Ist die Passionsblume winterhart? Und wie winterhart sind unsere Passionsblumen wie Cooltropics® 'Snowstar'® und 'Eia Popeia' im Vergleich? Was könnte ihre Winterhärte begrenzen? Warum treiben sie im März und April nicht aus? Die Winterhärte der Passiflora incarnata Sorten haben wir selber bei Lubera über Jahre getestet, aber wir wissen auch, was zum Misserfolg der Passionsfruchtkultur in unserem Klima führen kann. Im folgenden Artikel beantwortet unser Passionsfrucht-Züchter Raphael Maier die Frage eines Gärtners, der bisher mit Passiflora incarnata nicht erfolgreich war.
Inhaltsverzeichnis
- Die Frage des Gärtners: ist die Passionsblume (Passiflora incarnata) winterhart?
- Die Antwort des Passionsblumenzüchters zum Thema winterharte Passionsblume
- Winterhärte von Passiflora incarnata von –20 °C
- Wie kommen wir auf eine Winterhärte von Passiflora Incarnata von –20 °C?
- Warum aber das Gerücht, dass Passiflora nicht winterhart ist?
- Massnahmen um die Winterhärte noch zu verbessern
- Die Winterhärte fängt mit dem Auspflanzen an
- Cool Tropics im Topf überwintern
- Wie arbeiten wir in der Züchtung an einer verbesserten Winterhärte?
- Fazit: Ist Passiflora incarnata nun winterhart oder nicht?
Die Frage des Gärtners: ist die Passionsblume (Passiflora incarnata) winterhart?
»In zahlreichen Internetbeiträgen, auch bei Lubera, wird P. incarnata als winterhart bis minus 20 Grad bezeichnet. Ich habe schon viele incarnatas aus Samen gezogen oder Pflanzen im Handel gekauft (über 20 Stück). Jede ist immer schon bei nur knapp unter Null Grad sofort bis in die Wurzeln hinunter komplett abgestorben und auch nie wieder ausgetrieben (Wurzeln im Erdreich, keine Kübelpflanzen).
Mich interessiert, auf welcher Grundlage/Erfahrung Sie P. incarnata für winterhart anbieten. Wie sicher kann ich mir beim Erwerb einer 'Eia popeia' über deren Frostresistenz sein? Ich wohne am Mittelrhein im Tal. Feigen, Erdbeerbäume, Albizien, Gladiolen, Ismene, Dahlien, alle diese Pflanzen überwintern bei mir im Garten problemlos ohne jeden Schutz. Selbst P. caerulea überdauert ca. 9 Grad minus grün ohne abzufrieren«.
Bild: Die blaue Passionsblume Passiflora caerulea ist bedingt winterhart.
Die Antwort des Passionsblumenzüchters zum Thema »Passionsblume winterhart«
Vielen Dank für ihr E-Mail zum Thema Passiflora incarnata. Ich bin Raphael Maier und bei Lubera für die Züchtung der winterharten Passionsfrüchte zuständig, ich habe selbst ein Buch zum Thema geschrieben und baue persönlich zahlreiche Passiflora Arten seit ca. 13 Jahren an.
Eines vorweg: Leider gibt es sehr viel Fehlinformationen online, was das Thema Passionsblumen angeht. Auch viele Gärtner kennen sich deshalb nur ungenügend mit dem Thema aus. Das habe ich selbst erfahren müssen und erst viele Jahre des Forschens, Ausprobierens und Austauschens hat Licht ins Dunkel gebracht.
Bild: Eine Auswahl der zahlreichen unterschiedlichen Pflanzen von Passiflora incarnata, welche bei Lubera im Freiland angebaut werden.
Winterhärte von Passiflora incarnata von –20 °C
Wie kommen wir auf eine Winterhärte von Passiflora Incarnata von –20 °C?
Darauf gibt es zwei Antworten:
Die erste ist ihr Herkunftsgebiet in den USA. P. incarnata kommt dort im Norden bis in Missouri und Pennsylvania vor, also in Gegenden, wo es jeden Winter –20 °C (oder kälter) wird. Letzten Sommer habe ich dort in den USA persönlich wilde P. incarnata Pflanzen gesammelt.
