Nun hab ich wieder einen Garten mit Kirschlorbeerhecke, eine monströse, mehrere Meter breite und hohe Hecke, die man eigentlich Wand oder Wald oder beides nennen müsste. Ich würde ja niemals irgendwo Kirschlorbeer (prunus laurocerasus) pflanzen. Man kann ihn zwar immer noch fast überall kaufen, obwohl er in der Schweiz auf der Schwarzen Liste der invasiven Pflanzen steht. Das heisst, er ist gemäss der Freisetzungsverordnung von 2008 verboten. Vorkommen und Ausbreitung müssten von Gesetzes wegen verhindert werden (alles dazu auf www.infoflora .ch)
Aber nun ist er eben da, in dem Garten des Mehrfamilienhauses in Biel, wo ich seit Mai dieses Jahres lebe. Er ist schon lange da, zwanzig, vielleicht dreissig Jahre oder auch mehr. Die unteren Äste sind armdick. Und er treibt aus, in alle Richtungen. Auch auf der anderen Seite des Rasens hat er schon Nachwuchs, und im Beet gegenüber wuchert er ebenfalls. Die Amseln tun das ihre dazu, den Kirschlorbeer zu verbreiten. Wegnehmen ist unmöglich, erstens weil ich hier nur zur Miete bin, zweitens, weil wir den Sichtschutz natürlich schon brauchen in dem dicht besiedelten Stadtquartier, und drittens wäre die vollständige Entfernung angesichts der schieren Grösse unseres Kirschlorbeers ein fast unmögliches Unterfangen. Also bleibt uns nur eins: Zurückschneiden.
Wir haben in der Breite nun schon an die zwei Meter zurückgewinnen können, so dass jetzt sogar etwas Licht auf den Sitzplatz fällt. Der Boden unter dem Kirschlorbeer war betonhart und mühsam umzugraben. Wir mussten viele Wurzeln heraussägen und wegschneiden. Der Kirschlorbeer wird deswegen nicht minder weiterwuchern. Aber immerhin haben wir nun etwas Platz. Ein fast zwei Meter breites Beet konnten wir mit tatkräftigem nachbarschaftlichem Einsatz den Sommer über zurückerobern. Früher waren da nämlich auch Blumenbeete gewesen, stellenweise fanden wir noch Randsteine und konnten ihren ehemaligen Verlauf rekonstruieren. Nun sollen auf dem neu gewonnen Platz Pflanzen gedeihen, die uns Freude machen.
Da der Standort halbschattig und trotz den mächtigen Kirschlorbeerwurzeln doch immer noch leicht feucht ist, wählen wir Hortensien. Sie sind im Spätsommer etwas vom Schönsten überhaupt. Bauernhortensien (Hydrangea macrophylla) mit ihren grossen Blütenbälle in diversen Farbnuancen, gefüllte auch und solche mit einzelnen sterilen Blüten, die wie Sterne über den Bällen stehen, und Rispenhortensien (Hydrangea paniculata), weisse und hellrosarote. Dazu kommen ein paar Straussenfarne, die ich von Freunden geschenkt bekommen habe.
Und davor pflanzen wir japanische Herbstanemonen, Schneefelberich (Lysimachia clethroides) und feuerrote Staudenlobelien (Lobelia cardinalis). Und im Vordergrund finden die gelb und weiss melierten Funkien (Hostas) ihren Platz, die meine neuen Nachbarn lange in Töpfen kultiviert hatten. Etwas grössere, ältere Funkienstauden sind ein dankbarer Fundus. Man kann sie mit dem Spaten leicht in mehrere Stücke teilen. So hatten wir genug Pflanzenmaterial, um den Rand des neuen Beetes zu gestalten. Ihr hell panachiertes Laub wirkt besonders in der Dämmerung zauberhaft, wenn die Kirschlorbeerwand schon fast schwarz dasteht. Dann leuchten die hellen Zeichnungen auf den Funkienblättern regelrecht. Ausserdem mag ich Funkien gerne, weil ihre jungen Triebe im Frühling ein leckeres Gemüse bieten: gedämpfte Funkiensprossen mit etwas Butter oder Olivenöl sind eine Delikatesse!
Ein Glück, dass meine Nachbarn recht stark wüchsige Sorten kultiviert haben. Und meinerseits habe ich auch noch einige Hosta lancifolia, die sich bestens vermehren und sehr zarte, saftiggrüne Triebe bilden. Die will ich auf den Herbst hin dann auch noch in den neuen Garten zügeln.
Jedenfalls, mit diesem neuen Vordergrund sieht der Kirschlorbeer nun eigentlich ganz ok aus. Wenn es uns mit der Zeit gelingt, ihn auf ein vernünftiges Mass zurückzuholen und ihn regelmässig so stark zu schneiden, dass gar keine Beeren mehr heranwachsen, und alle Ausläufer zu entfernen, dann werden wir ihn wohl zukünftig in Schach halten. Wir werden einfach die Hortensien und die Stauden zu seinen Füssen gut düngen und bei Trockenheit auch kräftig wässern müssen. Dann sollten sie neben der Monsterhecke ordentlich zurechtkommen.