Ich freue mich immer, wenn ich irgendwo einen Schmetterlingsflieder oder Sommerflieder (Buddleja davidii) aus einem Riss im Asphalt spriessen sehe! Da erobert sich die Natur ein Stück Lebensraum zurück. Der Mensch kann noch so viel verwüsten und zubetonieren, am Ende taucht doch hier und da wieder ein Schmetterlingsflieder auf. Gut so!
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Der Sommerflieder ist eine klassische Pionierpflanze. Das heisst, er taucht als einer der ersten da auf, wo sonst nichts wachsen würde: entlang von Bahndämmen, auf Schutthalden und Schotter, verlassenen Baustellen und Industriebrachen. Eigentlich ist dieser von selbst auftauchende, zähe Strauch ein Zeichen der Hoffnung: auch an den vom Menschen aufs Schlimmste verwüsteten Orten kann noch etwas Neues wachsen. Zum Beispiel wächst der Schmetterlingsflieder gerne dort, wo andere Wildkräuter mit Herbiziden weggespritzt wurden. Er ist also ein richtiger Rebell, ein Freiheitskämpfer für mehr Grün.
Keine Lobby und kein grosses Geschäft
Vielen Zeitgenossen ist nun gerade dieser zähe Lebenswille des ursprünglich aus China stammenden Strauches ein Dorn im Auge. Und so soll der Schmetterlingsflieder nun also auf die Schwarze Liste und verboten werden. Derzeit darf er noch verkauft werden – allerdings müssen die Pflanzen neuerdings mit einem Warnhinweis versehen werden. Wie grotesk. Oder soll man bald alles, was von selber wächst verbieten? Mit solchen Pflanzen lässt sich ja im grossen Stil kein Geld verdienen, und sie haben auch kaum eine Lobby.
Eigentlich braucht man ihn überhaupt gar nicht zu kaufen, den Schmetterlingsflieder. Er versamt sich nämlich selber gerne und grosszügig. Um eine neue Pflanze zu gewinnen, kann man also jederzeit junge Sämlinge irgendwo ausgraben und verpflanzen. Alternativ lässt sich dieser dankbare Strauch auch problemlos durch halbverholzte oder verholzte Stecklinge selber vermehren. Und ja, er vermehrt sich auch dort, wo wir ihn vielleicht als störend empfinden. Aber muss man ihn deswegen gleich mit einem Warnhinweis versehen, als handle es sich um eine Gefahr für die Natur?
In China gilt der Schmetterlingsflieder übrigens als Heilpflanze. Aus den Blüten wird ein Extrakt gewonnen, der entzündungshemmend wirkt. Er wird sowohl bei Leber- und Bronchialerkrankungen wie auch zur Wundheilung verwendet. In der Alternativmedizin wird der Sommerflieder in Form von Bachblüten-Tropfen verwendet. Er soll helfen bei Lustlosigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. In jüngerer Zeit hat auch die Kosmetikindustrie die positive Wirkung des Sommerflieders entdeckt, die bei Hautschäden durch UV-Licht lindernd wirken sollen, und nun werden Gesichtsmasken, Hautsalben und andere Produkte mit Buddleja-Extrakt angeboten.
Warum der Sommerflieder den Insekten nicht schadet
Nun argumentieren manche Naturschützer, der Schmetterlingsflieder schade den Insekten. Das ist gelinde gesagt grotesk. Noch bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde der Schmetterlingsflieder von Organisationen wie der Pro Natura ausdrücklich empfohlen für Naturgärten – weil er Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten bis weit in den Herbst hinein wertvollen Nektar bietet, zu einer Zeit also, wo die meisten einheimischen Pflanzen längst nicht mehr blühen. Und dieses zusätzliche Nahrungsangebot soll nun also plötzlich schlecht sein für die Natur? Schauen wir uns die Argumente dieser fleissigen Insektenfreunde einmal genauer an.
Dem Schmetterlingsflieder wird in letzter Zeit vorgeworfen, dass er vor allem von den häufig vorkommenden Insekten besucht wird. Das ist schlicht ein statistischer Nobrainer. Denn logisch tauchen die häufigsten Insekten am häufigsten auf, zum Beispiel eben auch auf dem Schmetterlingsflieder. Ausserdem gehören zu den «häufigsten» Insekten beispielsweise die Bienen und die Schmetterlinge – die wir in anderen Zusammenhängen gerne fördern. Insgesamt ein groteskes Argument also.
