"Die Resistenz ist die Widerstandsfähigkeit eines Lebewesens gegen schädliche Einflüsse der Umwelt (wie z.B. Parasiten, Infektionen, Krankheiten, Klima)." (Wikipedia). Die Definition ist klar, weniger deutlich und offensichtlich sind die Bedeutung der Resistenz für die Pflanzenzüchtung – und auch das Funktionieren und die Basis der Resistenzen selber.
Inhaltsverzeichnis
- Die Bedeutung der Resistenz in der Pflanzenzüchtung – und bei Lubera®
- Mehr Resistenzen bitte!
- Effiziente 'unsichtbare' Resistenzen
- Die Bedeutung der Umwelteinflüsse – und Folgerungen für die Lubera® Züchtung
- Wechselwirkungen zwischen Resistenz und Umwelt
- Resistenzfaktor 'Mensch'
- Zeit, Geduld und Toleranz
Die Bedeutung der Resistenz in der Pflanzenzüchtung – und bei Lubera®
Resistenzen spielen bei fast allen Lubera® Züchtungsprojekten eine entscheidende Rolle: die Schorfresistenz bei den Äpfeln, Mehltauresistenz bei Stachelbeeren, Klimaresistenz bei Granatäpfeln, Phytophthora-Resistenz bei Kartoffeln und Tomaten.
Dabei hat die Resistenz Grade. Das ist ziemlich unbequem: Gerne hätten wir überall eine absolute Widerstandsfähigkeit. Das Ding ist resistent. Basta. Aber so funktioniert die Natur, so funktionieren die Pflanzen in den seltensten Fällen und ganz sicher nicht für immer.
Die Schorfresistenz, die von Malus floribunda herkommt und die wir in viele unserer Apfelsorten hineingezüchtet haben, scheint auf einem Gen oder einer kleinen Gengruppe zu bestehen. Sie funktioniert im Wesentlichen so, wie wir uns eine Resistenz gerne vorstellen, digital 0 oder 1, eingeschaltet oder ausgeschaltet. Leider zeigt sich immer wieder, dass solche einfachen monogenetischen Resistenzen auch einfach ausgetrixt werden können. Das Pathogen findet einen Weg, den Wirt zu knacken, das Hindernis zu umgehen.
Mehr Resistenzen bitte!
Daher geht es in der Pflanzenzüchtung nicht nur um diese absoluten monogenetischen Resistenzen, sondern auch um polygene Resistenzen, die auf vielen Genen und auf komplex zusammenwirkenden Mechanismen beruhen. Vielfach könnte man diese Resistenzen auch eher als Toleranzen beschreiben.
Idealerweise gelingt es, diverse Resistenzen zu kombinieren, in der Apfelzüchtung z.B. eine polygene Resistenz mit der Malus floribunda-Resistenz. Bei den Kartoffeln versuchen wir 5 verschiedene Phytophthora-Resistenzen in einer Sorte zusammen zu bringen. Bei der Tomate sind es 3 Resistenzmechanismen gegen Phytophthora, die wir in neue Sorten einschleusen wollen. Bei der Stachelbeere tappen wir etwas im Dunkeln und versuchen, über wiederholte Kreuzungen und lange Freilandtestzyklen die Toleranz (die eben auch eine partielle Resistenz oder eine Kombination von partiellen Resistenzen ist) laufend zu verbessern. Bei der Schwarzen Johannisbeere hat die Kombination von Teilresistenzen und auch monogenetischen Resistenzen gegen das gleiche Pathogen, den amerikanischen Stachelbeermehltau dank vieler Züchtungsgenerationen zu einer aktuellen faktischen Immunität gegen den Mehltau geführt (z.B. bei Blackbells und Black Marble). Hier haben wir von der Vorarbeit russischer, ukrainischer und baltischer Züchter profitiert, die systematisch neue Ribes Wildsorten in die schwarze Kulturjohannisbeere Ribes nigrum eingekreuzt haben – immer (auch) mit Resistenzzielen.
Effiziente 'unsichtbare' Resistenzen
Ganz offensichtlich gibt es Resistenzen, die wir im gärtnerischen Tagesgeschäft, aber auch im Privatgarten gar nicht als solche wahrnehmen. Jeden Tag, jede Minute oder Stunden laufen bei Lebewesen und hier bei Pflanzen Prozesse ab, über die sich der Organismus gegen äussere Feinde und Angriffe, oder auch nur gegen Umweltbedingungen zur Wehr setzt, wo er 'resistiert', Widerstand leistet. Dass es solche Mikro- oder Nebenresistenzen gibt, haben wir ganz deutlich in der Apfelzüchtung gelernt: Offensichtlich ist die von Malus floribunda herrührende Resistenz nicht immer gleich, sie ist gepaart mit Nebenresistenzen, die sogar beeinflussen können, wie schnell die Resistenz durchbrochen werden kann: Auffällig ist, dass immer bei den gleichen 'resistenten' Sorten und Sortengruppen Durchbrüche zu verzeichnen sind, während andere stabil bleiben.
