Man soll Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, heisst es. Und natürlich tun wir es trotzdem.
Aber beginnen wir von vorne. In der Blütezeit und Züchtungszeit laufe ich durch unsere Obstanlage, und plötzlich nehme ich einen intensiven Duft war. Und Sie können es mir glauben, ich bin in diesem Moment wirklich nicht auf Duft eingestellt und ziemlich gestresst. Aber was ist das? Zwei Meter zurück. Ja, hier wieder, ein rufender, doch leichter Duft. Das musste der Duft der Apfelblüte sein.
Nun muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich den Duft der Apfelblüte in 30 Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Apfel nie wirklich wahrgenommen habe. Der Apfelblütenduft war für mich vielleicht zu normal. Und hätte man mich vorher – vor dieser Duftoffenbarung vor ein paar Tagen – nach dem Apfelblütenduft gefragt, wäre ich ziemlich unsicher geworden: Duften Apfelblüten überhaupt?
Ja sie duften eindeutig. Aber sie duften auch so, dass man sich gut vorstellen kann, dass es ein “normaler” unauffälliger Duft ist, einer, der in verschiedenen Intensitätsgraden immer leicht wirkt, nicht schwer. Er legt sich nicht über Nase, Körper und Geist wie eine Decke, sondern er spielt leicht um uns herum, so als wäre er fast nicht da. Dass er mich da, kürzlich in der Apfelanlage, geradezu überfallen hat, war vielleicht überfällig. Warum ignoriert er mich die ganze Zeit, muss sich der Duft gesagt haben. Und das Nachschnuppern an der Duftstelle ergibt, dass der Apfelduft bei unterschiedlichen Genotypen und Sorten durchaus auch sehr verschiedene Intensitätsgrade haben kann. Da stehen nämlich pink, rot und rosa blühende Redlove-Selektionen, die speziell für ihre Blüten ausgelesen worden sind.
Und einige von ihnen, jetzt nehme ich es zum ersten Mal war, haben einen noch viel intensiveren Duft, der Apfelduft bekommt da sozusagen eine Spitze (oder eine Kopfnote, wie das die Parfumeure ausdrücken würden) und wird so zu einem richtigen und nachhaltigen Parfum … Wieder zu Hause blättere ich in den Notizen zu diesen Zuchtnummern und muss – zum Glück – feststellen, dass meine Frau im Unterschied zur mir den Duft schon längst entdeckt, notiert und bonitiert hat! Da bleibt nur die Frage, ob Apfelblüte nun ein Männerduft oder ein Frauenduft sei …
Natürlich habe ich dann bei Google weitergesucht: Wie bitte duften Apfelblüten? Auffällig ist, dass die ersten 15 Einträge zum Duft der Apfelblüte einem gleichnamigen Comic aus Japan gelten. Typisch, denke ich. Ich bin wohl nicht der einzige, der den Apfelblütenduft übersehen hat.
Dann aber, auf Platz 15 oder 16 ein Eintrag von Unique, einer Firma, die individuell gemischte Parfums anbietet und die wichtigsten Basisdüfte beschreibt: “Die Apfelblüte verströmt einen frischen und sehr blumigen Duft. Er erinnert ein wenig an Veilchen und Maiglöckchen, allerdings keinesfalls an den typischen Apfelgeruch.”
Das mit den Maiglöckchen kann ich unterschreiben und wichtig ist der Hinweis auf den Apfelfruchtgeruch, der natürlich als “grüner” Apfel in der Parfumindustrie wieder fast überall zu finden ist. Auch wenn es unser Schubladenhirn gerne möchte, beide Düfte haben rein gar nichts miteinander zu tun. Vielleicht müsste man zum Abschluss die Duftbeschreibung der Apfelblüte noch mit einem zusätzlichen Wort annähern: süsslich, für mich ist der Duft süsslich, aber eben leicht schwebend süsslich und nicht schwerfällig-süss.
Aber hören wir auf mit der Wortakrobatik und wenden wir uns der Birnenblüte zu. Natürlich will ich nun das Verbotene tun und den Apfelduft mit dem Birnenduft vergleichen. Hier beginne ich mit der Theorie, finde aber keine Parfumbeschreibung des Birnenblütendufts, obwohl doch die einschlägigen Parfumseiten von vielen Parfums behaupten, sie würden nach Birnenblüten duften ?
Dann der Realitätstest draussen in der Obstanlage. Aua! Das tut ziemlich weh. Zunächst bin ich, die Nase in der Birnenblüte, irritiert. Was ist das? Ist das ein Duft, ein Geruch oder schon ein Gestank? Das Gehirn rattert die Dufterinnerungen durch: Verd … was ist das? Pfeffrig, würzig, holzig und dann – endlich und eindeutig – stinkig.
Google belehrt mich später, dass die Birnenblüte einen Stoff namens Trimethylamin ausbilde, der auch bei verdorbenem Fisch vorkomme … Ja, genau so! Und dann beginnt natürlich mein Obstbauhirn zu spielen: Ja vielleicht deshalb sind die Birnen in der Befruchtung nicht ganz so einfach. Natürlich brauchen die Blüten wärmere Temperaturen für die erfolgreiche Befruchtung (sonst kann der männliche fremde Pollen nicht in die Blüten hineinwachsen), aber vielleicht liegt das eben auch daran, dass die Blüten nicht nur für uns Menschen nicht so attraktiv sind …
Umgekehrt könnte aber auch der Fischgestank selber eine Strategie sein, Bestäuberinsekten, nämlich Fliegen und Käfer anzuziehen, die man auf Birnenblüten in der Tat häufiger sieht. Passen würde dazu auch die purpur-braune, an Fleisch erinnernde Farbe der Staubgefässe, die sich so überdeutlich von den gelben Staubbeuteln des Apfels abhebt. Es könnten also Duft und Farbe sein, die gezielt Fliegen und Käfer zur Befruchtung, zum Her- und Weitertransport des männlichen Pollens anlocken sollen. Menschen aber auf keinen Fall.
Vielleicht sollte man Äpfel und Birnen wirklich nicht miteinander vergleichen! Wenn Sie dennoch den Duft von Äpfel und Birnen selber vergleichen möchten, dann finden Sie im Lubera Shop hochwertige Apfelbäume und kostengünstige Birnenbäume zum Pflanzen.