Frühäpfel haben leider heute weitgehend an Bedeutung verloren. Wenn Äpfel rund um den Globus geschippt und geflogen werden können und wenn sie auch gut und gerne 14 Monate gelagert sein können – was will man sich da noch die Anbau und Vermarktungsmühe mit Sommeräpfeln machen? Somit ist auch die Kultur des Primeurs, der ersten Apfelfrüchte aus dem heimischen Anbau verloren gegangen: Alles muss immer gleich sein und wir haben schon oft das Argument gehört, dass eine neue Apfelsorte eben nicht für den Erwerbsanbau geeignet sei, weil sie nicht 6 bis 14 Monate lagerfähig ist…
Es würde hier zu weit führen, die Gründe und die Folgen dieses simplen Vermarktungssystems (mehr vom Gleichen, wenig bis fast keine Differenzierung) zu diskutieren… Und vor allem können wir, kann ich daran nichts ändern.
Halt, eine Möglichkeit bleibt: Der Anbau im eigenen Garten: Hier erleben Sie live das kleine Wunder, dass sich die Frühäpfel ab Blüte in nur 90 bis 100 Tagen bis zur Reife entwickeln. Und hier, im eigenen Garten, können Sie den ganzen Sommer über die frischen Früchte, gerade gereift, von der Hand in den Mund pflücken. Ein kleiner Nebeneffekt: Apfelanbau im Sommer macht auch noch etwas mehr Spass, als im Oktober mit klammen Fingern die kalten Früchte zu ernten. Frühäpfel können zwar nicht mit der breiten Aromatik eines Lagerapfels prahlen, aber sie sind ganz einfach frisch und authentisch, von hier und jetzt, für jetzt. Selbstverständlich arbeiten wir in der Züchtung auch daran, das Shelflife, also die Haltbarkeit der Sommeräpfel etwas zu erhöhen.
Die wichtigsten Tipps für den Anbau von Frühäpfeln
- Pflanzen Sie mindestens 2 Sorten, z.B. eine Sorte für den Juli, eine für August. Die Früchte reifen mit dem Sommer. Wir veredeln die Frühäpfel konsequent auf die schwachwachsende Unterlage M9, um die Bäume möglichst klein zu halten. Sommeräpfel sollen und müssen in einer relativen kurzen Zeit, 2-4 Wochen, genossen werden, und dann soll das Bäumchen auch leer sein. Übrigens ist die Frühapfelsorte Julka® das kleinstwachsende Bäumchen in unserem Paradis®-Apfelsortiment, ideal für einen Sommerapfel.
- Lassen Sie Frühäpfel etwas dichter zuwachsen; so kann sich der Baum selber vor Sonnenbrand schützen, der allzu stark zur Sonnenseite hin exponierte Früchte in sehr heissen Sommern beschädigen kann. Entsprechend ist bei Sommeräpfeln auch auf einen Sommerschnitt zu verzichten. Sommeräpfel soll man geniessen, nicht schneiden ;-)
- Normalerweise wird bei Äpfeln im Juni, bzw. nach dem Junifruchtfall ausgedünnt, wenn die Fruchtgrösse verbessert werden soll oder wenn der Behang zu gross ist. Bei Frühäpfel empfehlen wir bei zu starkem Behang das Ausdünnen auf 2 Äpfel pro Blütenbüschel spätestens Ende Mai, auch wenn der Junifruchtfall noch nicht erfolgt ist. Später ist einfach der Effekt zu klein, da die Früchte schon im Juli fertig reifen können. Dies gilt natürlich speziell für die Frühsorten Paradis® Julka® und Paradis® Katka®.
- Ernten Sie Frühäpfel konsequent eher knapp reif. Wie bei allen Apfelsorten - einfach nur noch stärker – kommt bei Frühäpfeln bei der physiologischen Reife auf dem Baum ein Prozess in Gang, der über die Ethylenproduktion die Reife noch verstärkt… Wenn etwas früher geerntet wird, kommt dieser Prozess nicht so schnell in Gang und dann macht es auch noch Sinn, die Äpfel einige Tage und Wochen im Kühlschrank aufzubewahren – was wir für einen Lagerapfel nie empfehlen würden. Dies gilt vor allem für die im Juli reifenden Frühäpfel Julka® und Katka®. Bei den Augustäpfeln Werdenberg® und Ninifee® ist es uns gelungen, sehr viel mehr Reifestabilität einzubauen; beide Sorten können auch regelrecht am Baum gelagert werden und verlieren über 2-4 Wochen kaum an Festigkeit…
Frühäpfel im Juli
Es grenzt wirklich an ein kleines Wunder. Aber Frühäpfel können sich wirklich in nur 90 Tagen von der Blüte bis zur reifen Frucht entwickeln. Diese Eigenschaft bringen sie wahrscheinlich schon von den Naturstandorten vor Zehntausenden von Jahren mit: Auch dort konnte es ein Vorteil sein, früh zu reifen, früh von Bären und andere Tieren gegessen und so auch früh mit den Samen verbreitet zu werden, und damit die Risiken einer langsameren Fruchtentwicklung zu minimieren… Mit Paradis® Julka® ist uns ein Apfel gelungen, der neben Schorftoleranz und Feuerbrandresistenz vor allem auch einen für Frühäpfel ungewohnten süssen bis sehr süssen Geschmack bringt. Das würde man einem Frühapfel gar nicht zugtrauen ;-). Vielleicht sind wir da auch noch zu stark vom alten Klarapfel geprägt, der in den paar Tagen, an denen er gut und nicht mehlig ist, doch deutlich säuerlich schmeckt.
