Über das Ausgeizen der Tomaten (und der Weinrebe) sind schon Hunderte von Artikeln geschrieben worden - da kann das Lubera Gartenbuch wohl nicht abseits stehen. Es scheint sich ja um etwas Wichtiges zu handeln... Es scheint? Na ja, ganz so ernst sollte man das Thema Tomaten ausgeizen vielleicht doch nicht nehmen, auch mit dem einen oder anderen sich entwickelnden Geiztrieb wird die Tomatenernte nicht ausfallen. Dennoch macht es Sinn zu wissen, was ein Geiztrieb ist, woher der Name wahrscheinlich kommt, wie sich die Beurteilung dieser Triebe bei Weinreben geändert hat und wo man schlussendlich die Geiztriebe an den Tomatenpflanzen entfernen soll, und wo nicht. Tipps zum Entfernen der seitlichen Fruchttriebe und eine Anleitung finden Sie am Ende des Beitrags. Im Lubera Shop können Sie kräftige und robuste Tomatenpflanzen online kaufen.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung: Tomaten ausgeizen - wie geht das und was muss man beachten?
- Sehen Sie hier das Video, wie Sie Tomaten ausgeizen können:
- Was ist ein Geiztrieb?
- Woher kommt der Begriff Geiztrieb?
- Wie werden die Geiztriebe bei den Weinreben heute beurteilt?
- Muss man alle Tomaten ausgeizen? Welche Tomaten ausgeizen?
- Beim determinierten Wuchstyp der Tomatensorten auf Ausgeizen verzichten
- Fazit zum Tomaten Ausgeizen
- Die wichtigsten Tipps zum Ausgeizen der Tomaten
Zusammenfassung: Tomaten ausgeizen - wie geht das und was muss man beachten?
Tomaten ausgeizen – das ist ein Thema für sich! Muss man alle Tomaten ausgeizen? Wie geizt man Tomaten richtig aus? Im folgenden erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen, um sich an einer reichen Ernte zu erfreuen!
Sehen Sie hier das Video, wie Sie Tomaten ausgeizen können:
Was ist ein Geiztrieb?
Ein Geiztrieb ist ein Seitentrieb, der aus einer Blattachselknospe wächst:
Von Geiztrieben wird meist in Zusammenhang mit Reben, Tabakpflanzen und eben auch Tomatenpflanzen gesprochen. Das Wort hat eine eher abschätzige Bedeutung: Der Geiztrieb ist ein unnützer Trieb, sozusagen ein Fehler der Natur, der augegeizt werden muss. Häufig liest man auch, dass diese Triebe unfruchtbare Seitentriebe seien, was aber nicht den Tatsachen entspricht. Lässt man diese Triebe bei Reben und Tomaten weiterwachsen, so entwickeln sie Fruchttriebe mit allen normalen Organen - Triebachse, Knospen, Blätter, Blüten und schlussendlich auch Früchte - nur eben später als der Hauptfruchttrieb.
Woher kommt der Begriff Geiztrieb?
Das Wort Geiztrieb ist seit über 200 Jahren belegt und wohl schon viel älter. Aber wie muss man sich die Begriffs- und Bedeutungsübertragung vom Geiz oder vom Geizigen auf einen unschuldigen Seitentrieb vorstellen? Wie kann man einem weichen Schössling vorwerfen, geizig, selbstisch nur auf sich selber bezogen zu sein? Der Name Geiztrieb impliziert den Vorwurf, dass der "unnütze" Trieb nur an sich selber denke, unverantwortlich ins Leben hineinwachse, ohne das Schicksal des Haupttriebs zu bedenken, den er doch konkurrenziere. Der eigentlich Geizige ist damit aber der Worterfinder und -benutzer selber, der Gärtner und Bauer, der dem neuen Seitentrieb das Leben nicht gönnen mag, weil er eventuell den zu erwartenden Ertrag vom Haupttrieb beschränkt oder mindert. Die Geizigen sind wir :-)
Wie werden die Geiztriebe bei den Weinreben heute beurteilt?
