Wer hätte das geglaubt, dass ich dereinst tatsächlich Oliven ernten würde auf meinem Balkon – ich ganz sicher zuletzt. Aber da liegen sie nun in einem hübschen Schälchen, fachgerecht gewässert und eingelegt, und sie schmecken tatsächlich wie richtige Oliven vom Mittelmeer!
Ich staune immer noch über die Folgen des milden letzten Winters. Neulich hat mir ein Olivenbäumchen, das die ganze Zeit draussen war, zum ersten Mal in meinen vielen Gartenjahren, eine reiche Ernte beschert. Das ist ein kleines Pflanzenwunder für meine Verhältnisse, obwohl ich natürlich immer wieder versucht hatte Olivenbäumchen zu ziehen. Theoretisch sind sie ja winterhart bis minus zehn Grad. Aber irgendwie hatten sie es in meinen Gartengestaden doch immer wieder geschafft, vorzeitig zu erfrieren, egal, ob ich sie ins Gewächshaus gestellt oder dick eingepackt hatte, irgend etwas ist dann immer schief gelaufen. Dieses Olivenbäumchen aber, in diesem letzten milden Winter aber, hat munter durchgehalten, hat pünktlich seine kleinen altweissen Blütenrispen gebildet im späten Frühling, und den feuchten Sommer über hat es viele grosse saftige Früchte angesetzt. Oh ja, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Manchmal wenigstens.
Ganze zwei Aperoschälchen voller fetter grosser grüner Oliven, sowie eine Handvoll kleiner schwarzer Früchte konnte ich ernten, beide vom selben Bäumchen. Darüber habe ich mich erst gewundert, da ich ja bisher keinerlei Erfahrung sammeln konnte mit reifenden Oliven. Aber da sich sowohl die Grünen wie die Schwarzen saftig und weich anfühlten, habe ich sie alle zusammen geerntet. Ich habe dann gleich mal in eine der grossen Grünen reingebissen. Puh, sie schmeckte furchtbar bitter und ganz scheusslich. Mir war doch, ich hätte mal was gelesen gehabt, dass man Oliven erst eine Zeitlang einlegen müsse. Aber da ich bisher noch nie mit reifen Oliven aus eigenem Anbau gesegnet worden war, hatte ich mich nicht weiter damit befasst gehabt. Einigermassen ratlos schnüffelte ich dann noch ein bisschen an der angebissenen Olive. Sie roch ganz eindeutig olivenölartig, worauf ich Hoffnung schöpfte. Ich hab mich dann natürlich nicht lumpen lassen und mich ordentlich in die Fachliteratur reingekniet.
Dabei habe ich erst einmal gelernt, dass mein Olivenbaum völlig normal ist, und dass sich immer an ein und demselben Baum grüne und schwarze Oliven bilden. Die grünen sind einfach noch nicht ausgereift, und schmecken natürlich anders als die schwarzen. Daher wird im Süden meist zweimal geerntet.
Ich habe auch diverse Rezepte gefunden. In allen steht, dass man die Oliven entweder zerquetschen und etwa zehn Tage wässern soll, oder aber sie ganz lassen und über einen Monat einlegen. Jeden Tag muss das Wasser gewechselt werden, um die Bitterstoffe gründlich auszuschwemmen. Da ich von Natur aus ungeduldig bin, habe ich zum Wallholz gegriffen und meine Ernte plattgerollt. In manchen Rezepten wird dazu auch ein Holzhammer verwendet. Wichtig ist nur, dass die Früchte zwar aufplatzen, dass der Stein aber drinbleibt. Das Wasser färbte sich tatsächlich bald recht olivgrün trüb. Und die Oliven verloren darob ihre hellgrüne und schwarze Farbe. Nach einer Woche fleissigen Wasserwechselns sahen die grünen und die schwarzen Früchte genau gleich aus, nämlich olivenfarben. Ich beschloss, dass sie genug gewässert waren, und legte sie in ein Glas mit Essiglauge, gab ein paar Knoblauchzehen und Thymianzweiglein bei, füllte das Glas mit Olivenöl auf, und stellte das Ganze drei Tage in die dunkle Vorratskammer. Und dann probierte ich noch einmal. Und staunte: ja, nun schmeckten sie tatsächlich wie ? Oliven!
Was mich bei meiner Recherche etwas erschreckte sind die Rezepte, bei denen die Oliven in chemische Bleichmittel eingelegt werden. Puh, darob könnte einem glatt der Appetit vergehen. Ich habe mich dann lieber für eine Variante mit einer schwachen Lauge aus Rotweinessig und Salz entschieden. Es gibt auch Rezepte mit Zitronensäure. Aber Bleiche? Zumal in diesen Rezepten ausdrücklich vor der Giftigkeit gewarnt wird. Man müsse die Früchte nach dem Bleichen dann genügend lang nochmals wässern, um das Gift auszuschwemmen. Ich staune, was den Leuten so alles einfällt. Zumal doch schon die alten Römer ihre Oliven einfach gewässert und dann in Essiglauge verfeinert haben. Das Geheimnis der schwarzen Oliven habe ich dann übrigens auch noch lüften können. Feste schwarze Oliven sind mit Eisengluconat (E579) eingefärbte grüne Oliven. Ungefärbte schwarze Oliven hingegen haben eine viel weichere, etwas schrumpelige Konsistenz. Sie werden nicht gewässert und in Lauge eingelegt, sondern in Salz gelagert, bis sie ihre Bitterkeit verlieren.
Und nun hoffe ich, dass mein fleissiges Bäumchen sich punkto Winterhärte zusammenreisst und auch künftig dem Zeitlichen erhalten bleibt. Es wird nun auch einen schönen grossen Kübel und beste Kübelpflanzenerde bekommen, versprochen! Und falls die Temperaturen doch wieder mal gegen minus 10 Grad sinken sollten, werde ich es dann natürlich schon an einen geschützten Ort zu bringen wissen.