Dann hört man immer mal wieder, der Schmetterlingsflieder mache die Insekten betrunken. Diese Behauptung wird immer wieder abgeschrieben und in Internetforen herumgereicht. Es gibt aber keine seriöse Quelle und keine wissenschaftliche Untersuchung, die das auch nur annähernd belegen würden. Wahrscheinlich ist das Argument schlicht frei erfunden, oder die Urheber der Behauptung waren selber besoffen.
Ein weiteres abstruses Argument gegen den Schmetterlingsflieder ist, dass er den Raupen keine Nahrung biete. Ja das stimmt. Lange nicht jede Pflanze bietet den Raupen Nahrung, egal ob "einheimisch" oder Neophyt. Das hat mit der Herkunft gar nichts zu tun. Manche Pflanzen bieten den Raupen Blätter als Nahrung, andere bieten ihnen Blüten mit Nektar. In der Natur ist es völlig normal, dass nicht jede Pflanze jederzeit allen alles bieten kann. Sonst müssten wir in dieser Logik dem Apfelbaum auch vorwerfen, dass uns seine Blätter als Salat nicht schmecken.
Dass sich der Schmetterlingsflieder selber vermehrt, und ohne Zutun des Menschen wächst, das ist wohl sein grösstes "Verbrechen". Aber eigentlich sollten wir ihm seine Stärke und Robustheit nicht vorwerfen, wir sollten im Gegenteil dankbar sein um solche Gewächse, die sich in Zeiten der Klimaerwärmung noch als Segen erweisen werden. Seien wir froh um Pflanzen, die auch unter erschwerten Bedingungen von selber gedeihen, im Garten ebenso wie auf verwüstetem Brachland oder auf renaturierten Gebieten, wo halt logischerweise die Pionierpflanzen zuerst auftauchen.
Damit wären wir bei der Behauptung, dass der Schmetterlingsflieder andere, angeblich seltenere und wertvollere Pflanzen verdrängen würde. Nun, auf Brachen und an den typischen Standorten wie Asphaltritzen oder Schotterhalden wächst entweder gar nichts. In 99 Prozent der Fälle ist der Schmetterlingsflieder an solch lebensfeindlichen Standorten eine Bereicherung.
Andere, zartere Pflanzen folgen unter Umständen einige Jahre später, wenn die zähen und robusten Pionierpflanzen den Boden zurückerobert haben und sich wieder etwas Humus und auch Schatten gebildet hat, so dass seltenere Gewächse nicht gleich verhungern und verbrennen. Ausserdem muss zuerst jemand den Asphalt oder Schotter aufbrechen... und diesen Part übernehmen normalerweise nicht die fragilen Orchideen und andere zarte Pflänzchen.
Kontrollierter Schmetterlingsflieder im Garten
Wer sich im Garten davor fürchtet, der Schmetterlingsflieder könnte überhand nehmen, der hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Erstens, und das ist der einfachste Gärtnertrick im Umgang mit jeder sich stark versamenden Pflanze, erstens also wird der Schmetterlingsflieder gleich nach der Blüte gründlich zurückgeschnitten. Dann bilden sich keine Samen, und das Problem ist gelöst. Der Rückschnitt kann auch kompostiert werden, solange sich noch keine Samen gebildet haben. Und zweitens besteht die Möglichkeit, vom Schmetterlingsflieder kompaktere und sterile Züchtungen zu pflanzen. Zum Beispiel die Sorten der Chip-Serie sind sehr zu empfehlen. Diese Miniatur-Buddlejas werden nur einen Meter hoch, und ihre Blüten sind absolut steril. Sie bilden also keine Samen, und es besteht deshalb auch keinerlei Gefahr, dass sie verwildern würden. Dennoch bieten diese Hybriden mit dem sterilen Pollen den Schmetterlingen den beliebten Nektar. Und das Gärtnerherz erfreuen sie mit kompaktem Wuchs und reicher Blüte.
Nur weil die Wildform Buddleja davidii sich gerne und grosszügig versamt, sollen nun aber alle, auch die gezähmten und unproblematischen Gartensorten gleich mit verboten werden. Schade, denn das bedeutet eine Verarmung der Vielfalt in unseren Gärten. Und für die Insekten bedeutet dies, dass sie im Sommer und Herbst eine beliebte und ergiebige Energiequelle weniger zur Verfügung haben werden.
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