Ursprünglich wurden Name und Konzept des zu entfernenden Geiztriebs, der nur den Haupttrieb schwächt, im Weinanbau entwickelt und verwendet. Seit ca. 40 Jahren weiss man aber, dass auch die Geiztriebe eine positive assimilatorische Bilanz haben, also mehr Energie produzieren, als sie selber brauchen, und somit auch zum Gesamtertrag und zur Qualität der Weintraube beitragen. Heute werden deshalb Geiztriebe im Weinbau nicht mehr so konsequent entfernt wie noch vor 70 oder 100 Jahren. Ihr möglicher negativer Einfluss besteht weniger in der Konkurrenzierung der Früchte des Hauptriebs als darin, dass die Laubwand mit allzu vielen Geiztrieben einfach zu dicht werden kann. Als Folge davon trocknet die Blattmasse weniger gut ab, und Pilzkrankheiten können sich leichter etablieren. Dies ist letztlich der einzige Grund, bei Weinreben einen Teil der zu einem Dickicht heranwachsenden Geiztriebe weiterhin zu entfernen. Und vielleicht ist es gar nicht schlecht, einige dieser relativierenden Gedanken auch auf die Tomate zu übertragen: Das Ausgeizen von Stabtomaten verbessert eindeutig die Architektur und auch die Durchlüftung der Pflanze, was Braunfäule vorbeugen kann. Etwas später aber im Jahr kann durchaus auch der eine oder andere Geiztrieb stehengelassen werden, um die Assimilationsfläche zu vergrössern und bei der Ausreifung der Tomaten zu helfen.
Muss man alle Tomaten ausgeizen? Welche Tomaten ausgeizen?
Aber schauen wir jetzt bei den Tomaten doch noch etwas genauer auf die sogenannten Geiztriebe. Sie entstehen wie bei der Weinrebe und bei der Tabakpflanze aus den Achselknospen der Blätter (Blattachseln) und können dazu führen, dass sich eine schmale Tomatenjungpflanze schnell zu einem dichten und überhängenden Busch entwickelt, dass insgesamt sehr viel mehr Blüten und Früchte entstehen als nur an einem oder zwei Haupttrieben und dass schlussendlich entsprechend Fruchtgrösse und auch Qualität abnehmen. Wenn man also grosse, voll entwickelte und superaromatische Früchte von indeterminiert wachsenden Stabtomaten ernten will (z.B. von den Freilandtomaten, die wir im Lubera Shop zum Kaufen anbieten), dann ist das Tomaten Ausgeizen weiterhin eine gute und grundsätzliche positive Kulturmassnahme: Tendenziell werden bei einer ausgegeizten Pflanze wohl weniger Tomaten angesetzt, aber sie werden grösser und meist auch besser.
Bild: Freiland- und Stabtomate Sunviva: Hier lohnt es sich, den Spaliertrieb vor allem zu Kulturbeginn laufend auszugeizen, also von Seitentrieben zu befreien
Beim determinierten Wuchstyp der Tomatensorten auf Ausgeizen verzichten
Bei einer determiniert (begrenzt) wachsenden Tomatensorte, die kompakt und buschig wachsen will und soll, macht das Ausgeizen allerdings keinen Sinn, weil diese Kulturmassnahme dem Wuchshabitus entgegenläuft und letztlich den Ertrag schmälert. Nun könnte man einwenden, dass man ja auch bei Sorten wie der determiniert wachsenden Balkontomaten oder Buschtomate eine bessere Qualität möchte: Aber hier ist ja der mögliche Ertrag schon von vornherein durch den Wuchstyp beschränkt, der die Triebe nicht einfach unendlich weiterwachsen lässt, sondern sie immer gleich mit Blüten enden lässt. Mehr Wachstum, mehr Blattmasse und ein angemessener Ertrag entstehen also nur durch weitere Triebe neben den Haupttrieben. Eben deshalb ist Ausgeizen bei determiniert wachsenden Tomatenpflanzen wie z.B. bei Fuzzy Wuzzy oder bei der Silbertanne wenig erfolgsversprechend, meist sogar kontraproduktiv.
Bild: Fuzzy Wuzzy - kompakt wachsende und determinierte Balkontomaten nicht ausgeizen. Sie brauchen jede Verzweigung
Auch bei indeterminiert, aber buschig-verzweigt wachsenden Strauchtomaten wie bei unseren Wildtomaten braucht es kein systematisches Ausgeizen, weil man ja den buschigen Wuchs mit den kleinen kirschgrossen Früchten will! Wildtomaten wie Golden Currant oder Rote Murmel kann man als freiwachsenden Busch mit bis zu 2m Durchmesser, aber auch mit vielen liegenden Trieben ziehen, alternativ an einem grossen Spaliergerüst oder auch an einem Zaun... An der Chelsea Flower Show habe ich gerade ein wunderbares Exemplar von Golden Currant als Säule gesehen.
