Wer Sommerfeigen anbaut, möchte die Feigen dann ernten und geniessen, wenn sie am besten sind: Im Sommer! Sommerfeigen beginnen ihren »Lebenslauf« im Winter und wachsen dann im Frühjahr und Sommer unter steigenden Temperaturen heran. So gelingt es ihnen, immer mehr Süsse und Aroma zu speichern. Wer also den intensivsten und süssesten Feigengeschmack erleben möchte, der wird Sommerfeigen anbauen den Herbstfeigen vorziehen, die ja in der »abnehmenden« Zeit der Vegetationsperiode ausreifen, wo immer weniger Sonnenlicht und Wärme zur Verfügung stehen. In diesem Artikel erklären wir, was genau Sommerfeigen sind, was sie von den Herbstfeigen unterscheidet und wie sie bei uns nördlich der Alpen am besten und einfachsten angebaut werden können. Und selbstverständlich portraitieren wir einige der besten Sorten, vielleicht möchtest du ja gleich Sommerfeigen kaufen ;-)
Inhaltsverzeichnis
- Die doppelte Bedeutung des Begriffs »Sommerfeigen«
- Wie Sommerfeigen entstehen…
- Sommerfeigen anbauen - die Sache mit der Befruchtung…
- Sommerfeigen vs. Herbstfeigen
- Vorteile und Grenzen beim Sommerfeigen anbauen
- Sommerfeigen = Blütenfeigen
- Sommerfeigen anbauen
- 1. Sommerfeigen als Kübelpflanzen kultivieren
- 2. Sommerfeigen als Spalier auspflanzen
- 3. Sommerfeigen freistehend auspflanzen
- Sommerfeigen schneiden
- Die besten Feigensorten für Sommerfeigen
- Feigensorten, die (fast) nur Sommerfeigen produzieren
Zusammenfassung
Sommerfeigen entstehen am letztjährigen Holz. Die kleinen, nur wenige Millimeter grossen Blütenfeigen zeigen sich im Spätherbst und Winter und beginnen in der Vegetationsperiode zu reifen. Nördlich der Alpen werden sie meist im August reif. Der Begriff »Sommerfeige« hat eine Doppelbedeutung, meint er doch einerseits die Feigenfrüchte, die im Sommer reif werden (und am letztjährigen Holz entstehen) und andererseits die Feigensorten, die vor allem Sommerfeigen ausbilden. Auch zweimaltragende Twotimerfeigen bilden übrigens Sommerfeigen aus, aber der Ertrag liegt da meist hauptsächlich bei den später reifenden Herbstfeigen, die am diesjährigen Holz ansetzen und sich entwickeln. Als Sommerfeigen mit einem sehr grossen Sommerfeigenertag und einem intensiven Geschmack empfehlen wir ‘Desert King’, ‘Ariane’, ‘Amatrice Casale’ und ‘Gentile’; Twotimerfeigen mit einem deutlichen Sommerertrag sind ‘Bella Brunetta rossa’, ‘Columbaro nero’, ‘Goutte d’or’ und ‘Violette portughese’.
Die doppelte Bedeutung des Begriffs »Sommerfeigen«
»Sommerfeigen« meint einerseits die Feigenfrüchte, die im Sommer, also bei uns im Juli und vor allem im August reif werden. Andererseits bezeichnen wir so aber auch die Feigensorten selber, die entweder ausschliesslich Sommerfeigen produzieren oder zumindest eine sehr starken Sommerertag an Feigen bringen.
Wie Sommerfeigen entstehen…
Sommerfeigen entstehen lange vor dem Sommer… Sie setzen im Spätherbst und Winter am Feigenbaum, meist an der Spitze kurzer und mittellanger letztjährig gewachsener Äste an, überleben dann hoffentlich die kalte und blattlose Winterzeit und beginnen im Frühling mit der Vegetationsperiode zu wachsen, um schliesslich im Juli und August reif zu werden. Sommerfeigen entstehen am letztjährigen Holz, also an Trieben, die im vergangenen Jahr gewachsen sind. Zu Beginn sind sie nur 2–3 Millimeter gross, kaum sichtbar, wenn sie an der Seite von Blattknospen entstehen. Wer den Ertrag an Sommerfeigen maximieren oder optimieren möchte, wird alles unternehmen, um möglichst viele solche kurzen und mittellangen Äste am Baum wachsen zu lassen (siehe unten den Abschnitt zum Schnitt) – in der Hoffnung, dass sie dann im Frühwinter die kleinen stecknadelkopfgrossen Blütenfeigen anlegen, aus denen sich dann die süssen Sommerfeigen entwickeln.
