Wie muss ich einen Säulenapfel schneiden? Das ist die Frage, die sich nach einigen Jahren bei fast jedem Säulenbaum stellt. Einerseits weil ja fast jeder Apfelbaum irgendwann geschnitten werden muss, andererseits aber auch, weil die Säulenäpfel irgendwann zu hoch werden, oder weil zwei, drei oder sogar vier Triebe steil nach oben wachsen und um die Vorherrschaft kämpfen. Bevor wir aber die Frage nach dem Schnitt und – mehr noch – nach dem richtigen Schnitt beantworten können, ist zunächst zu definieren, was ein echter Säulenapfelbaum ist – und was nicht. Und wir zeigen auch, wie und warum das so andersartige Wachstum eines Säulenapfelbaums zustande kommt und was die Folgen fürs Schneiden sind. Selbstverständlich können Sie im Lubera Gartenshop eine Vielzahl von neuen Säulenapfelsorten kaufen, alle aus der Lubera® Züchtung. Zum Abschluss zeigen wir auch, welche dieser Sorten ein eher schlankes Wachstum haben, und welche Sorten mehr Seitentriebe ausbilden.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung Säulenapfel schneiden
- Was ist ein wirklicher Säulenapfel
- Der Unterschied zwischen Säulenäpfeln und Schnurbäumen
- Warum Säulenäpfel eigentlich nicht geschnitten werden müssen – oder etwa doch?
- Wo entstehen beim Säulenapfel vor allem Seitentriebe?
- Was passiert, wenn Säulenäpfel nicht geschnitten werden?
- Säulenapfel schneiden: Einfacher geht’s nicht!
- Prävention gegen zu viele Seitentriebe
- Säulenapfelbäume in der Höhe begrenzen
- Wie wird ein älterer Säulenbaum geschnitten?
- Säulenapfelsorten mit eher mehr Seitentrieben, und sehr schlanken Säulenäpfel
Zusammenfassung Säulenapfel schneiden
- Schneide alle Seitentreibe, die länger als 20 cm sind im Februar und Mitte Juni auf 15-20cm zurück
- Ältere Säulenäpfel: Alle Seitentriebe, die mehr als halb so dick sind wie die Mittelsäule, werden ganz auf Astring entfernt.
- Höhenbegrenzung: Der Säulenapfel wird im Juni-Juli um zwei Jahrestriebe oben zurückgeschnitten
Was ist ein wirklicher Säulenapfel
Ein echter Säulenapfelbaum hat kurze Internodien, also kurze Abstände zwischen den Knospen, viel kürzere als bei normalen Apfelsorten. Diese Eigenschaft ist zusätzlich kombiniert mit einer extrem stark entwickelten Apikaldominanz, das heisst beim Wuchs wird die höchste Knospe, die ja eigentlich immer die Spitze des Mitteltriebs, der Zentralachse des Baums ist, viel stärker gefördert als Seitenknospen, die regelrecht im Austrieb gehemmt sind. Als Folge davon entwickeln sich weniger oder fast keine Seitentriebe. Und als gemeinsames Resultat der Apikaldominanz und der kurzen Nodienabstände ergibt sich fast wie von selbst der typische Säulenwuchs.
Bild: Säulenapfel Malini® Pronto® - feuerbrandtoleranter Baum mit süsser Apfelernte
Diese Eigenschaft stammt fast ausschliesslich von der Sorte Wijick ab, die in den 50er Jahren in Kanada als Mutation, als spontane genetische Veränderung – der alten amerikanischen Sorte McIntosh gefunden wurde. In bald 30 Jahren Apfelzüchtung habe ich noch keinen Fall gesehen, bei dem echter Säulenwuchs beim Apfel wirklich von einer anderen Sorte herstammte.