Fazit zum Tomaten Ausgeizen
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Ausgeizen nur bei Stabtomaten grundsätzlich sinnvoll ist, also zum Beispiel bei allen Freilandtomaten im Lubera® Shop. Bei sehr starkwachsenden Sorten wie Primabella kann auch mal ein tief angesiedelter Seitentrieb stehengelassen werden, so dass die Pflanze insgesamt zwei- oder dreitriebig gezogen werden kann. Umgekehrt kann auch bei Balkontomaten oder bei Wildtomaten bei Gelegenheit der eine oder andere Seitentrieb oder Triebansatz entfernt werden, wenn der Tomatenbusch dann doch zu dicht wird.
Video: Tomaten ausgeizen - ja oder nein?
Die wichtigsten Tipps zum Ausgeizen der Tomaten
- Tomaten ausgeizen lohnt sich grundsätzlich bei indeterminiert wachsenden Stabtomaten, nicht bei Strauchtomaten und Wildtomaten und nicht bei determiniert wachsenden Balkontomaten.
- Tomaten ausgeizen nur bei schönem Wetter, jeder entfernte Trieb führt zu einer Wunde an den Blattachseln und damit zu Eintrittspforten für Krankheiten. Bei trockenem Wetter verheilen und schliessen die Wunden schneller.
- Geiztriebe sollten so jung wie möglich entfernt werden, damit die Wunden nicht zu gross werden.
- Aber: Erst Tomaten ausgeizen, wenn Blütentriebe und Geiztriebe klar erkennbar sind. So laufen Sie weniger Gefahr, dass Sie anstelle der Geiztriebe gleich systematisch die Blüten entfernen…
- Beim Entfernen der Geiztriebe darf nicht einfach gerissen werden. Der Haupttrieb darf nicht verletzt werden.
- Geiztriebe werden nahe bei der Ansatzstelle mit Daumen und Zeigefingernagel entfernt, aber natürlich kann das bei älteren Geiztrieben auch mit entsprechendem Schneidewerkzeug geschehen.
- Nie Messer, Scheren oder auch Hände benutzen, die vorher gerade mit kranken Tomatenblättern in Berührung gekommen sind, das könnte zu Infektionen führen. Schneidewerkzeuge, die früher schon bei Tomatenpflanzen gebraucht wurden, vor dem Einsatz mit Alkohol reinigen und desinfizieren.
- Geiztriebe sind eben keine unnützen und unfruchtbaren Triebe und können sehr leicht bewurzelt werden. Stellen Sie die kleinen Schosse nach dem Schnitt in ein Glas Wasser, nach ca. einer Woche bis 10 Tagen haben sie genug Wurzeln ausgebildet und können in Jungpflanzentöpfe (9 bis 12cm Durchmesser) umgepflanzt werden. So machen Sie schnell aus einer Pflanze 10 Pflanzen und können dann spät in der Saison von der zusätzlichen Ernte profitieren. Einziger Nachteil der selber vermehrten gegenüber den gekauften Pflanzen: Die selber vermehrten Pflanzen kommen halt später in Ertrag.
- Bei Stabtomaten macht es Sinn, regelmässig - zum Beispiel einmal pro Woche - auszugeizen, vor allem zu Beginn der Wuchssaison, damit sich die Spaliertriebe gut entwickeln. Später im Sommer kann auch mal der eine oder andere Geiztrieb belassen werden, um so die Assimilationsfläche zu vergrössern. Wenn es noch genügend Blüten und Jungfrüchte am Haupttrieb hat, können die sich allenfalls entwickelnden Blüten an den stehengelassenen Geiztrieben einfach ausknipst werden.
- Zum Ende der Saison hin, z.B. gegen Ende August, werden nicht nur die Geiztriebe entfernt und die Spitzen von Seitentrieben, die man wachsen gelassen hat, sondern auch die Haupttriebe werden oben gekappt, so dass sich die Tomatenpflanze in den letzten Wochen auf die Ausreife der noch vorhandenen grünen Tomaten konzentrieren kann.
Geiz ist geil! Auch ein Kalauer kann bei der Gartenarbeit helfen :-)
Wann nicht ausgeizen
Das heisst wenn es gute Sorten gäbe, welche komplett reistent gegen die Krautfäule wären, dann bräuchte es das Ausgeizen nicht und das Leben des Gärtners wäre einfacher. Das wäre doch ein Züchtungsziel für Lubera.
Markus Kobelt