Ranka ist zwar eine unser besten Kundinnen und immer restlos begeistert von unseren Eigenzüchtungen und testet alles, was sie nur kann, in ihrem Garten aus, aber mit unserem Gründer und Chef-Züchter Markus Kobelt ist sie nicht immer einig, wie der aufmerksame Leser ihrer Kolumnen weisst. Das vehemente Plädoyer des Lubera-Chefs GEGEN Pflanzenverbote sieht sie jedenfalls ganz anders und argumentiert hier für – ja, man könnte sagen – Beugehaft für gefährliche "gebietsfremde Organismen", wie man sie in der Schweiz getauft hat.
Inhaltsverzeichnis
Eines vorweg, meine lieben Mit-Gärtner: Es geht hier nicht um das Verbot von Pflanzen allgemein, sondern um das VERHINDERN der Ausbreitung von Pflanzen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte. Ebenso wie gewisse Menschen eine Gefahr für andere Menschen darstellen, können auch Pflanzen eine Gefahr für andere Pflanzen darstellen – und damit letztendlich auch wieder für den Menschen am Ende der Nahrungskette.
Und noch eine Anmerkung, bevor ich mich in die Diskussion mische: Ich bin nicht allwissend, womöglich auch nicht sonderlich klug, aber ich möchte doch gerne versuchen, das, was ich für gesunden Menschenverstand halte, in die Debatte zu werfen, indem ich andere Zukunftsszenarien entwerfe, als die bisher genannten in bezug auf "gebietsfremde Organismen", wie sie ja anscheinend politisch korrekt heissen. Oder muss man Pflanzen nicht politisch korrekt behandeln? Darf man weiterhin Neophyten sagen? Nun ja, jedenfalls werden sie einen nicht verklagen, wenn man sie nicht richtig betitelt, also kann ich ungestraft loslegen. ;-)
In diversen Artikeln zum Thema "Pflanzen verbieten ja oder nein" wird ja gerne so getan, als ginge es um Pflanzenfreiheit allgemein und unser "Recht" auf den Kauf von allen Pflanzen dieser Welt. Abgesehen davon, dass es kein Recht darauf gibt, alles zu besitzen, was man gerne hätte (Stichwort Waffen) und wir erfreulicherweise nicht in einer Gesellschaft leben, in der ALLES erlaubt ist, was gefällt (das wäre ja Anarchie), stelle ich immer wieder fest, dass es meistens um den Unwillen der Menschen geht, wieder mal neue Verbote von Staatseite hinzunehmen. Ja, ich bin auf eurer Seite! Der Staat sollte sich so wenig wie möglich einmischen in unsere persönliche Freiheit, in unser Leben allgemein, und ja, gegen Behördenwillkür und Dominanz sollten wir kämpfen. Aber unsere individuelle Freiheit hört da auf, wo ANDERE betroffen sind oder durch unsere Kaufentscheidungen leiden können, nicht wahr? Wir leben ja nicht auf einer einsamen Insel der Glückseligkeit, sondern müssen bedenken, welche Konsequenzen unser Handeln für unsere Nachbarn aber auch das zukünftige Leben auf diesem fruchtbaren Planeten hat. Und da der Einzelne nicht immer so bedacht auf das Wohl der Allgemeinheit ist, müssen Behörden Spielregeln aufstellen, idealerweise weise und klug, mit Blick auf mögliche Konsequenzen in der Zukunft für die, die nach uns kommen.
Nicht alles, was machbar ist, ist auch gut!
Klar, wir haben uns alle so an die grenzenlose Globalisierung gewöhnt, dass wir meinen, das wäre normal und immer gut. Aber ist es das wirklich? Klar, für die Wirtschaft ist es gut, aber auch für uns kleine Bürger? Warum kaufen denn immer mehr Leute ihr Gemüse aus regionalem Anbau? Warum sind Heirloom Sorten, die alten Sorten, denn so beliebt? Warum entdecken immer mehr Menschen den Wert alter Getreidesorten? Wollen altes Saatgut erhalten und schützen? Bauen Saatgutbanken für schützenswerte, lokale Pflanzen ins ewige Eis? Wie passt das denn zu dem modernen Globalisierungswahn? Zu der "Alles-ändert-sich-und-das-ist-gut-so-Argumentation"? Alte, regionale Sorten werden wieder mühselig etabliert und gegen das Neue, Übermächtige geschützt.
Sind alle Pflanzen wirklich gleich?