Die zweite Antwort ist Erfahrung. Wie gesagt baue ich selbst schon seit Jahren Passiflora incarnata an, auch haben wir ein großes Feld mit 700 Pflanzen im Schweizer Rheintal, welches dort die Winter (jedes Jahr bis –16 °C, grosse Temperaturschwankungen im Winter wegen Föhneinfluss) super übersteht. Darüber hinaus bin ich über die Passiflora Society international mit Fachleuten weltweit im Austausch, welche das auch bestätigen.
Bild: Etwa 700 verschiedene Passiflora incarnata Pflanzen treiben jeweils im Frühsommer in der Schweiz aus.
Warum aber das Gerücht, dass Passiflora nicht winterhart ist?
Ja warum berichten so vielen Personen etwas anderes? Irgendwoher muss das ja kommen. Was sind die Grenzen der winterharten Passionsblumen, was für »Gefahren« können ihr Überleben bedrohen?
- Passiflora ist eine Staude, und gerade darauf beruht ihre Winterhärte. Selbstverständlich sterben die oberirdischen Organe bei Minusgraden sofort ab. Die Staude überwintert, aber mit ihren dickeren fleischigen Wurzelorganen und treibt dann erst sehr spät im Mai aus (sie unten 3.), wo keine Frühlingsfröste mehr zu erwarten sind. Genau auf diesem Effekt beruht die Winterhärte. Übrigens braucht es nur ein ungefähr 5 cm langes und bleistiftdickes Wurzelstück, um die Pflanze erfolgreich zu vermehren.
Bild: Die fleischigen mehrjährigen Wurzeln von Passiflora incarnata mit dem grünen Neuaustrieb Ende Mai.
2. Der ungeduldige Gärtner ist eben nicht immer ein Quell der Freude für die winterharten Passsionsblumen: Wir bei Lubera haben Dutzenden von Fällen gesehen, wo ungeduldige Passiflora Liebhaber den Austrieb ihrer frisch erworbenen Schätze nicht mehr erwarten konnten und die Wurzeln auszugraben begannen – damit aber auch die feinen Austriebe oder die Anlagen dazu zerstörten. Hier ist Geduld gefragt. Passiflora incarnata treibt erst spät aus!
3. Passiflora incarnata ist eine kontinentale Pflanze. Sie kommt ursprünglich aus dem Südosten der USA. Dort kann es durchaus im Winter -20 °C kalt werden, jedoch gibt es hier auch immer einen langen sehr heissen Sommer. Bereits im Mai wird es oft fast täglich 30 °C warm. Das heißt, dass die Pflanze kein Problem mit kalten Wintern hat, aber sie braucht warme Sommer um gut zu wachsen, blühen und fruchten.
4. Passiflora incarnata treibt sehr spät aus. Die meisten Stauden treiben bereits im März aus. Hier passiert bei Passiflora incarnata noch gar nichts. Sie braucht Temperaturen von über 25 °C für den Austrieb. Und es ist gerade dieser späte Austrieb, der ihre Winterhärte ausmacht. Das kann aber auch dazu führen, dass sie in kühlen Klimaten wie Norddeutschland oder Skandinavien erst im Juni oder Juli austreibt. (Oder in einem kühlen Sommer sogar ein ganzes Jahr aussetzt).
Bild: So sieht eine winterharte Cooltropics Pflanze im März aus. Das Laub ist tot und die Wurzel noch im Winterschlaf.
5. Schnecken lieben Passiflora incarnata. Hast du schon mal Dahlien angebaut? Die können in einer Nacht von Nacktschnecken bis in den Grund gefressen werden. Passiflora incarnata ist als Schneckenfutter sogar noch beliebter als Dahlien. Gerade in einem kühl-feuchten Schneckenjahr wird man nie einen Austrieb von Passiflora incarnata sehen, wenn man die Pflanze nicht vor Schnecken schützen. Selbst auf den Züchtungsfeld hier in der Schweiz haben Schnecken Pflanzen, die bereits 50 cm gross waren, in einer Nacht auf 20 cm heruntergefressen.
Bild: Schneckenfrass am Neuaustrieb von Passiflora incarnata, alle Blätter wurden gefressen.
6. Bodenbürtige Krankheiten und Schädlinge: Auch kann es an manchen Standorten vorkommen, dass die Pflanzen an bodenbürtigen Krankheiten sterben. Leider gibt es Pilzkrankheiten wie Fusarium, welche zum kompletten Absterben der Pflanze führen können. Die Pflanze sieht aus als ob sie vertrocknet und stirbt innerhalb weniger Wochen ab. Wenn die Infektion im Winter-Halbjahr geschieht, dann treibt die Pflanze einfach nicht mehr aus den Wurzeln aus. Auch tierische Schädlinge, besonders Fadenwürmer (Nematoden) können ähnliche Probleme verursachen.