Sommerfeigen anbauen - die Sache mit der Befruchtung…
Aber wie können dann die Sommerfeigen aus dem winterlichen »Nichts« entstehen, braucht es da keine Befruchtung? Häufig kann man dazu in Artikeln lesen, Feigen, zumindest die nördlichen, bei uns reif werdenden Feigen seien selbstfruchtbar. Wenn dieser Begriff sagen soll, dass sich die Feigenblüten sozusagen selber befruchten, dann ist diese Aussage falsch: Die nördlichen Feigen setzen vielmehr parthenokarp, also ohne Befruchtung Früchte an. Viele südliche Feigensorten dagegen brauchen zur Befruchtung eine spezielle Feigenwespe, die den befruchtenden männlichen Pollenstub von Caprifeigen auf die Fruchtfeigen überträgt – aber dies ist bei den nördlichen Feigen eben gerade nicht notwendig. Allerdings haben wir in den letzten Jahren auch an unseren Pflanzen schon Feigenwespen gesichtet, die im Rahmen der Klimaveränderung langsam nördlich der Alpen einwandern.
Sommerfeigen vs. Herbstfeigen
Sommerfeigen – wir haben es schon erwähnt – entstehen am letztjährigen Holz und werden im Sommer des Folgejahres reif; Herbstfeigen setzen an den diesjährig wachsenden Trieben an, die im Frühling starten. Diese bilden ab Juni Jungfrüchte aus, die meist ab September bis in den Spätherbst hinein reif werden.
Vorteile und Grenzen beim Sommerfeigen anbauen
Bleiben wir noch einen Moment beim Gegenstück zu den Sommerfeigen, bei den Herbstfeigen: Ihr Vorteil besteht darin, dass sie der Winterkälte gar nicht zum Opfer fallen können, da die Jungfrüchte jede Vegetationsperiode frisch an den aktuell wachsenden Neutrieben entstehen. Aber ein Grossteil der Herbstfeigen wird im Herbst gar nicht mehr reif. Im Gegensatz zu den Sommerfeigen geht ihre Reife nicht parallel mit der wärmer werdenden Jahreszeit, sondern die Reife muss sich sozusagen »gegen« den Herbst, gegen weniger Sonne und kältere Herbst-Temperaturen, durchsetzen.
Sommerfeigen dagegen werden immer reif, wenn sie erst einmal den Winter als kleine Knospen überlebt haben. Dafür brauchen sie milde Klimabedingungen und idealerweise Wintertemperaturen, die -10 °C möglichst nie unterschreiten sollten.
Sommerfeigen = Blütenfeigen
Wegen ihrer Abhängigkeit von den überlebenden Winterknospen werden die Sommerfeigen häufig Blütenfeigen genannt. Dabei ist der Begriff Blüten bei den Feigen auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich: Oder habt ihr jemals Blüten an den Feigenbäumen gesehen? Die Früchte scheinen ja fast aus dem nichts an den Trieben zu entstehen, ohne dass man zuerst Blüten erkennen könnte. Dennoch gibt es diese Blüten, nur stehen sie auf einem Blütenboden, der in sich zusammengefaltet ist und so letztlich die Hülle der Feigenfrucht bildet. Die Feige besteht aus dem zusammengefalteten Blütenboden, so dass die Blüten sozusagen wie die Speichen eines Rades gegen die Mitte zeigen. Bei den wachsenden und reif werdenden Feigenfrüchten entsteht aus den Blüten letztlich das meist rötlich gefärbte Fruchtfleisch. Diese Blütenanlagen sind jedoch bereits in den kleinen, nur wenige Millimeter grossen Knospen oder Minifeigen angelegt, die sich im Spätherbst ausbilden. Dank dieser besonderen »Form« und Anlage der Blüten (geschützt vom zusammengefalteten Blütenboden) können Jungfeigen übe den Winter einiges ertragen, aber halt eben nicht zu viel, sonst ist der Sommerertrag verloren. Wie können wir das verhindern?
