Rosen und Lavendel. Eine klassische Kombination, die längst schon ins gärtnerische Allgemeinwissen übergegangen ist. Sie ist schon so selbstverständlich, dass sie kaum je hinterfragt und erklärt wird. Dass neben der ganzen Pracht der rot-rosa-blauen Kombination, unterlegt vom Graugrün der Lavendelblätter, auch noch die Läuse davon abgehalten werden sollen, sich an den saftigen Rosen gütlich zu tun, hat wohl zusätzlich dazu beigetragen, dass die Rosen-Lavendelkombi in den Kanon der heiligen Gärtnerregeln aufgenommen worden ist.
Aber funktioniert das wirklich, Rosen und Lavendel?
Kürzlich, es war der Pfingstmontag, hinter Göttingen und noch irgendwo vor Hannover, musste ich mitten in der Nacht in einem Hotel übernachten; auf dem langen Weg in unsere Baumschule im Ammerland hatten sich 4 von 5 Radschrauben meines rechten Vorderrades gelöst … Aber das ist natürlich eine andere Geschichte. Was ich hier erzählen möchte: Am Morgen, beim Abschleppen meines Fahrzeugs, betrachtete ich nicht nur das vermaledeite Rad und die in Mitleidenschaft gezogene Felge, sondern gleich daneben auch das Rosenbeet beim Parkplatz. Hatte es da je mehr als 3 Rosen gegeben? Jedenfalls waren nur noch 3-4 armselig einsame Rosentriebe zu sehen, und rundherum und darüber wogte ein Meer von …ja sie wissen schon … Lavendeln.
Und dann heil zurück in der Schweiz , die Rosenrabatte, die den Weg zur Haustüre meiner Nachbarin begleitet, begleiten sollte: Auch da sehe ich jetzt, ungefähr 3 bis 4 Jahre nach der Pflanzung, nur noch … rosenfressende Lavendel.
Es gibt also, das ist ja schon richtig beruhigend, neben sich verselbständigenden Autorädern auch noch wirkliche Probleme. Rosen und Lavendel: Die fast schon heiliggesprochene Kombination überlebt nur in den allerseltensten Fällen ihre eigene Seligsprechung. Bevor wir jetzt aber noch katholisch werden, wenden wir uns doch bitte dem gärtnerischen Paradoxon par excellence zu. Die starke Zehrerin Rose braucht einen tiefgründigen, nährstoffreichen Boden. Und in den meisten Gärten bekommt sie den auch, niemand möchte doch die Königin unter den Blumen vernachlässigen. Der Lavendel aber käme mit viel weniger aus, trocken möchte er es haben und nährstoffmässig würde er auch noch mit einer strengen Diät eine gute Figur machen. Aber natürlich – da sind wir ja nicht viel anders – nimmt er die gratis mitgelieferten deftigen Dreschermahlzeiten stillschweigend auf und wächst und wächst und wächst, ja bis es den Rosen ganz grün und blau an den Kragen geht.
Für jedes Problem gibt es mindestens eine Lösung, das habe ich als Ingenieur einmal gelernt. Und genau so ist es ja auch mit meinem Rad: Angezogen hält es definitiv viel besser. Bei den Lavendeln aber gibt es viele Lösungen. Und wenn man nicht mindestens eine von ihnen konsequent umsetzt, ja dann kann's für die Rose halt eben ins Auge gehen. Wer wüsste das besser als ein autofahrender Gärtner.
Hier also die rosenrettenden Lösungen für das Lavendel-Rosen-Problem:
- Pflanzen Sie stärkerwachsende Rosen mit Lavendel zusammen, eine Bodendeckerrose, eine Beetrose hat da kaum je eine Chance. Eine Strauchrose entwickelt da schon definitiv mehr Widerstandskraft und hat eine viel bessere Chance, sich im blauen Meer auch längerfristig über Wasser zu halten.
- Pflanzen Sie gleich 3 Rosen zusammen: Das ist nicht nur gut für uns Baumschuler, sondern auch für die Rosen. Wenn Sie dann das magische Rosendreieck auch noch konsequent lavendelfrei halten, dann entstehen da tsunamisichere Roseninseln, denen der auf Wachstum gedopte Lavendel so schnell nichts anhaben kann.
- Jaja, Lavendel muss man schneiden! Oder besser: müsste man schneiden. Und da bin ich dann wieder bei meinem frühen und unter Fachleuten nicht unumstrittenen Radikal-Lavendel-Schnitt-Video! Ich hatte ja schon überlegt, meine Schnittpredigt da bei Gelegenheit etwas zurückzunehmen, bis mir vor kurzem der junge Sohn einer Baumschuldynastie gestand, er hätte vor Jahren just nach der Vorgabe meines Videos die Lavendel in Vaters Garten schneiden müssen (ja: müssen!), und das dann auch noch mit Erfolg! Mit dem Erfolg, dass die Lavendel kompakt blieben und die Rosen überlebten.
- Nun glaubt aber nicht jede Frau meinem autoritativen Video und Schneiden und mehr noch Radikal-Schneiden ist überhaupt nicht jedermanns Sache. Baumschuler sind da halt berufsbedingt eine positive Ausnahme. Und diese Mehrheit der Nichtbaumschuler, die schneidet den Lavendel nicht oder fast nicht oder sicher zu wenig. Und da kann ich dann eigentlich nur noch eine letzte schlaumeierische Lösung anbieten: Man möge doch bittschön drauf verzichten, die Lavendel zwischen die delikaten Rosen zu pflanzen und pflanze sie stattdessen rund um die Rosen feinsäuberlich als Hecke. Und wenn sich der Rosen-Lavendelgärtner dann doch einmal dazu durchringen sollte, den Lavendel zu schneiden (mit oder ohne mein Video), dann sind auch die unkommoden Dornen etwas aus dem Weg und die Verletzungsgefahr geht nur noch vom Schneidewerkzeug aus. Da kann dann wirklich fast nichts mehr schiefgehen. Nur Autofahren ist noch sicherer.