Ich habe mich sehr gefreut, vor einigen Tagen den Artikel von Markus Kobelt über Blaubeerzüchtung zu lesen. Äußerst spannend! Hier wurde wieder mal mehr als deutlich, dass sich um uns Hobby-Gärtner zu Hause eigentlich keiner mehr kümmert (außer eben genannter Züchter, der meines Wissens nach neben Luther Burbank und Iwan Wladimirowitsch Mitschurin der Einzige ist, der im großen Stil und mit noch größerem Enthusiasmus bahnbrechende Neuzüchtungen fürs einfache Volk (=uns Gärtner) geschaffen hat).
Und - was in meinem Fall das Glück perfekt macht - er züchtet auch Obst-Sorten, die ich hier im äußersten Norden Deutschlands nicht nur anbauen, sondern auch ernten kann! Das nördliche Schleswig-Holsten gehört eindeutig zu Skandinavien, klimatechnisch gesehen (früher sogar politisch). Es weht ständig eine steife Brise, oftmals stürmisch, die Sommer sind kurz, kühl und nass, der Herbst setzt früh ein und somit bleiben Pfirsiche, Aprikosen, Weintrauben, Kiwis und Feigen ein ferner Traum für mich, besonders da mein Garten ohne jedweden Schutz auf einer Wiese liegt.
Jaja, der letzte Sommer war auch heiß und trocken hier, aber deswegen sehe ich noch lange keine Wüste hier im Norden. Der Sommer davor war nämlich verregnet und im August 2017 gab es viele Tage mit nur 15 Grad.
So oder so, auch letztes Jahr wurden meinen Feigen nicht reif. Umso mehr setze ich auf die Züchtung von Lubera, nicht zuletzt weil Markus Kobelt ein Herz für Wildpflanzen hat und diese gerne einkreuzt in einige Neuzüchtungen, so dass sie auch im Hobby-Garten, wo wir nicht andauernd Chemie versprühen wollen, gesund wachsen und vor allem auch den immer stärker schwankenden Klimabedingungen standhalten können. Wenn trockene Sommer auf verregnete folgen, Hitzewellen auf Kältewellen, können die "wilden" Gene sich als lebensrettend erweisen.
Was mich als Hobby-Gärtnerin auch beschäftigt, sind die unterschiedlichen Winter, die wir Lubera-Kunden haben. Meine Winter hier an der dänischen Grenze sind in der Regel milde. Starker Frost ist selten und Schnee - wenn er denn mal kommt - begrüßen wir mit Jubel und Staunen und fotografieren was das Zeug hält.
Nichtsdestotrotz leiden meine Pflanzen auch im Winter, denn meistens regnet es tagsüber und nachts friert es ein wenig. Eine unschöne Kombination für die Pflanzen, wenn die Füße immer nass stehen und der Kopf ständig friert. "Schietwetter" eben. Auch da helfen die "wilden" Gene oder der Stammbaum. Johannisbeeren zum Beispiel, deren Ahnenreihe sich hier über viele Generationen zurückverfolgen lässt, versagen NIE in unserem kühlen Norden. Und jetzt sind sie (wieder dank obigem Züchter) sogar lecker geworden! Blaubeeren sind auch Nordlichter, die das Klima hier lieben (es sei denn, sie werden explizit für die Subtropen gezüchtet, siehe Artikel oben!).
Was mich zu einem anderen Punkt bringt, den Winter- bzw. Kälteanforderungen der Pflanzen. Ich weiß von meinen amerikanischen Gärtner-Freundinnen, dass sie keinen Obstbaum oder Beerenstrauch kaufen, ohne nicht vorher deren "Chill-Hour-Requirements" nachgegangen zu sein.