Massnahmen um die Winterhärte noch zu verbessern
Was kann ich konkret machen um die Winterhärte von Passiflora incarnata (und ihren Hybriden) zu verbessern? Wir haben ja gesehen, dass das Hauptproblem nicht die Winterhärte an sich ist. Die Wurzeln von Passiflora incarnata überleben auch im tiefgefrorenen Boden ohne Probleme. Das Hauptproblem ist der späte Austrieb, wegen fehlender Wärme und der darauffolgende Schneckenfrass. Und hier kann man einiges machen.
1. Ein sonniger und warmer Standort:
Ausgepflanzt neben einer Südwand, an einem sonnigen offenen Hang ohne Schatten, hilft den Boden frühzeitig zu erwärmen und fördert so einen frühen Austrieb. Ziel ist es, soviel Sonne und Wärme wie möglich zu fangen, dadurch wächst die wärmeliebende Rankpflanze auch schneller und besser. Eine Wand speichert und reflektiert zusätzliche Wärme.
Bild: Ein sonniger Standort belohnt einen mit reicher Ernte an leckeren Maracuja-Früchten.
2. Schnecken bekämpfen:
Ob man es will oder nicht, es bleibt meist keine andere Wahl. Oft sieht man die heimlichen Mörder nicht, da sie sich meist nur nachts an ihr zerstörerisches Werk machen, jedoch sind sie der Hauptgrund für ein rätselhaftes Verschwinden von Passiflora incarnata. Egal ob man Laufenten, Schneckenzäune oder Schneckenkorn benutzt, die Schnecken müssen fern bleiben. Als vorbeugende Massnahme hilft es, den Boden rund um die Pflanzstelle frei zu halten und im Herbst zu hacken. Somit können sich die Schleimer nicht verstecken und keine Eier legen. Übrigens ist Mulch eher kontraproduktiv, da sich besonders Nacktschnecken hier super verstecken können.
Bild: Nacktschnecken finden ihren Weg selbst zu den schönen Blüten der Passiflora incarnata und fressen diese auf.
3. Gut drainierter Boden:
Ein gut durchlässiger Boden hilft schädliche Bodenpilze zu vermeiden, erwärmt sich schneller im Frühjahr und fördert ein gutes Wurzelwachstum. Bei einem nassen, schweren Boden empfiehlt es sich, vor dem Auspflanzen ein möglichst grosses Pflanzloch auszuheben und das Erdreich mit Kompost und Sand zu mischen. Auch kann es besonders in feuchten Lagen hilfreich sein, die winterharte Passionsblume eher auf einen Hügel zu pflanzen.
Die Winterhärte fängt mit dem Auspflanzen an
Je grösser und gesünder eine Pflanze ist, desto besser überlebt sie auch den Winter. Deshalb sollte eine Cooltropics Passionsfrucht möglichst irgendwann zwischen Mitte Mai und Mitte August ausgepflanzt werden. Somit hat die Pflanze im (Spät)sommer noch genügend Zeit, anzuwachsen. Eine gute Pflege (genügend Wasser und Dünger) besonders im ersten Jahr, hilft der Pflanze zusätzlich, gut über den Winter zu kommen.
Cool Tropics im Topf überwintern
Du möchtest deine winterharte Passionsblume lieber im Topf überwintern? Auch das ist möglich. Es gibt aber ein paar Dinge zu beachten. Zuerst sollte die Kletterpflanze bereits im Sommer in einem möglichst grossen Topf (mindestens 15 Liter, besser mehr,) getopft werden. Nur so entwickeln sich die fingerdicken fleischigen Wurzeln, welche das Überleben im Winter sicherstellen. Der Topf sollte auch genügend Abzugslöcher besitzen, damit sich keine Staunässe entwickelt und überflüssiges Wasser abfliessen kann.
Topf-Passifloras sollten im Herbst möglichst lange draussen bleiben, im Idealfall bis nach dem ersten starken Frost. Wenn das Laub dann abstirbt, kann es bodennah abgeschnitten und entfernt werden.
