Dahlien im Garten sind großartig, sie sind bunt, laut und machen gute Laune. Aber Dahlien aus Samen ziehen? Ich meine: Ja, das solltest du versuchen! Denn es gibt eines, was noch spannender ist, als Dahlien als Knollen in den Garten zu pflanzen: Eigene Dahlien züchten! Mit Dahliensamen und etwas Geduld kannst du durch Samenaussaat völlig neue Dahlien entstehen lassen. Jede der entstandenen Pflanzen ist ein Unikat, und es gibt sie nur bei dir. Ob du gezielt bestäubst oder dich von der offenen Bestäubung durch Insekten überraschen lässt – du wirst erleben, wie viel Staunen und Stolz aufkommen kann, wenn wir selber Dahlien züchten. Du möchtest Dahlien kaufen, die den Samen für deine Dahlienzucht ausbilden? Dann schau dich bei uns im Lubera-Shop um.
Inhaltsverzeichnis
- Dahlien züchten: Ein wenig Dahlien-Wissen zum Start
- Selber Dahlien züchten: die 2 Wege der Dahlienzucht
- 10 Schritte der Dahlienzucht mit kontrollierter Bestäubung
- 9 Schritte beim Züchten von Dahlien mit offener Bestäubung
- Selber Dahlien züchten: Die Samen gewinnen
- Woher bekomme ich Samen zum Dahlien züchten?
- Bilden alle Dahlien Samen aus?
- Der Blütenstand einer Dahlie
- Warum ist der Aufbau der Dahlienblüte wichtig für die Züchtung?
- Dahliensorten, die Samen ausbilden
- Dahliensorten, die fruchtbaren Samen ausgebildet haben:
- Wo sich an den Dahlienblüten Samen bilden:
- Dahliensamen ernten und lagern
- Beispiel für die Beschriftung einer Dahliensamentüte:
- Dahlien aus Samen ziehen: Die Aussaat
- Dahliensämlinge beschriften
- Grundlagen der Dahliengenetik
- Die Auswirkung der Octoploidie auf die Dahlien-Züchtung
- Dahlien züchten: Wann die Octoploidie von Vorteil ist
- Sorten erkennen und benennen
- Meine eigenen Erfahrungen bei der Sorten-Selektion
- Eigene Sorte benennen: kreativ, aber regelkonform
Praxis-Tipp:
Auch du kannst Dahlien züchten. Wenn du nachvollziehbare Ergebnisse erzielen willst, kommst du allerdings um etwas Interesse, Einarbeitung und planvolles Herangehen nicht herum. Dieser Artikel zeigt dir, wie es geht.
Zusammenfassung
- Dahlien züchten bedeutet, neue, einzigartige Pflanzen mit besonderen Eigenschaften (z. B. Blütenfarbe, Form, Wuchs) zu erschaffen, indem wir Dahlien aus Samen ziehen.
- Bei der offenen Bestäubung übernehmen Insekten die Kreuzung. Sie ist ideal für Neulinge beim Dahlien züchten.
- Die kontrollierte Bestäubung, also die gezielte Kreuzung per Hand, erlaubt planbare Zuchtziele.
- Nur Sämlinge mit auffälligen, stabilen, gesunden Eigenschaften und verlässlicher Knollenbildung eignen sich als neue Sorte.
- Die Kulturdahlien sind octoploid (8x), was große genetische Vielfalt ermöglicht, aber auch eine komplexe, schwer vorhersehbare Vererbung zur Folge hat.
Dahlien züchten: Ein wenig Dahlien-Wissen zum Start
Botanisch gesehen sind Dahlien Stauden, die sich durch unterirdische Knollen vermehren. Diese Knollen dienen als Speicherorgan, überdauern den Winter und treiben im Frühjahr erneut aus. Aus einer Knolle entstehen mehrere Triebe, die jeweils Blätter und Blüten entwickeln. Im Laufe des Sommers verzweigen sich die Pflanzen stark und bilden ihre Blütenstände aus.
Die Fortpflanzung der Dahlien kann entweder vegetativ über Knollen oder generativ über Samen erfolgen. Für die Züchtung ist die generative Vermehrung entscheidend, da sie neue genetische Individuen ermöglicht. Du musst also Dahlien aus Samen ziehen, wenn du neue Dahliensorten züchten möchtest.
