Die Reisetomate ist die verrückteste Tomate der Welt. Da ist nichts von der sonst so schönen runden bis ovalen, manchmal auch birnenförmigen oder pflaumenförmigen Rundung zu sehen. Eine Frucht der Reisetomate besteht aus einzelnen Segmenten, die nur lose über kleine Verbindungsstellen zusammenhängen und auch leicht auseinandergebrochen werden können. Ist das überhaupt noch eine Tomate, so könnte man sich fragen? Oder noch dringender: Wie bitte kommt diese verrückte Tomatenform zustande? Und schließlich: Ist die Reisetomate nur eine kleine Kapriole der Natur – oder lohnt es sich vielleicht, mit dieser Eigenschaft weiter zu züchten? Wenn du die Reisetomate kaufen möchtest, findest du sie im Lubera-Shop.
Inhaltsverzeichnis
- Entstehung der Form
- Anbau & Eigenschaften
- Anbauempfehlung
- Verwendung
- Zukunft
- Was die Reisetomate so verrückt und besonders macht
- Warum und wie entstehen die Segmente der Reisetomate?
- Kurzbeschreibung der Reisetomate
- Wie resistent ist die Reisetomate?
- Verwendung der Reisetomate im Garten
- Verwendung der Reisetomate auf dem Küchen- und Esstisch
- Reisetomate – wie geht die Reise weiter?
Zusammenfassung
Die Reisetomate ist eine ungewöhnliche Tomatensorte aus Guatemala, die sich durch ihre besondere Fruchtform auszeichnet: Eine Tomate besteht aus mehreren lose verbundenen Segmenten (3–8), die sich leicht voneinander trennen lassen. Jedes Segment ist festfleischig, saftet nicht und bleibt auch nach dem Abbrechen lange haltbar – ideal zum Teilen unterwegs, etwa bei Wanderungen.
Praxis-Tipps:
Geschützter Standort: Auch wenn die Reisetomate mitteltolerant gegen Kraut- und Braunfäule ist, profitiert sie von einem geschützten Standort wie unter einem Vordach oder an einer Hauswand
Stab- oder Strauchtomate: Du kannst die Reisetomate sowohl als klassische Stabtomate mit ausgegeiztem Haupttrieb als auch als Strauchtomate ziehen. Lässt du 3–4 Seitentriebe stehen, erhältst du einen buschigen Wuchs – perfekt in Kombination mit einem Maschendrahtgitter oder stabilen Pflanzkäfig, der das Gewicht der schweren Früchte trägt.
Segmentierte Früchte: Die Früchte lassen sich besonders gut teilen und sind ideal für Wanderungen und Picknicks.
Entstehung der Form
Im Unterschied zu normalen Tomatenblüten besitzt die Blüte mehrere Stempel (meist 3–8). Aus jedem bestäubten Stempel entwickelt sich ein eigenes Kompartiment, die zusammen dann die charakteristische „Monsterfrucht“ bilden.
Anbau & Eigenschaften
- Typ: Stabtomate, indeterminiert; auch als Strauchtomate möglich
- Fruchtgewicht: 100–130 g (Segmente 20–40 g)
- Geschmack: würzig-aromatisch, festfleischig, wenig Saft
- Reife: früh (ab August)
- Resistenz: mittlere Toleranz gegen Kraut- und Braunfäule
Anbauempfehlung
Freilandanbau ist möglich, besser aber an geschütztem Standort (z. B. unter Vordach oder auf Balkon/Terrasse). In England verbreitet ist ein Strauchtomatenanbau mit Maschendrahtgitter als Stütze.
Verwendung
Die Reisetomate eignet sich ideal zum gemeinsamen Verzehr ohne Messer und ohne Sauerei. Neben ihrem praktischen Nutzen fasziniert sie vor allem durch ihre außergewöhnliche Form.
Zukunft
Bei Lubera wird die Reisetomate als samenfeste Sorte angeboten. Ziel der Züchtung ist es, ihre besondere Segmentierung zu erhalten, die Farb- und Geschmacksvielfalt zu erweitern und die Krankheitsresistenz zu steigern.
Was die Reisetomate so verrückt und besonders macht
So ein bisschen wirkt die Reisetomate wie ein Tomatenmonster – der hässliche „Tomatenglöckner“ von Notre-Dame. Anstatt einer schönen, mehr oder weniger gleichmäßigen Kugel (mit leicht variierten Formvarianten) präsentiert sich uns die Reisetomate als kleines Monster, bestehend aus unförmigen Teilsegmenten, die in ihrer Gesamtheit und Kombination bei jeder Frucht wieder ein bisschen anders aussehen. Die Reisetomate (auch Voyage- oder Traveltomate genannt) ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt: Tomaten sind rund und innerhalb einer Sorte einigermaßen einheitlich – diese Erwartungshaltung wird bei der Reisetomate überhaupt nicht erfüllt. Sie ist immer wieder anders!