Warum wir jetzt – wo es doch eigentlich um den Schnitt ginge – diese Herkunft und das Thema des echten Säulenbaums so betonen, ist schnell erklärt: Auf dem Markt gibt es hier leider sehr viele Fake-Produkte: Einjährige Apfelbäume, die wegen des im zarten Alter schlanken Wuchses geradewegs zum Säulenbaum erklärt werden, Sorten mit eng anliegenden, nach oben gerichteten pappelartigen Trieben, die ebenfalls als Säulenbäume verkauft werden…. Schlussendlich ist es nicht ganz einfach, hier die echten von den unechten Säulenbäumen zu unterscheiden, aber ein wichtiger praktischer Hinweis ist sicher, dass ein echter Säulenbaum eigentlich nie einjährig über 1m wachsen kann (häufig wird er nur 30-60cm hoch), was bei normalwachsenden Apfelsorten sehr schnell der Fall ist.
Notabene: Alle Säulenapfelsorten, die wir im Lubera Apfelsortiment anbieten, stammen aus dieser Züchtungslinie von Wijick ab, die wir aber unterdessen über 4 Generationen verbessert haben, so dass die Fruchtqualität interessanter und werthaltiger wurde und zusätzlich auch die Resistenz der Bäume verbessert worden ist. Alle Lubera Säulenapfelsorten, die wir Malini® nennen, sind schorfresistent.
Der Unterschied zwischen Säulenäpfeln und Schnurbäumen
Die sogenannten Schnurbäume werden über Kulturmassnahmen, vor allem über den Schnitt zum säulenartigen, schlanken Wuchs gezwungen. Man startet mit einem schlanken, einjährigen Apfelbaum, einem sogenannten Easytree® und schneidet in den Folgejahren immer wieder alle längeren Seitentriebe auf kurzes Holz zurück, um den Baum in die gewünschte Säulenform zu bringen. Dies gelingt auch, wenn sie auf eine schwachwachsende Unterlage wie M9 veredelt sind. Der Säulenapfelbaum hat im Unterschied zu den Schnurbäumen von Haus aus, genetisch bedingt einen schönen Säulenwuchs, der durch Schnitt nur gehalten und verstärkt werden soll. Die gilt übrigens beim Steinobst-Säulenobst nur bedingt: Meist werden da Sorten angeboten, die keine verkürzten Internodien haben und die einfach über eine starke Apikaldominanz eine Art Pappelwuchs zeigen.
Warum Säulenäpfel eigentlich nicht geschnitten werden müssen – oder etwa doch?
Zurück zum Schneiden eines Säulenapfelbaums. Wenn man sich die obenstehenden Erklärungen nochmals kurz vor Augen führt, so findet der geneigte Leser schnell den grundlegenden Widerspruch in meiner Argumentation: Wenn Säulenbäume dank der Kombination von Apikaldominanz und kompakten, kurzen Internodien nur säulenförmig wachen, warum bitte muss man sie denn schneiden? Ist es nicht eines der Hauptargumente für den Säulenapfelbaum, dass man ihn eigentlich nicht schneiden muss? Ist das nicht auch ein Hauptziel eines Säulenbaum-Käufers: gar nicht mehr schneiden zu müssen? Ja, nur leider ist Biologie nicht Logik oder Mathematik, was theoretisch sein sollte, zeigt sich in der Realität dann doch wieder etwas anders.
Bild: Die Blüte des Säulenapfels Malini® Subito® – ein frühreifer Säulenapfel mit würzigem Aroma
Wo entstehen beim Säulenapfel vor allem Seitentriebe?
Der Säulenapfelbaum bildet halt doch Seitentriebe aus, wenn auch lange nicht so viele wie die normalwachsenden Apfelbäume. Schaut man etwas genauer hin, so entdeckt man schnell, dass Seitentriebe vor allem an einer Stelle entstehen: Sie entstehen an der sogenannten 'Basis', das ist die Spitze des letztjährigen Triebs, gleichzeitig auch die Basis des nächstjährigen Triebs, aus dem dann die Mitte und manchmal eben auch einige Konkurrenzäste weiterwachsen.
Bild: Man sieht hier die Basis mit dem weiterwachsenden Mitteltrieb und mit zwei Konkurrenzästen
Und so kann man sich die Verzweigungen und Konkurrenzschosse gleich auch erklären: Die speziell starke Apikaldominanz (=Spitzenförderung) eines Säulenapfels führt dazu, dass im Frühling, gerade zu Beginn des Austriebs, eben nicht nur die Endknospe gefördert wird, sondern auch die gleich nebenan und nur einige Millimeter tiefer sitzenden Konkurrenzknospen, die dann auch austreiben.