Selber Dahlien züchten: die 2 Wege der Dahlienzucht
Wenn du das Abenteuer ‘Dahlien züchten’ angehen möchtest, kannst du zwei verschiedene Wege gehen. Du entscheidest dich entweder für die Züchtung mit kontrollierter oder mit offener Bestäubung. Bei der kontrollierten Bestäubung wählst du gezielt zwei Elternpflanzen aus und überträgst den Pollen von Hand auf die Narbe der Mutterpflanze. Hier ist das Ziel der Ausschluss von Bestäubung durch unerwünschten Fremdpollen. So kannst du die Kreuzung aktiv steuern und weißt genau, welche Eigenschaften von welchen Eltern kombiniert wurden.
10 Schritte der Dahlienzucht mit kontrollierter Bestäubung
1. Ziel definieren
- Welche Merkmale soll deine neue Sorte haben? Das Züchtungsziel kann Farbe, Blütenform, Wuchshöhe, Krankheitsresistenz oder Insektenfreundlichkeit sein.
2. Auswahl der Mutterpflanzen zum Dahlien züchten
- Auswahl zweier gesunder und fertiler Sorten.
- Eltern-Kombinationen mit Kontrasten bei den Blüten (z. B. dunkel × hell) erzeugen interessante Nachkommen.
3. Bestäubung vorbereiten
- Blüten beobachten und rechtzeitig emasculieren, also die Entfernung der Staubblätter an der Mutterpflanze, bevor sie Pollen abgibt.
- Reifer Pollen von der Vaterpflanze sammeln (am besten vormittags bei trockenem Wetter).
4. Manuelle Bestäubung
- Pollen vorsichtig mit Pinsel oder Wattestäbchen auf die Narbe der Mutterpflanze übertragen.
- Blüte anschließend isolieren (z. B. mit leerem Teebeutel) zur Vermeidung von Fremdbestäubung.
5. Beschriften und dokumentieren
- Kreuzung mit Etikett markieren (Mutter × Vater, Datum).
- Kreuzungstagebuch führen für spätere Auswertung.
6. Samenernte
- Blütenköpfe vollständig ausreifen lassen (meist 4–6 Wochen nach Bestäubung).
- Trockene, braune Köpfe abschneiden und Samen manuell entnehmen.
- Trocknen, reinigen und trocken lagern.
7. Aussaat und Anzucht
- Im März oder April in Anzuchtschalen vorziehen.
- Keimung bei ca. 18–22 °C, pikiert wird nach dem 2.–3. Blattpaar.
8. Pflanzung und Pflege
- Ab Mitte Mai ins Freiland pflanzen. Am besten in Töpfen aufstellen – der Schnecken wegen.
- Pflege wie bei normalen Dahlien: vor allem Gießen und auf Schneckenjagd gehen.
9. Selektion der Sämlinge
- Ab Juli Blüte, Wuchs und Laub beurteilen
- Nur außergewöhnlich schöne oder interessante Pflanzen weiterkultivieren.
10. Vermehrung der Favoriten
- Ausgewählte Pflanzen im Herbst einwintern.
- Knollen trocken und frostfrei überwintern.
- Vegetativ im Folgejahr weitervermehren – das ist dann deine eigene neue Sorte!
Soweit zur Züchtung mit kontrollierter Handbestäubung, bei der etwas Erfahrung nicht schaden kann.
Beim Züchten von Dahlien mit offener Bestäubung verzichtest du auf gezielte Kreuzung und überlässt die Bestäubung Insekten, und damit dem Zufall. Das ist deutlich einfacher und ein idealer Einstieg für alle, die erstmals selber Dahlien züchten. Dazu gehöre ich, und das war daher auch mein Weg.
9 Schritte beim Züchten von Dahlien mit offener Bestäubung
1. Auswahl der Mutterpflanzen zum Dahlien züchten
- Wähle gesunde, vitale und samentragende Sorten als Elternsorten.
- Stelle eine gute Mischung unterschiedlicher Sorten zusammen, um vielfältige Kreuzungen zu ermöglichen.
2. Pflanzung ins Freiland
- Setze die Dahlien in Nachbarschaft zueinander, sodass Bienen und Hummeln problemlos von Pflanze zu Pflanze fliegen können. Insekten übernehmen die Bestäubung zufällig, aber zuverlässig.