Sommerfeigen anbauen
Im Folgenden stellen wir die wichtigsten 3 Anbauformen vor, die eine erfolgreiche Sommerfeigenkultur ermöglichen.
1. Sommerfeigen als Kübelpflanzen kultivieren
Die einfachste und naheliegendste Methode besteht sicher darin, dass wir die Sommerfeigen und die Sommerfeigensorten als Kübelpflanzen kultivieren. Wir bringen also die Topffeigen im Spätherbst, bei Minustemperaturen und nach dem Blattverlust in ein Winterquartier, wo die Temperaturen zwar kühl sind, aber nie unter –7 °C sinken. Das kann eine Garage, ein Schuppen, ein kühler Raum sein. Im Gegensatz zu den immergrünen Zitrus-Kübelpflanzen brauche ja die blattverlierenden Feigen kein Licht. Haltet die Erde feucht, aber nicht nass. Bedenkt beim Giessen, dass die Feigenpflanze im Winterquartier ja eigentlich fast kein Wasser verdunstet, da sie ihre Blätter abgeworfen hat. Meist reicht es, 1–2 x pro Winter etwas nachzugiessen. Dabei ist es wichtig, dass das überschüssige Giesswasser auch abfliessen kann – überwinternde Feigen sollten also nie in einem Untersatz stehen.
Und wie gross soll der Kübel sein? Wir bieten 3–4jährige Feigen im 15l Topf an, die Pflanzen sollten aber schon nach 1–2 Jahren in grössere Kübel umgetopft werden. Macht man dies nicht, so beginnt die Feige ihr vegetatives Wachstum weitgehend einzustellen, die Äste setzen nur noch wenige Zentimeter Neutrieb auf. Wenn einem also der Sinn nach einer sehr kompakten Feige steht, so ist die Hungerkur in einem zu kleinen Topf die perfekte Methode. Allerdings ist dann mittelfristig auch mit nur wenigen Feigenfrüchten zu rechnen. Also besser alle 3–4 Jahre umpflanzen, immer eine neue Topfgrösse wählen, die einen ca. 5 cm weiteren Durchmesser aufweist als der bestehende Topf. Zusätzlich kann beim Umtopfen auch der Wurzelballen mit einem scharfen Brotmesser (na ja, das war dann mal scharf…) auf allen Seiten etwas angeschnitten werden, so dass mehr neue und frische Erde reinpasst und ein grösserer Freiraum für die Wurzeln entstehen kann. Falls der Wurzelballen beim Umtopfen auf diese Art und Weise reduziert wird, sollte immer auch die Krone um ca. 20–30 % zurückgeschnitten werden, so dass das Verhältnis zwischen unterirdischen und oberirdischen Organen wieder stimmt.
Für diesen Artikel habe ich übrigens die Früchte unserer überwinterten und durchkultivierten 15lt Feigenpflanzen ausgewertet, also letztlich den Sommerfeigen-Ertrag von Kübelpflanzen.
2. Sommerfeigen als Spalier auspflanzen
Es ist fast unglaublich, was für einen Unterschied eine Wand oder Mauer für eine daran gepflanzte Feige ausmachen kann. Nach harten Wintern habe ich immer wieder feststellen können, dass Äste problemlos überleben, wenn sie nur einige Zentimeter von einer Wand entfernt sind. Umgekehrt könne dickere Jungtriebe oder auch mehrjährige Äste der gleichen Feigenpflanze total zurückfrieren, wenn sie 15–30 cm von der Mauer entfernt sind. Dieser Vorteil der Spalierkultur an einer Wand oder Mauer ist nur bedingt bei Wintertemperaturen von –10 bis –12 °C, sie sind aber offensichtlich bei auch nur kurzzeitigen Temperaturtiefs von –16 °C und mehr.
