Zusammenfassung
Das Veredeln von Weinreben rettete den europäischen Weinbau nach der Reblauskatastrophe des 19. Jahrhunderts. Europäische Reben starben an dem Schädling, während amerikanische Arten resistent waren. Durch das Pfropfen europäischer Edelreben auf amerikanische Unterlagen entstand eine dauerhafte Lösung, die bis heute Standard ist. Neben dem Schutz vor der Reblaus sorgt die Veredelung auch für kräftiges Wachstum, stabile Erträge und eine bessere Anpassung an Boden und Klima. Wurzelechte Reben sind dagegen anfällig und oft verboten. Veredelte Reben sind somit Grundlage für gesunde, langlebige Pflanzen und hochwertigen Weinbau.
Praxis-Tipps:
Immer auf veredelte Reben setzen
Veredelte Reben sind gegen die Reblaus geschützt und deutlich langlebiger. Wurzelechte Reben sollten weder im Weinberg noch im Garten gepflanzt werden – sie sind anfällig und können die Reblaus weiterverbreiten.
Pflanztiefe beachten
Die Veredelungsstelle (die kleine Verdickung am Stamm) sollte immer etwa 5 cm über dem Boden liegen. Wird die Rebe zu tief gesetzt, kann das Edelreis eigene Wurzeln bilden – der Reblausschutz geht verloren.
Triebe regelmäßig kontrollieren
Entferne Bodentriebe oder Wildtriebe, die unterhalb der Veredelungsstelle austreiben. Diese stammen von der Unterlage und können der Edelsorte Nährstoffe entziehen.
Historischer Hintergrund
Um 1860 wurde die Reblaus (Phylloxera vastatrix) aus Nordamerika nach Frankreich eingeschleppt – vermutlich mit importierten Rebstöcken. Der winzige, kaum einen Millimeter grosse Schädling saugt an den Wurzeln der Reben und unterbricht die Wasser- und Nährstoffversorgung. Innerhalb weniger Jahrzehnte zerstörte die Reblaus über 70 % der europäischen Rebflächen – Millionen Hektare an Weinbergen in Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden vernichtet.
Bild: Die Reblaus befällt Wurzeln und Blätter, führt zu Wachstumsstörungen und schliesslich zum Absterben der Weinrebe.
In ihrer nordamerikanischen Heimat richtet die Reblaus dagegen kaum Schaden an. Dort hatten sich Rebe und Laus über Jahrmillionen hinweg aneinander angepasst – ein Gleichgewicht, das in Europa fehlte. Erst als Winzer und Forscher begannen, die Ursachen zu verstehen, entstand eine revolutionäre Idee, die den europäischen Weinbau retten sollte: die Veredelung von Weinreben. Europäische Sorten wie Riesling, Spätburgunder oder Merlot wurden auf resistente amerikanische Unterlagen wie Vitis cinerea, Vitis riparia, Vitis rupestris oder Vitis berlandieri gepfropft.
Warum europäische Reben anfällig und amerikanische resistent sind
Während die europäischen Reben der Reblaus schutzlos ausgeliefert waren, hatten die amerikanischen Rebenarten im Laufe der Evolution gelernt, mit ihr zu leben. Bei europäischen Reben führt der Saugschaden an den Wurzeln zu Wucherungen, die im Winter faulen und das gesamte Wurzelsystem absterben lassen – die Pflanze geht ein. Amerikanische Arten hingegen reagieren mit einer natürlichen Abwehr: Sie verschliessen die Einstichstellen schnell mit einer dünnen Korkschicht, wodurch der Befall begrenzt und die Vermehrung der Reblaus stark eingeschränkt wird.
Weitere Informationen findest du in unserem Artikel «Reblaus erkennen und handeln: So schützt du deine Weinpflanzen».
Das Veredeln von Weinreben als biologische Schädlingsbekämpfung
Die Rettung des europäischen Weinbaus kam aus einer genialen Idee: Europäische Edelreben auf amerikanische Wurzeln zu pfropfen. So entstanden veredelte Reben – Kombinationen aus einem europäischen „Edelreis“ (der den Geschmack und Charakter des Weins bestimmt) und einer amerikanischen Unterlage (die die Wurzeln schützt).
Ab den 1880er-Jahren begann diese Technik ihren Siegeszug. Sie war nicht nur eine technische Innovation, sondern eine der ersten biologischen Schädlingsbekämpfungen der Geschichte. Innerhalb weniger Jahrzehnte konnten Weinberge wieder aufgebaut werden.