3. Blüten reifen lassen
- Lasse einige Blüten vollständig verblühen und ausreifen, bis der Blütenboden braun, trocken und papierartig ist. Das dauert ca. 4–6 Wochen nach der Blüte.
4. Samen ernten
- Schneide die reifen Blütenköpfe ab und entnimm die kleinen, flachen Achänen (Samen).
- Entferne Reste von Blütenhüllblättern und trockne die Samen gut nach.
5. Samen lagern
- In Papiertüten oder Schraubgläsern mit Beschriftung (Mutterpflanze, Erntejahr, Standort).
- Kühl, trocken und dunkel lagern – ideal sind 5–15 °C.
6. Aussaat im Frühjahr
- Ab Ende Februar bis April in Schalen mit Anzuchterde bei 18–22 °C vorziehen.
- Keimdauer: meist 7–14 Tage.
7. Pikieren und auspflanzen
- Nach dem 2.–3. Blattpaar pikieren, ab Mai ins Freiland setzen.
- Jeder Sämling ist ein genetisch neues Individuum.
8. Beobachten und auswählen
- Ab Juli blühen die ersten Sämlinge: Beurteile Farbe, Form, Wuchs und Besonderheiten.
- Markiere, etikettiere und behalte nur die besten.
9. Knollen ernten und aufbewahren
- Lagere die Knollen trocken und frostfrei ein.
- Im Folgejahr vegetativ weitervermehren.
Beide Methoden haben Vor- und Nachteile beim Dahlien züchten. Entscheide selbst, wie du vorgehst, wenn du selber Dahlien züchten möchtest. Folgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen offener und kontrollierter Bestäubung noch einmal in der Übersicht:
Merkmal
|
Offene Bestäubung
|
Kontrollierte Bestäubung
|
Elternwahl
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eher zufällig
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Gezielt
|
Aufwand
|
Gering
|
Hoch
|
Überraschungspotenzial
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Hoch
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etwas geringer
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Kontrolle über Vaterschaft
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Nein
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Ja
|
Verwendung
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Hobbyzüchtung
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kommerzielle und Hobby-Züchtung
|
Selber Dahlien züchten: Die Samen gewinnen
Wenn du Dahlien aus Samen ziehen möchtest, um Dahlien züchten zu können, brauchst du zuerst einmal eigene Samen. Wie bereits erwähnt: Nur durch die Vermehrung über Samen entstehen neue Dahlien-Sorten.
Woher bekomme ich Samen zum Dahlien züchten?
Gute Saat für eigene Züchtungsexperimente bekommst du direkt aus dem eigenen Garten. Dazu pflanzt du am besten mindestens zwei Dahliensorten, die dir richtig gut gefallen. Einzige Voraussetzung: Es handelt sich um fruchtbare Sorten, also solche, die auch Samen bilden. Eine zweite Dahliensorte sollte wenigstens Pollen spenden können.
Bilden alle Dahlien Samen aus?
Anders, als oft behauptet, bilden nicht nur einfach blühende Dahlien Samen aus. Wenn du Dahlien aus Samen ziehen möchtest, solltest du versuchen, auch aus gefüllten Sorten Samen zu gewinnen. Sie ergeben besonders spannende Nachkommen. Am besten schauen wir uns den Blütenstand der Dahlien an dieser Stelle einmal genauer an.
Der Blütenstand einer Dahlie
Dahlien gehören zur Familie der Korbblütler (Asteraceae), zusammen mit Sonnenblumen, Astern und Ringelblumen. Was bei den Dahlien auf den ersten Blick wie eine einzelne große Blüte erscheint, ist in Wirklichkeit ein ganzer Blütenstand – ein sogenannter Blütenkorb (Kapitulum), der aus vielen kleinen Einzelblüten besteht.
Der Blütenstand einer Dahlie besteht zum einen aus den schönen Zungenblüten:
Zungenblüten (Strahlenblüten)
- Sitzen am Rand des Blütenkorbs, und bestehen aus einem einzelnen Zungenblatt.
- Sie sind in der Regel steril, und dienen ausschließlich der Anlockung von Bestäubern durch Farbe und Form.
