Diese Pflanze wurde schon von den Pfahlbauern angebaut und hat die Menschen seither treu begleitet. Heute gibt es eine grosse Vielfalt an Mohnsorten, die nach wie vor in keinem Garten fehlen sollten.
Was mich am Mohn besonders fasziniert, ist nebst der Vielfalt seine Launigkeit. Einjährige Arten wie der Klatsch- und der Schlafmohn gehen nur dort auf, wo sie wollen. Und wenn sie nicht wollen, dann ist alle Gärtnermühe vergeben. Ausserdem sind ihre Blüten flüchtig, und halten oft nur einen Tag lang. Umso grosszügiger geht der Mohn dafür mit seinen Samen um. In einer einzigen Kapsel des Klatschmohns sind bis zu 20?000 Samen enthalten, die der Wind grosszügig über die Beete verteilt. Und dann gehen eben genau die auf, die am «richtigen» Ort hinfallen. Auch die Kapseln des Schlafmohns enthalten zig Tausende von Samen, die er auf gut Glück verteilt. Dieses Streuprinzip mache ich mir manchmal zunutze, wenn ich in einem Garten Mohn anzusiedeln versuche. Mit etwas Erfahrung kann man natürlich einigermassen erraten, wo welcher Mohn gedeihen könnte, aber ich erlebe da immer wieder Überraschungen.
Der kleine Alpenmohn (papaver alpinum) hat im Steingarten sicher die beste Chance, die kurzlebige Staude schafft es aber manchmal auch am Wegrand in der Sonne ganz gut. Scheinmohn (Meconopsis) hingegen braucht einen möglichst kühlen Standort und genug Feuchtigkeit. Der legendäre blaue Scheinmohn aus dem Himalaya ist in unseren Breitengraden eine echte Herausforderung. Den prächtigsten blauen Scheinmohn habe ich in der Schweiz bisher auf der Schatzalp oberhalb Davos gesehen, wo er offensichtlich die kühlen Bergnächte schätzt. Mit etwas Glück gelingt es einem im Flachland aber sicher, seine gelben und orangen Verwandten aus Wales anzusiedeln (Meconopsis cambrica). Auch die säen sich dann munter aus, wenn es ihnen passt. Ich habe wieder mal zwei Tüten davon im Gewächshaus ausgesät, wo sie auch aufgegangen sind. Draussen haben sie bei mir die Tendenz, gleich zu verschwinden. Ich vermute, die Schnecken haben damit etwas zu tun, bin mir aber nicht sicher, weil ich sie nie gesehen habe. Nun versuche ich also ein paar grössere Pflänzchen dann sorgfältig in Schneckenringen auszuquartieren, und will hoffen, das klappe. Walisischer Mohn ist mit seinen kleinen, leuchtenden Blüten eine Bereicherung für Staudenbeete und naturnahe Krautsäume entlang gemischter Hecken.
Womit ich im Rebbauklima stets Glück habe, ist der Schlafmohn (Papaver somniferum). Besonders spektakulär sind die paeonienblütigen Züchtungen, die zum Teil auch als Wuschelmohn im Handel angeboten werden. Sie haben grosse, dicht gefüllte Blüten, und es gibt sie in diversen Farben von zartem Rosa bis hin zu fast schwarzen Züchtungen. Im Garten haben die verschiedenen Farben dann aber die Tendenz, sich über die Jahre zu vermischen. Meist kommt am Ende ein undefinierbares Graulila dabei heraus, dem klassischen Opiummohn nicht unähnlich. Als Opium übrigens bezeichnet man den getrockneten Milchsaft des Schlafmohns, der stark morphinhaltig ist. Alle Pflanzenteile ausser den Samen sind giftig. Mohnsamen erleben derzeit in der Küche ein Comeback. Zahlreiche süsse und salzige Rezepte habe ich in dem soeben von Karin Walz herausgegebenen «Mohnbüchlein» gefunden, und auch der Zürcher Guerillagärtner Maurice Maggi verwendet Mohnsamen in seiner «Essbaren Stadt». Früher wurde hierzulande aus dem Mohnsaft Laudanum hergestellt, das als Schlaf- und Schmerzmittel weit verbreitet war. 1903 ist es dann verboten worden. In der Schweiz ist aber der Anbau als Zierpflanze weiterhin erlaubt, im Gegensatz zu Deutschland, wo dafür eine Genehmigung nötig ist.
Schlafmohn liebt Sonne und offene Böden ohne Konkurrenz, ist also ideal für neu angelegte Beete. Aber meist lässt er sich auch in eingewachsenen Gärten in Lücken einfügen. Noch launischer ist da der Klatschmohn (Papaver rhoeas), der lieber als Pionierpflanze Brachflächen besiedelt. Auf einer frisch umgegrabenen Stelle wird er wohl ein, zwei Jahre wachsen, nur leider verschwindet er mit der Zeit wieder. Eventuell wandert er dann selber durch den Garten, und sucht sich neue Plätzchen, die ihm passen. Klatschmohn ist sicher das Privileg der nicht so sehr durchorganisierten Gärten. Auch der Schlafmohn lässt sich ungern verplanen, er weiss schon selber, wo er wachsen will.
Und so ist es oft am ergiebigsten, verschiedene Mohnarten testhalber wild durch den Garten zu säen, einfach Schlafmohn und Klatschmohn und noch etwas walisischen Scheinmohn mischen, und hier und dort eine Prise ausstreuen, dann zeigt sich ja, wo welche Art sich ansiedeln will. Mohnsamen sollten nie eingegraben oder abgedeckt werden. Wenn die Pflanzen sich selbst versamen, fallen sie ja auch einfach nur auf die Erde. Und dann einfach mal abwarten und schauen, was passiert! Das Wichtigste ist dann nur, die Sämlinge zu erkennen, und sie beim Jäten nicht aus Versehen mit auszureissen. Ihr graublaues Laub ist aber schon in jungen Tagen gut von anderem Wildwuchs zu unterscheiden. Wer sich ebenfalls freudig selber aussät, ist der kalifornische Mohn (Eschscholzia), wegen seiner zipfelartigen Blütenform auch Schlafmützchen genannt. Sein Nachwuchs hat stark gefiederte ebenfalls blaugraue Blättchen, die oft an den unerwartetsten Stellen auftauchen, in Ritzen zwischen Wegplatten oder auf dem Kiesplatz. Verpflanzen lassen sich Mohnsämlinge übrigens grundsätzlich nicht, da sie tiefe Wurzeln haben und sich ungern stören lassen. Bei Schlafmohn kann es manchmal gelingen, wenn sie noch sehr klein sind und man mit dem Spaten ein gutes Stück Erde heraushebt und als Ganzes versetzt.
Und wem das alles zu unberechenbar klingt, der pflanze ein paar hübsche Staudenmohnsorten (Papaver orientale), die auch als türkischer oder orientalischer Mohn bezeichnet werden. Nebst den üblichen feuerroten und orangen Sorten gibt es davon auch weisse, rosarote und lachsfarbene Züchtungen. Orientalischer Mohn wächst zu prächtigen Stauden von bis zu einem Meter Höhe heran. Er ist zuverlässig und beständig, und bleibt einem über viele Jahre treu erhalten.