Wenn es richtig ist, dass man (auch) mit dem Auge isst, dann trifft diese Aussage bei der Herznuss selbstverständlich in besonderem Masse zu. Wer könnte sich dieser eingeübten, für Gefühle und Emotionen, ja für die Liebe selber stehenden Form schon entziehen? Und wer würde nicht gerne ein Herz knacken (so wie einen Geheimcode) …Das hat natürlich etwas leicht sadistisches (das Herz im Nussknacker), aber im übertragenen Sinne natürlich auch Bedeutungsschwangeres: Wer das Herzt knackt, der hat es dann auch.
Der Herznuss ist also unsere Aufmerksamkeit schon lange vor dem Essen, vor dem Genuss sicher. Aber zunächst einmal erschient sie mir, neben der auffälligen Form mit dem spitzen Ende und der flachen, etwas eingebuchteten Gegenseite vor allem ? klein. Da drin soll eine Nuss, soll ein Leckerbissen zu finden sein? Oder ist die Herznuss nicht eher als Dekofrucht, als Gag zu betrachten?
Also ab in den Nussknacker mit dem Nüsslein. Ich platziere die eher flache Nuss waagrecht, in der Hoffnung, dass die Nähte der beiden Schalen geöffnet werden können und der Kern unversehrt bleiben möge. Also nur kurz angedrückt, ein Knacken, Kontrolle, noch zu wenig, also nochmals, und dann ist es soweit. Ich kann die unversehrten Schalen mit Hilfe eines Messers leicht öffnen und drin liegt, wie ein Schmuckstück in einer Schatulle, passgenau der Kern, weiss beige, fast wie poliert.
Und da gibt es schon einen Unterscheid zur Walnuss, wo die Kerne abenteuerliche Formen annehmen können und auch nur schwer von den inneren Häuten zu trennen sind; die Herznuss aber liegt frei in ihrer Schatulle, kann auch leicht mit dem Fingernagel angehoben und rausgenommen werden. Dank ihrer glatten äusseren Form holt sie jetzt Einiges von ihrem Nuss-Grössennachteil wieder auf: Der Kern ist gar nicht so viel kleiner als bei einer guten Walnuss!
Bevor wir den Kern aber essenderweise zerstören (eigentlich ein eigenartiger Widerspruch: Man geniesst, indem man zerstört …) noch eine Bemerkung zur Form: Der Kern bildet nochmals die Herzform der Schale nach, nur noch deutlicher, noch eindrücklicher. Aber wie steht es jetzt mit dem Gehalt dieser eigenartigen Nuss, wie schmeckt sie?
Ab in den Mund: Das Kauen und Zerbeissen geht einfacher und schneller als bei der Walnuss. Die Herznuss wird im Mund mit einigen wenigen Bissen zu einem milchigen, sämigen Brei, der sanft über Zunge und Gaumen streicht.
Und der Geschmack? Da ist zuerst eine kleine Schrecksekunde (spüre nichts!), dann kommt sehr schnell ein leichtes Biskuit-Aroma, später dann im Abgang macht sich ein deutliches, aber fein nuanciertes Nussaroma breit. Dieses kenne ich von der Walnuss, ist aber bei der Herznuss runder, smoother, ohne den manchmal bitteren Schlussakkord, wie er von der Walnuss manchmal ausgespielt wird. Nicht zu vergessen: Die Herznuss ist weniger süss als die Walnuss – mindestens in meinem Degustationsversuch.
Hier gibt es andere Degustationsbeschreibungen, übrigens auch bei uns im Katalog, wo die Herznüsse als süsser beschrieben werden. Ich habe aber die Vermutung, dass dieser Eindruck nicht auf den Zucker selber zurückzuführen ist, sondern auf die Spitze Bitterkeit, die im Abgang bei vielen Walnüssen den Zucker vergessen lässt.
Gesamteindruck: Natürlich trägt die Form, trägt das Herz, in das Esserlebnis hinein. Die Herznuss selber ist weniger aromatisch, dafür feiner und sämiger, man könnte auch sagen “runder” als eine Walnuss. Die Walnuss hat Charakter, die Herznuss Finesse. Was der Herznuss an Zucker und Widerständigkeit fehlt, wird mit der feinen Textur, dem schnellen Aufschliessen des Geschmacks und dem milden breiten (eben nicht spitzigen) Nusston wettgemacht.
Fazit (sorry für den Kalauer, aber da kann ich einfach nicht wiederstehen): Nie hat es sich mehr gelohnt, ein Herz zu brechen!
Mehr über die Herznüsse in unserem Lubera-Magazin: Was sind Herznüsse?