- In der einfachen Wildform sind es meist 8–12 Stück, bei gefüllten Zuchtformen können es Hunderte sein.
Zum anderen besteht der Blütenstand der Dahlie aus Röhrenblüten, die jeweils in der Mitte angeordnet sind:
Röhrenblüten (Scheibenblüten)
- Sitzen im Blütenboden in großer Anzahl im Zentrum des Korbes.
- Es sind Zwitterblüten, sie enthalten sowohl Staubblätter, als auch Fruchtknoten
- Hier findet die Bestäubung und Samenbildung statt.
- Jede Röhrenblüte kann einen Samen hervorbringen.
Warum ist der Aufbau der Dahlienblüte wichtig für die Züchtung?
Besonders stark gefüllte Blütenköpfe, sind beeindruckend. Allerdings bilden sie manchmal keine oder nur noch wenige Samen aus. Bei gefüllten Dahlien werden die fruchtbaren Röhrenblüten im Zentrum nämlich durch zusätzliche, dekorative Zungenblüten ersetzt.
Bild: Die halbgefüllte Dahlienblüte eines Sämlings von Sorte ‘Blue Bell’ im Querschnitt lässt erkennen, wie sich am Rand des Blütenstandes viele Zungenblüten ausgebildet haben. In der Mitte sind aber noch einige fruchtbare Röhrenblüten zu erkennen, die Samen bilden können.
Dahliensorten, die Samen ausbilden
Welche Sorten trotz der gefüllten Blüten Samen ausbilden? Das kann ich euch glücklicherweise recht genau sagen. Im Frühjahr 2024 habe ich beinahe alle Sorten unseres Dahlien-Sortiments von Lubera getopft und im Freiland aufgestellt. Unsere Motivation damals: Wir wollten die Dahlien unseres Sortiments mit eigenen Augen sehen, um ihre Eigenschaften genauestens kennenzulernen.
Nebenbei habe ich festgestellt, dass viele Sorten auch Samen ausbilden. Von folgenden Sorten konnte ich erfolgreich Samen absammeln.
Dahliensorten, die fruchtbaren Samen ausgebildet haben:
‘Burlesca’
und alle Dahlien der Bishop-Serie
Bild: Eine perfekte Pompon-Dahlie bildet keine fruchtbaren Röhrenblüten mehr aus. Vereinzelt erscheinen an den aufgegangenen Blütenbällen aber dennoch Röhrenblüten am Blütenboden (siehe links) Hier bilden sich später begehrenswerte Samen für die Vermehrung.
Wo sich an den Dahlienblüten Samen bilden:
-
Nur die gelben Röhrenblüten am Blütenboden können bestäubt werden, dort entstehen die Samen für die nächste Generation.
- Bei stark gefüllten Sorten ist die Samenbildung manchmal ganz unterbunden. Sie müssen vegetativ (über Knollen) vermehrt werden, und sind für die Züchtung nicht nutzbar.
- Für Samengewinnung sind einfache oder halbgefüllte Sorten ergiebiger. Dort sind die Röhrenblüten reichlich ausgebildet und für bestäubende Insekten noch gut zugänglich.
Dahliensamen ernten und lagern
Um Dahliensamen zu ernten, lässt du die bestäubten Blüten vollständig ausreifen, bis der Blütenboden trocken und braun ist. Dann schneidest du den gesamten Blütenkopf ab und entnimmst die kleinen, flachen Samen mit den Fingern. Das ist Fummelei, und lässt sich gut mit Podcasts oder Radio ertragen. Anschließend lässt du sie an einem luftigen, trockenen Ort nachtrocknen.
Dahliensamen sollten kühl, trocken und lichtgeschützt gelagert werden, idealerweise in einem beschrifteten Papiertütchen.
Beispiel für die Beschriftung einer Dahliensamentüte:
Dahlie – Samen aus 'Arabian Night'
Eltern: Mutter = ‘Arabian Night’, Vater = unbekannt
Bestäubung: offen durch Insekten (Open Pollination)
Ernte: Oktober 2024
Bild: Dahliensamen in selbst gefalteten Samentüten aus Papier eignen sich hervorragend, um die Dahliensamen bis zur Aussaat im kommenden Jahr zu lagern. Anleitungen gibt es im Internet.
