Im Norden Deutschlands jagt ein Regensturm den nächsten und Ranka rettet ihren Sanddorn vor dem Ertrinken
Ein Topfgarten ist ja schön und gut und meine an die 200 Töpfe retten meine Ernten vor den Wühlmäusen, aber manchen meiner grünen Genossen wird der Topf zur Todesfalle. Nachdem es nun in diesem milden Winter immer wieder schüttet wie aus Kübeln (Ironie pur), müssen Rettungsaktionen gestartet werden. Die schwächelnden Kandidaten, die NICHT als Teichpflanzen geeignet sind, müssen raus in die barsche Natur und sich den fiesen Wühlmäusen stellen. Denn eines lässt sich nicht leugnen: Wenn es immer nur schüttet und schüttet, dann kann man noch so gute Kübelpflanzenerde haben und noch so viele Abzugslöcher im Boden der Container, irgendwann nützt das alles nichts mehr und der Topf verwandelt sich in eine dauernasse Moorlandschaft.
Himbeeren mögen trockene Füsse und Wühlmäuse lieben Stachelbeeren
Die Ersten, die den (Topf-)Geist aufgegeben haben, sind meine Himbeeren. Sie sehen leider aus, als wären sie im Himbeerhimmel gelandet: Schwarze Stummel ragen anklagend empor aus dem Kübel und zeugen von Phytophthora und Tod. Die in den Beeten ausgepflanzten Himbeeren spriessen dahingegen schon munter und grün hervor und scheinen den Dauerregen gut zu verkraften, denn da der Boden jährlich eine Kompostschicht erhält, ist der Lehm ausreichend mit Humus angereichert und porös geworden.
Gut, Lesson’s learned: Himbeeren wollen ausgepflanzt werden in meinem Mikroklima an der Küste. Auch die kleine zarte Baby Dwarf hat immerhin im Beet überlebt. Da Himbeeren schnell viele Wurzeln entwickeln (und sich bei Gefallen ausbreiten), können sie den Wühlmausattacken auch Wurzelmasse entgegensetzen, die sich schnell erneuert.
Meine Stachelbeeren müssen da leider im Topf bleiben, sie scheinen leckere Wurzeln zu haben und werden von den hinterhältigen Nagern gerne komplett vernichtet. Die roten und weissen Johannisbeeren stellen ein Mittelding dar. Sie gedeihen relativ gut im Kübel (ausreichend Platz und gute Düngung vorausgesetzt) und werden im Beet nur mässig angegriffen. Schwarze Johannisbeeren sind überall überlebensfähig und werden im Beet verschmäht von den unterirdischen Attacken.
Meine neuen Redlove Jedermann’s haben den nassen Winter im Kübel auch gut überstanden und sogar mein neuer Liebling, der Aromapfirsich Pico scheint robust zu sein. Er steht frisch und aufrecht in seinem Kübelgefängnis und ist voller hoffnungsfroher Knospen, auf deren Erblühen ich mich schon riesig freue.
Sanddorn braucht Sand (!) und Platz im Garten
Aber: Ein weiterer Notfall-Kandidat ist der Sanddorn. Meine geliebten Botanica und Garden’s Gift mögen definitiv KEINE Staunässe im Kübel. Sie stehen dort schon das dritte Jahr und sehen zugegebenermassen etwas leidend aus. Sie haben nicht umsonst das Wort "SAND" im Namen. Sie lieben durchlässige, sandige Böden – Wunder, oh Wunder. Und wie eingangs erwähnt, sind Kübel im Dauerregen alles andere als fluffig und trocken. Also müssen die Guten mitsamt ihrem männlichen Befruchter schnellstens befreit werden und hinaus in die raue Wirklichkeit des Gartens. Da sie auch ganz leicht Ausläufer treiben, hoffe ich, dass sie wie die Himbeeren gute Chancen gegen die unermüdlichen Attacken der Wühlmaus-Armeen haben. Und ich werde reichlich Sand unter die Erde mischen, damit sie sich erholen und wie am Strand fühlen (wo sie ja am liebsten stehen, deswegen sind sie hier an der Ostseeküste auch so beliebt als Befestigungspflanze am Ufer, zusammen mit den Kartoffelrosen (Rosa Rugosa).
Bild: Zu kleine und zu nasse Töpfe der Sanddorn muss jetzt in die Freiheit entlassen werden
Schneller und einfacher Sanddorntee zur Stärkung im Winter
Während ich darauf warte, dass der nasse Sumpf im Garten etwas abtrocknet, stärke ich mich mit den Resten meiner eingefrorenen Sanddornbeeren. Die meisten haben ich im Sommer frisch gegessen (sauer macht lustig), aber die eingefrorenen sind jetzt in der Grippesaison eine hervorragende Vitamin C Bombe, oder eher Bömbchen. Ich lassen immer ein paar in einer kleinen, flachen Schale auftauen, zerdrücke sie mit der Gabel, trinke den leckeren Saft und giesse die Reste, den Trester quasi, in einer Tasse mit heissem Wasser auf, schöpfe nach ein paar Minuten den Trester mit einer Gabel ab und löse einen Teelöffel Honig in dem leckeren Heissgetränk auf – den gibt es bei uns übrigens auch mit Sanddorn-Zusatz zu kaufen. 😉
Bild: Aufgetaute, zerdrückte Sanddorn Beeren, unten der Saft, oben der Trester
Man kann den Trester auch im Dörrapparat trocken und ihn in ein kleines Glas füllen, mit gutem Öl aufgiessen und hat dann nach ein paar Wochen ein wunderbares Hautpflegemittel.
