Kann man einen Feigenbaum umpflanzen? Wie alt darf er sein? Welches sind die richtigen Massnahmen, damit das Umpflanzen gelingt? Diese Fragen beantworten wir in diesem Artikel, versuchen wir mindestens zu beantworten. Und um es gleich vorwegzunehmen: Wir lernen dabei aus unseren eigenen Fehlern beim Feigenbaum umpflanzen… Beim Gärtnern gibt es grundsätzlich nichts Wertvolleres als Versuch & Irrtum, immer unter der Voraussetzung, dass man aus den Fehlern auch lernt.
Wenn Sie noch keinen Feigenbaum besitzen, können Sie sich im Lubera Shop Ihren eigenen Feigenbaum kaufen.
Inhaltsverzeichnis
- Feigenbaum umpflanzen – wir haben es versucht und sind (fast) gescheitert…
- Erste Lektion: Feigenbäume überleben fast alles
- Warum sind Feigenbäume so hart im Nehmen und können so spät noch austreiben?
- Was die Feigen schon sehr lange vor dem Umpflanzen gelernt haben
- Feigenbaum umpflanzen – so lernen Sie aus unseren Fehlern
- Überleben die umgepflanzten Feigenbäume auch den nächsten Winter?
Feigenbaum umpflanzen – wir haben es versucht und sind (fast) gescheitert…
In diesem Frühling erhielten wir die Gelegenheit, einige ältere, bis zu 15 Jahre alte Feigenbäume zu kaufen und in unsere Baumschule umzupflanzen. Als Standort wählten wir unser Hotel Lubera, den Garten des Personalhauses. Im April wurden dann die grossen Feigenbäume mit einem Bagger ausgegraben, vorsichtig zu uns nach Buchs transportiert, von unserem Betriebsleiter Robert Maierhofer fachgerecht geplant und auch ganz leicht zurückgeschnitten.
Bild: Umgepflanzte, leicht zurückgeschnittene Feigenbäume.
Wir meinten alles richtig zu machen und harrten im Frühling zuversichtlich der Dinge, die da kommen wollten. Aber sie kamen nicht; der Feigenwuchs wollte und wollte nicht starten. Im Mai kein Trieb, im Juni noch kein Blatt. Im Juli begannen Passanten und Nachbarn im Dorf zu tuscheln und Witze zu machen: Lubera hätte wohl aufgrund einer Zuchtmethode rausgefunden, wie man Feigen ohne Feigenblätter produzieren könne.
Schlussendlich wurde auch Robert Maierhofer, unser Betriebsleiter unruhig und er schnitt die meisten Bäume extrem stark zurück, um vielleicht doch noch einen Funken Leben zu erwecken. Aber auch im Juli kein Wuchs.
Alles verloren, unsere Aktion "Feigenbaum umpflanzen" war kläglich gescheitert!
Plötzlich Mitte August, beginnt der erste zurückgeschnittene Feigen-Strumpf grün zu werden. An den unmöglichsten Orten entstehen aus dem Nichts neue Triebe. Und bis jetzt, bis Anfang Oktober haben 5 von 9 Feigenbäumen zu wachsen begonnen.
Bild: Austrieb an einem umgepflanzen Feigenbaum, Mitte August.
Bild: Austrieb eines Feigenbaumes an den unmöglichsten Stellen.
Bild: Einige Bäume sind jedoch verloren – kein Austrieb.
Erste Lektion: Feigenbäume überleben fast alles
Fazit: Feigenbäume überleben fast alles. Sogar Gärtner wie uns!
Und das Resultat der fast unglaublichen Überlebensfähigkeit der Feige kann man getrost verallgemeinern: Feigen können fast 10 Monate auch ohne Blätter überleben! Einen Feigenbaum soll man definitiv erst nach fast 10 Monaten für tot erklären, auch frostgeschädigte Feigenbäume können problemlos erst im Juni oder Juli, und – wie wir gelernt haben – schlimmstenfalls auch erst Ende August austreiben.