Dahlien aus Samen ziehen: Die Aussaat
Meine geernteten Dahliensamen vom Vorjahr habe ich im April dieses Jahres in Anzuchterde ausgesät. Es reicht, die Samen nur leicht mit Erde zu bedecken.
Dahlien mögen es warm während der Keimung, denn sie stammen ja aus Mittel- und Südamerika. Optimale Keimtemperaturen liegen bei 18–22 °C. Das kann gut in der Wohnung erledigt werden. Wer eine Pflanzenlampe über den Sämlingen platzieren kann, verhindert, dass sie im Zimmer schießen und sich zum Licht in Richtung Fenster strecken.
Da bei mir etwa 600 Dahlien-Sämlinge aufgingen, war die Wohnung für mich keine Option. Ich hatte das Glück, dazu bei Lubera einen hellen Folientunnel nutzen zu können. Die Keimung erfolgt schnell, schon innerhalb von 7–14 Tagen. Die schnellsten Keimer waren die Samen der Dahliensorte ‘Pooh’. Die Trödelsorte war ‘Bishop of Auckland’. Offensichtlich gibt es leichte Unterschiede in der Zeit, die die die Samen der Sorten für die Keimung benötigen.
Sobald die Jungpflanzen 2–3 echte Blattpaare hatten, habe ich sie einzeln in größere Töpfe gepflanzt.
Dahliensämlinge beschriften
Die korrekte Beschriftung deiner Dahlien-Sämlinge ist entscheidend, um später den Überblick über Herkunft zu behalten. Das ist besonders spannend, wenn du züchtest oder selektierst. So kannst du beobachten, welche Eigenschaften die Tochterpflanzen von der Muttersorte übernommen haben. Bei offener Bestäubung kenne ich die Vatersorte nicht, habe aber hin und wieder einen Verdacht, welche Sorte den Pollen gespendet haben könnte.
Die Standardangaben auf den Etiketten sieht wie folgt aus:
- Kreuzungsbezeichnung oder Mutterpflanze
z. B. Arabian Night x unbekannt (OP)
(Oder bei gezielter Kreuzung: 'Arabian Night' x 'American Sunset')
- Sämlingsnummer
z. B. 2025-07 (Jahr + laufende Nummer)
- Aussaatdatum (optional, aber hilfreich)
gesät: 03/2025
Bei 600 Sämlingen habe ich es leider nicht geschafft, die Sämlinge durchzunummerieren. Ich merke jetzt aber schon, dass es mir helfen würde, die einzelnen Pflanzen als Individuen ansprechen zu können. Nächstes Mal mache ich das besser (behaupte ich jetzt mal).
Die Kennzeichnung mit der Muttersorte war extrem hilfreich, so kann ich durch Beobachtung der Nachkommen auch etwas über die Genetik der Dahlien lernen. Zeugin der Dahlienbiologie zu werden, war für mich einer der Gründe, warum ich selber Dahlien züchten wollte.
Grundlagen der Dahliengenetik
Die Gattung Dahlia gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und umfasst etwa 42 anerkannte Wildarten, die ursprünglich aus Mittelamerika, vor allem Mexiko, stammen. Die Pflanzen sind krautige, knollenbildende Stauden und zeichnen sich durch ihre enorme genetische Vielfalt und Blütenvariabilität aus. Wildarten und Kultursorten weisen unterschiedliche Chromosomenzahlen auf, und reichen von diploid (2x) bis octoploid (8x). Die heutigen Gartendahlien (Dahlia × hortensis) sind meist octoploid (2n = 64). Was bedeutet das für diejenigen, die Dahlien züchten?
Die Dahlien-Ploidie
Die Ploidie beschreibt die Anzahl der Chromosomensätze in einer Pflanze. Bei Dahlien variiert sie stark: Wildarten sind meist diploid (2x = 32 Chromosomen) oder tetraploid (4x = 64), während die heutigen Kulturdahlien (Dahlia × hortensis, synonym Dahlia variabilis) in der Regel octoploid (8x = 64) sind und acht vollständige Chromosomensätze aufweisen.
