Winterharte Passionsfrüchte bereichern den Garten mit ihren wunderschönen Blüten und köstlichen exotischen Früchten. Doch für eine erfolgreiche Ernte braucht es mehr als nur Pflege: Die Blüten müssen bestäubt und befruchtet werden. In diesem Artikel erfährst du alles, was du wissen musst, wenn du winterharte Passionsfrüchte bestäuben möchtest – von der Blütenbiologie, über geeignete Bestäubungsinsekten, Selbstunfruchtbarkeit bis zur Handbestäubung. Wenn du winterharte Passionsfrüchte kaufen möchtest, findest du im Lubera-Shop unsere Cooltropics® winterharten Passionsfrüchte.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Winterharte Passionsfrüchte müssen bestäubt werden, damit sie Früchte tragen. Sie sind nicht selbstfruchtbar und brauchen Pollen einer genetisch unterschiedlichen Pflanze. In der Natur bestäuben grosse Insekten wie Holzbienen die Blüten von Passiflora incarnata. Honigbienen und kleinere Insekten tragen kaum zum Pollentransfer bei. Bei Regen, Gewächshaushaltung oder geringer Insektenzahl ist Handbestäubung eine sinnvolle Alternative. Dabei wird frischer Pollen von einer funktionell männlichen, geöffneten Blüte entnommen und mit einem Pinsel auf die klebrigen Narben einer anderen, funktionell weiblichen Blüte übertragen. Ideal ist ein früher Nachmittag für das winterharte Passionsfrüchte bestäuben, wenn die Zielblüte empfänglich ist. Zwei bis drei Tage später lässt sich am Fruchtknoten erkennen, ob die Bestäubung geglückt ist. Achte darauf, nur vitalen Pollen zu verwenden, und wähle geeignete Blütenpaare. Mit etwas Übung und Geduld kann man auch im eigenen Garten erfolgreich winterharte Passionsfrüchte bestäuben – und sich auf aromatische Früchte im Spätsommer freuen.
Praxis-Tipps
Beobachte die Blüten: Wenn Blüten verwelken und abfallen und sich kein Fruchtansatz bildet, solltest du eine gezielte Handbestäubung durchführen.
Zwei Pflanzen nötig: Winterharte Passionsfrüchte sind nicht selbstfruchtbar – du brauchst also mindestens zwei genetisch unterschiedliche Pflanzen.
Richtige Blüten kombinieren: Verwende eine Blüte mit frischem Pollen (männliche Phase) und bestäube damit eine geöffnete Blüte mit abgesenkten, klebrigen Narben (weibliche Phase).
Der Aufbau der Blüte der winterharten Passionsfrüchte
Um zu verstehen, wie man winterharte Passionsfrüchte bestäuben kann, lohnt sich ein Blick auf die einzigartige Blütenstruktur von Passionsblumen. Die Blüte von Passiflora incarnata ist ein kleines Kunstwerk der Natur:
Bild: Der Aufbau einer Passiflora-Blüte
- 5 Staubblätter (männlich) mit gelbem bis weissem Pollen
- 3 Griffel mit Narben (weiblich), die den Pollen aufnehmen
- Fruchtknoten darunter, aus dem sich bei erfolgreicher Befruchtung die Frucht entwickelt
- Nektardrüsen in der Blütenbasis, um Bestäuber anzulocken
- Strahlenkranz (Corona) aus fadenförmigen Anhängseln, der duftet und Insekten anlockt
- je 5 Kron- und Kelchblätter
Obwohl die Blüten formal zwittrig sind, also männliche und weibliche Blütenorgane tragen, verhalten sie sich funktionell unterschiedlich:
- Nur männlich funktionelle Blüten: Griffel bleiben aufgerichtet – keine Befruchtung möglich, auch nicht durch Handbestäubung.
- Nur weiblich funktionelle Blüten: Griffel sind bereits nach unten gebogen – kaum Pollenproduktion.
- Vor-männliche Blüten: zuerst funktionell männlich (Griffel aufgerichtet), dann weiblich (Griffel senken sich mit der Zeit).
Bild: Funktionell männliche Blüten sind an den aufgerichteten Griffeln zu erkennen.
Bild: Bei funktionell weiblichen Blüten sind die Griffel nach unten gebogen.
Bild: Bei zwittrigen vor-männliche Blüten sind die Griffel anfangs aufgerichtet, später neigen sich diese nach unten.
