Meine Reise zu den Feldern, wo die Narzissen für Lubera wachsen

Wo und wie wachsen eigentlich die vielen Narzissen-Zwiebeln für Lubera? Das ist eine Frage, die ihr mir bisher leider nicht gestellt habt. Ich beantworte sie euch trotzdem. Ich wurde nämlich liebenswerter Weise in die Niederlande zu unserem Blumenzwiebel-Lieferanten eingeladen. Da ich Narzissen so sehr mag, konnte ich den Kollegen aus der Blumenzwiebel-Branche viele Narzissen-Fragen stellen wie mir einfielen, und das zwei Stunden lang. Jetzt kann ich euch erzählen, wie Profis heute Narzissenzwiebeln nachhaltig anbauen, und wer sich weltweit für die schönen Zwiebelblumen begeistert. Wenn ihr ebenfalls Narzissen kaufen möchtet, besucht Lubera-Shop, und deckt euch im Herbst mit den schönsten Sorten ein.

Die Narzissen-Felder im Bollenstreek

Wir bei Lubera bekommen unsere Blumenzwiebeln aus den Niederlanden, genauer gesagt, aus dem Bollenstreek. Den Namen hat man der Region verliehen, weil dort auf den Feldern Blumenzwiebeln für die ganze Welt angebaut werden – also auch für uns. Die Menschen, die dafür verantwortlich sind, und lieben, was sie tun, nennen sich selber Liefhebbers – Blumenzwiebel-Liebhaber.

Zwei dieser Liefhebbers sind Gert-Pieter Nijssen und Hein Meeuwissen, die mich über die Narzissenfelder führen. Auf den Feldern, wo auch die Narzissenzwiebeln für Lubera wachsen, stehen alle Narzissen in beeindruckenden Reihen nebeneinander. Hier kann man eine unglaubliche Vielfalt der Gattung Narcissus sehen. Hier stehen neuste Züchtungen neben seit Jahren beliebten Sorten.

Bild: Der atemberaubend schöne Anblick eines Narzissenfelds im April – Grund für Narzissen-Fans aus aller Welt, im Frühling die Niederlande und ihren Bollenstreek zu besuchen.

Hein Meeuwissen züchtet selber Narzissen. Ich glaube, er weiss alles über Narzissen. Er kennt die Geschichte jeder einzelnen Narzissen-Sorte auf seinen Feldern. Seine Spezialität sind unter anderem rare, kostbare Heirlooms, also Sorten, die vor 1940 registriert wurden. In den USA, einer Nation der absoluten Narzissen-Verrücktheit, werden für Raritäten unter den Narzissen auch mal 10 Dollar je Zwiebel bezahlt. Wer Narzissen so sehr liebt, schliesst sich zusammen, und in den USA ist das die World Daffodil Society. Alle vier Jahre besuchen ihre Mitglieder diese Narzissenfelder im Rahmen einer organisierten World Daffodil Tour.

Bild: Ich bekam als Mitarbeiterin von Lubera eine Einladung zu einer Führung über die Narzissenfelder, wo die Narzissen für unser Sortiment wachsen.

Nachhaltiger Narzissen-Anbau

Überall in Europa scheint es an diesem Tag zu regnen, nur im Bollenstreek nicht. Wir schreiten gemächlich über Anbauflächen, und erkunden die Narzissen – Reihe für Reihe. Ich geniesse die Frühlingssonne und lausche dazu den Narzissengeschichten. Blätter voller Notizen entstehen.

Mir scheinen die Geschichten um die Bemühungen zum nachhaltigen Narzissenanbau besonders wichtig. Die Umweltauflagen in den Niederlanden haben den Blumenzwiebelanbau in den letzten Jahrzehnten tiefgreifend verändert. Das haben strengere nationale und EU-weite Vorschriften bewirkt, aber natürlich auch gesellschaftliche Erwartungen. Auf diesen Feldern wird integrierter Pflanzenschutz betrieben, das ist eine Kombination aus Fruchtfolge, Monitoring, biologischen Mitteln und gezielter Anwendung chemischer Präparate – die aber nur im Notfall angewendet werden.

Flutung der Felder gegen Nematoden

Zu den nachhaltigen Massnahmen im Narzissen-Anbau gehört das Fluten der Anbauflächen. Die beiden Blumenzwiebel-Experten erklären, wie nach dem Roden der Narzissenzwiebeln kleine Wälle rund um die Felder errichtet werden. Dann wird das Wasser eingelassen. Zwölf Wochen lang steht das Wasser hier auf den Feldern 10 cm hoch.