Bemerkenswert ist, dass das Veredeln von Pflanzen schon lange zuvor bekannt war. Bereits die Griechen und die Römer nutzten Pfropftechniken zur Vermehrung von Obst- und Olivenbäumen. Der römische Autor Cato der Ältere beschrieb in seinem Werk De agri cultura (um 150 v. Chr.) Methoden des Pfropfens, um Obstsorten zu veredeln oder Pflanzen zu vermehren. Das Veredeln von Weinreben gewann jedoch erst nach der Reblauskatastrophe an Bedeutung.
Bei Lubera verkaufen wir ausschliesslich veredelte Weinreben. All unsere Sorten sind ausserdem tolerant oder resistent gegen die wichtigsten Pilzkrankheiten der Weinrebe. Eine ausführliche Anleitung für die Pflanzung und Pflege von Weinreben findest du in unserem Artikel «Weintrauben pflanzen – Tipps zur Pflanzung und Pflege von Weinreben».
Bild: Die weisse Schlaraffentraube 'Seyval blanc' ist resistent gegen Echten und tolerant gegen Falschen Mehltau.
Bild: Die blaue Schlaraffentraube 'Muscat bleu' ist widerstandsfähig gegen Mehltau und Botrytis.
Weitere Gründe für das Veredeln von Weinreben
Das Veredeln von Weinreben dient in erster Linie dazu, die Pflanzen widerstandsfähig gegen die Reblaus zu machen. Doch heute hat sie weit über diesen ursprünglichen Zweck hinaus Bedeutung. Durch die gezielte Wahl der Unterlage lassen sich Wuchs, Ertrag und Anpassungsfähigkeit der Reben steuern. Bestimmte Unterlagsreben fördern höhere Erträge, verbessern die Resistenz gegen bodenbürtige Krankheiten und Schädlinge oder erhöhen die Toleranz gegenüber Kalk und Salz im Boden.
Weinreben tragen ihre Früchte am neuen Holz – also an den Trieben, die im selben Jahr gewachsen sind. Für hohe Erträge und eine gute Traubenqualität ist deshalb ein kräftiges, gesundes Triebwachstum entscheidend. Viele Edelrebsorten besitzen jedoch von Natur aus nur eine moderate Wuchskraft. Damit sie dennoch ausreichend vitale und fruchttragende Triebe entwickeln, werden sie auf stark wachsende Unterlagen veredelt.
Diese Unterlagen fördern nicht nur ein kräftigeres Wachstum, sondern sorgen auch für eine bessere Nährstoffaufnahme, tiefere Wurzelbildung und eine längere Lebensdauer der Rebstöcke. Je nach Standort und Bodenart kann durch die Wahl der passenden Unterlage das Wachstum gezielt reguliert werden – kräftiger auf nährstoffarmen Böden oder etwas schwächer in besonders fruchtbaren Lagen. So wird die Veredelung zum Schlüssel, um sowohl Ertrag als auch Qualität im Gleichgewicht zu halten.
Eine Anleitung zum Schneiden von Reben findest du in unseren Artikel «Weinreben schneiden für Anfänger: so fruchtet dein Rebschnitt» und «Der Rebschnitt - endgültig erklärt in 3 einfachen Schritten».
Schutz vor der Reblaus – nach wie vor aktuell
Die Gefahr bleibt real: In Kalifornien mussten in den 1980er-Jahren über 25 000 Hektar Weinberge gerodet werden, weil man eine zu schwach resistente Unterlage (AxR1) verwendet hatte. Auch in Deutschland und der Schweiz treten immer wieder Rebläuse auf.
Besonders problematisch sind wurzelechte Reben, die gelegentlich in Gartengeschäften und online angeboten werden. Auch beim Pflanzen sollte darauf geachtet werden, die Reben nicht zu tief zu setzen und die Triebe vom Boden fernzuhalten. Andernfalls kann die Edelsorte eigene Wurzeln bilden, die den Schutz der Unterlage umgehen. Solche Reben verlieren ihre Resistenz gegen die Reblaus, sind besonders anfällig für Schäden und können sogar zur weiteren Verbreitung des Schädlings beitragen – weshalb wurzelechte Reben in vielen Weinbaugebieten verboten sind.
Bild: In Weinbaugebieten ist die Pflanzung wurzelechter Weinreben verboten.
In unserem Artikel «Wie kann man Weinreben vermehren?» erfährst du, wie du selbst Weinreben vermehren kannst.
Lubera Originale sind exklusive Lubera® Sorten, die von Lubera entweder gezüchtet oder erstmals auf den Markt gebracht worden sind.
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