Wann und wie wird eine solche Spalierfeige gepflanzt? Pflanze sie bitte möglichst früh im Frühling aus, aber auch so spät, dass die Frühlingsfröste bei der antreibenden Feigenpflanze keinen Schaden mehr anrichten können: in Gebieten mit wenig Frühjahrsfrösten Anfang Mai, in Gebieten mit häufigen Frühjahrsfrösten Mitte bis Ende Mai. So stellst du sicher, dass sich die Pflanzen gut etablieren und gut ernährt und festgewurzelt in den nächsten Winter gehen können.
Bild: Riesenspalier einer Feige im Great Dixter Staudengarten in Südengland.
3. Sommerfeigen freistehend auspflanzen
Natürlich können Sommerfeigen (oder Feigensorten, die vor allem wegen ihrer Sommerfeigen angebaut werden) auch freistehend ausgepflanzt werden. Da hier aber die Gefahr der Beschädigung der jungen Feigenblüten im Winter viel grösser ist, empfehlen wir diese nur für sehr milde Standorte oder Mikroklimata: an einem Fluss oder See, am Meer, in Weinberglagen.
Sommerfeigen schneiden
Nochmals: Sommerfeigenfrüchte entstehen am letztjährigen Holz, hier meist am Triebende und häufiger am mittellangen oder kurzen Fruchtholz als an Langtrieben. Der Schnitt hat also die Aufgabe, regelmässig fruchttragende Ästchen zu »produzieren« und die Pflanze zum entsprechenden Wachstum anzuregen.
Winterschnitt im März/April: Langtriebe werden eingekürzt, um sie zu einem verzweigteren und besser auf mehrere Triebe verteilten Wachstum anzuregen. Mit einem gutem und vor allem trainiertem Auge kann man jetzt schon die Feigenblüten an den Trieben erkennen, die sich zu Sommerfeigen entwickeln werden; hier verzichtet man in der Regel auf den Schnitt, um die wertvollen Zukunfts-Früchte nicht zu entfernen. Unfruchtbare ältere Fruchttriebe, die keine Blütenfeigen zeigen, werden auf Stummel entfernt, um neues Wachstum anzuregen.
Sommerschnitt im Mai/Juni: Stark wachsende Äste können jetzt auf die Hälfte eingekürzt werden, um mehr Verzweigung zu erhalten.
Ganz allgemein ist aber anzumerken, dass Du diesen Schnitt umso konsequenter durchführen solltest, wenn es sich um eine Sorte handelt, die (fast) nur Sommerfeigen produziert. Ist der Herbstertrag bei Twotimerfeigen (die sowohl im Sommer als auch im Herbst fruchten) gleich wichtig oder sogar dominierend, wird im Frühjahr tendenziell stärker geschnitten, um mehr diesjähriges Holz anzuregen, das dann ab Ende August Feigen trägt.
Die besten Feigensorten für Sommerfeigen
Für diese Sortenempfehlungen habe ich unsere Kübelpflanzen (Feigen im grossen 15l Topf) ausgewertet. Na ja, eigentlich habe ich mich einen ganzen Sonntag lang durch unsere Feigenbaumschule gegessen … Damit fliesst auch die relativ frühe Fruchtbarkeit in die Bewertung mit ein, da unsere Kübelpflanzen in der Regel 3–4 Jahre alt sind. Natürlich entsteht so – lustvoll Feigen schmausend und Pflanzen beurteilend – keine absolut objektive und umfassende Gesamtbeurteilung, ich erwähne in dieser Zusammenstellung auch nur die Sorten, die besonders herausgestochen sind.
Feigensorten, die (fast) nur Sommerfeigen produzieren
Das »fast« im obigen Titel macht es nochmals deutlich. Sehr viele Feigensorten haben die mehr oder weniger stark ausgeprägte Fähigkeit 2x zu tragen, am diesjährigen Holz die Herbstfeigen und am letztjährigen Trieb die Sommerfeigen. In diesem Unterkapitel beziehen wir uns auf Sorten, deren Sommerertrag besonders gross ist und den Herbstertrag übertrifft. Man könnte die Sommerfeigen übrigens mit Fug und Recht auch Grünfeigen nennen, da fast alle Sommersorten grüne-gelbe Früchte ausbilden.