Durch diese Differenzierung wird Selbstbestäubung erschwert. Die vormännlichen Blüten öffnen sich zunächst im männlichen Stadium. Das lässt sich daran erkennen, dass die Staubbeutel prall mit gelbem Pollen gefüllt sind und der Pollen leicht abstreifbar ist, während die drei Narben zu Beginn noch nach oben gerichtet sind. Sie sind nicht oder kaum klebrig und daher nicht bereit zur Befruchtung. In diesem frühen Stadium gibt die Blüte reichlich Pollen ab – ein Bestäuber berührt beim Nektarsammeln zuerst die Staubbeutel und belädt sich mit Pollen. Nach einiger Zeit – im Verlauf desselben Tages – wechselt die Blüte ins weibliche Stadium: Die Staubbeutel haben dann meist schon einen Grossteil des Pollens abgegeben (oder sind sogar leicht verwelkt) und klappen etwas nach unten weg. Gleichzeitig neigen sich die drei Narben nach unten. In diesem Zustand sind die Narben klebrig und empfänglich für Pollen. Die Narben nehmen jetzt die Position der vorherigen Staubbeutel ein. In dieser Phase hat die Blüte selbst kaum noch frischen Pollen übrig (die Staubbeutel können sogar leer oder bräunlich sein). Solch eine Blüte ist bestäubungsfähig – sie kann als „Mutterblüte“ Pollen aufnehmen. Ein Bestäuber, der zuvor Pollen an seinem Körper gesammelt hat, streift diesen nun leicht an den tieferstehenden Narben ab – die Blüte wird bestäubt. Dieser raffinierte räumliche und zeitliche „Trick“ sorgt dafür, dass eine Passionsblumenblüte fremden Pollen erhält, statt sich selbst zu bestäuben. Selbst wenn ein Insekt mehrfach dieselbe Blüte besucht, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es inzwischen Pollen von einer anderen Blüte übertragen hat.
Sind winterharte Passionsfrüchte selbstfruchtbar?
In der Natur ist Selbstfruchtbarkeit ein Nachteil. Um über lange Zeiträume zu überleben, müssen sich Pflanzen anpassen können. Dafür wird eine möglichst grosse Diversität benötigt, unterschiedliche Individuen mit diversen Eigenschaften, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass bei geänderten Lebensbedingungen zumindest ein Teil überleben kann. Im Laufe der Evolution haben sich verschiedene Mechanismen entwickelt, die die Selbstbefruchtung verhindern. Wenn Pollen auf die Narbe derselben oder einer genetisch identischen Pflanze gelangt, wächst der Pollenschlauch nicht erfolgreich zur Samenanlage und die Befruchtung bleibt aus. Winterharte Passionsfrüchte sind nicht selbstfruchtbar. Um Früchte ernten zu können, muss Passiflora incarnata von einer anderen Sorte oder der blauen Passionsblume (Passiflora caerulea) befruchtet werden.
Wir arbeiten in der Züchtung an selbstfruchtbaren Sorten, damit man in kleinen Gärten oder auf dem Balkon oder der Terrasse mit nur einer Pflanze köstliche Passionsfrüchte ernten kann. Wir hoffen, dass eine glückliche Mutation selbstfruchtbare Genotypen hervorgebracht hat. Um diese zu finden, packen wir auf unseren Züchtungsfeldern Blütenknospen in Netzbeutel ein, um zu verhindern, dass Insekten Pollen einer anderen Sorte auf die Blüte bringen. Wenn sich Früchte bilden, haben wir es mit Selbstfruchtbarkeit zu tun.
Bild: Blütenknospen werden eingepackt, um die Selbstfruchtbarkeit zu testen.
Wer bestäubt Passiflora incarnata in unseren Breiten?
Die Blüten der winterharten Passionsfrüchte duften angenehm und sind reich an Nektar, sie sind sehr attraktiv für Insekten. Wenn man durch unsere Züchtungsfelder geht, findet man kaum eine Blüte ohne Insekten. Doch nicht jeder Besucher ist geeignet für das winterharte Passionsfrüchte bestäuben.
Gute Bestäuber:
- Holzbienen (Xylocopa violacea, X. varga)
- Hummeln (Bombus pascuorum, B. terrestris)
Weniger geeignete Insekten:
- Honigbienen (Apis mellifera): meist zu klein
- Ameisen, Fliegen, Schmetterlinge: Nektardiebe ohne Bestäubungswirkung
Bild: Die kräftigen Holzbienen berühren auf ihrer Nektarsuche die Staubbeutel und Narben.
