Eine der schönsten Sehenswürdigkeiten am Gardasee sind die Zitronengewächshäuser, die Limonaia, die vor allem im nördlichen Teil des Sees in Limone sul Garda bestaunt werden können. In diesem Beitrag berichte ich von der interessanten Geschichte der Limonaia, wo und wie ihr sie besichtigen könnt und und was uns das Jahrhunderte alte Pflegewissen des Zitronenanbaus am Gardasee verrät. Bei Fragen zu tollen Gartenzielen am Gardasee oder den Limonaia könnt ihr euch wie immer am Ende des Beitrags melden.
Inhaltsverzeichnis
Zitronen am Gardasee
Was nördlich der Alpen die Orangerie, ist in Italien die Limonaia. Dort, wo es auch im Land, wo die Zitronen blühen, frostig wird, wurden die Limonaia eingesetzt, um vor allem Zitronenbäume im Winter zu schützen. Während die Orangerien allerdings dazu dienten, Orangenbäume zu Schau- und Repräsentationszwecken zu beherbergen, hatten die Limonaia einen rein praktischen Nutzen. Sie dienten dazu, kleine Zitronenplantagen rund um den Gardasee im Winter vor Frost zu schützen. Deren Geschichte geht bis auf die Renaissance, vermutlich das 15. oder 16. Jahrhundert zurück. Sie stammen also aus der Zeit, in der Fernhandel und neue bürgerliche Freiheiten Familien wie die Medici reich machten. Die Medici waren nicht nur Kunst- sondern auch Zitrussammler und bauten in ihren prächtigen Villen große Zitrussammlungen auf.
Die Zitronen am Gardasee aber waren vor allem für die Mitte Europas bestimmt. Als nördlichstes Anbaugebiet hatte Limone den kürzesten Weg in die Metropolen des Nordens. Dort fanden Zitronen als Statussymbol und Genussmittel, Grundstoff für Parfüms und andere Aromen reißenden Absatz. Allerdings dauerte der Zitronenboom am Gardasee nur bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Neue Transportmöglichkeiten machten es erschwinglich, günstiger produzierte Zitrusfrüchte aus dem Süden Italiens gen Norden zu bringen. Außerdem wurden Zitronenaromen und auch -essig zunehmend künstlich hergestellt. Die Limonaia am Gardasee gerieten in Vergessenheit, viele verschwanden ganz.
Besuch in der Limonaia
Doch zum Glück gibt es einige wenige Zitronengewächshäuser in Limone und anderen Orten, die heute noch besichtigt werden können. Für Gardaseebesucher mit Zitrusfaible ist ein Ausflug nach Limone, der heimlichen Zitrus-Hauptstadt am Gardasee ein Muss. Im Ort selbst und in benachbarten Orten lassen sich einige schöne Zitronengewächshäuser besichtigen. Besonders gut erhalten ist die Limonaia von Castel im Zentrum von Limone. Sie ist seit 2004 ein wunderbarer Zitrusgarten mit tollen, sehr großen Pflanzen und einem kleinen Museum über die Geschichte der Zitruspflanzen des Zitronenanbaus am Gardasee. Im Museum finden sich viele interessant gestaltete Schautafeln zur Zitrusgeschichte und zu einzelnen Zitrusarten. Die Limonaia von Castel ist im Zeitraum von April bis Oktober täglich von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet und kann für ein überschaubares Eintrittsgeld besichtigt werden.
Aufbau der Limonaia
Die Limonaia von Castel ist -typisch für die Zitronengewächshäuser des Gardasees- am Fuße eines Bergs gebaut. Daraus ergibt sich ein terrassenförmiger Aufbau. Voraussetzung für die Anlage einer Limonaia war ein Bach, der das Gewächshaus mit Wasser versorgte, und die Möglichkeit, die empfindlichen Pflanzen vor Wind und Wetter zu schützen. So entstanden einfache Gebäude in geschützten Tallagen, die eine geschlossene Rückwand und auch Seitenwände hatten. Die Süd- oder Südostseite aber waren offen, um die Pflanzen mit Sonnenlicht zu versorgen. Das Dach war im Sommer offen, aber mit Balken versehen. Diese werden von Stützpfeilern getragen, die der Limonaia ihr charakteristisches Aussehen geben. Auf die Stützpfeiler werden im Winter Bretter gelegt, um die Pflanzen vor Frost und Schnee zu schützen. Die Südseite wird im Winter ebenfalls mit Brettern verschlossen, zwischen die aber auch einzelne Glasscheiben eingesetzt werden. So bekommen die Pflanzen genau die richtige Menge Licht für kühle Temperaturen.