Die mehrwöchige Überflutung der Felder tötet bodenbewohnende Nematoden, die Narzissen befallen. Das sind mikroskopisch kleine Fadenwürmer, und besonders gefürchtet ist die Art Ditylenchus dipsaci, auch bekannt als Stängel- und Zwiebelälchen. Sie dringen in die Zwiebeln und den unteren Stängelbereich ein, um sich vom Pflanzensaft zu ernähren. Dabei zerstören sie eine Menge Zellen. Die Folgen sind gravierend: Fäulnis der Narzissenzwiebeln, missgebildete Blätter und reduzierte Blütenbildung. Bei starkem Befall drohen komplette Ausfälle, besonders tragisch für die seltenen Sorten auf diesen Feldern. Früher waren die Massnahmen gegen Nematoden meist toxisch und umweltbelastend. Zudem wurden Nematoden zunehmend resistent gegen einige der eingesetzten Gifte.

Unsere Narzissenlieferanten sind sichtlich erleichtert und zufrieden mit der Möglichkeit, Nematoden mit der recht harmlosen Flutungsmethode loszuwerden. Gert-Pieter Nijssen meint: “Durch diese umweltfreundliche Methode entfällt die Notwendigkeit, den Boden mit Chemikalien zu desinfizieren. Ein positiver Nebeneffekt der Überschwemmung ist, dass Vögel in diesem Wasser leicht viel Nahrung finden können.” Diese Techniken seien für alle von Vorteil, also sowohl für die Umwelt, als auch für den Menschen und die Blumenzwiebel.

Warum unsere Narzissen gekocht werden

Auch so wird man Nematoden besonders nachhaltig los: Narzissenzwiebeln kommen in einen Kessel mit warmem Wasser. Nematoden, Pilzen und Bakterien sterben im Heisswasserbad, dem sie für 3 Stunden ausgesetzt sind. Dabei handelt es sich um ein rein physikalisches Verfahren – ohne die früher üblichen Chemikalien. Besonders im biologischen Narzissenanbau ist diese Methode unverzichtbar, um Schaderreger zu bekämpfen.

Die Pilzerkrankungen würden jedoch heftiger, erzählt mir Herr Meeuwissen, besonders seit den regenreichen Jahren 2022 bis 2024. Inzwischen erhitze er das Wasser auf 47 °C, um gefürchtete Fungus-Stämme loszuwerden. Früher hätten dazu Temperaturen von 43–44 °C ausgereicht. Nun habe er den Verdacht, dass die Wärmebehandlung die Samenproduktion beeinträchtige. Die Samen sind ihm aber wichtig, unter anderem zum Züchten, und das funktioniert nur über die Aussaat von Samen.

Narzissen und Tulpen unter Strohmulch

Auf den Feldern unseres Lieferanten liegt viel Stroh zu Füssen der Zwiebelblumen, ungefähr so, wie man das von Erdbeerfeldern kennt.

Das Mulchen von Blumenzwiebelfeldern mit Stroh ist eine weit verbreitete Praxis auf den Feldern im Bollenstreek. Der Boden dort ist sandig. Bei Wärme und Trockenheit wird der Boden schnell trocken, und der Wind trägt den feinen Sand davon. Der Mulch kann das verhindern. Zudem hält das Stroh den Boden länger feucht. Es ersetzt die schützende Schneedecke im Winter, was besonders für die frostempfindlichen Sorten unter den Narzissen wichtig ist. Im Sommer bewahrt die Mulchschicht die Blumenzwiebeln vor Überhitzung. Wie das Stroh bei Starkregen nützt, konnten besonders die letzten regenreichen Jahre beweisen: Das Stroh bremst den “Aufprall” von Regenwasser ab, und verhindert Bodenverkrustung und -abtrag. Natürlich federt es auch die Schritte neugieriger Feldbesucher ab – so wie meine heute.

Bild: Das Mulchen der Narzissenfelder mit Stroh hilft, die Wachstumsbedingungen zu verbessern.

Die Düngung der Narzissen bereitet Kopfzerbrechen

Damit Narzissenzwiebeln besonders kräftig und blühfähig werden, brauchen sie eine optimale Düngung. In der Natur erledigen das vor allem die nährstoffreichen Wasser der Schneeschmelze und der Mist grosser Säugetiere, die über die Narzissenwiesen schreiten.