Die Bedeutung der Umwelteinflüsse – und Folgerungen für die Lubera® Züchtung
Zurück zur Definition von Wikipedia:
"Die Resistenz ist die Widerstandsfähigkeit eines Lebewesens gegen schädliche Einflüsse der Umwelt (wie z.B. Parasiten, Infektionen, Krankheiten, Klima.)"
Das entscheidende Stichwort lautet: Umwelt.
Es ist ja erst die Umwelt, die die Resistenzen hervorkitzelt. Das ist ein Hauptgrund dafür, dass wir in der Tomatenzüchtung einen ganz neuen Weg beschreiben: Wir züchten Tomaten nicht etwa über Hybridzüchtung, wo im Gewächshaus möglichst schnell möglichst viele Inzuchtgenerationen produziert werden müssen (die schliesslich miteinander nochmals final gepaart werden), sondern wir kreuzen Genotypen, um möglichst viel Diversität zu erreichen und selektionieren schon in der zweiten und dritten Generation der Zuchtlinien Sorten-Kandidaten, die wir dann vegetativ (nicht über Samen) vermehren. Dies erlaubt es uns, unser ganzes Zuchtmaterial laufend draussen, unter freiem Himmel der Umwelt auszusetzen. Es ist nur möglich, echte Freilandtomaten zu züchten, wenn sie im Züchtungsprozess auch über 5 Jahre und mehr dem Freiland ausgesetzt sind: Nur so sehen wir die echten und eben sonst auch unbemerkten Resistenzen und Teilresistenzen.
Das gleiche gilt auch für die Züchtung von roten und rosablühenden Erdbeeren. Auch hier haben wir das Züchtungssystem von Hybridzüchtung auf klassische Genotypenselektion umgestellt, um unsere Sortenkandidaten aus verschiedenen Kreuzungszyklen laufend im Feld, unter Umwelteinflüssen testen zu können.
Wechselwirkungen zwischen Resistenz und Umwelt
Jetzt könnte man meinen, da würden Pflanzen ganz einfach laufend mit Umwelteinflüssen bombardiert – und dann würden sich automatisch die Resistenzen herauskristallisieren. In Tat und Wahrheit sind diese Prozesse viel komplexer, und vor allem beruhen sie auf Wechselwirkungen: Es sind nicht nur Umwelteinflüsse, die die Pflanze bedrohen, es gibt auch solche Umweltfaktoren, die die Pflanze in ihrem Widerstand unterstützen. Wir setzen seit einigen Jahren in unseren Produktionsbetrieben intensiv EM, effektive Mikroorganismen ein und können damit den Einsatz von Fungiziden, von natürlichen und chemischen Pilzbekämpfungsmassnahmen auf 20-30% reduzieren. Natürlich lassen wir jetzt auch Sie, unsere Kunden von diesen Erfahrungen profitieren und bieten EM Effektive Mikroorganismen in unserem Shop an.
Resistenzfaktor 'Mensch'
Einen letzten Faktor, der die Resistenz wesentlich beeinflusst, habe ich noch nicht erwähnt: den Gärtner. Wir, die Züchter und Kultivateure von Pflanzen, und Sie, die Gärtner zuhause, auf dem Balkon, im Vorgarten, im Schrebergarten, in der Natur. Gerne wären wir fein raus: Die Pflanze und ihre Züchter haben gefälligst die Resistenz zu liefern, und uns bleibt dann jede Arbeit erspart… So ist es leider oder zum guten Glück nicht: Es ist der Gärtner, der die Resistenz schlussendlich zum Leben erweckt (oder auch abwürgt). Er entscheidet über den Abstand der Pflanzen (der ihnen Luft und die Möglichkeiten zum Abtrocknen gibt), er hilft bei der Ernährung der Pflanzen, er pflanzt Monokulturen (in mehr oder weniger intelligenter oder unintelligenter Form) oder entscheidet sich für Mischpflanzungen (die die Pathogene ins Leere laufen lassen, weil sie sich nicht spezialisieren können). Es ist der Gärtner, der über seine Kulturpraktiken die Resistenz erst zum Funktionieren bringt.
Zeit, Geduld und Toleranz
Habe ich noch etwas vergessen? Ja!
Die Zeit.
Pflanzen brauchen Zeit, die Resistenzen zu entwickeln und sie zu zeigen. Dies läuft auch nicht ohne Schäden ab: Das Pathogen greift an, die Pflanze beugt sich, muss Verluste beklagen, aber beginnt sich zu wappnen. Wer diese Prozesse nicht zulässt, wird keine Resistenz sehen. Resistenz funktioniert nicht wirklich im aseptischen Reinheitszustand.
Resistenz braucht die Geduld und Toleranz des Gärtners: Er muss zusehen, wie Pflanzen auch mal ‘leiden’, er muss Schäden in Kauf nehmen, er muss auch Dinge versuchen und wieder ändern. Nur dann können die Resistenzen, die wir in der Züchtung in unsere Pflanzen einzubauen versuchen, auch zum Tragen kommen.