Botanica und Garden’s Gift sind übrigens relativ leicht zu ernten, das nur mal am Rande erwähnt. Sie haben weniger Dornen als herkömmliche Sorten und grössere Beeren. Wusstet ihr, dass man Sanddorn auch direkt am Strauch auspressen kann? Dort kann man die Beeren zwischen zwei Finger nehmen, pressen und den Saft dann direkt darunter auffangen. Laut Internet scheint es mancherorts eine beliebte Erntemethode zu sein. Welch' eine Verschwendung! Dann bleiben ja die Hüllen der Beeren, die Schalen, am Strauch hängen! Viel zu schaden, denn die meisten Vitamine und Mineralstoffe sind bei allen Beeren ja in der der Schale. Also lieber ganze Beeren ernten und alles verwerten.
Bild: Ein schneller und unkomplizierter Sanddorn Tee mit frischer Pfefferminze aus dem Garten
Sanddorn mit der Maniküreschere ernten?
Man muss ja nicht gleich mit der Maniküreschere ran, wie seinerzeit Lesya Kobuchei, die als Kind von ihrer Oma quasi gezwungen wurde, zusammen mit der Mutter, den riesigen Sanddornstrauch ihrer ukrainischen Oma derart zu beernten. Erinnert ihr euch an den Artikel im kleinen, gelben Lubera-Büchlein oder Heft, dass es vor ein paar Jahren immer im Frühling gratis gab? Diese Geschichte (und die anderen von der pfiffigen Oma) haben sich bei mit wahrlich ins Gedächtnis gebrannt, herrliche Anekdoten und Tipps aus dem Osten von einer schlauen Oma, die als Apothekerin den Sanddorn wahrlich zu schätzen wusste.
Die Antwort auf Lesya’s Kolumne geschrieben von Markus Kobelt gibt es noch online nachzulesen:
Sanddorn war früher an vielen Orten eine Frucht, die besonders von der armen Bevölkerungsschicht gerne wild gesammelt wurde (die reichen Adligen hatten schon vor mehr als einem Jahrhundert schicke Gewächshäuser mit "besseren" sprich süsseren Beeren und verschmähten die sauren Dinger). Die armen Leute in Schweden entdeckten den Sanddorn wohl schon Anfang des 18. Jahrhunderts als Nahrungsquelle, jedenfalls gibt es da erste Aufzeichnungen über die Verwendung der sauren Beeren. Und auch zu Zeiten der Sowjetunion wurde der Sanddorn mehr als gerne als Marmeladenzusatz oder Medizin im langen, kalten Winter genutzt.
Bild: Botanica und Garden Gift's Beeren vor der ersten Ewigen Zwiebel, der Winterheckezwiebel
Lubera Sanddorn ohne Zucker geniessen
Wie gesund der Sanddorn ist, wurde dann jahrzehntelang vergessen und wurde erst vor ein paar Jahren erneut entdeckt. Sie passen gut in unsere moderne Zeit, in der wir nun endlich auch wissenschaftliche Beweise dafür haben, dass sauer und bitter extrem gesund sind. Sanddorn ist vom Geheimtipp zum Hipster-Snack allererster Güte mutiert, den es zumindest hier an der Ostseeküste in allen möglichen Variationen gibt – immer gesüsst natürlich. Wohl dem, der Sanddorn im eigenen Garten hat und sich daraus etwas zubereitet, das nicht mit tonnenweise Zucker zugeschüttet werden muss. Lubera’s Botanica und Garden’s Gift haben ja bekanntermassen russische Wurzeln und sind milder als ihre deutschen Verwandten!
Aber auch diese beiden, jungen Damen brauchen einen männlichen Liebhaber, z.B. den Herren „Pollmix“, der sie bestäubt. Kleiner Tipp von mir: Sanddorn braucht keine Bienen zum berührungslosen Liebesakt. Hier wird unabhängig von den kleinen Brummern gedacht und gehandelt und der Wind soll (idealerweise) den Pollen von Pollmix zu den lüstern wartenden Sanddorn-Damen in der Nähe bringen. Leider hatte ich in den ersten Jahren dieses nicht bedacht und den Herren hinter die Damen gestellt (alle im Topf), so dass der vorherrschende Südwest-Wind erst an den Damen entlang strich und dann erst den Herren erreichte. Und ich wunderte mich über mangelnden Ernte-Ertrag später im Jahr! Nun ja, das passiert nicht wieder und jetzt – ausgepflanzt im Garten – kommt Pollmix in den Südwesten meiner kleinen Mini-Sanddorn-Plantage. Man muss halt immer der Liebe den Boden bereiten, sei es bei uns Menschen oder den Pflanzen. Ein bisschen Fingerspitzengefühl (und manchmal Nachhilfe in Sachen Liebe) brauchen beide. 😉