Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
PIWI steht für pilzwiderstandsfähige Reben. Pilzwiderstandsfähige Rebsorten haben Resistenzen gegen Echten und Falschen Mehltau, die erhebliche Reduktionen der Pflanzenschutzmaßnahmen ermöglichen. Die Zucht begann bereits im 19. Jahrhundert, erlebte jedoch in Europa lange Rückschläge, bevor sie wieder an Bedeutung gewann. Heute gibt es eine Reihe etablierter PIWI-Rebsorten. Ihre Vorteile sind durch geringeren Chemieeinsatz kosteneffizienterer Anbau und ihre Nachhaltigkeit. Herausforderungen bestehen in der rechtlichen Zulassung der Sorten, bei der Vermarktung und den Anforderungen an die Weinqualität. „PIWI International“ ist eine internationale Arbeitsgemeinschaft zur Förderung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten, ihr Ziel ist die Züchtung von krankheitsresistenten Rebsorten, die in Geschmack und Sensorik so gut sind wie Weine aus traditionellen, europäischen Reben
Praxis-Tipps
Sorten gezielt auswählen: Wähle PIWI-Rebsorten mit Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau – etwa 'Muscat bleu', 'Seyval blanc' oder 'White Dream' – diese kommen auch ohne chemischen Pflanzenschutz aus.
Schnitt und Laubmanagement beachten: Durch gezielten Schnitt und gute Durchlüftung der Laubwand verringerst du das Risiko von Feuchtigkeit und beugst Pilzinfektionen effektiv vor.
Auf ausgewogene Nährstoffversorgung achten: Vermeide übermässige Stickstoffgaben, da sie Pilzbefall und weiches Laub begünstigen können.
PIWI-Rebsorten – Konzept, Geschichte und Entwicklung
Der Begriff PIWI steht für pilzwiderstandsfähig. Diese Rebsorten haben natürliche Abwehrmechanismen gegen die beiden wichtigsten Schadpilze im Weinbau – Echten Mehltau (Erysiphe necator) und Falschen Mehltau (Plasmopara viticola). Dadurch kann der Einsatz von Fungiziden deutlich reduziert werden, ohne die Ertrags- und Qualitätsziele aus den Augen zu verlieren.
Die Kreuzungen erfolgen über klassische Züchtung: Wildrebenarten (z. B. aus Amerika oder Asien) mit Resistenzgenen werden mit europäischen Edelreben gekreuzt, selektiert und über mehrere Generationen verfeinert, bis ein guter Kompromiss zwischen Resistenz, Wuchsverhalten und Weinqualität gefunden ist.
In unseren Artikeln «Echter Mehltau – Ursachen, Vorbeugung und Bekämpfung» und «Falscher Mehltau – Ursachen, Vorbeugung und Bekämpfung» findest du weitere Informationen zu diesen Schadpilzen.
Bild: Echter Mehltau an einer Weinrebe.
Bild: Falscher Mehltau an einer Weinrebe.
Das Problem
Wein wird bereits seit dem Altertum in Europa angebaut. In den Weinbergen standen viele verschiedene Reben mit einer großen genetischen Variabilität. Die Pflanzen waren an das lokale Klima hervorragend angepasst und brachten ohne den Einsatz moderner Pflanzenschutzmittel gute Erträge. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden aus den USA Rebpflanzen nach Europa eingeführt. Mit ihnen gelangten die amerikanische Reblaus, sowie Echter und Falscher Mehltau nach Europa. Besonders die Reblaus breitete sich rasend schnell aus und vernichtete innerhalb weniger Jahre die Reben ganzer Weinbauregionen. Durch Veredelung auf Wurzelunterlagen von amerikanischen Weinen konnte sie unter Kontrolle gebracht werden. Für die Pilzkrankheiten gibt es leider keine so einfache Lösung. Warum klassische Rebsorten wie Blauburgunder oder Riesling nichts für den Hausgarten sind.