Bild 1: Die Reisetomate besteht aus zahlreichen unregelmäßigen Segmenten.
Die Geschichte der Reisetomate
Hm, so genau weiß man das nicht. Also plappere ich halt nach, was überall zu lesen ist: Die Reisetomate soll aus Guatemala stammen – wird heute aber vor allem im deutschsprachigen Garten angepflanzt. Man kann sich allerdings leicht vorstellen, warum Jäger und Sammler in den südamerikanischen Ursprungsgebieten der Tomate diese verrückte Fruchtform auswählten und vermehrten: Sie ist ganz anders, hat aber durch das Anderssein einen klaren Vorteil – einen ganz speziellen Verwendungszweck.
Die einzelnen Segmente der Tomate, die fast wie selbständige und nur leicht verwachsene Einzelfrüchte aussehen, können leicht auseinandergebrochen werden, da sie meist nur an einer kleinen Stelle (1 cm² oder weniger) zusammengewachsen sind. Dazu kommt, dass die einzelnen Segmente von festem Fruchtfleisch umgeben sind, so dass an der Bruchstelle kein Saft austritt. Man kann auch eine angeknabberte oder angebrochene Reisetomate wieder in den Kühlschrank legen – sie wird auch nach einigen Tagen noch gut sein, obwohl sie ja verletzt ist.
Bild: Aufgebrochene Reisetomate.
Bild: Die kleine Bruchstelle eines Tomatenkompartiments – so hält die ganze Frucht zusammen.
Selbstverständlich gehen auch die Namen der Reisetomate (russische Reisetomate, Voyage, Travel, Purse) auf ebendiesen Verwendungszweck des Abbrechens und Teilens zurück, der seinen Vorteil vor allem auf einer Reise ausspielen soll. Nun bin ich allerdings nicht sicher, ob die Reisetomate für eine moderne Geschäftsreise wirklich geeignet wäre: Im Flugzeug würde man vielleicht beim nächsten Zoll verhaftet, oder die Tomate schafft es gar nicht erst in den Flieger. Am ehesten kann man sich das gemütliche Tomatenteilen auf einer Familienwanderung vorstellen.
Ich erinnere mich noch an die Highlights der Familienwanderungen mit meiner Schwester und mit meinen Eltern, bei denen es endlich zu essen gab: Vorsichtig wurde dann die Tomate in Scheiben zerschnitten – was nicht immer ohne Saft und Sauerei ausging. Hätte mein Vater damals nur die Reisetomate gekannt, so wäre die Vorbereitung des mit Hackbraten (aus der Büchse) belegten Brotes mit einer Tomatenscheibe obendrauf (mmhh) etwas einfacher ausgefallen. Aber ob ich danach lieber gelaufen wäre?
Warum und wie entstehen die Segmente der Reisetomate?
Damit kommen wir zu des Pudels Kern: Wie bitte kommt es zu dieser verrückten Form? Im Netz ist an prominenter Stelle zu lesen, dass einzelne Früchte (aus Einzelblüten) lose zusammengewachsen seien. Immer wenn man zu botanischen Themen fast nichts liest oder nur wenige seltsame Theorien hört, lohnt es sich, genauer hinzusehen. So auch im Falle der Reisetomate:
Natürlich ist die Reisetomate nicht eine Frucht, die aus verschiedenen Blüten entsteht, deren Früchte dann irgendwie zusammenwachsen. Sie entsteht aus genau einer Blüte. Diese hat aber – im Gegensatz zu den normalen Tomatenblüten – nicht einen Stempel (ein weibliches Organ), sondern davon meist mehrere, 1–x. Ganz selten sieht man auch Blüten mit nur einem Stempel, meist sind es 3–6 Stempel. Und aus jedem dieser bestäubten Stempel und Griffel entsteht dann – langsam, aber sicher, und schon im frühen Stadium sichtbar – die verrückte Monsterfrucht.
Bild: Blüte mit mehreren Stempeln – typisch für die Reisetomate
Bild: Normale Tomatenblüten haben nur einen Stempel.
Kurzbeschreibung der Reisetomate
- Tomatentyp: Stabtomate, indeterminiert; könnte aber auch mithilfe eines Gerüsts als Strauchtomate mit 3–4 Trieben gezogen werden
- Vermehrung: Samenfeste Sorte, das heißt, die Samen können wieder sortenecht ausgesät werden
- Höhe: Wird ca. 2 m hoch, als Strauchtomate ca. 100 cm, als Stabtomate manchmal auch etwas über 2 m
- Frucht: Besteht aus 3–8 fast selbständigen Kompartimenten, die meist an der Basis (beim Fruchtstiel) zusammengewachsen sind. In Tat und Wahrheit sind sie aber nicht wirklich verwachsen, sondern aus einer Blüte entstanden – nur dass sich die Kompartimente nach der Befruchtung weitgehend selbständig entwickeln. Die einzelnen Fruchtteile können leicht auseinandergebrochen werden, der abzureißende Kontaktpunkt ist meist relativ klein (1 cm²) und sehr fleischig, es blutet und saftet also nicht.