Warum sind Feigenbäume so hart im Nehmen und können so spät noch austreiben?
Wenn man die jetzt ausschlagenden umgepflanzten Feigenbäume näher betrachtet, so sieht man, dass die Feigen zwar vermeintlich irgendwo, in Tat und Wahrheit aber (fast) immer auf der Höhe von Nodien, an ehemaligen Blattnarben oder Astringen austreiben.
Bild: Später Austrieb an den unmöglichsten Stellen, aber meist bei Jahresringen oder aus ehemaligen Blattnarben.
Offenbar gibt es bei Feigen da überall genügend differenziertes Gewebe, das in der Lage ist, sich zu Knospen auszubilden, wenn der Saftdruck entsprechend gross ist. Dazu kommt, dass das alte Holz, auch wenn teilweise durch den Frost und die überlange Winterruhe geschädigt, eine sehr lange Zeit lebendig und grün bleibt, und damit den sich erholenden Wurzeln und ihrem Saftstrom auch spät noch die Möglichkeit gibt, eingelagerte Reservestoffe nach oben zu transportieren und die Bildung neuer Knospen, Blüten und Triebe anzuregen.
Was die Feigen schon sehr lange vor dem Umpflanzen gelernt haben
Diese zähe Überlebensfähigkeit ist kein Zufall, sondern eine Folge des uralten evolutionären Lern- und Anpassungsprozesses, den die Feigen durchgemacht haben. Fruchtfeigen stammen aus der arabischen Halbinsel und haben dort gelernt, in einer trockenen und feindlichen Umwelt zu überleben. Man denke in dem Zusammenhang auch an die Feigenblüte, die sozusagen im Inneren der Jungfeigen versteckt stattfindet: Die Frucht der Feige ist letztlich nichts anderes als ein nach aussen gewölbter geschlossener Blütenboden, dessen Blüten konzentrisch nach innen zeigen.
Bild: Querschnitt einer jungen Feigenfrucht, die Blüten sind nach innen zur Mitte gerichtet. Die Fruchtschale der Feige ist eigentlich der Blütenboden.
Mit dieser Strategie soll keine gefährliche Aufmerksamkeit erregt werden und die wertvollen, die Fortpflanzung sichernde Blüten bleiben vor klimatischen Ausseneinflüssen weitgehend geschützt.
Feigenbaum umpflanzen – so lernen Sie aus unseren Fehlern
Am Ende haben wir beim Umpflanzen zwei entscheidende Fehler gemacht: wir haben die umgepflanzten Feigen zu wenig stark zurückgeschnitten und wir haben zu spät – erst im April – umgepflanzt, als die eingelagerten Reservestoffe in den Wurzeln bereits wieder auf dem Weg in die Triebe waren. Dies sind also die wichtigsten Ratschläge, wenn Sie einen Feigenbaum umpflanzen möchten:
- Pflanzen Sie einen Feigenbaum immer früh um, von November bis Mitte Januar. In dieser Zeit sind die meisten Reservestoffe eingelagert und der Feigenbaum befindet sich in der tiefsten Winterruhe. Die Feige treibt zwar spät aus, aber beginnt schon im Februar, bei etwas gutem Wetter, den Saftstrom wieder nach oben zu richten, den Saftdruck zu erhöhen. Entsprechend beginnen die sehr kleinen Blütenfeigen auch in dieser Zeit zu wachsen und sind dann vielfach Ende Februar schon deutlich zu erkennen. Wenn man erst in dieser Zeit umpflanzt, so haben die Wurzeln, die eh durch das Umpflanzen arg dezimiert sind, einen guten Teil ihrer Reserven, ihres Pulvers schon verschossen. Sie sind nach dem Umpflanzen dann vorerst mit sich selber beschäftigt, versuchen Fuss zu fassen und haben kaum die Kraft und den Saftdruck, um die überirdischen Organe zu fluten. – Das Umpflanzen von Feigenbäumen muss also in der allertiefsten Winterruhe geschehen!