Die Pflanzen
Die Limonaia von Castel zeigt die große Vielfalt der Zitruspflanzen. Es finden sich große Pomeranzen, Orangen- und Zitronenbäume. Aber auch kleinere und seltenere Pflanzen wie die Zedratzitrone, Bergamotte oder Kumquat gehören zum Pflanzenbestand. Die Größe der Pflanzen und der üppige Fruchtbesatz zeigen wie günstig das Klima hier am Gardasee ist. Dieser wirkt wie eine Warmwasserheizung, die auch die nördlichen Berghänge mit Wärme versorgt. Die Wärme steigt vom Wasser den Berghang hinauf und erwärmt die Limonaia. Durch das teiloffene Gebäude wird die vom Wasser kommende Wärme aufgenommen und im Gewächshaus gestaut. Ein ideales Zitrusklima entsteht.
Die Limonaia im Winter
Allerdings mussten die Zitronengewächshäuser früher regelmäßig im Winter geheizt werden. Das geschah durch einfache Holzfeuer. Die Überwinterungssaison begann damals am 25.11., dem Namenstag der Santa Catharina. Im Gespräch mit einer Aufsicht in der Limonaia erfuhr ich, dass in den letzten Jahren aufgrund des Klimawandels nicht mehr geheizt werden müsse. Allerdings werden die Gewächshäuser nach wie vor verschlossen, um die Pflanzen vor winterlichen Winden und Witterung zu schützen.
Von den Zitrusgärtnern vom Gardasee lernen
Auch wenn sich das Klima wandelt: die Bedürfnisse der Pflanzen sind heute die gleichen wie vor 100 oder 200 Jahren. Es gibt also einiges, was man von den Zitrusgewächshäusern am Gardasee übernehmen kann. An erster Stelle stehen mit Sicherheit die Vorteile der kühlen Überwinterung bei geringem Licht.
Die natürliche Wärmeführung
Noch interessanter aber ist sicher die natürliche Wärmeführung in der Hanglage. Dort steigt die warme Luft auf. Wenn die Zitruspflanzen wie in der Limonaia vor einer Rückwand stehen, kommt es zum Wärmestau, der das Gedeihen der Pflanzen deutlich unterstützt. Eine ähnliche Situation findet man in manchen Privatgärten, wenn Pflanzen unter einem Terrassendach stehen, das nur eine oder zwei offene Seiten hat. Nach diesen Prinzipien der natürlichen Wärmeführung kann man aber auch ohne Zitronengewächshaus viel für die Pflanzen tun. Sehr hilfreich ist zumindest für die Übergangszeit im Frühjahr und Sommer ein halboffener Raum oder Unterstand. Wenn man diesen in kühlen Frühjahrsnächten noch schließen kann, verlängert das die Wachstumszeit der Zitruspflanzen erheblich. Auch sollte man auf dem Grundstück, auf Balkon und Terrasse einmal erkunden, wo sich warme Luft sammelt und wohin diese fließt.
So sind die Zitronengewächshäuser am Gardasee nicht nur tolle Schaugärten für Zitrusfans sondern bieten auch Einblicke in Jahrhunderte alte Zitruskultur. Eine sehr detaillierte Darstellung zum Zitrusanbau am Gardasee findet man übrigens auf der Website der Kommune von Limone sul Garda.
Guten Morgen,
habe eine kleine Limonaia in Tignale /Gardasee erstanden und im Frühjahr mit 11 großen Bäumen bestücken lassen. Für jeden einzelnen wurde ein dort übliches Gerüst erstellt und mit einem (eher unüblichen) Zelt für den Winter versehen. Jetzt werden jedoch ganz außergewöhnliche Temperaturen mit -11 Grad gemeldet.
Kann ich außer Kerzen in die Zelte noch andere Akutmaßnahmen ergreifen?
Wie kalt war der Winter 1927 /28 EIGENTLICH, ALS DAMALS ALLE AGRUMI ERFROREN SIND ?
Mit besten Grüßen
W.Kater
Sehr geehrter Herr Kater,
im Vergleich zu Kerzen dürfte eine Heiz-Gebläse oder Holzfeuer effektiver sein. Mit einem Zelt haben Sie ja im Vergleich zu den Original-Limonia weniger Schutz vor Kälte, so dass Sie die Temperatur für die Bäume auf jeden Fall wärmen müssen. Historische Wetterdaten kann ich Ihnen leider nicht liefern.
Bei weiteren Fragen dürfen Sie sich gerne melden.
Viele Grüße
D. Große Holtforth