Seit einigen Jahren gibt es immer mehr kernlose Wassermelonen in den Supermarktregalen. Aber eigentlich sollten Früchte normalerweise doch Samen enthalten, irgendwie scheint das hier nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Wie entstehen solche Samenlosen Wassermelonen eigentlich und wie werden kernlose Wassermelonen gezüchtet? Sind kernlose Wassermelonen wirklich ganz ohne Kerne oder sind es eher kernarme Wassermelonen? Gibt es auch noch anderes kernloses Obst und funktioniert dieses genauso wie die kernlosen Wassermelonen? Im Lubera®-Shop können Sie Melonen Pflanzen kaufen und direkt im eigenen Garten kultivieren.
Inhaltsverzeichnis
- Warum enthalten Wassermelonen überhaupt Samen?
- Sind kernlose Wassermelonen genmanipuliert?
- Sex bei Wassermelonen und Menschen
- Wenn es Fruchtbarkeitsproblem gibt
- Was mit den Chromosomen bei der Fortpflanzung passiert
- Kernlose Wassermelonen haben eine ungerade Chromosomenzahl
- Kernlose Wassermelonen sind triploid
- Wie wird eine samenlose Wassermelonen Sorte gezüchtet?
- Kernlose Wassermelonen können auch Kerne enthalten
- Kann man die Samen einer kernarmen Wassermelone aussäen?
- Gibt es auch andere Kernlose Früchte und wie funktioniert das bei denen?
Warum enthalten Wassermelonen überhaupt Samen?
Früchte ohne Samen scheinen vielen Menschen suspekt, egal ob es sich hierbei um kernlose Wassermelonen oder Samenlose Trauben handelt. Das ist doch nicht normal, wenn eine Frucht keine Samen hat, oder? Falls Sie sich solch eine Frage auch schon gestellt haben, so haben Sie natürlich recht. Die einzige Daseinsberechtigung von Früchten liegt darin, dass diese Samen enthalten. Denn warum steckt eigentlich eine Pflanze so viel Energie in die Produktion von Früchten? Sie möchte sich vermehren und Nachkommen in die Welt setzen. Das saftige Fruchtfleisch ist nur dazu da um Tiere (oder auch uns Menschen) anzulocken, damit diese die Früchte essen und durch ihren Kot die Samen weiterverbreiten. Wenn wir also eine Melonenpflanze anbauen, werden wir Menschen somit in Wahrheit von den Pflanzen manipuliert, mit dem Ziel die Melonensamen überall auf der Welt zu verbreiten. Somit ist es sicher nicht im Interesse einer Pflanze Früchte ohne Samen zu produzieren.
Sind kernlose Wassermelonen genmanipuliert?
Wenn die Pflanze also kein Interesse an Früchten ohne Samen hat, dann muss doch sicher der Mensch da reingepfuscht haben? Haben wir Menschen also den Spiess umgedreht und die Wassermelone dazu gezwungen, uns Früchte zu schenken, aber ohne die für sie notwendigen Kerne? Genau das ist passiert, aber um es schon mal gleich vorneweg zu nehmen, bei samenlosen Wassermelonensorten wurde keine Gentechnik eingesetzt. Man hat sich vielmehr ein natürliches Phänomen zunutze gemacht, welches zum Beispiel auch beim Maultier dazu führt, dass dieses Tier steril ist und keine Nachkommen zeugen kann.
Sex bei Wassermelonen und Menschen
Die Fortpflanzung bei Wassermelonen und Pflanzen im Allgemeinen ist im Prinzip ganz ähnlich wie der Sex bei Menschen oder Tieren. Man braucht eine männliche Blüte, welche Pollen produziert (was im Prinzip das Gleiche wie das Sperma bei den Menschen ist) und eine weibliche Blüte welche Eizellen enthält. Der männliche Pollen muss zur weiblichen Eizelle im Fruchtknoten, wo er dann mit ihr verschmilzt und einen Embryo bildet. Dieser Embryo ist ein zukünftiger Samen der Frucht.
Wenn es Fruchtbarkeitsproblem gibt
Was passiert aber beim Maulesel oder bei den samenlosen Wassermelonen? Hier wird einerseits schon kaum fruchtbarer Pollen (bzw. Sperma) gebildet und andererseits schafft es dieser dann nicht richtig mit der Eizelle zu verschmelzen. Das Ergebnis ist beim Maultier, dass kein Maultierembryo gebildet werden kann und das selbe passiert auch bei der Wassermelone. Der Pollen möchte mit der Eizelle verschmelzen und wieder tolle Wassermelonenembyros (Samen) erschaffen. Jedoch klappt das nicht wirklich und heraus kommt entweder gar nichts oder nur Fehlgeburten (das sind dann die kleinen weissen Samen).