Der Topf überwintert am besten in einem kühlen Keller oder einer Garage. Es ist darauf zu achten, dass der Topf nie komplett austrocknet. Wenn man die Pflanze zum Austrieb anregen möchte, muss man den Topf einfach in ein warmes Zimmer stellen. In der Regel treibt die Wurzel in 2–3 Wochen neue Triebe. Das frische Laub sollte langsam an die Sonne gewöhnt werden und erst mal ein paar Stunden pro Tag im Schatten abgehärtet werden. Wenn dann im Mai keine Fröste mehr drohen, kann die winterharte Maracuja im Topf wieder an ihren Platz auf einem sonnigen Balkon oder einer warmen Terrasse.
Wie arbeiten wir in der Züchtung an einer verbesserten Winterhärte?
Wi arbeiten zurzeit an neuen Sorten, welche noch viel einfacher über den Winter zu bringen sein werden. Wie machen wir das genau? Einerseits wählen wir neue Sämlinge aus, welche besonders früh aus ihrem Winterschlaf erwachen. So haben wir jetzt bereits Sortenkandidaten, welche schon Ende April (rund ein Monat vor 'Eia Popeia' und 'Snowstar') austreiben. Des Weiteren kreuzen wir andere Passionsblumensorten in unsere Population ein, welche zwei Vorteile liefern: Eine bessere Anpassung an kühle Sommer und immergrüne Triebe. Solche neuen Hybriden würden in normalen Wintern in Norddeutschland ihre überirdischen Triebe erhalten und dann wieder aus dem alten Holz austreiben. Dazu kreuzen wir 4 verschiedene Passiflora Arten aus Südamerika mit der klassischen Passiflora incarnata. Solche Hybrid-Pflanzen wären wahrscheinlich auch besser vor Schnecken geschützt.
Bild: Eine neue, verbesserte und noch besser winterharte Passionsfrucht aus der Züchtung.
Fazit: Ist Passiflora incarnata nun winterhart oder nicht?
Kommen wir nun zur ursprünglichen Frage zurück. Überleben die Cooltropics® Passionsblumen bei uns den Winter? Die Antwort ist klar: Passiflora incarnata ist definitiv winterhart, auch wenn das oberirdische Laub im Winter komplett wegfriert. Die unterirdischen Wurzeln ertragen sehr kalte Winter mit –20 °C ohne Probleme. Damit die winterharten Passionsfrüchte in Deutschland, Österreich und in der Schweiz gut wachsen, brauchen sie jedoch einen warmen, sonnigen Standort mit gutem Schneckenschutz und etwas Geduld. Hoffentlich hilft diese Antwort, dass bald noch viel mehr exotische Maracuja Früchte in heimischen Gärten geerntet werden können.
Bild: Eine solche Ernte an leckeren Passionsfrüchten ist auch im eigenen Garten möglich.
Last News:
Gold Medaille für unsere Sorteneinführung Passiflora Cooltropics® Snowstar®
Jedes Jahr findet in Frankreich der »Innovert Wettbewerb« statt. Hier präsentieren Unternehmen ihre besten Sortenneueinführungen im Gartenbau. Zusammen mit unserem französischen Partner, der Baumschule Travers, reichten wir dieses Jahr die weiss blühende Passionsblume Cooltropics® Snowstar® ein. Die Sorte kommt aus unserem eigenen Züchtungsprogramm für winterharte Passionsfrüchte und kam dieses Jahr auf den Markt. Wir haben uns sehr darüber gefreut, als die Sieger bekannt gegeben wurden und Snowstar® die begehrte Goldmedaille gewann.
Die Begründung der Jury hierzu lautete:
»Die Cooltropics® - Passionsfrucht Pflanzen sind fabelhafte neue Obstkletterpflanzen, die ideal sind, um das Schöne mit dem Schmackhaften zu verbinden! Die Blütezeit von Juni bis Oktober beeindruckt durch die Größe der Blüten und den zarten Duft! Die Früchte sind grün, eiergroß und werden von September bis November geerntet, wenn sie gelblich werden. Ihr ausgezeichneter Geschmack ist typisch für Passionsfrüchte, aromatisch und herrlich säuerlich. Das Sortiment umfasst derzeit 2 Sorten: 'Eia Popeia' (mit lila Blüten) und die jüngste Neuheit: 'Snowstar'® mit ihren großen, makellos weißen Blüten. Cooltropics® Passionsblumen sind sehr robust: Sie überstehen sowohl die große Hitze im Sommer als auch den starken Frost im Winter bis zu –20 °C! Die Triebe sterben im Winter ab, um in jedem Frühjahr wieder aus dem Boden zu wachsen.«