Bild: Der süsse Frühapfel Paradis® Julka® - reif um den 20. Juli
Die Schwestersorte Katka® bringt eine etwas gröbere, aber auch knackigere Textur, sehr viel Saft und mehr Säure neben dem Zucker. Auch die Aromatik ist etwas breiter als beim süssen Julka®. Allerdings sind dafür die Erträge etwas niedriger als bei Julka®.
Bild: Der aromatische Frühapfel Paradis® Katka® - reif um den 25. Juli
Frühäpfel im August
Werdenberg® war die erste Sorte aus der Lubera®Apfelzüchtung und ist bei uns zu einem Klassiker geworden. Paradis® Werdenberg® ist geschmacklich und Textur-mässig sehr nahe bei Gravensteiner, dafür ist er aber schorfresistent, trägt zuverlässiger und besser in jedem Jahr (alterniert also nicht wie der Gravensteiner) und hat ein ausgezeichnetes Shelflife. Pflückt man den Frühapfel Paradis® Werdenberg® ca. um den 15. August, ist er säuerlich, spritzig erfrischend; wenn ich ihn gegen Beginn September geniesse, beginnt er schon bananige Aromen zu entwickeln, die sich gegen Mitte September noch verstärken. Und das alles kann ganz natürlich auf dem Baum selber geschehen, das heisst, ich kann die Früchte hängenlassen und jeden Tag fast einen Monat lang den Apfel meiner Wahl pflücken (z.B. für den Weg zur Arbeit), der sich im Geschmack überdies stark verändert: von erfrischend-säuerlich zu intensiv süss…
Bild: Paradis® Werdenberg® - der Familienapfel mit dem von säuerlich zu süss wechselnden Geschmack
Paradis® Ninifee® schliesslich ist ein eigentlicher Züchtungsdurchbruch: Dieser Apfel ist Mitte August reif, sehr süss und sehr fest. Und das bleibt er im Lager auch für die nächsten 3-4 Monate,im guten Keller für wenigstens 2 Monate.. Dennoch empfehlen wir, Ninifee®, dieses Apfelwunder, bis Mitte September fertig zu geniessen, da wir ja auch Platz für die kommenden Herbst und Lageräpfel brauchen.
Bild: Paradis® Ninifee® - ein Züchtungsdurchbruch, sehr früh reifend, dabei sehr süss und dennoch lagerbar.
Jeder Apfel gehört zu seiner Saison. Und wahre Apfelliebhaber zelebrieren jede Saison mit unterschiedlichen Apfelsorten. Sonst könnten wir ja gleich in den Supermarkt gehen, und die ewiggleichen Braeburn, Gala und Konsorten kaufen….
Jetzt einen Frühapfel pflanzen
Kann man jetzt, im Sommer, einen Frühapfel, überhaupt einen Apfelbaum pflanzen? Der Impuls wäre ja da, in nur einem Jahr könnte man schon auf die ersten Sommeräpfel hoffen...
Natürlich kann man Containerpflanzen heute jederzeit pflanzen. Dabei ist der Sommer (Mitte Juli bis Mitte September) eigentlich die beste Pflanzzeit. Warum? Weil die Wurzeln im noch jungen Wurzelballen noch nicht im Kreis laufen, weil der Stress der Vegetation die Wurzeln dazu zwingt, aus dem Wurzelballen auszubrechen - auf der Suche nach Wasser und Nahrung, und weil ganz allgemein noch genügend Zeit bleibt, dass die Pflanze bis zum Einwintern anwachsen kann. Allerdings sollte bei einer Sommerpflanzung kein Dünger mehr gegeben werden; den sollen sich die Wurzeln schon selber suchen.
Und was bitte ist mit dem Herbsttermin? Erstens: Was du heute kannst besorgen... Und zweitens: Wie ich schon häufig aufgrund meiner Beratungspraxis geschrieben habe, sind Obstbaumpflanzungen im Herbst ohne die entsprechenden Vorsichtsmassnahmen nicht unproblematisch. Wird der Wurzelballen nicht extrem stark aufgerissen oder besser noch ausgeschüttelt, erwärmt er sich bei Sonneneinstrahlung oder hohen Wintertemperaturen zu schnell und gibt dem Baum zu frühe Frühlingssignael, was dann zu Schäden führen kann... Deshalb mein Rat für Herbstpflanzung ab dem 1. Oktober: Wurzelballen gänzlich ausschütteln und noch vorhandenen Blätter entfernen, dann in den Mutterboden pflanzen. Genau das kann man sich bei der Sommerpflanzung schenken...
Und? Pflanzen Sie jetzt ein Sommerapfelbäumchen? Stellen Sie sich einfach vor, sie könnten nächstes Jahr im Vorbeigehen den ersten leuchtenden Apfel pflücken... und gleich reinbeissen.
Weitere Informationen zu Frühäpfeln finden Sie im Beitrag: "Der frühe Apfel fängt den Gärtner".