Was mit den Chromosomen bei der Fortpflanzung passiert
Um es kurz zusammen zu fassen: Samenlose Wassermelonen haben keine Samen, weil sich der Pollen nicht richtig mit der Eizelle verbinden kann. Woran liegt es nun aber genau? Der Grund hierfür liegt in den Genen oder um genauer zu sein in den Chromosomen. Der Mensch hat Beispielsweise 46 Chromosomen, wobei diese jeweils in 23 Paaren zu je 2 Chromosomen zusammenliegen. Bei der Fortpflanzung jedoch gibt sowohl der Papa im Sperma als auch die Mama in den Eizellen jeweils nur die Hälfte, also 23 Chromosomen weiter. Wenn dann das Spermium sich mit der Eizelle verschmilzt treffen jeweils die korrespondierenden Chromosomen aufeinander und verschmelzen wieder zu neuen Chromosomenpaaren. Somit hat der Embryo wieder 46 Chromosomen, 23 von Mama und 23 von Papa.
Kernlose Wassermelonen haben eine ungerade Chromosomenzahl
Damit das Verschmelzen vom männlichen Sperma (oder Pollen) mit der weiblichen Eizelle gut funktioniert müssen also sowohl der Pollen als auch die Eizelle die gleiche Anzahl an Chromosomen haben, damit sich die korrespondierenden Chromosomen wiederfinden und verschmelzen können. Ansonsten können sich die einzelnen Chromosomen nicht zu Paaren zusammenfinden und der Embryo ist nicht überlebensfähig. Genau das ist jetzt auch das Problem bei den kernlosen Wassermelonen und beim Maultier. Sie haben jeweils ungerade Chromosomennummern. Beim Maultier sind es 63 Chromosomen und bei der kernlosen Wassermelone 33. Wenn also die kernlose Wassermelone Pollen oder Eizellen ausbilden will und ihre 33 Chromosomen dazu halbieren möchte, so schafft sie es nicht. Entweder kommen dabei zu viele, zu wenige oder verkrüppelte Chromosomen heraus, was alles blöd ist. Wenn nun dieser Pollen und die Eizelle aufeinandertreffen und verschmelzen wollen, so geht es zu, wie auf einem Kindergeburtstag bei dem es nicht genug Kuchenstücke gibt. Am Ende streiten sich alle Kinder, wer jetzt welches Stück bekommt: Es gibt ein grosses Schlamassel, zerrissene Kuchenstücke und am Ende gehen viele Kinder leer aus. Die Pflanze schafft es nicht richtig schöne Chromosomenpaare zu bilden, bei denen am Ende alle glücklich sind. Es entstehen entweder gar keine Embryonen (Kerne), ober aber nicht überlebendfähige Embros (das sind die weissen Kerne) welche zu viele, zu wenige oder falsch zusammengewürfelte Chromosomen besitzen.
Bilder: Bei der klassischen, kernlosen Wasermelone sind höchsten ein paar weisse, nicht richtig entwickelte Kerne zu sehen.
Kernlose Wassermelonen sind triploid
Jetzt wissen wir es also: Kernarme Wassermelonen können keine Samen bilden, da sie eine ungerade Chromosomenzahl besitzen. Aber warum haben die Samenlosen Wassermelonen denn eigentlich keine „normale“ gerade Chromosomenzahl wie jede anständige Pflanze?
Normale Wassermelonenpflanzen haben eine schöne gerade Anzahl an Chromosomen: 22 Stück. Sie sind diploid, haben also jedes Chromosom doppelt, wie es auch so sein soll. In dieser Ausführung funktioniert die Bildung von Pollen oder Eizellen meist ohne Probleme. 11 Chromosomen gehen in den Pollen und 11 in die Eizelle und sie treffen bei der Befruchtung wieder zusammen und bilden wieder 22 wunderschöne Chromosomen die in jeweils 11 Paaren vorliegen.
Wie wird eine samenlose Wassermelonen Sorte gezüchtet?
Um eine samenlose Sorte zu erhalten wird erst einmal der gesamte Chromosomensatz einer Wassermelonensorte verdoppelt. Diese Melonen haben nun 44 Chromsomen oder 4 x 11 Chromsomen, man nennt sie tetraploid. Aber wie kommt man überhaupt zu so einer tetraploiden Sorte, wenn ja eigentlich alle „normalen“ Melonensorten nur 2 Chromosomensätze haben? Hierzu wird eine Chemikalie namens "Colchicin" eingesetzt. Colchizin kommt als giftiges Molekül auch natürlich in der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) vor und führt dazu dass man diese hübsche im Herbst blühende Zwiebelpflanze unter keinen Umständen essen sollte. Colchicin wirkt als "Spindelgift", was ganz einfach bedeutet, dass wenn eine Zelle sich verdoppeln will, sie zwar ihre Chromosomen verdoppelt (von 22 auf 44) diese sich jedoch nicht wie normal üblich wieder zu zwei Zellen à 22 Chromosomen aufteilen, sondern eine "siamesische Riesenzelle" bilden. Alternativ zu Colchizin wird auch das Herbizid "Oryzalin" verwendet, da es weniger gefährlich in der Handhabung ist und eine ähnlich Wirkungsweise besitzt.
Diese so im Labor erzeugten tetraploiden Melonen mit 44 Chromosomen sind fruchtbar und machen Samen wie ganz normale diploide Melonen mit ihren 22 Chromosomen. Warum? Weil beide eine gerade Anzahl an Chromosomen haben.