In ihrer nordamerikanischen Heimat wird Passiflora incarnata hauptsächlich von grossen Insekten wie der Blauen Holzbiene (Xylocopa violacea) und der Schwarzen Holzbiene (Xylocopa varga) bestäubt. Diese kräftigen Insekten passen genau zur Blüte: Sie drücken sich an den Staubbeuteln vorbei zur Nektarquelle und berühren dabei Staubbeutel und Narben. Sie sind die besten Bestäuber für winterharte Passionsfrüchte. Auch Honigbienen besuchen Passionsblumen, sind aber zu klein, um Pollen zu übertragen.
Bild: Eine Honigbiene auf der Blüte einer Passiflora incarnata.
Beobachte die Blüten und Fruchtansätze deiner winterharten Passionsfrüchte. Wenn sich keine Fruchtansätze bilden und die Blüten verwelken und abfallen, werden die Blüten wahrscheinlich von zu wenigen bestäubenden Insekten besucht.
Wie kann ich mit der Hand winterharte Passionsfrüchte bestäuben?
Wenn sich aus den Blüten der Passiflora keine Früchte bilden, ist eine Handbestäubung der Passionsblumen sinnvoll. Häufig fehlen geeignete Bestäuber, wenn die Pflanzen im Gewächshaus oder Wintergarten stehen. Mit ein wenig Übung kann man hier leicht selbst nachhelfen und winterharte Passionsfrüchte bestäuben.
Die gute Nachricht: Die Handbestäubung ist einfach, denn Passionsblumen haben grosse, gut zugängliche Blüten. Dazu nimmt man einige Staubbeutel (mit Pollen) von einer geöffneten Blüte und reibt sie vorsichtig über die Narbe einer anderen Blüte. Oder man nimmt mit einem Pinsel Pollen von einem Staubbeutel und reibt diesen dann über die Narbe. Wichtig ist, dass der gelblich-weisse Pollen deutlich sichtbar auf der Narbe haften bleibt.
Der optimale Zeitpunkt für die Bestäubung liegt am frühen Nachmittag, da die Blüten dann vollständig geöffnet sind. Innerhalb von zwei bis drei Tagen zeigt sich, ob die Bestäubung erfolgreich war: Der Fruchtknoten beginnt anzuschwellen. Bleibt dieser Effekt aus und der Fruchtknoten vergilbt, fällt die Blüte bald mitsamt dem Fruchtansatz ab – in diesem Fall war die Bestäubung nicht erfolgreich.
Bild: Bei erfolgreicher Befruchtung schwillt der Fruchtknoten an.
Bild: Nicht befruchtete Blüten werden braun und fallen ab.
- Wähle den Vater aus: die (männliche) Blüte, die den Pollen spendet, sollte noch aufgerichtete Griffel haben. Nimm Pollen mit einem Pinsel oder entferne Staubbeutel.
- Suche eine geeinete Mutter: eine (weibliche) Blüte einer anderen Sorte wird die Mutterblüte. Diese sollte nach unten geneigte Griffel haben. Reibe den Pinsel mit dem Pollen oder die Staubbeutel über die Narbe. Achte darauf, dass der gelblich-weisse Pollen sichtbar auf der Narbe klebt.
- Richtiges Wetter: am besten ist warmes, trockenes, nicht zu heisses Wetter. Feuchter Pollen klumpt und haftet schlecht, Regen spült alles weg. Bei zu hohen Temperaturen stirbt der Pollen ab.
- Beobachte die nächsten 2–3 Tage: Schwillt der Fruchtknoten an, war die Bestäubung erfolgreich.
Bild: Nimm mit einem Pinsel Pollen von den Staubbeuteln.
Bild: Streiche mit dem Pinsel Pollen auf die Narbe.
Dieser Zustand hält nicht lange – Passionsblumen blühen in der Regel nur etwa einen Tag lang voll geöffnet. Das Zeitfenster für Bestäubung ist daher relativ eng: Ab der Öffnung der Blüte bis zum Verwelken am Abend (einige Arten schliessen am späten Nachmittag/Abend wieder). Die Blüte sollte daher an dem Tag bestäubt werden, an dem sie aufgegangen ist. Falls eine Blüte morgens aufgeht, kann sie ab Mittag bis zum Abend bestäubt werden. Am nächsten Tag ist sie in der Regel schon abgefallen, falls keine Befruchtung stattfand. Jede Blüte blüht nur einmal – täglich kommen aber in der Saison neue Blüten nach.