Jaja, die liebe Diversität, sagt ihr jetzt, die muss ja heutzutage immer und überall gegeben sein. Aber, meine lieben Freunde aus dem "Freiheit-für-alle-Pflanzen-Lager", glaubt ihr wirklich, dass Diversität automatisch heisst, wir alle leben friedlich miteinander und sind alle den ganzen Tag lieb und nett zu einander, lassen unsere Nachbarn in Ruhe schalten und walten und stören sie nicht in ihrem Entfaltungsdrang? Ich rede jetzt von Pflanzen wohlgemerkt. Aber die sind letztendlich nicht so viel anders als Menschen. Manche sind aggressiver als andere und manche scheren sich einen Deut um die Rechte ihrer Nachbarn. Solche Pflanzen wollt ihr wirklich in Mengen unters Gartenvolk bringen und sich versamen und durch Wurzelrhizome ausbreiten lassen? Beides überschreitet Grenzen, nämlich die zu meinem Garten und noch weit darüber hinaus. Auch die landwirtschaftlichen Flächen werden mit neuen Samen bombardiert, noch stärkere, bisher unbekannte Unkräuter breiten sich aus, gegen die die herkömmlichen Spritzmittel nichts mehr ausrichten, welche dann erhöht werden müssen, bzw. gegen die neue Chemiekeulen erfunden werden müssen, die dann wiederum die Lebensmittepreise erhöhen und die das Grundwasser noch mehr verschmutzen, das dann wiederum aufwändiger gereinigt werden muss und somit auch wieder teurer wird.
Ich will ja nicht sagen, das das alles passieren muss, aber es ist sehr gut möglich und muss mitbedacht (und vor allem durchdacht werden bis zum bitteren Ende) bevor man lauthals schreit, ALLES muss erlaubt werden, ALLES muss importiert werden dürfen, ALLES muss sich in unseren Gärten ansiedeln dürfen. Es lebe die Pflanzen-Anarchie?
Australien hat aus den Fehlern gelernt
Die Australier sind da meiner Meinung nach etwas weiser als wir. Sie haben schon vor vielen Jahren die absolut weltweit einzigartige Flora und Fauna ihres Kontinents als besonders schützenswürdig erkannt und aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Da haben nämlich Siedler und vor allem auch Händler diverse Samen, Unkräuter und Pflanzen aus der alten Heimat importiert, die sich dort explosionsartig vermehrt haben und die einheimische Flora teilweise an den Rand der Ausrottung gebracht haben (und mit ihr viele der seltenen Tierarten, die es nur dort gab und von denen mittlerweile schon einige ausgestorben sind, u.a. auch durch den ungeregelten Import von fremden Tieren, die ihnen die Lebensgrundlage genommen haben, wie z.B. Kaninchen).
Nun haben die Australier jedenfalls dazu gelernt und schützen ihre Flora und Fauna durch superstrenge Importregeln und ja, auch Verbote! Nicht nur haben die einheimischen Pflanzen und Tiere ein Recht auf ihren angestammten Lebensraum und ihr eigenes Überleben, auch zukünftige Generationen von Australiern (und Millionen Touristen) wollen sich auch in 50 Jahren noch an dem erfreuen, was Australien anders und einzigartig unter den Kontinenten dieser Welt macht. Auch das ist Diversität! Das Recht, anders zu sein und bleiben zu wollen.
Yuppie, noch mehr Unkraut!
Wohin Laissez-faire führt, wissen wir, die wir Kinder erzogen ja haben, zu genüge. Unseren Kindern haben wir Spielregeln beigebracht. Das fängt schon im Kindergarten an mit "Du darfst deinen Nachbarn am Tisch aber nicht das Frühstücksbrot wegnehmen"! Das können wir Pflanzen aber nicht beibringen. Da gibt es welche, einige wenige, die nehmen sich das Brot des Nachbarn! Sie unterdrücken andere Pflanzen, die schwächer wachsen und die dem aggressiven Ausbreitungsdrang der neuen "gebietsfremden Organismen" nichts entgegenzusetzen haben. Haben wir Gärtner denn nicht schon genug mit rücksichtslosen Pflanzen zu tun, mit denen wir kämpfen müssen? Oder jätet neuerdings keiner mehr Unkraut? Müssen wir noch mehr ackern, hacken, ausstechen und womöglich gar spritzen? Was sagen denn die Landwirte zu dem Thema? Die Umweltschützer? Und die Bienen, die sich auf einheimische, sehr spezielle Pflanzen spezialisiert haben, die einen ganz bestimmten Lebensraum brauchen? Und die mit – sagen wir mal beispielhaft – einer tropischen Schling-Liane, die 100 Meter im Jahr wächst und ihre alten Nektarpflanzen erdrückt, nichts anfangen können?
Und nochmals: Wir reden hier ja nicht von allen Pflanzen dieser Welt, sondern von denen, die eine Gefahr darstellen können. Die anderen Schaden zufügen. Tja, wer bestimmt diese denn? Die Politiker? Sollten die wirklich noch mehr in unser Leben reinregieren? Tja, das kommt drauf an, was man von einer Regierung, einem Staat erwartet. Ich erwarte, das er mich schützt vor bösen Menschen ebenso wie vor bösen Pflanzen (sehr vereinfacht ausgedrückt und wahrscheinlich nicht politisch korrekt, aber die Pflanzen hören ja Gott sei Dank nicht zu). Ich möchte einfach nur, dass meine Lebensgrundlagen (unser aller Lebensgrundlagen) geschützt werden, dass das Alte nicht platt gemacht wird (oh je, schon wieder so unwissenschaftlich und einfach ausgedrückt ) und dass Lebensmittel und die diversen, hohen Umweltabgaben nicht noch teurer werden, weil unter den Millionen Pflanzen, die importiert werden dürfen, auch unbedingt welche sein müssen, die andere Pflanzen verdrängen oder anderweit schaden können. Ebenso wie ich mir eine Polizei und eine Feuerwehr wünsche, die MICH schützt, wünsche ich mir auch eine Kontrollinstanz, die meinen Garten (und die Landwirtschaft) vor Verlusten schützt.