Jede namhafte Versand-Gärtnerei in den USA bietet den Kunden eine Übersicht oder gar Kalkulationstabellen dazu an. Verschiedene Obstbäume und auch Beerensträucher brauchen eine gewisse Anzahl Kältestunden im Winter, um gut zu gedeihen. Freundin Anne aus New Hampshire kann nicht die gleichen Obstbäume pflanzen wie Freundin Kim aus Südkalifornien. Sie schauen beide immer erst auf die "Chill-hours", die die Bäume brauchen, ehe sie sich z.B. einen Apfelbaum kaufen. Würden sie eine Obstbaum pflanzen, der weit unter den erforderlichen Kältestunden liegt oder weit darüber, würde dieser Baum zu früh oder zu spät blühen und vor allem keinen optimalen Ertrag erzielen.
Ein spannendes Thema, oder? Ich würde mir solche Tabellen auch für uns hier wünschen.
Markus Kobelt geht in diesem Video auf die Problematik ein:
Video: Wieviel Kälte brauchen Johannisbeeren?
Der gesunde Menschenverstand hilft einem schlauen Gärtner auch schon weiter. Ich pflanze z.B. immer unterschiedliche Sorten von Johannisbeeren, Stachelbeeren, Äpfeln und Co. Egal wie der Winter wird, es werden immer einige überreich, andere nur wenig tragen. Das gleicht sich dann aus. Außerdem pflanze ich keine Obstbäume, die erst spät Früchte tragen, keine "Exoten" wie Kakis und Pawpaw (was mir unendlich schwer fällt, seufz…) und verlasse mich auf die Lubera-Empfehlungen z.B. bei den Tomaten- und Kartoffelsorten, die als robust und freilandtauglich beschrieben werden (glücklicherweise testet Lubera auch im nördlich-kühlen Bad Zwischenahn und nicht nur in der sommerlich-heißen Schweiz).
ABER: Bei aller gärtnerlichen Traurigkeit über die Nordland-Untauglichkeit von wärmeliebenden Fruchtgenüssen, die in Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz prächtig gedeihen, so bleibt mir doch ein Trost, eine Hoffnung: Lubera züchtet bekennenderweise für den Hausgarten und selektioniert auch Sorten für uns Nachfahren der Wikinger hier oben an den rauhen Küsten Skandinaviens. Ich setze große Hoffnung in die neuen Feigensorten, die bald kommen, und die Robustikosen, die angekündigt wurden! Die werde ich auf alle Fälle testen, entsprechende Rodungen im Garten - um Platz zu schaffen - sind in Planung. Mein angetrauter Hilfsgärtner wird sich einen besseren Spaten besorgen müssen, fürchte ich. Mein größter Traum, eigene Pfirsiche aus meinen windumtosten Küsten-Garten ernten zu können, scheint in greifbare Nähe zu rücken, juchuu! Das hätten sich meine Vorfahren, die Wikinger, bestimmt nicht träumen lassen.
Leif Eriksson, Sohn Erik des Roten, musste extra Nordamerika entdecken, das er dann Vinland, das Weinland nannte, um in den Genuss von unbekannten, verlockenden Beeren zu kommen. Ich habe es einfacher, ich muss nur bei Lubera bestellen. Auf dein Wohl Leif Eriksson, ich werden beim Biss in den ersten Pfirsich aus meinem Garten an dich dort oben in Walhalla denken. ;-)
PS: Ob "Leif den Lykkelige" (sein Zuname, so wird er noch heute in Skandinavien genannt = "Leif der Glückliche") in Nordamerika wirklich Weintrauben entdeckte, wie lange Zeit angenommen, werden wir nie wissen. Die Wikinger - die ebenso gerne feierten wie sie kämpften - machten Wein oder Met aus so ziemlich allem. Einige Forscher meinen, sie hätten in der neuen Welt vielleicht "nur" Blaubeeren gefunden und so schließt sich der Kreis zum Anfang meines Beitrages und Markus Kobelt’s Beitrag über diese köstliche Beere, die heute weltweit heiß geliebt wird - und die Lubera für uns Hobby-Gärtner neu "erfindet". Man muss nicht gleich einen neuen Kontinent entdecken, um glücklich zu sein. Eine köstliche neue Blaubeeren-Sorte reicht da schon. ;-)