Hein Meeuwissen erklärt mir, dass er die Felder früher mit Kuhdung gedüngt habe. Kuhmist war der beste Dünger, einen besseren kenne er nicht, erklärt er mir, und der ähnele auch am meisten dem, womit die Narzissen in der Natur gedüngt werden. Nach den neuen Richtlinien ist Kuhdung in den erforderlichen Mengen jedoch zu stickstoffreich. Alternativ muss nun vor allem mit Gründüngung und Kompost gedüngt werden. Darauf reagieren die Narzissenzwiebeln wohl nicht so, wie sie sollten. Zwar verbessern die Methoden allgemein die Bodenfruchtbarkeit, aber eine gezielte starke Düngung im Frühjahr, wie es die Schneeschmelze in der Natur garantiert, ist mit ihnen nicht machbar. Die Zwiebeln bleiben einfach kleiner. Nachhaltigkeit sei ihm sehr wichtig, aber das mache ihm Kopfzerbrechen.

Ob er einen Tipp für die Düngung der Narzissen im privaten Garten habe? Hat er natürlich, der Narzissenkenner: Düngen im Frühjahr, am besten mit schwefelesaurem Kali, und vor allem Vinasse.

Vinasse-Dünger ist ein organischer Flüssigdünger, der als Nebenprodukt bei der Alkohol- oder Zuckerherstellung entsteht, durch die Fermentation von Zuckerrüben, Zuckerrohr oder Getreide. Der ist auch im Bio-Anbau zugelassen. Damit dünge er auch, und das funktioniere recht gut. Den Kuhdung vermisst er trotzdem.

Was uns unsere Narzissenlieferanten schon immer einmal sagen wollten

Wir gehen langsam über die Felder zurück zur grossen Scheune, von der aus wir unseren Rundgang gestartet haben. Ich möchte den beiden Männern ein Angebot machen. Sie dürfen mir alle Mitteilungen an euch (und mich) mitgeben, die sie schon immer mal loswerden wollten. Hier sind sie, die Mitteilungen, zusammengefasst als Tipps für alle von uns, die sich gerne Narzissen in den Garten pflanzen.

Tipps für den Blumenzwiebel-Anbau im Garten:

1. Probiert auch mal neue Sorten aus. Kauft erstmal kleine Mengen einer neuen Sorte, und beobachtet, wie sie im Garten zurechtkommt. Was euch begeistert und gut funktioniert hat, könnt ihr im nächsten Herbst in grösseren Portionen nachkaufen.
2. Die Narzissenblüten blühen bei kaltem Wetter in dunkleren Farben als bei warmem Wetter. Das führt manchmal zu Irritationen. Ein Beispiel: Seid nicht erschrocken, wenn eine Narzisse, von der ihr erwartet habt, dass sie weiss blüht, plötzlich hellgelb erscheint. Bei kaltem Frühlingswetter erscheinen weisse Blüten erst einmal gelblich, und verblassen erst später zu reinem Weiss.
3. Schaut was in benachbarten Gärten gut wächst. Das ist der beste Hinweis darauf, was auch bei euch im Garten gelingt.
4. Nutzt das Mikroklima in eurem Garten. Macht die Garten-Zonen ausfindig, in denen es wärmer oder kälter ist, sonniger oder schattiger, trockener oder feuchter. Eine sonnige Hausmauer ist optimal als Standort für Tulpen und auch einige Narzissen, denn hier ist es warm und recht trocken – so wie in den heimatlichen Gebirgen.
5. Seht euch das Klima in eurer Region an. In den Niederlanden mache es zum Beispiel einen Unterschied, ob man im Westen oder im Osten des Landes wohne. In einem Garten im Osten der Niederlande sei es im Winter durchschnittlich 5 °C kälter, und im Sommer 5 °C wärmer als in einem Garten im küstennahen Westen.

Die mythische Schönheit der Narzissen

Was sind aus Sicht unserer Lieferanten die schönsten Narzissen? Gert-Pieter Nijssen erklärt mir, wie die perfekte Narzisse bei einer professionellen Bewertung aussieht, und was eine neue Narzissen-Züchtung erfolgreich macht. Er achte bei der Beurteilung einer neuen Narzissensorte beispielweise immer auf den perfekt gerundeten Aufbau der Blüte. Die Bewertung einer neuen Narzissenzüchtung ist jedoch komplex, und es werden botanische, ästhetische als auch gartenbauliche Kriterien berücksichtigt.