Eine sogenannte San-Pedro-Feige, die parthenokarp (ohne Befruchtung) nur Sommerfeigen produzieren kann, während der Ansatz der Herbstfeigen auf die Befruchtung durch die Feigenwespen angewiesen ist. Damit ist nördlich der Alpen in der Regel bei ‘Desert King’ nicht mit Herbstfeigen zu rechnen. Also bitte nicht erschrecken, wenn die frisch angesetzten und Nuss-grossen Herbstfeigen im Sommer einfach abfallen… Mit ihrem grossen Sommerertrag, der auch extrem früh ist, überzeugt aber ‘Desert King’ immer wieder als eine der besten Sommerfeigensorten. Die gestaucht-birnenförmigen, grün-gelben Feigen zeichnen sich durch eine dünne Haut und Fruchtschale, vor allem aber durch ein sehr saftiges rotes Fruchtfleisch aus. Als ich in Oregon vor einigen Jahren zum ersten Mal ‘Desert King’ probieren konnte, vergass ich gleich alles um mich herum und musste nachher die längst schon weitergeeilte Besuchergruppe suchen gehen… Übrigens zeigt sich bei ‘Desert King’ eine typische Konstante bei Sommerfeigen: Sehr viele reine Sommerfeigen sind grün-gelb, haben also keine rote oder violett-braune Färbung.
Eine weitere, fast ausschliesslich Sommerfeigen tragende Sorte. In unseren 3–4 Jahre alten Kübelpflanzen gehörte sie bezüglich Sommerertrag zu den produktivsten Sorten. Auffällig ist schon beim Pflücken das niedrige spezifische Gewicht, und beim Anschneiden zeigt sich dann das luftige Fruchtfleisch. Auch in anderer Hinsicht unterscheidet sich Selma weiss von den meisten anderen Sorten: Das Fruchtfleisch ist weitgehend weiss (deshalb der Name) und der Geschmack ist nur mittelsüss, dafür deutlich parfumiert. Nachdem ich vor Selma weiss schon einige andere Feigen genossen hatte, bei denen mehr Zucker immer noch von noch mehr Zucker abgelöst wurde, ist diese Sorte eine regelrechte Erleichterung. Übrigens ging mir beim Selma-Feigen-Essen der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, wie gut eine Ergänzung mit frisch aufgeschnittenem Rohschinken sein könnte. Ganz offensichtlich scheint diese Sorte zu fleischlichen Gelüsten anzuregen.
Ebenfalls ins Segment der nur mittelsüssen Feigen gehört Gustis® ‘Isi d’oro’, wieder eine gelbgrüne Feige, die auch besonders gut für die Kübelkultur geeignet ist. Aber wie schon gesagt ist eine leichte Abschwächung des Zuckergehalts bei Feigen manchmal auch ganz erholsam: Vor einigen Jahren erlitt ich eine Art »Zuckerschock«, nachdem ich am Morgen auf den nüchternen Magen einige (zu viele) supersüsse Feigen gegessen hatte: Mir wurde speiübel, und ich landete für einen halben Tag im Bett…
Will ich jetzt gar behaupten, dass Feigen gefährlich sein können? Nein, beileibe nicht, aber es ist ganz gut, manchmal auch Feigensorten zu geniessen, die nicht diese abgrundtiefe klebrige Süsse haben… sozusagen »Feigen light«. Ein gutes Beispiel für eine leichtere Feigensorte ist ‘Isi d’oro’, wobei hier noch eine fruchtige Säure hinzukommt, die man bei den meisten Feigen vermisst.