- Wurzeln möglichst gross ausgraben. Dieser Ratschlag versteht sich von selbst, je mehr Wurzelvolumen ich an den neuen Standort retten kann, desto mehr Reserven nimmt die Feige mit und desto schneller kann sie wieder austreiben.
- Feigen extrem stark zurückschneiden: Hier haben wir in unserem Falle zu viele Kompromisse gemacht, wir wollten halt die wunderschönen alten Feigenbäume möglichst integral wieder im neuen Garten sehen – und haben so auf das gärtnerisch notwendige Mass des Feigenrückschnitts verzichtet. Aufgrund unserer Erfahrung rate ich, ältere Feigenbäume (älter als 5-7 Jahre) beim Umpflanzen volumenmässig auf 20-30% des ursprünglichen Volumens zurückzuschneiden. Dieses Rückschneidemass bezieht sich dabei vor allem auf die starken Hauptstämme und Hauptäste. Haben Sie auch keine Angst, wenn nach dem Rückschritt nur altes, nacktes Holz übrigbleibt, die Feige hat – wie oben gezeigt – die Fähigkeit, fast überall wieder differenzierte Zellen auszubilden, daraus neue Knospen zu formen und einen Austrieb zu starten, wenn nur der entsprechende Saftdruck mit genügend Reservestoffen vorhanden ist.
Bild: Einer der Feigenbäume, Anfang Oktober.
Überleben die umgepflanzten Feigenbäume auch den nächsten Winter?
Nach dem Feigenbaum Umpflanzen ist gleich auch vor dem nächsten Winter… Die Frage ist natürlich erlaubt, ob die so umgepflanzten und extrem spät ausgetriebenen Feigenbäume den nächsten Winter überleben werden. Man bedenke nur: Die Feigenbäume haben erst Mitte bis Ende August ausgetrieben und haben nur eine Vegetationsperiode von ca. 2 Monaten zur Verfügung. Reicht das aus, um über den nächsten, gleich folgenden Winter zu kommen?
Ein genauer Blick auf die Triebe zeigt, dass einerseits sehr starke Wasserschoss-ähnliche Basistriebe entstanden sind, andererseits aber auch eine Vielzahl von Kurztrieben.
Bild: Umgepflanzte Feige mit Langtrieben.
Bild: Umgepflanzte Feige mit Kurztrieben.
Bei vielen Kurztrieben ist schon jetzt, Anfang Oktober erkennbar, dass sie gut ausreifen werden, vorausgesetzt, dass die Fröste noch ca. 4 Wochen auf sich warten lassen…
Bild: Nachaufnahme gut ausreifender Kurztrieb.
Die Erfahrung zeigt auch, dass – entgegen der Intuition – kurze, schnell abschliessende Triebe eher winterhärter sind als die mastigen Langtriebe. Dennoch ist es unbedingt notwendig, nach so einer Umpflanzaktion die Feigenbäume mindestens im ersten nachfolgenden Winter gut mit isolierendem Material einzupacken, um so einen zweiten und dann wohl tödlichen Frostschaden zu vermeiden. Es ist ganz einfach vorauszusehen, dass die extrem kurze Vegetationsperiode keine genügende Assimilate-Produktion erlaubt und damit auch die normale Winterhärte älterer Feigenbäume in diesem besonderen verflixten Jahr nach dem Umpflanzen nicht gegeben ist.
Schaun wir mal…
Feigenbaum umsiedeln
Vielen Dank für die ausführliche Infos. Ich habe erst gestern meinen 3 jährigen feigenbaum ausgegraben, weil er wahmdin groß geworden ist und einen anderen Platz benötigt. Ich war überrascht zu sehen, wie dick einige Wurzeln waren und wie tief diese in den Boden hineingewaschsen sind. Ich werde den Baum gleich Pflanzen und hoffe dass dieser den erlittenen Schock doch überlebt. Schöne Grüße aus Unterfranken.