Kreuzungen zwischen tetraploiden und octoploiden Dahlien sind theoretisch möglich, aber meist nicht erfolgreich. Wer erfolgreich und unkompliziert Dahlien züchten möchte, sollte möglichst Pflanzen mit gleicher Ploidie (z. B. 8x × 8x oder 4x × 4x) kombinieren. So erhöhst du die Keimrate und Chance auf stabile, interessante Nachkommen. Bei diploiden × octoploiden Kreuzungen ist die Situation sogar noch ungünstiger als bei tetraploiden Kombinationen. Solche Kreuzungen gelten in der Praxis als fast immer erfolglos.
Tabelle: Übersicht über die Ploidien bei Dahlia-Wildarten und der Kultur-Dahlie
Art
|
Chromosomenzahl
|
Ploidie
|
Herkunft
|
Bedeutung für Kulturdahlien
|
Dahlia pinnata
|
2n = 32
|
diploid
|
Mexiko
|
Art-Hybride, an Entstehung der Kulturdahlien beteiligt
|
Dahlia coccinea
|
2n = 32
|
diploid
|
Mexiko, Guatemala
|
Eine der sicher beteiligten Elternarten
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Dahlia sorensenii
|
2n = 64
|
tetraploid
|
Mexiko
|
Art-Hybride, an Entstehung der Kulturdahlien beteiligt
|
Dahlia scapigera
|
2n = 64
|
tetraploid
|
Guatemala
|
Art-Hybride, an Entstehung der Kulturdahlien beteiligt
|
Kulturdahlie (Dahlia × hortensis)
|
2n = 64
|
octoploid
|
Gartenkultur
|
Durch Selektion aus Hybridpopulationen entstanden
|
Die Auswirkung der Octoploidie auf die Dahlien-Züchtung
Die erwähnte Octoploidie der Kulturdahlien (Dahlia × hortensis, 8x = 64 Chromosomen) bringt eine außergewöhnlich hohe genetische Vielfalt, aber auch erhebliche Herausforderungen für die gezielte Züchtung mit sich. Wenn du Dahlien selber züchten möchtest, um gezielte Sorteneigenschaft zu erhalten, musst du mit diesen Schwierigkeiten rechnen:
1. Unberechenbare Vererbung
Bei octoploiden Pflanzen liegen jedes Gen achtfach vor. Das macht die Verteilung von Merkmalen auf die Nachkommen extrem komplex. Selbst wenn ein Merkmal (z. B. Blütenfarbe oder Form) bei beiden Eltern sichtbar ist, kann es in den Sämlingen völlig unterschiedlich ausgeprägt oder sogar vollständig fehlen. Klassische Mendel’sche Regeln gelten nur eingeschränkt oder gar nicht.
Durch acht Chromosomensätze ergeben sich millionenfache Kombinationen. Das ist zwar eine Chance für echte Dahlíen-Vielfalt, aber erschwert es, gezielt bestimmte Eigenschaften zu fixieren, z. B. die Kombination einer gewünschten Blütenform mit einer bestimmten Farbe.
2. Langwierige Selektion erforderlich
Wenn du ein festgelegtes Züchtungsziel hast, brauchst du wahrscheinlich einige Jahre für die Züchtung deiner Traum-Dahlie. Da gewünschte Merkmale nicht zuverlässig vererbt werden, muss oft über viele Generationen hinweg selektiert werden, bis sich stabile Linien herausbilden. Das erfordert Geduld, sorgfältige Dokumentation und Platz für viele Jungpflanzen.
Dahlien züchten: Wann die Octoploidie von Vorteil ist
Wenn du selber Dahlien züchten möchtest, aber kein streng definiertes Züchtungsziel hast, ist die Octoploidie der Dahlien ein großer Vorteil, weil sie Vielfalt und Überraschungen fördert. Hier die Vorteile der Octoploidie bei der Hobby-Züchtung:
1. Enorme genetische Vielfalt bei den Sämlingen
Durch acht Chromosomensätze ergibt sich eine fast unbegrenzte Kombination von Merkmalen – Farben, Blütenformen, Größen, Wuchsverhalten. Du kannst sicher gehen, dass du aus jeder Aussaat einzigartige Pflanzen erhältst, die sich sichtbar voneinander unterscheiden. Keine gleicht der anderen! Das macht das Züchten besonders spannend und visuell abwechslungsreich. Ohne festes Züchtungsziel kann man komplett ergebnisoffen sein. Aus einer Kreuzung mit z. B. zwei roten Eltern-Dahlien können plötzlich pastellfarbene, zweifarbige oder geflammte Dahlien entstehen.
