duke' dank der guten Abhärtung des Holzes im Herbst auch die beste Heidelbeersorte für Höhenlagen (wenn es auch nicht mehr ganz für die Ernte im Juli reicht…). Auch mittefrühe Sorten wie 'Blueroma'® können erste reife Früchte schon im Juli ausbilden. Es lohnt sich also auf jeden Fall, die süssen Blauen im Hochsommer regelmässig mit einem Besuch zu beehren und die Erstlingsfrüchte einzeln rauszupicken, abzuernten und gleich stante pede zu geniessen. Das Gros der Heidelbeeren folgt später, aber die Erstlingsfrüchte stillen schon mal die erste Lust auf den blau-süssen Genuss.
Bild: Die beste frühe Sorte unter den Kulturheidelbeeren heisst 'Duke'.
Wann pflanzen, um schon im nächsten Sommer zu ernten?
Grundsätzlich ist der Juli ein guter Pflanzmonat. Meist wird diese Tatsache etwas unterschätzt, weil Frühling und Herbst im Vordergrund stehen. Aber warum – um Gottes Willen – soll ich dann im heissesten Monat des Jahres pflanzen? Dafür gibt es mindestens 3 gute Gründe:
- Du hast Zeit, ev. bist du eben gerade nicht in den Ferien, aber die Geschäftigkeit nimmt in der Ferienzeit doch allgemein ab. Also Zeit zum Pflanzen und dann, schon nach einem Jahr: Zeit zum Geniessen, wenn die ersten Früchte reif werden.
- Der Boden ist warm, viele Schadorganismen, vor allem die gefürchtete Wurzelfäule Phytophthora der Himbeeren ist im Hochsommer inaktiv, sie liebt es feucht und kühl. Die frischen Wurzeln der neugepflanzten Beerensträucher haben ganz einfach Freude und Lust, aber auch Druck, in den neuen Gartenboden vorzustossen. Schliesslich brauchen Pflanzen unbedingt Wasser. Gerade deshalb ist gut, frisch im Sommer gepflanzte Beerensträucher zwar nach dem Pflanzen gehörig anzugiessen, aber nachher sollte man sich schnell zurückhalten. Die Pflanze und ihre aktivsten, sensibelsten und intelligentesten Organe, die Wurzen, sollen ja einen Grund haben, zu arbeiten…
- Bei sehr vielen Arten haben die Baumschulen im Juli die ersten neuen Pflanzen verfügbar. Die sind zwar häufig etwas kleiner als die Frühjahrspflanzen, aber sie haben eben jetzt ihren besten Lauf, und sie bringen diesen Schwung auch in ihre neue Heimat, in Deinen Garten mit!