Wir wurden von einem Kunden auf die Anwesenheit von Palomena prasina, der Grünen Stickwanze aufmerksam gemacht, und machten uns gleich auf, ein Interview mit der jungen schönen Wanz … äh Dame zu machen …
Palomena, kannst du dich kurz vorstellen?
Ja, ich bin für Dich ganz einfach Palomena, Palomena prasina. Einige üble Gesellen nennen mich auch – psst – Wanze, aber letztlich fallen solche Beleidigungen auf den Redner selber zurück. Lassen wir das, jeder hat so seine Feinde – und es ist doch immer noch am besten, wenn man sie einfach ignoriert. Eines aber möchte ich definitiv noch festhalten: Mit Dolycoris baccarum, der hundsgemeinen Beerenwanze, mit ihrem – sprechen wir es aus – hochstaplerischen Namen, will ich nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Die ist nicht nur regelmässig schlecht und braun gekleidet, sie beschädigt auch unseren sonst untadeligen Ruf, indem sie – eingebildet wie sie ist – nur Beeren saugt, und diese dann zu allem Überfluss auch noch mit ihren grauslichen Körpersäften ungeniessbar für andere macht. So was von asozial, wirklich!
Was ist dein Beruf?
Mutter. Das ist zwar heute nicht mehr ‚in‘ und ich bin sozusagen auch noch in Ausbildung, aber ich vertrete ein durch und durch traditionelles Familienverständnis; es ist mein höchstes Ziel, Mutter zu werden und möglichst viele Kinder zu haben, so ungefähr bis zu Hundert. Daneben aber und sozusagen als Vorbereitung auf die eigentliche Berufung sammle ich Pflanzen und Fruchtsäfte. Und zwar, das bitte an die Adresse meiner Hasser, mit einer absolut nicht destruktiven Methode: Ich sauge ein bisschen Sirup ab, und dann ist auch schon genug, das Blatt, die Frucht, sie wachsen weiter, und nur eine Delle, eine kleine Mulde bleibt von meinem Tun übrig. Was, sie finden das schlimm genug? Aber schauen sich doch die verdammten Vögel und ihre dümmsten Nachfahren, die Menschen an: Die essen gleich alles, so das nichts mehr übrig bleibt. DAS ist doch eine Schweinerei, egoistisch bis zum geht nicht mehr. Aber ich beruhige mich gleich. Und übrigens, sie können alles, was ich sage, ruhig auch zitieren.
Was sind Deine Ziele?
Wie schon gesagt: 100 und mehr Kinder – und leben und leben lassen. Wir sollten alle zusammen mehr Toleranz entwickeln. Ich jedenfalls wehre mich nur, wenn ich angegriffen werde (kichert …) Dann aber lasse ich meine Stinkbomben platzen (jetzt wieder mit ernster Miene). Aber das mache ich nicht etwa aus Spass, sondern allein aus Notwehr!
Was liebst du am meisten?
Junge Äpfel, Beeren, sanfte Blätter
Was hasst du am meisten?
Die Vögel. Die verdammten Viecher haben kein Feingefühl und gar nichts. Pfeifen uns schon zu nachtschlafener Zeit die Ohren voll und trachten uns und den Meinen permanent nach dem Leben. Üble Gesellen, durch und durch verdorben. Keine Moral und kein Anstand. Vor allem für meine jungen Kolleginnen sind ihre Luftangriffe ziemlich unfair und wären eigentlich auch nach der Genfer Insektenrechtskonvention verboten … aber da sieht man mal wieder, wie verludert die Sitten heutzutage sind.
Was bringt dich zum Lachen?
Hahahaha, die Menschen! Die sind so was von lustig.
Aber eigentlich sind sie lustig aus Unvermögen. Ganz offensichtlich haben sie ihre Düfte äh Gefühle gar nicht unter Kontrolle. Einige stinken den Ganzen Tag, obwohl sie eigentlich durchaus nett sein möchten. Wieder andere sind noch konfuser, duschen so lange, bis sie gar nicht mehr duften und schmieren sich dann künstliche Pheromone in die Achselhöhlen und sonst noch wo hin … Ich verstehe ganz einfach nicht, was sie damit sagen wollen und wahrscheinlich wissen es auch die Menschen nicht. Ja so ist das wohl: Die Menschen wissen ganz einfach nicht, was sie tun.