Diese spielerische Offenheit macht enorm viel mit Freude an Vielfalt, das kann ich euch versprechen!
Durch die genetische Breite entstehen häufiger Merkmalskombinationen, die es noch nie gegeben hat – zum Beispiel eine neue Farbe mit ungewöhnlicher Form oder Blattstruktur.
Bild: Dahliensorte ‘Bishop of Auckland’ wurde weniger für seine Blüten selektioniert, als für sein schönes Laub. Glücklicherweise hat die Sorte ihre Laubdiversität an ihre Nachkommen vererben können, und das in vielen neuen Variationen von Blattform und Blattfarbe.
Bild: Die Sämlinge der lavendelfarbigen Balldahlie 'Franz Kafka' variieren erstaunlich in ihren Blütenfarben und im Wuchs, und sind für viele schöne Überraschungen gut.
2. Kein Fachwissen über Genetik notwendig
Anders als in der professionellen Züchtung muss man nicht alle genetischen Abläufe verstehen, sondern kann einfach aus der Aussaat heraus beobachten und auswählen, was gefällt. Die Octoploidie sorgt dafür, dass immer wieder neue, interessante Typen auftauchen, auch ohne gezielte Steuerung.
Bild: Eine Mutter, hier ‘Happy Single Wink’, und ihre diversen Töchter. Jede Blüte ist anders, und die Muttersorte lässt sich kaum darin erkennen. Nur ein Merkmal hat sich konsequent vererbt, und zwar die offenen Blüten.
Sorten erkennen und benennen
Ein Dahliensämling eignet sich dann als neue Sorte auf dem Markt, wenn er besondere, beständige und wiedererkennbare Merkmale aufweist, und sich deutlich von bestehenden Sorten abhebt. In der Züchtung spricht man dabei von den sogenannten DUS-Kriterien: Distinctness (Unterscheidbarkeit), Uniformity (Einheitlichkeit) und Stability (Beständigkeit).
Hier sind die wichtigsten Merkmale, die einen Sämling zur potenziellen Sorte machen:
1. Deutliche Unterscheidbarkeit
Der Sämling sollte sich klar sichtbar von anderen Sorten abheben. Standardfarben und -formen reichen nicht aus, wenn sie bereits vielfach existieren. Stattdessen achte auf:
- eine ungewöhnliche Blütenfarbe oder -kombination
- eine neue Blütenform (z. B. gewellt, gespitzt, zurückgebogen)
- besondere Blattfärbung oder Wuchsform
2. Einheitlichkeit
- Der Sämling sollte einheitlich in sich sein: Blüten, Wuchs, Blattfarbe, Höhe usw. müssen stabil auftreten.
- Er darf nicht von Trieb zu Trieb oder Blüte zu Blüte stark variieren.
3. Beständigkeit
- Die Merkmale müssen sich über mehrere Jahre und Vermehrungsschritte hinweg zuverlässig wiederholen.
- Das wird durch vegetative Vermehrung über Knollen getestet: Zeigt sich die Blüte jedes Jahr gleich, ist der Sämling beständig.
4. Gesundheit und Wuchsstärke
- Eine gute Sortenkandidatin ist robust, vital und blühfreudig.
- Schwache, krankheitsanfällige oder blühfaule Pflanzen sind ungeeignet, selbst bei außergewöhnlicher Optik.
5. Reproduzierbarkeit
- Der Sämling muss sich vegetativ (über Knollen oder Stecklinge) vermehren lassen.
- Nur mit gesunden Knollen kannst du deine Sorte erhalten und weitergegeben.
Meine eigenen Erfahrungen bei der Sorten-Selektion
Ich möchte meine Dahlien, die ich als die Schönsten von allen selektioniere, nicht offiziell als Sorten mit Sortenschutz anmelden. Damit habe ich maximale Freiheit bei dem, was ich als erhaltenswert anerkenne. In diesem Fall gilt: Nur der eigene Geschmack zählt.