Gustis® ‘Ariane’ ist süss und saftig, mit einem guten Biss. Und wieder die »Konstante« bei den Sommerfeigen: Das grün-gelbe Aussehen ist nicht besonders spektakulär, aber ‘Ariane’ gehört eindeutig zu den Sorten mit dem besten Sommerertrag. Darüber hinaus trägt ‘Ariane’ noch ein weiteres Geheimnis in sich: Bei fast allen parthenokarpen, ohne Befruchtung Früchte ansetzenden Feigen sind die männlichen Blüten vollständig verschwunden. Sie sind sozusagen über die Evolution und die menschliche Auswahl wegselektioniert worden, da die männlichen Blüten meist einen negativen Einfluss auf den Geschmack haben. Bei ‘Ariane’ sind aber gegen die Ostiole hin männliche Blüten übriggeblieben, die bei der aufgeschnittenen Frucht als grau-schwarze Staubpartikel sichtbar sind, aber den Geschmack nicht negativ beeinflussen. Wer also eine Feige geniessen möchte, die sozusagen im Vollbesitz ihrer geschlechtlichen Organe ist, der kann sich über Gustis® ‘Ariane’ freuen. Und vielleicht freuen sich auch die neuerdings immer mehr in den Norden einwandernden Feigenwespen darüber, wenn sie endlich wieder einmal Pollen transportieren können.
‘Amatrice Casale’ zählen wir auch noch zu den Sommerfeigen, obwohl sie auch Herbstfeigen ansetzen kann. Der starke Sommerertrag aber dominiert bei dieser Sorte. Die mittelgrossen bauchig-birnenförmigen Feigen sind intensiv süss, dafür nur mittel-saftig. Typisch für diese Sorte ist auch der frühe Ertragseintritt, wir sehen manchmal auch schon Früchte auf nur 2jährigen Pflanzen.
Gehört ebenfalls zur Gruppe von hellen, grün-gelben Feigen, die das Sortiment der Sommersorten dominieren. Neben dem starken Sommerertrag, kann ‘Gentile’ auch Herbstfeigen hervorbringen, die allerdings etwas kleiner und meist auch rundlicher sind. Im Bild unten sieht man die reifen Sommerfeigen am alten Holz, denen gleich einige Zentimeter weiter oben die noch jüngeren Herbstfeigen nachfolgen.
Dennoch würde ich ‘Gentile’ zu den dezidierten Sommerfeigen zählen, da die Früchte im Sommer ihre beste Qualität entfalten, und im wahrsten Sinne des Wortes »bella figura« machen. Auffällig an Gentile ist die glänzende Fruchthaut. Und was versteckt sich darunter? Wow, eine echte Feigenschönheit: Unter der dünnen, zur Erntezeit leicht gelblich aufgehellten Haut zeigt sich eine relativ dicke weisse Fruchthülle, darin das weiss-rote, wunderschöne Fruchtfleisch (dass notabene aus den eingefalteten weiblichen Langblüten entstanden ist). Im Übergang der Fruchthülle zum Fruchtfleisch kommt es in der Vollreife zusätzlich zu einer violetten Einfärbung. Geschmacklich nimmt man bei ‘Gentile’ einen idealtypischen Feigengeschmack wahr, der zumindest zu Beginn einen leicht grünlichen Ton aufweist; dann aber verwandelt sich der grüne Ton – wohl aufgrund des reichlich vorhandenen Fruchtzuckers – schnell in ein warmes, alle Geschmacksknospen befriedigendes Feigengefühl. Was könnte im Hochsommer und Spätsommer angenehmer sein, als eine solche Feige vom eigenen Baum zu geniessen: Hier kannst du wirklich und physisch den Sommer essen!
Sommerfeigen an Twotimer-Feigen
Sehr viele parthenokarpe, also ohne Befruchtung entstehende Feigensorten haben das Potential, 2 x pro Jahr zu tragen. Wir sprechen dann auch von sogenannten Twotimersorten. In dieser Auswahl berücksichtigen wir Twotimer®-Feigen, die einen grossen und auffällig guten Sommerertrag bringen. Auch hier haben die im Spätherbst ausgebildeten Blütenfeigen den Winter überlebt und sich im Verlaufe des Frühlings zu sommerreifen Feigen entwickelt. Und siehe da, sobald wir uns von den reinen Sommerfeigen wegbewegen, kommt mehr Farbe in die Feigengeschichte, hier gibt es nun auch rote, braune und violette Sorten…
‘Bella Brunetta Rossa’ bildet eine Vielzahl von kleinen rund-bauchigen, manchmal auch birnenförmigen Früchten aus. Sie sind zur Reifezeit braun-rot gefärbt (zu ca. 2/3), im Fruchtfleisch rot-orange. Viele Feigen sind zwar sehr süss, aber es scheint, dass der Saft vom Zucker dickflüssig gemacht wird und kaum mehr spürbar ist. Bei ‘Bella Brunetta Rossa’ ist dies nicht der Fall, sie ist eine Saftfeige, die perfekt in den Sommer passt und den Geniesser erfrischt und nicht nur nährt… ‘Bella Brunetta Rossa’ bringt auch einen guten Herbstertrag. Insgesamt zeigt sie einen leicht gedrungenen Wuchs und bildet – im Topf und auch ausgepflanzt – einen schönen, runden Strauch.