Historischer Überblick
Schon im 19. Jahrhundert begannen erste Kreuzungsversuche mit amerikanischen Reben zur Erhöhung der Resistenz gegen Krankheiten. Diese frühen Hybriden hatten allerdings unerwünschte Geschmacksnoten wie den Foxton. Dieser „Fuchsgeschmack“ oder auch „Wanzengeschmack“ ist eine Eigenart, die besonders stark bei Weinen aus Hybridsorten auftritt, die den nordamerikanischen Wein Vitis labrusca als Elternteil haben. Er wird als eine Mischung aus erdigen, moschusartigen Aromen und nassem Fuchsfell oder Fuchs-Urin beschrieben. In den USA, Kanada, Südamerika und Japan gilt er als typisch und wird erwartet oder zumindest geduldet. In Europa ist dieser Beigeschmack als Fehlton unerwünscht und sorgte dafür, dass die ersten pilzresistenten Rebsorten auf breite Ablehnung stießen. In Frankreich waren diese amerikanisch-europäischen Hybriden zudem politisch umkämpft: 1955 wurde ein Dekret erlassen, das alte, europäische Rebsorten für das Keltern von Tafelwein vorschrieb. Es gab „empfohlene“, „zugelassene“ und „tolerierte“ Sorten. Viele Flächen mit resistenten Hybriden wurden gerodet und dadurch die Züchtungsbemühungen zurückgeworfen.
Ab den 1960er Jahren wurden in Deutschland (z. B. durch das Julius-Kühn-Institut), im Freiburger Staatlichen Weinbauinstitut und in Österreich systematisch PIWI-Züchtungen vorangetrieben. In dieser Zeit wurden Gesetzesbarrieren langsam überwunden, doch der Erfolg der neuen Weinsorten blieb regional begrenzt. In der Schweiz haben Züchter wie Pierre Basler und Valentin Blattner Pionierarbeit geleistet. Basler war Mitbegründer der Interessengemeinschaft PIWI Wallis und stellte schon Anfang der 2000er Jahre neue Sorten vor.
1999 wurde der Verein PIWI Wein International gegründet. Diese Arbeitsgruppe aus Züchtern und Winzern koordiniert Forschung, Austausch und Bekanntmachung zum Thema pilzresistente Weinreben. PIWI International setzt sich gezielt dafür ein, den Ruf der PIWI-Weine zu verbessern und ihre gesellschaftliche und politische Akzeptanz zu erhöhen. In einigen Kantonen der Schweiz wird inzwischen der Anbau bestimmter, gelisteter PIWI-Weine durch Subventionen gefördert. Diese Förderung ist jedoch umstritten. Inzwischen gibt es ein Vollsortiment an PIWI-Weinen, die sich eine Marktnische erobert haben.
Aktuelle Vielfalt von PIWI-Wein und Sorteneigenschaften
PIWI-Rebsorten sind inzwischen qualitativ so gut wie klassische, europäische Weinsorten. Im Folgenden stellen wir die einige PIWI-Tafeltraubensorten aus dem Lubera Shop vor.
Zu den beliebtesten pilzwiderstandsfähigen Rebsorten gehören die kernlose blaue Tafeltraube 'Blue Dream', die frühreifende Sorte 'Michurinskiy', die aromatische blaue Tafeltraube 'Muscat bleu', die kernlose rosafarbene 'Rose Dream', die robuste weisse 'Seyval blanc' sowie die kernlose weisse 'White Dream' – alle erhältlich im Lubera-Shop.
Diese Sorten zeichnen sich durch ihre hohe Widerstandskraft gegenüber Pilzkrankheiten und ihre hervorragende Eignung für den pflegeleichten Naschgarten aus. Sie verbinden Robustheit mit bestem Geschmack und sind ideal für den naturnahen Weinbau im Hausgarten.
Bild: Die kernlose blaue Schlaraffentraube 'Blue Dream' überzeugt durch ihre hohe Widerstandskraft gegen viele Pilzkrankheiten, insbesondere gegen Mehltau.
Bild: Die blaue, pilzresistente Schlaraffentraube 'Michurinskiy' reift früh und eignet sich dadurch besonders gut für kühlere Regionen und Höhenlagen.
Bild: Die aromatische, pilzresistente Schlaraffentraube 'Muscat bleu' liefert zuverlässig grosse, würzige Früchte mit feinem Muskataroma.
Bild: Die rosafarbene, kernlose Schlaraffentraube 'Rose Dream' zeigt eine ausgezeichnete Resistenz gegenüber Pilzkrankheiten, vor allem gegen den Echten Mehltau.
Bild: Die weisse Schlaraffentraube 'Seyval blanc' besticht durch ihre Robustheit und gute Widerstandskraft gegen Echten und Falschen Mehltau; sie gedeiht selbst in höheren Lagen hervorragend.
Bild: Die kernlose, weisse Schlaraffentraube 'White Dream' ist ebenfalls sehr widerstandsfähig, insbesondere gegenüber Echtem Mehltau, und bringt süsse, knackige Früchte hervor.
In unserem Artikel «Warum klassische Rebsorten wie Blauburgunder oder Riesling nichts für den Hausgarten sind» findest du weitere Details zu den Resistenzen unserer Schlaraffentrauben.