Was passiert, wenn Säulenäpfel nicht geschnitten werden?
Wenn man diese Seitenknospen gerade unter der Mittelknospe durchtreiben und wachsen lässt, so entsteht bei vielen Säulenapfelsorten so etwas wie ein jüdischer Baum-Kronleuchter, bei dem gleich mehrere steil nach oben wachsende Äste mit der Mitte um die Dominanz streiten.
Bild: Säulenapfel Malini® 'Gracilis'® – der kleinste, kompakteste Säulenapfel, ideal für den Kübel
Säulenapfel schneiden: Einfacher geht’s nicht!
Falls man dies verhindern und den Säulenwuchs erhalten will, muss man den Säulenapfel schneiden, so dass sich die Säule gleichmässig mit feinem Fruchtholz bekleidet, und nicht aus einem steil nach oben wachsenden Mehrsäulensystem besteht. Letztlich ist der Schnitt ganz einfach – und braucht auch kein Fachwissen:
Alle Seitentriebe, die länger als 20 cm sind, werden 2x pro Jahr, einmal im Februar und einmal im Juni rund um den längsten Tag auf 15-20cm zurückgeschnitten. Damit erreicht man sowohl die frühen und extrem starkwachsenden Austriebe, vor allem im Spitzenbereich, als auch die später nachwachsenden Seitentriebe, die zum Beispiel auch einmal aus älterem Fruchtholz entstehen können.
Achtung: KEIN Ast darf jemals ganz weggeschnitten werden, es muss immer ein Zapfen von 10-15cm bleiben. So können Sie über die Jahre sicherstellen, dass der Baum mit Fruchtholz bekleidet ist und auf der ganzen Länge Früchte trägt. Wenn Seitentriebe ganz weggeschnitten werden, führt dies zu kahlen Stellen, die nie mehr Fruchtholz und Früchte entwickeln werden. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Bei älteren Säulenbäumen, die sehr starke Seitentriebe (wie bei einem jüdischen Kronleuchter) entwickelt haben, empfehlen wir alle Triebe ganz zu entfernen, die mehr als halb so dick sind wie der Säulenbaum selber.
Bild: Säulenapfelbaum vor dem Schnitt
Bild: Säulenapfelbaum nach dem Schnitt; da an den unteren Seitentrieben schon viele Blütenknospen sichtbar sind, konnte da etwas weniger stark geschnitten werden.
Prävention gegen zu viele Seitentriebe
Wenn man will, kann man gegen allzu viele Seitentriebe auch präventiv vorgehen, indem man Anfang März die Triebspitze des Säulenapfelbaums genauer anschaut und die am nächsten bei der Mittelknospe angesiedelten Seitenknospen blendet, das heisst mit dem Fingernagel entfernt. Damit werden die wichtigsten Kandidaten für Konkurrenztriebe schon vor dem Austrieb – ausgeschaltet.
Säulenapfelbäume in der Höhe begrenzen
Bei Lubera veredeln wir die Säulenapfelbäume auf der Unterlage M26. Die Lubera Malini® Sorten werden nach 10 Jahren zwischen 150cm (Malini® 'Gracilis' ) und 220cm (Malini® 'Subito') und 300+ cm (Malini® 'Mannequin') lang. Viele andere Produzenten veredeln aber Säulenapfelbäume auf stark wachsende Unterlagen, um eine stärkere, besser zu verkaufende Jungpflanze zu erhalten. Diese dann allerding leicht bis zu 4 oder 5m hoch werden. Da stellt sich dann häufig die Frage, ob dieses Höhenwachstum jetzt ewig weitergehen soll oder wie man die Säulenapfelbäume in der Höhe begrenzen könnte. Auch hier spielt wieder die Basis, die Trennung von zwei Jahrestrieben eine entscheidende Rolle. Die Basis ist meist erkennbar an einem oder mehreren deutlich sichtbaren Ringen rund um den Ast. Am besten schneidet man den zu hohen Teil eines Apfelsäulenbaums relativ brutal ca. 5cm über einer solchen Basis ab. Sobald dann im Frühjahr der Austrieb in Schwung gekommen ist, kann der schönste eventuell auch geradeste Austrieb ausgewählt werden, der dann die neue Stammverlängerung bilden soll. Die anderen Äste werden einfach abgerissen oder aber – wenn man auch an der Spitze mehr Früchte ernten will – werden sie dem jährlichen Schnittregime unterworfen und zweimal im Jahr, im März und im Juni, auf 15 bis 20 cm zurückgeschnitten. Der Vorgang kann alle paar Jahre wiederholt werden, idealerweise alle 3-4 Jahre, so dass die neu entwickelte Spitze zwischendrin auch Früchte tragen kann und nicht aufgrund des permanenten Rückschnitts den Struwwelpeter-Habitus annimmt.
