Endlich, endlich sind meine Cassisima-Johannsibeeren reif und die Ernte kann beginnen. Lang erwartet und heiss ersehnt, ist die erste Runde nun tiefschwarz und muss geerntet werden. Bei 12 Sträuchern (von klein wie 'Little Black Sugar' bis gross wie 'Black Bells') ist alles dabei und nun stellt sich wie immer die Frage, wer hilft?
Seit die Tochter ausgezogen ist, steht nur der angeheiratete Gärtner zur Verfügung, der zuvor auch schon helfen musste, die millionenfachen Meter Vogelschutznetze anzubringen, die momentan Johannisbeeren, Stachelbeeren und Blaubeeren "zieren". Und ich betone MUSSTE, denn freiwillig geschieht das nicht. So ist es halt, wenn nur einer in der Ehe mit dem Gartenvirus infiziert und der andere total immun dagegen ist.
Bild: Die nächste Ernte kommt bestimmt (und dann auch noch mit Stacheln): Stachelbeeren unter Dach und Fach.
Also: Wie bekommt man jemanden, der lieber fluchtartig das Haus verlässt, wenn die Rede von Gartenarbeit ist, der nur den Müll rausbringen will, bevor er hilft und dann drei Stunden in seiner Werkstatt verschwindet, dazu, beim zugegebenermassen nervigen Pflücken von 12 Cassissima-Johannisbeer-Sträuchern zu helfen? Schlau wie ich bin, dachte ich, weibliche List hilft. Ganz ehrlich, von diesen Tricks kennen wir Gärtner mit den zwei X-Chromosomen doch einige. In meinem Fall ist der beste Trick immer noch der selbstgemachte Kuchen und praktischerweise gibt es ja reife Erdbeeren zur Zeit der Johannisbeerernte. Denn die geliebten Früchte MEINER Wahl, die Johannisbeeren und die Stachelbeeren, ja, sogar Himbeeren, verabscheut mein Mann. Damit kann ich ihn nicht locken. Aber von supersüßen Erdbeeren kann er nicht genug kriegen. Gesagt getan: Erdbeertörtchen als Belohnung angekündigt und ab in den Garten, sogar mit Hocker für den "armen" Helfer mit dem gequälten Gesichtsausdruck, damit er es auch ja bequem hat beim Pflücken. Und natürlich mit genauen Anweisungen vor Arbeitsaufnahme: Keine Stiele mitpflücken! Schliesslich hat die Obergärtnerin keine Lust, nach dem Spülen der Beeren im Haus und vor dem Einfrieren des Schwarzen Goldes noch stundenlang kleine Stengelchen abzunippeln.
Bild: Des Mühsal's Lohn: Leckere, süsse Cassissima-Johannisbeeren – davon kann man nie genug Vorrat haben bzw. einfrieren.
Gut, verstanden und versprochen und dann nach zehn Minuten die erste Kontrolle: Und was soll ich sagen, was hat jede einzelne Johannisbeere im Topf? Natürlich, die nervigen kleinen grünen Stengelchen. Nochmalige Erklärung, mit noch mehr "Hintergrund-Info", dann zweite Kontrolle nach weiteren zehn Minuten: Wieder die grünen Stengelchen dran! Nach etwas unwirschen Worten (und ein paar noch deutlicheren Infos) und einer dritten Kontrolle, die das gleiche Ergebnis ergab, dann die Erlösung für den Hilfsgärtner: Ab ins Haus zum Fernseher der Eine (sichtbar erleichtert) und weiterpflücken die Andere, etwas angesäuert wie eine unreife Johannisbeere, aber mit Fingerspitzengefühl und dementsprechend jede einzeln der grossen, reifen Früchte OHNE Stengel (das ist problemlos auch für XY-Chromosom-Inhaber möglich, ja, ich bin mir ganz sicher!).
Ich habe das Gesicht meines Mannes beim Hineingehen nicht gesehen, aber mein siebter Sinn sagt mir, dass ein breites Grinsen drauf war. Denn genau DAS hat er doch gewollt, oder? Einen freien Nachmittag, gemütlich auf dem Sofa, frei nach dem Motto: Jedem das Seine. Männliche Tricks gegen weibliche Verführungskünste, tja, ich muss meine Niederlage leider zugeben, auch wenn's schwerfällt. Die Erdbeertörtchen mit Schlagsahne und einer Kugel Vanilleeis gab es natürlich trotzdem, denn auch eine fleissige, solo arbeitende Gärtnerin will ja etwas Süsses haben nach dem Pflück-Marathon. Und ganz ehrlich: Erdbeertörtchen schmecken nur wirklich gut zu Zweit. Friede, Freude, Erdbeerkuchen also (vorläufig jedenfalls, bis die Stachelbeeren gepflückt werden müssen). ;-)