Manchmal ist es eine Blütenform, die mich anspricht. Bei mir ist zum Beispiel eine gelbe Dahlie aufgeblüht, die auf dem Markt eine Chance hätte. Sie hat knapp verpasst, eine anemonenblütige Dahlie zu werden. Aber ich muss immer lächeln, wenn ich sie sehe. Ich überlege daher, sie zu behalten.
Bild: Leicht entfernt von einer perfekten anemonenblütigen Dahlie, aber irgendwie doch witzig. Soll ich sie behalten?
Bei einfachen oder halbgefüllten roten und gelben Dahlien kann ich besonders wählerisch sein, denn die tauchen bei den Sämlingen aller Muttersorten besonders häufig auf. Der Grund wird darin liegen, dass die dominanten Eigenschaften der Dahlien-Wildarten (wie Dahlia coccinea) wieder sichtbar werden.
Bild: Ich habe einen »Parkplatz« für alle Sämlinge, die mich nicht überzeugen konnten. Darunter viele rote und gelbe Dahlien mit einfachen oder halbgefüllten Blüten, die an Wildarten erinnern.
Bild: Dieser einfach blühende Sämling von Dahliensorte ‘Dark Spirit’ ähnelt eher der Wildart Dahlia coccinea als der Mutterpflanze. Sämlinge wie dieser kommen recht häufig vor.
Alle Blüten, die nicht nicht symmetrisch sind, scheiden bei mir jedenfalls aus. Das ist mein Selektionskriterium.
Bild: Blüten mit asymmetrisch aufgehenden Blüten zählen bei mir nicht zu den auserwählten Dahliensämlingen.
Was ich mag, sind einige Dahliensämlinge mit einfachen sternförmigen Blüten. Ich möchte sie nach Sternen im Universum benennen.
Bild: Wäre sie als Dahliensorte marktfähig? Das weiß ich nicht, aber ich liebe ihre sternförmigen Blüten.
Zu meinen Favoritinnen zählt eine Dahlie, die gerade erst ihre schönen, gefüllten Blüten öffnet. Blütenform und Wuchs erinnern an ‘American Sunset’, die Muttersorte ist aber ‘Arabian Night‘. Was es für mich besonders spannend macht, ist diese Farbkombination, die ich an Dahlien mit ähnlicher Blütenform noch nicht gesehen habe.
Bild: Ein Sämling von ‘Arabian Night’ geht auf. Ich liebe die Blütenform ebenso wie die Farbkombination, und kann es kaum erwarten, bis sie sich vollständig geöffnet hat.
Ich werde es mit ihr wahrscheinlich ebenso machen, wie mit allen anderen Blüten: ständig nachschauen, ob sie sich endlich schon ein wenig mehr geöffnet hat. Was für ein spannender Sommer das ist, wenn man selber Dahlien züchten kann!
Eigene Sorte benennen: kreativ, aber regelkonform
Wenn wir Dahlien züchten, können wir ihnen eigene Namen geben.
Für den Fall, dass du eine Sorte offiziell als Sorte anmelden möchtest, unterliegt die Benennung internationalen Regeln. Grundlage ist der sogenannte Internationale Code der Nomenklatur für Kulturpflanzen (ICNCP), der sicherstellen soll, dass Sortennamen eindeutig, wiedererkennbar und weltweit verständlich sind.
Ein gültiger Sortenname muss zunächst unverwechselbar und eindeutig sein. Das bedeutet: Es darf nicht schon eine Dahliensorte mit demselben Namen existieren. Daher lohnt sich eine Recherche in Sortendatenbanken oder bei Dahlienvereinen, bevor man sich festlegt.
Erlaubt sind Phantasienamen, z. B. ‘Sonnentanz’ oder ‘Morgentau’. Auch Personennamen sind gestattet, wie etwa ‘Bishop of Llandaff’. Hole dir die Zustimmung ein, wenn es sich um noch lebende Personen handelt. Ortsnamen wie ‘Eifelschönheit’ oder ‘Lübeck Purpur’ sind ebenfalls erlaubt.
Nicht zulässig sind dagegen lateinische oder botanisch klingende Namen, wie ‘Grandiflorus’ oder ‘Alba’, weil sie mit wissenschaftlichen Artbezeichnungen verwechselt werden könnten.
Der Sortenname wird immer in einfachen, geraden Anführungszeichen geschrieben – z. B. Dahlia ‘Blauer Stern’.