‘Columbaro Nero’ ist ebenfalls eine Twotimerfeige mit einem starken Sommerertrag. »Columbaro« bedeutet soviel wie Taube, also schwarze Traube. Die Früchte sind denn auch relativ gross (bis zu 80 g) und mit etwas Fantasie könnte man sich wirklich den Körperumriss einer Taube vorstellen. Die Früchte sind zur Reifezeit zu 80 % dunkelrot-violett gefärbt und zur Vollreife bekommt das rötliche Fruchtfleisch einen gelblichen Schimmer: Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für den Genuss gekommen, ein paar Tage später… ist es zu spät. Die Süsse von ‘Columbaro Nero’ ist extrem intensiv und tief, auf jeden Fall wird einem bei dem Esserlebnis kaum mehr der Sinn nach Tauben stehen…
Goldtropfen bedeutet der Name dieser eindrucksvollen Sorte. Naja, das ist leicht untertrieben, gerade die Sommerfrüchte dieser Twotimersorte sind ausgesprochen gross, wiegen ca 90 g. ‘Goutte d’or’ ist nicht nur eine Delikatesse, sie ist vor allem auch eine Show fürs Auge: Gross und birnenförmig, violett-rot gestreift, wobei die grüne Grundfarbe der Früchte zur Reife hin gelb aufhellt. Hier kommt eine neue Farbvariante ins Feigensortiment, wo wir sonst vor allem grün-gelbe Früchte und violett-braune Früchte sehen.
Das Fruchtfleisch ist nicht wie bei vielen Sorten deutlich rot-weiss eingefärbt, es ist hier eher ein mit Grün durchmischter Lachston, der sich in der frisch aufgeschnittenen Frucht zeigt. ‘Goutte d’or’ – und hier bewahrheitet sich vielleicht der Name, der ja auch Wassertopfen bedeutet – ist eine ausgesprochen saftige Sorte, und das Fruchtfleisch ist eher locker strukturiert. Das passt dann auch zum Geschmack, der zwar nur mittelsüss ist, aber dafür auch besser als intensiv supersüsse Sorte zu anderen Speisen passt. Ähnlich wie bei ‘Ariane’ habe ich beim Genuss immer wieder gedacht, dass hier wohl Schinken oder wieder Rohschinken ideal kombiniert werden könnte. Aber warum denke ich nur an Fleisch, wenn ich Feigen geniesse? Vielleicht ist die Ab- und Ausschweifung aber auch nur ein Zeichen dafür, dass langsam genug Feigen gegessen worden sind.
ist ebenfalls eine Twotimerfeige, deren Sommerertrag allerdings dem Herbstertrag gleichkommt, ihn manchmal auch dominiert. Die Sommerfeigen von ‘Violetta portughese’ sind deutlich grösser als die Herbstfeigen, letztere sind runder, die Sommerfeigen sind länglicher und birnenförmiger. Zur Reife der Sommerfrüchte im August zeigen sich auf der grünen Grundfarbe leicht violette Streifen, die zur Vollreife etwas intensiver und breiter werden, ja sich teilweise flächig ausbreiten. Das rotweisse Fruchtfleisch, dass sich zum Reifepeak auch braun-gelblich anfärben kann, ist feigentypisch süss und aromatisch. Positiv fällt mir bei ‘Violetta portughese’ ein zusätzlicher Anflug von Fruchtsäure auf, die man bei Feigen so nicht erwartet. Sie macht aber den Sommergenuss angenehmer und… fruchtiger.