Tipps zum Einstieg in den Anbau von PIWI-Wein
Sorteneigenschaften wie Ertrag, Reifezeit, Lockerbeerigkeit oder Anfälligkeit gegenüber Graufäule (Botrytis) variieren stark – deshalb ist die Selektion der passenden Sorte für Standort und Betrieb essenziell.
- Beim Umstieg: Kleinflächige Versuchsparzellen anlegen, um Erfahrungen mit Sorten zu sammeln
- Auswahl von Sorten mit mehreren Resistenzgenen (Stacking) bevorzugen
- Rebschnitt und Laubwandmanagement zur Reduzierung von Mikroklima-Feuchte besonders beachten
- Sensorische Eignung früh prüfen (Blindproben, Pilotausbau)
- Kommunikation der Sorte und des Nachhaltigkeitsvorteils aktiv in Vertriebskanal einbauen
- Monitoring und Qualitätssicherung besonders im Übergangsjahr intensiv betreiben
Eine Schnittanleitung findest du in unseren Artikeln «Weinreben schneiden für Anfänger: so fruchtet dein Rebschnitt» und «Der Rebschnitt - endgültig erklärt in 3 einfachen Schritten».
Vorteile und Nachteile von PIWI-Wein
Der Anbau resistenter Sorten scheint allgemein von Vorteil zu sein. Allerdings unterliegen Weinreben dem Sortenschutz und müssen anerkannt sein, um kommerziell angebaut zu werden. Von der Kreuzung bis zum ersten Ertrag vergehen viele Jahre und es kann Jahrzehnte dauern, bis eine Sorte auch für den Anbau zugelassen wird.
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Vorteil PIWI-Wein |
Beschreibung |
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Reduzierter Pflanzenschutz |
Nur 1–2 Behandlungen statt 10 oder mehr |
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Geringerer Aufwand & Emissionen |
Weniger Fahrten, geringere Bodenverdichtung, weniger Dieselverbrauch, geringere CO₂-Emissionen |
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Traubengesundheit & Ertragssicherheit |
Verbesserte Gesundheit der Trauben auch in feuchten Jahrgängen |
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Marketingvorteil |
Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit sprechen Kunden an |
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Gesundheitspotenzial |
Höhere Konzentration von Resveratrol und anderen natürlichen Abwehrstoffen |
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Nachteile |
Beschreibung |
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Regulatorische Hürden & Sortenzulassung |
Viele Länder erkennen PIWI-Rebsorten noch nicht vollständig an oder klassifizieren sie als „tolerierte Sorten“ |
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Sensorik & Marktakzeptanz |
Früher teilweise geschmackliche Defizite; Markenbewusstsein muss wachsen |
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Resistenzverschlechterung |
Einzelnes Resistenzgen kann durch Pathogen-Anpassung überwunden werden; Stacking mehrerer Gene empfehlenswert |
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Standortabhängigkeit |
Manche Sorten reagieren empfindlich auf Boden, Klima, Ertragsdruck; Resistenz kann schwächeln |
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Investitions- und Umstellungsrisiken |
Erfahrung sammeln, Anbausysteme anpassen, Anfangsverluste möglich |
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Geringe Verbreitung und Bekanntheitsgrad |
Anteil der PIWI-Rebflächen 2024 in Deutschland ca. 2,8 %, Schweiz ca. 1,4 %, Österreich ca. 3 % |
Fazit
Pilzwiderstandsfähige Rebsorten sind kein Nischenprodukt mehr, sondern realistische Bausteine eines nachhaltigeren Weinbaus. Wer heute schon Zukunft mitdenken will, kann mit PIWI-Wein ökologisch, ökonomisch und im Marketing profitieren.
In unserem Artikel «Weintrauben pflanzen – Tipps zur Pflanzung und Pflege von Weinreben» findest du eine ausführliche Anleitung zur richtigen Pflanzung und erfolgreichen Kultur von Weinreben.
Lubera Originale sind exklusive Lubera® Sorten, die von Lubera entweder gezüchtet oder erstmals auf den Markt gebracht worden sind.
Wer Lubera Originale kauft, bekommt die doppelten Tells®-Äpfel (=Rabatte für die nächste Bestellung) gutgeschrieben.
Beim Kauf dieser von Lubera gezüchteten Lubera Original-Pflanze erhalten Sie die doppelten Tells gutgeschrieben.
Tells® werden grundsätzlich aufgrund des fakturierten Nettobetrags berechnet (1 Tells für volle 25 Euro/sFr).
Bei doppelten Tells wird am Schluss nochmals der Wert der Tells-Originale dazugerechnet und die neue Summe für die Berechnung der Tells benutzt.