Im Gemüsegarten und in den Kräutergärten gedeihen zahlreiche Pflanzen, die Gefühle und Räusche auslösen können. Auch manche gängige und gewöhnliche Pflanzen wie der Spargel oder die Petersilie gelten als anregend und aphrodisierend. Bei den giftigen und exotischen Pflanzen finden sich noch mehr Liebesmittel, von denen jedoch einige nicht ganz ungefährlich sind. Harmlos für den täglichen Genuss hingegen sind Sellerie, Knoblauch oder Tomaten.
Die aphrodisierende Kraft vieler Speisen ist seit Jahrtausenden bekannt und erprobt. Für fast jedes Anliegen des Herzens ist ein Kraut gewachsen. Lange war das alte Kräuter- und Hexenwissen jedoch vergessen und verdrängt worden. Im Zeitalter von Viagra und Psychopharmaka besinnen sich aber immer mehr Menschen zurück auf die natürlichen Wundermittel, die im Hausgarten gedeihen. Und deren gibt es viele! Feurige Chilis und exotischer Zimt bringen das Blut in Wallung. Artischocken, Rettich und Sellerie wecken die Lust. Auch Zwiebeln und Knoblauch wie auch Schnittknoblauch wirken anregend. Allerdings sind sie aus olfaktorischen Gründen nur dann wirksam, wenn sie von beiden Partnern genossen werden. Vom Knoblauch wusste schon Matthiolus im Mittelalter zu berichten: «Wer an natürlichen Werken nichts schaffen kann, der esse oft Knoblauch ... er bekommt wieder Lust und Kraft.» Tatsächlich enthalten die weissen Zehen cholesterinsenkende und gefässerweiternde Substanzen. Es gilt inzwischen als erwiesen, dass Knoblauch hilft, die Manneskraft bis ins hohe Alter zu erhalten. Andere Aphrodisiaka wirken hauptsächlich durch ihre optischen Reize. Insbesondere bei Spargel und Feigen liegt die Wirkungskraft auch in der äusseren Ähnlichkeit mit den primären Geschlechtsorganen. Bei frischem Spargel liegt einige Wirkung aber auch in den Stoffen Molybdän und Zink, die in recht hoher Konzentration in dem beliebten Frühlingsgemüse enthalten sind. Diese Stoffe sollen eine positive Wirkung auf den Sexualtrieb beider Geschlechter haben.
Bild: Die kecken Knospen des Schnittknoblauchs wirken wie auch der klassische Knoblauch anregend. Nebst den Stielen, die wie Schnittlauch verwendet werden, sind auch die Blüten dieser lustigen Pflanze essbar.
Geilwurz und Stehsalat
Viele der geläufigen Kräuter und Gewürze wirken stimulierend auf den Blutkreislauf, sie regen das zentrale Nervensystem an und erhöhen das Leistungsvermögen. Aphrodisische Kraft wird unter anderem dem Senf, dem Meerrettich, aber auch Basilikum, Bohnenkraut, Salbei und Minze nachgesagt. Ein zwiespältiges Liebeskraut ist allerdings die Petersilie. Ein altes Sprichwort besagt: «Petersilie bringt den Mann aufs Pferd und die Frau ins Grab.» Den Männern diente die Petersilie von alters her als Potenzmittel. Frauen hingegen verwendeten sie für gefährliche und mitunter tödliche Abtreibungen. Petersilie galt traditionell auch als Kraut der Toten, und in manchen Kulturen wird sie darum als Unglücksbringer angesehen. Wer abergläubisch ist, sollte niemals eine Petersilienpflanze ausreissen und dabei an einen Menschen denken - diese Person könnte verhext werden und sterben. Petersilie enthält aber vor allem den Wirkstoff Apiol, dessen aphrodisierende Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist. Davon mussten auch die alten Griechen etwas geahnt haben. Der Sage nach war die Insel der Nymphe Kalypso nämlich mit einem Teppich aus Petersilie bedeckt, als sie Odysseus verführte. Auch Sellerie, der botanisch mit der Petersilie verwandt ist, enthält Apiol und wird im Volksmund nicht umsonst «Stehsalat» und «Geilwurz» genannt. Mit Petersilie und Sellerie verwandt ist auch der Liebstöckel, bei dem ja schon der Name die Wirkung andeutet. Seit Menschengedenken wurden sowohl das frische Kraut wie die Wurzeln des Liebstöckels als Aphrodisiakum verwendet.