Kriterien zur Bewertung einer Narzissen-Züchtung:

• Blütenform: Symmetrie, Proportionen von Trompete zu Blütenblatt
• Blütenfarbe: Reinheit, Intensität, Kontrast bei zweifarbigen Sorten
• Duft: Stärke und Qualität des Duftes (nicht bei allen wichtig)
• Stängelstärke: Hält die Blüte auch bei Wind und Regen?
• Höhe und Haltung Gleichmäßiger, aufrechter Wuchs?
• Blattgesundheit: Keine Gelbfärbung, keine Pilzsymptome?
• Blühdauer: Möglichst lange Blütezeit
• Gesundheit: Toleranz gegenüber Fusarium, Nematoden, Botrytis
• Gute Vermehrungsrate und Lagerfähigkeit

Jenseits dieser Bewertungskriterien mag Herr Nijssen aber am liebsten kleinblütige, wilde Narzissen. Narcissus cyclamineus-Sorten liebt er ganz besonders. Das sind solche mit langer Trompete und zurückgebogenen Blütenblättern – ganz so, als stände die hübsche Narzisse im Sturm seiner Begeisterung.

Bild: Narcissus cyclamineus-Sorten sind niedliche, kleinblütige Narzissen mit langer Trompete und zurückgebogenen Blütenblättern.

Sein Freund und Kollege Hein Meeuwissen mag sich da nicht festlegen. Es gäbe so wahnsinnig viele schöne Narzissen. Ihn begeistert an diesem Tag ganz offensichtlich die Sorte ‘Sprinter’, eine auffällige, ungewöhnliche Split-Corona-Narzisse. Die kräftige Blüte sei “so hart, dass sie wie Gummi aussieht”.

Bild: Berechtigter Stolz auf eine ganz besondere, moderne Narzissen-Sorte.

Dann weist mich Herr Meeuwissen auf Narzissen hin, die verwildert am Rande eines Wassergrabens wachsen. Ihre hübschen Blüten spiegeln sich in der Wasseroberfläche. Sie scheinen sich absichtlich so zu neigen, dass sie ihr eigenes Spiegelbild besser sehen können.

Herr Meeuwissen erinnert mich an den griechisch-antiken Mythos von Narziss, einem jungen, schönen Mann, der alle Verehrer und Verehrerinnen ablehnte. Die Götter bestraften ihn mit einer tragischen Selbstverliebtheit: Als er sich in einer Wasserquelle spiegelte, verliebte er sich in sein eigenes Abbild – und konnte sich nicht davon lösen. Er starb an den Folgen der narzisstischen Selbstverliebtheit, und an der Stelle seines Todes wuchs eine Blume: die Narzisse.

Ja, Narzissen sind so schön, dass sie sich tatsächlich in ihr eigenes Spiegelbild verlieben könnten.

Bild: Die Narzisse erhielt ihren Namen nach dem Mythos von Narziss, der sich aus Selbstverliebtheit nicht von seinem Spiegelbild im Wasser lösen konnte. Offensichtlich zu Recht.

Am Ende des Besuchs bei unseren Blumenzweibel-Lieferanten stelle ich fest: Ihre Leidenschaft für Narzissen treibt die beiden Menschen und ihre Familien an, das merke ich. Sie sind immer auf der Suche nach etwas Neuem und Schönem für unsere Gärten, und das, obwohl es bereits ungefähr 33.000 Narzissen-Sorten auf dem Weltmarkt gibt.

Sie tragen ausserdem dazu bei, das Narzissen-Erbe in Form der historischen Sorten zu erhalten – zusammen mit den vielen Geschichten über ihre Züchter, und den vielen schönen Erzählungen über verloren gegangene und wiederentdeckte Sorten.

Bild: Historische Sorte einer Narzisse, die in vielen Eigenschaften noch an wilde Narzissen erinnert. Vielleicht heute nicht mehr weltmarktfähig, aber trotzdem hübsch.

Mit verdrehten Blütenblättern und unentschlossenen Farben sind historische Sorten sehr charmant, aber nicht mehr weltmarktfähig. Es sei denn, sie treffen hier und in aller Welt auf die Liefhebbers - die ganz speziellen Narzissen-Verrückten.