- Fruchtgewicht: 100–130 g, die einzelnen abtrennbaren Segmente 20–40 g
- Geschmack/Qualität: würzig-aromatisch, aber nicht süß, eher säuerlich würzig; viel bissfestes Fleisch, wenig Samen und Saft
- Ernte: früh; im Freiland ab August, für die Komplexität der Tomate wirklich sehr schnell reif
- Resistenz: mitteltolerant gegen Phytophthora (Kraut- und Braunfäule), leicht zu wenig resistent, um als klassische Freilandtomate zu gelten
Wie resistent ist die Reisetomate?
Wir haben die Reisetomate in unseren Züchtungsfeldern getestet, zusammen mit unseren Open-Sky-Tomaten und neuem Zuchtmaterial. Sie hat sich als ziemlich widerstandsfähig herausgestellt. Wir haben 2025 einen extrem verregneten Juli mit Temperaturen meist weit unter 20 °C an unserem Züchtungsstandort in Buchs in der Schweiz. Auf Phytophthora anfällige Sorten sind da schon längst eingegangen.
Die Reisetomate dagegen scheint eine mittlere Widerstandsfähigkeit zu besitzen, aber wahrscheinlich leicht unter dem Niveau, das wir bei den Open-Sky-Tomaten anstreben. Wir werden also schon in diesem Jahr Kreuzungen mit unseren großfrüchtigen neuen Open-Sky-Sorten anstreben, um die Vorlage für die „Reise in die Zukunft“ fit zu machen. Dennoch kann man einen Freilandanbau der Reisetomate versuchen. Auf Balkon und Terrasse mit etwas besserem Schutz als im Freiland ist der Anbau ebenfalls möglich.
Bild: Feldanbau Reisetomate in der Lubera Test-Anlage
Bild: Vergleich mit einer anfälligen Sorte
Bild: Vergleich mit einer neueren Freilandselektion aus der Lubera Resistenzzüchtung
Verwendung der Reisetomate im Garten
Der Anbau der Reisetomate kann im Freiland stattfinden, aber ein geschützter Standort unter einem Vordach ist von Vorteil. Hier kann sie problemlos bis zum Herbst stehen und kontinuierlich die wundervoll speziellen Früchte zur Reife bringen.
Ihr könnt auch versuchen, sie als eine Art Strauchtomate zu ziehen: Dazu werden die untersten Seitentriebe eben nicht ausgegeizt, sondern stehen gelassen, sodass sich eine Strauchform ergibt. Aufgrund der relativ schweren Früchte müssen die Triebe allerdings später gestützt werden.
In England wird auch häufig ein Strauchtomatenanbau realisiert, bei dem um die Jungpflanze herum ein Maschendrahtgitterkreis (Durchmesser ca. 50+ cm) aufgestellt wird. Während des Pflanzenwachstums dringen dann die Seitentriebe durch das Maschendrahtgitter nach außen und werden so „automatisch“ stabilisiert.
Verwendung der Reisetomate auf dem Küchen- und Esstisch
Wie es auch immer zur Bezeichnung Reisetomate kam – ich wundere mich, dass man gerade auf diesen Verwendungszweck kam: Natürlich kann die Reisetomate auf Reisen viel problemloser und ohne Flecken auf Hemden und Hosen genossen werden. Aber für mich steht das Teilen im Vordergrund.
Es ist die „Teil-Tomate“, die einfach auf dem Esstisch auseinandergebrochen werden kann (ohne Messer und ohne Gesabber), und jeder greift sich seinen fairen Tomatenanteil (oer gerne auch ein bisschen mehr)
Reisetomate – wie geht die Reise weiter?
Wir sind bei Lubera von der Reisetomate als Konzept, aber auch schon von den bestehenden Selektionen begeistert. Wir bieten die Reisetomate daher als Samen („Reisetomate Voyage Samenpackung") und auch von April bis Juni als Jungpflanzen im grossen 1.3l Topf – als Reisetomate Voyage Tomatenpflanze – an.
Aber als Züchter sehen wir auch die außerordentliche Möglichkeit, diese ganz spezielle Eigenschaft der Reisetomate – dass sie nämlich pro Blüte nicht einen Stempel, sondern mehrere davon produziert (die dann einzeln befruchtet werden und zu je einem Kompartiment der „Wundertomate“ führen) – weiter auszubauen: neue zusätzliche Teilungsformen zu entwickeln und mit neuen Fruchtfarben und Geschmacksvarianten zu kombinieren. Vor allem aber geht es darum, die klassische Reisetomate resistenter gegen die Kraut- und Braunfäule zu machen, sodass sie als echte Freilandtomate ohne jeglichen Witterungsschutz angebaut werden kann