Natürlich kocht der perfekte Gärtner auch. Das gehört sozusagen zum Rollenbild. Der englische Gentlemengärtner Christopher Lloyd schrieb sogar ein Kochbuch; nach noch unbestätigten Gerüchten soll auch Sabine Reber öfter in der Küche als im Garten anzutreffen sein. Und natürlich ist auch umgekehrt gefahren: Gerade Spitzenköche unterhalten gerne eigene Gärten für Gemüse, Kräuter und Früchte. Aber ob sie wohl auch im Garten arbeiten? Jedenfalls lassen sie sich gerne darin fotografieren.
Für mich persönlich bin ich ja der Meinung, dass ich nicht jedem Rollenbild entsprechen muss. Kochen? Ich? Ja natürlich, ich esse gerne. Das ist ja auch offensichtlich. Aber Kochen gehört durchaus nicht zu meinen Leidenschaften. Man kann ja auch nicht alles gut machen.
Aber letzte Woche konnte ich nach der Degustation von verschiedenen Minikiwi-Sorten einfach nicht mehr widerstehen. Die Kombination der tiefen Süsse des Fruchtfleischs mit der immer noch vorhandenen teilweise spitzen Säure hatte mich kulinarisch inspiriert, ja regelrecht besetzt und verhext.
Es war Samstag. Und vor meinem geistigen Auge sah ich schon den sonntäglichen Butterzopf. Ich stellte mir vor, ich würde eine dicke grosse Scheibe reichlich mit Butter bestreichen, dann drauf die süsssaure Minikiwimarmelade… Ich konnte einfach nicht mehr widerstehen.
Meine Frau und mein Sohn wollten ihren Augen nicht trauen.
Flugs an den Spühltrog gestanden, alle nachgereiften Minikiwi gewaschen, gerüstet, Stielreste weggeschnitten und halbiert. Dann in den Kochtopf mit den Früchtchen …
Das Erstaunen meiner Familie kann schon fast keine Grenzen mehr!
"Magda, wo ist der Gelierzucker?" Dann Gelierzucker dazu gegeben, nur ca. 600 gr pro kg Früchte und heiss aufgekocht. Da ich ja eben kein Koch bin und auch nicht stundenlang kochend meine Marmelade begleiten möchte, habe ich mich an Veronique Witzigmann erinnert, die in Ippenburg die Redlove-Marmelade nur zum Kochen brachte und dann den Mixer zur Hand nahm!
Also: "Magda, wo ist der Mixer?" Meine Frau brachte mir den Mixer, mehr als nur erstaunt von meinem emsigen Treiben und ohne die sonst in solchen Fällen üblichen Bemerkungen.
"Lukas, kannst du mir Gläser bringen? Bitte?!" Nach dem Mixen die Fruchtmasse nochmals aufgekocht und dann in Gläser abgefüllt.
Ist das alles? Muss da nicht noch ein geheimes Sanddorntröpfchen oder eine Rosmarinessenz dazu?
Nein. Das ist alles! Ganz einfach!
Natürlich darf man aber nicht vergessen, die Qualität der Marmelade schon beim Abfüllen in den höchsten Tönen zu loben, alle möglichen Zuhörer zum Staunen und Bangen und Hoffen zu bringen, jegliche Annäherungs- und Probierversuche wenn nötig mit Gewalt abzuwenden und die Finger gut und genüsslich abzuschlecken.
Und wie war’s dann am Sonntagmorgen, mit dem Zopf?
Ein Traum. Eine Offenbarung! Sonntagsmorgensonne auf Brot. Unser Sohn Lukas formulierte das etwas prosaischer: "Bei DER Marmelade wacht man sofort auf!"