Exotische Aphrodisiaka
Es gibt eine ganze Reihe exotischer Kräuter und Gewürze, die erotisierend wirken. So gelten Koriander, Ingwer und Pfeffer als anregend. Das bekannteste exotische Liebeskraut dürfte allerdings das indische Patchouli sein. Es wächst jedoch erst bei Temperaturen über 12 Grad, und ist hierzulande in den Gärten praktisch nie anzutreffen, ausser vielleicht im geheizten Gewächshaus von spezialisierten Sammlern. In tropischen Gebieten entwickelt sich die Patchouli-Pflanze jedoch rasch zu einem stattlichen, minzeartigen Busch. Das intensive Patchouli-Aroma entsteht aber erst, wenn die verwelkten Blätter fermentiert werden. Aus Mexiko stammt die Pflanze Damiana. Sie verrät schon im botanischen Namen, welche Wirkung ihr nachgesagt, wird, denn sie heisst auf lateinisch: Turnera diffusa var. aphrodisiaca. Dieses Kraut soll die Manneskraft ganz ausserordentlich stärken. Der legendäre mexikanische Guadalajara-Likör wird mit den dunklen Blättern des Damiana-Krautes angereichert. In Brasilien ist die Wirkung von Damiana ebenfalls bekannt. Dort wird ein Tee als Stärkungsmittel verwendet, und manchmal werden auch einfach die Damiana-Blätter gekaut. In dieser Form sollen sie aber eher eine beruhigende Wirkung entfalten. Besonders wirksam ist Damiana, wenn es während drei Monaten regelmässig eingenommen wird. Die Maya haben das Liebeskraut in Form von Tee und Likör konsumiert, und in manchen Gegenden Mexikos wurden die getrockneten Blätter auch geraucht.
Prickelnd bis gefährlich
Früher haben die Hexen aus berauschenden, giftigen und zum Teil auch recht gefährlichen Pflanzen ihre Liebeselixiere zusammengebraut. Zu den berühmtesten dieser hochgiftigen Pflanzen gehören die Alraune, das Bilsenkraut sowie die Tollkirsche. Diese können alle im Kräutergarten kultiviert werden, wobei die Alraune jedoch einiges gärtnerisches Geschick verlangt. Das Bilsenkraut wächst an einem warmen Standort recht einfach. Und Tollkirschen gedeihen hierzulande auch wild. Aus diesen drei klassischen Zauberpflanzen wurden Flugsalben ebenso wie geheimnisvolle Hexentinkturen hergestellt, die vorzugsweise heimlich dem Wein des Angebeteten beigemischt wurden. Heute würde man solche Mittel wohl k.o.-Tropfen nennen, und es wäre strafbar, sie zu verwenden. Die harmlosen Verwandten dieser hochgiftigen, legendären Liebeszauberpflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse sind die Tomaten. Dank ihres hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalts wirken sie anregend, ohne aber gefährlich zu sein. Sie heissen nicht umsonst Liebesäpfel. Und von den Kartoffeln, die ja auch Nachtschattengewächse sind, weiss der Volksmund, dass sie angeblich dumm machen. Was das für die Libido heisst, ist allerdings bis jetzt nicht wissenschaftlich erforscht worden.
Bild: Tomaten, hier die beliebte Balkonsorte 'Fuzzy Wuzzy' gelten wie die meisten Nachtschattengewächse als Liebeszauberpflanzen.
Salat ist nicht gleich Salat
Harmloser geht es in der Salatschüssel zu, denn Salat kann wohl kaum je gefährlich werden. Aber ganz so harmlos ist das gesunde Grünzeug dann auch wieder nicht. Die eingedickte Milchflüssigkeit des Lattichs zum Beispiel wurde früher als die Samenflüssigkeit der Götter angesehen. Tatsächlich enthält sie ein morphiumähnliches Alkaloid und würde, hochkonzentriert geraucht, durchaus eine drogenähnliche Wirkung entfalten. Auch Feldsalat enthält opiatähnliche Stoffe, aber nur in sehr geringer Menge. So viel Salat könnte man also gar nicht essen, als dass eine spürbare Wirkung eintreten würde. Anderseits gelten Salate der Familie Lactuca sativa von jeher als Liebestöter. Schon der griechische Arzt Dioskurides stellte fest: "Lattich wehret und verhindert die unkeuschen Träume." Die Frage ist beim Salat also, was nun stimmt. Manche Leute gehen so weit, dass sie ihren Salat in lauwarmem Wasser waschen, um den Milchsaft vorsichtshalber zu entfernen. Anderseits gelten Salate de Familie Cichorium als anregend, so zum Beispiel Endivie oder Chicoré mit ihren Bitterstoffen. Über diesen beliebten Winter-Salat schrieb Dioskurides: "Endivie macht selbst einen trägen Hahn geil!"
Safran für die Leidenschaft
Der herbstblühende Safrankrokus (Crocus sativus) symbolisiert leidenschaftliche Liebe. Bei den amourösen Abenteuern der alten griechischen und römischen Götter waren oft Safrankrokusse mit im Spiel. Das Brautlager von Zeus und Hera soll der Legende nach mit Krokus, Hyazinthen und Veilchen geschmückt worden sein. Und im Mittelalter hiess es schlicht, das kostbare Gewürz stachle die Begierde an. Daraufhin wurden die goldfarbenen Safranfäden prompt zur überaus kostbaren Rarität. Das sind sie bis heute geblieben – die wilden Safrankrokusse sind in der Natur streng geschützt. Aber wer im Garten einen sonnigen, warmen Standort hat, kann mit etwas Geschick durchaus eigenen Safran anbauen. Und wenn sich mit den Jahren eine Safran-Krokuswiese bildet und die Ernte dann irgendwann gross genug ausfällt, ja dann reicht es vielleicht sogar einmal für ein Safran-Bad. Marc Aurel soll in Safranwasser gebadet haben, um seine Manneskraft zu stärken.