Als ich dieses Jahr an der Chelsea Flower Show den Paradiesgarten des berühmten Designers Clive West sah, ganz ohne Fruchtbäume, die irgendwen hätten in Versuchung führen können, nur mit ein paar winzigen Monatserdbeeren, da war mir schlagartig klar: Die können das nicht! WIR müssen einen Paradiesgarten bauen, einen Garten, der gestaltet und strukturiert ist, der den Zierwert der Obstpflanzen zeigt, der die Gartentypen vermischt, Zier und Nutzgarten zu einem jahrlangen Spektakel vereint, und der doch nie vergisst, mit der verbotenen Frucht zu winken …
In ihrem Feigen-Genuss-Video hat das Viktoria von dem Bussche 'Mundraub' genannt, und gleich auch angefügt: „Das macht man doch nicht!“. Eigentlich wollte sie aber sagen: Ein Garten ist dann richtig, wenn man gar nicht anders kann, als zum Mundraub zu schreiten! Voilà.
„Die können das nicht“, habe ich eben so leichthin geschrieben. Aber ehrlicherweise und etwas kleinlaut müssen wir gleich anfügen: „Wir auch nicht!“ Dazu brauchen wir Hilfe, zu diesem Mundraubunternehmen brauchen wir Komplizen!
Und hier sind sie:
Viktoria von dem Bussche, die Herrin der Ippenburger Schlossgärten und der dort stattfindenden Festivals, stellt uns die 100m lange und 6m tiefe Rabatte hinter dem Küchengarten zur Verfügung. Und selbstverständlich auch Ihre offensichtliche Expertise in Sachen Genuss! Und welche Nachbarschaft könnte besser passen: ein gigantischer, an Fülle und Schönheit, an Frucht und Gemüse übervoller Küchengarten auf der einen Seite, und auf der andere Seite, sozusagen im Rücken der Rabatte, eine riesige, Jahrhunderte alte Mauer. Damit sind gleich die Pole des Gartens benannt: STRUKTUR, denn an der ebenso dominanten wie wunderschönen Mauer kommen wir buchstäblich nicht vorbei; und dann auch Versuchung, MUNDRAUB, Fülle und Genuss, die Ingredienzien des schon bestehenden Küchengartens.
Weitere Komplizen der Mundraub-Gang: Nicole Fischer und Daniel Auderset, die Gartendesigner, die an der diesjährigen Chelsea Flower Show eine Silbermedaille gewannen. Sie können, was wir nicht können: Gefühle, Ideen und Stimmungen in eine Form bringen, Pflanzen, Pflanzengruppen und Pflanzenkombinationen zu einem Ganzen verweben! Genau dies, zusammen mit einem leichten Hang zum architektonischen Minimalismus, war auch die Stärke ihres Gartens in Chelsea.
Der schweizerisch-deutsche Garten von Auderset Fischer – The Extending Space
Das andere Gartendesign von Auderset-Fischer
Interview mit Daniel Auderset und Nicole Fischer
Zweiter Tag Chelsea: Silbermedaille für Auderset Fischer
Und witzigerweise zeigte sich das auch schon in unserem ersten Videogespräch: Daniel und Nicole redeten einem reduzierten, zurückgenommenen Garten das Wort, worauf ich (als Interviewer zugegebenermassen etwas zu temperamentvoll) einschritt und Fülle und Versuchung forderte …
Und genau das wünsche ich mir für uns und unsere Komplizen und Komplizinnen im Entstehungsprozess dieses Gartens: Dass wir uns weiter fruchtbar streiten, dass wir die Konflikte zwischen Struktur und Versuchung austragen, dass wir aber definitiv einen Garten schaffen, der zum Mundraub zwingt!
Vom ersten Annähern, vom Vermessen des künftigen Mundraubgartens gibt es freilich auch ein Impressionen-Video:
Das Projekt wird vermessen: Der Lubera Obstgarten zu Ippenburg