Bild: Höhenbegrenzung bei einem Säulenapfelbaum: Der Mitteltrieb wird einige cm über einer Basis zurückgeschnitten. Die Basis, die Abgrenzung zwischen zwei Jahrestrieben, ist an den horizontalen Ringen erkennbar.
Bild: Schlanker Säulenapfelbaum mit Höhenbegrenzung.
Wie wird ein älterer Säulenbaum geschnitten?
Häufig erreichen uns Anfragen von Kunden, deren Säulenbäume schon relativ tief unten starke Seitentriebe entwickelt haben, die jetzt genauso stark wie der zentrale Säulenbaum nach oben wachsen – aus dem schlanken Säulenbaum ist eine Art langgezogener jüdische Kronleuchter geworden.
Bild: Beim Schnitt eines alten Säulenapfelbaums gelten andere Grundregeln.
Was ist da zu tun? Wir haben auch dazu 3 einfache Grundregeln als Anleitung entwickelt:
- Alle Seitenäste, die mehr als halb so dick sind wie der Säulenbaum selber (auf der Höhe der Verzweigung), sind ganz zu entfernen.
- Seitentriebe, die weniger als den halben Durchmesser des Mittelstamms aufweisen, dürfen nie ganz entfernt werden, sondern werden im Februar auf 15-20cm zurückgeschnitten.
- Ist das Wachstum des Säulenbaum extrem stark, kann der Februarschnitt nochmals um den längsten Tag wiederholt werden: alle Triebe auf 15-20cm zurück. Dies mindert das Wachstum (weniger Assimilationsoberfläche) und fördert langfristig die Fruchtbarkeit am kurzen Holz.
Säulenapfelsorten mit eher mehr Seitentrieben, und sehr schlanken Säulenäpfel
Auch bei den Malini®-Säulenapfelsorten von Lubera gibt es natürlich Unterschied in der Neigung der Sorten, Seitentriebe auszubilden. Vor allem Malini® 'Mannequin' und 'Topmodel' haben einen sehr auffälligen schlanken Wuchs (kein Wunder bei den Namen!). Mit wenig Seitentriebe und einem akzentuierten Höhenwachstum gehören sie nach 8-10 Jahren auch zu den Sorten mit 300cm und mehr Höhe. Umgekehrt sind Malini® 'Subito' und 'Pronto' deutlich kompaktere, bilden aber auch deutlich mehr Seitentriebe aus. Auch diese Differenz hat ihre innere Logik: Die kompakteren Bäume von Subito und Pronto sind mehr gestaut oder gebremst – und entsprechend entstehen auch mehr Seitentriebe. Die Malini® 'Mannequin' und 'Topmodel' erfahren mehr Spitzenförderung, wachsen entsprechend mehr in die Höhe, mit weniger Seitentrieben. So einfach ist die Säulenapfel-Logik!
Bild: Säulenapfel Malini® 'Mannequin' – eleganter und schlanker Säulenbaum mit süssen Äpfeln
Bild: Säulenapfel Malini® 'Topmodel' – schlanker Säulenapfelbaum mit aromatischen Äpfeln
Zweiter Mittetrieb,
Bitte um Antwort.
Freundliche Grüsse
Ihr Lubera Team