Aber wie kommen wir zu unseren Samenlosen Wassermelonen mit 33 Chromosomen? Hierzu wird einfach solch eine künstlich erzeugte tetraploide Melone mit einer normalen diploiden Melone gekreuzt. Das funktioniert auch wunderbar, jedoch hat jetzt die neue Sorte mit 33 Chromosomen eine ungerade Anzahl an Chromosomen und ist Samenlos.
Kernlose Wassermelonen können auch Kerne enthalten
Pflanzt man nun eine solche kernlose triploide Wassermelone neben eine normale Wassermelone so kann es sehr selten vorkommen, dass diese auch ein paar richtige Samen produziert. Wie kommt das Zustande? Die normale Wassermelonensorte macht schönen vitalen Pollen, der auch gerne von fleissigen Bienchen auf die Blüten der samenlosen Wassermelone gebracht wird. In den allermeisten Fällen schafft es dieser Pollen nicht sich erfolgreich mit den Eizellen der samenlosen Sorten zu verbinden, denn wir erinnern uns: Aufgrund der ungeraden Chromosomenzahl haben fast alle dieser Eizellen verkrüppelte oder unzählige Chromosomen. Jedoch wie es der Zufall so will, gibt es ab und zu auch eine Eizelle mit der richtigen Anzahl an Chromosomen, welche sich erfolgreich mit dem guten Pollen verbindet und schöne Samen bildet.
Dies ist auch der Grund warum heute samenlose Wassermelonen meist als "kernarme Wassermelonen" bezeichnet werden. Oft enthalten sie halt doch ein paar vereinzelte Samen. Die meisten Samen sind jedoch total unterentwickelt, verkrüppelt, klein, weiss und kaum spürbar. Fruchtbare Samen erkennt man daran, dass sie schwarz ausgefärbt sind und in einem Wasserglas untergehen und nicht an der Oberfläche schwimmen.
Bild: Die Wassermelone 'Blacktail Mountain' mit unterentwickelten, weissen Kerne sowie normale, braune Kerne.
Kann man die Samen einer kernarmen Wassermelone aussäen?
Ja, man kann die schwarzen, schweren Samen pflanzen und dadurch mehr "kernlose" Wassermelonen erhalten. Damit dies Pflanzen jedoch Früchte ansetzen, müssen Sie jedoch neben ihre kernlosen Wassermelonen auch normale (diploide) Wassermelonen mit Samen pflanzen und dafür sorgen, dass es zu einer Fremdbestäubung kommt.
Gibt es auch andere Kernlose Früchte und wie funktioniert das bei denen?
Sicher haben sie beim Gang durch die Supermarktregale schon zahlreiche andere kernlose Obstvarianten gesehen: Kernlose Clementinen, Weintrauben, oder vielleicht sogar samenlose Äpfel? Handelt es sich hier auch um triploide Sorten wie bei Wassermelonen?
Viele ältere Apfelsorten wie Jonagold sind ebenfalls triploide Sorten. Und genauso wie die triploiden Wassermelonen benötigen sie auch eine diploide Bestäubersorte und bilden meist nur verkrüppelte Samen aus. Jedoch werden diese kaum als wirklich kernlos wahrgenommen.
Bei den meisten anderen Obstarten liegt ein anderer Mechanismus der Samenlosigkeit zugrunde. Es handelt sich um die sogenannte Parthenokarpie oder Jungfernfrüchtigkeit. Wie der Name schon andeutet schaffen es viele Pflanzen wie Bananen, Orangen oder Birnen Früchte auszubilden ohne dass eine Bestäubung stattgefunden hat. Meist handelt es sich hierbei um eine natürlich vorkommende Mutation, welche dazu führt, dass besonders viel des Pflanzenhormons Auxin produziert wird. Dieses Hormon Auxin regt dann die Fruchtbildung an. Somit handelt es sich hierbei eher um einen Fehler der Natur, da eine Pflanze ja nichts von Früchten ohne Samen hat. Jedoch haben Menschen schon früh den Wert solcher samenlosen Sorten erkannt und diese dann zum Beispiel wie bei kernlosen Trauben durch Steckhölzer vermehrt.
Sind die verwendeten Herbizide schlussendlich in der Kernarmen Wassermelone?
Guten Tag. die Gifte werden nur in ganz geringen Mengen eingesetzt, wenn ein Elternteil der Melonen zur Ausbildung genetisch ungewöhnlichen Samen gereizt werden soll (vereinfacht ausgedrückt). Dabei werden Prozesse imitiert, die auch in der Natur vorkommen. Die Züchter warten aber nicht darauf, dass dieser Prozess auf natürliche Weise durch Zufall passiert, sondern provozieren diesen Fall gezielt mit Giften, die teilweise natürlich in anderen Pflanzen natürlich vorkommen. Die Anwendung dieser Gifte wird im Anbau nicht genutzt. Wenn Sie ihre Melonen anbauen, wird das in der Züchtung eingesetzte Gift nicht mehr nachweisbar sein.
Ihr Lubera Team