Und ein drittes Mal: Wir reden hier von einer Minderheit an fremdländischen Pflanzen, die meisten dürfen ja rein, nicht wahr? Das wird ja auch so bleiben. Zählt mal eure Pflanzen in den Lagerhallen oder Gärten. Muss es immer mehr sein? Reichen nicht auch 999.000 tropische Pflanzen? Muss es unbedingt noch die Millionste sein, die zwar unschuldig schön tut, aber die ihre Wurzeln oder Samen gleich in der ersten Saison über die ganze Region aussendet?
An die siebente Generation denken
Was immer auch entschieden werden mag: Man muss sich alle Argumente durch den Kopf gehen lassen, Für und Wider abwägen, nicht gleich laut nach unkontrollierter Reisefreiheit für alle Pflanzen schreien, sondern lange und gründlich überlegen (das tun die oftmals verschrienen Politiker auch – meistens jedenfalls, indem sie nämlich Experten-Kommissionen einberufen und deren Gutachten lesen). Aber letztendlich entscheiden wir, das einfache Volk (autsch, war das schon wieder politisch unkorrekt? Ich kann mir einfach nicht mehr merken, was heutzutage alles korrekt ist und was nicht, ich entschuldige mich im Voraus, auch wenn ich noch nicht weiss, wofür), wen wir wählen und auch abwählen. Bewundernswerterweise gibt es Volksabstimmungen für alles Mögliche wie in der Schweiz (das würde ich mir auch für Deutschland wünschen). So etwas sollte überall noch weit mehr ausgebaut werden. Lange Diskussionen im Vorwege und dann Entscheidungen von der Basis her, von uns allen getroffen, ach, das wäre schön. Aber zurück zur Realität, der Politik und dem Behördenapparat.
Unseren Politikern (mit denen ich oft grundlegend uneins bin, das nur mal an Rande) wünsche ich nur eines: Die Zeit und den Willen zum Nachdenken und die goldene Regel der Häuptlinge der ebenso stolzen wie freiheitsliebenden Irokesen-Konföderation, einem freiwilligen Zusammenschluss von sechs Indianerstämmen im "alten" Nordosten der USA. Alle Entscheidungen, die die Ältesten damals am Lagerfeuer trafen, mussten darauf hin geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf die siebte Generation hatten. Erst nachdem alle möglichen Konsequenzen geprüft und diskutiert wurden, wurde eine bindende Entscheidung gefällt, zum Wohle der zukünftigen, noch ungeborenen Stammeskinder, die deren "Gesichter noch unter der Erde sind", wie die Irokesen sagten.
Auch ein Recht auf (Pflanzen-) Eigentum endet mal
Individuelle Freiheitsrechte, auch das Recht an Eigentum, endet da, wo andere in Mitleidenschaft gezogen werden. Oder anders ausgedrückt: Ich würde auch bei Lubera keine Pflanzen kaufen, die ich zwar in meinem Garten haben WILL, aber die die Gärten meiner Nachbarn in Nullkommanichts überwuchern würden. Gott sei Dank tut Lubera dies nicht (nur der Sommerflieder ist als rebellischer Widerstand im Katalog so weit ich weiss), sondern züchtet und vertreibt pflanzen, die NUTZEN, schön, produktiv und gleichzeitig auch lieb und nett und zurückhaltend sind. Und ich bin auch gerne bereit, Schelte für meinen Standpunkt von Lubera zu bekommen. Denn eines ist das wichtigste und hoffentlich auch unumstössliche Recht unserer Gesellschaft: Die Meinungsfreiheit. Wenn ihr das hier also lest, liebe Mit-Gärtner, dann wisst ihr, dass unser lieber Markus, Chef und Haupt-Züchter von Lubera, genauso denkt. Warum hätte der kämpferische, freiheitsliebende Querdenker sonst den "Verbotenen Apfel" unters Volk bringen sollen oder den Redlove "Kohlhaas"? Ich denke, ich werde mir diese beiden Sorten mal zulegen müssen, als (apfel)fleischgewordenes Statement gegen Unterdrückung (in diesem Fall von zarten, einheimischen Pflanzen) und gegen Diktatur (die von zu aggressiven "gebietsfremden Organismen") und FÜR die Freiheit (die ja immer auch einhergeht mit Gefängnissen für Subjekte, deren Gefährlichkeit eindeutig bewiesen werden konnte). ;-)