Antwort von einem ebenso temperamentvollen Bienen-Bewunderer
Lieber Markus,
Deinen Artikel “Bienenfreundlich!” oder eher deine laaaange Tirade im Gartenbrief vor zwei Wochen auf die Menschen, die bienenfreundliche Pflanzen bevorzugen, kann ich so einfach nicht stehen lassen. Ja, ich gehöre zu den merkwürdigen Menschen, die bienenfreundliche Pflanzen in ihren Gärten bevorzugen und das zuzugeben grenzt nach deinem Artikel ja schon an ein “Outcoming”, dessen man sich schämen müsste.
Bin ich wegen meines Wunsches, den krankheits- und pestizidverseuchten Bienen helfen zu wollen, selbstsüchtig, egoistisch, kompensatorisch, ohne Blick für das große Ganze, will ich dummer Mensch die Welt retten, etwas tun, das eh nicht weh tut, überschätze ich mich maßlos und vergöttere ich die Bienen während ich andere Insekten hasse und vernichte?
Wohl kaum!!!!
Und ich gehöre auch nicht zu den von dir zitierten Lehrern, Ärzten, Sozialarbeitern und Intellektuellen, die neuerdings so schick und fashionable Bienen halten, um damit in ihren Gutmenschenkreisen anzugeben. Dabei ist es eh dieses kopfarbeitende Klientel, das auch schon – ebenso schick und fashionable – Hühner im Urban Garten gehalten hat, eine Ziege oder gar ein Schwein, weil das so gut kommt bei den Kollegen und Parteifreunden, dieses Selbstversorger-Ding, dieses kompensatorische Besserwisser-Weltenretter-Gehabe, das sie abhebt von den ach so spießigen Schreber-Gärtnern.
Tja, bis sie eben gemerkt haben, dass das ach so schicke Hochbeet dreckig und schlammig ist, dass sich allerlei Getier auf dem ebenso schicken Grünkohl für den Hightech-Smoothie befindet, dem man mit dem so hochgelobten Neem-Öl nicht Herr wird, dass die lackierten Fingernägel abbrechen, wenn man den Kompost umschaufelt, dass die Hühner mit ihrem hungrigen Gackern den Sonntagsschlaf stören und die Schweine nicht niedlich sind, sondern Fressmaschinen, die rund um die Uhr versorgt werden wollen. Tja, all die guten Vorsätze (äh, das kompensatorische Verhalten) sind rasch erlahmt, die Tiere entsorgt, entweder im Tierheim oder auf dem (konventionellen) Bauernhof und das Hochbeet beherbergt nun einfache Blumen, statt arbeitsintensives Gemüse.
Und die Bienen, die jetzt so “in” in diesen Kreisen sind? Auch sie werden bald wieder entsorgt, beim nächstbesten Imker, oder eben diesen lächerlichen Schreber-Gärtnern und Spießbürgern, die schon seit Generationen an ihrer Scholle kleben, und die – jetzt höre gut zu lieber Markus – niemanden etwas beweisen wollen, weder dir noch dem Rest der Welt und schon gar nicht den Besserwisser-Weltenretter-Intellektuellen von nebenan.
Sie pflanzen bienenfreundliche Blumen und Sträucher, weil sie sich an den Bienen erfreuen und weil sie Mitleid mit ihnen haben, in einer Welt, die ihnen den Lebensraum raubt, sie vergiftet und sich einen Dreck um die Zukunft schert. Es sind diese einfachen Menschen, nicht die Intellektuellen, die selbstlos an die Bienen denken, weil sie so beruhigend summen, des Gärtners Auge erfreuen und des einfachen, bürgerlichen Imkers Herz erfreuen.
Ja, es ist so einfach, lieber Markus, und niemand von all diesen Menschen, die den Bienen EINFACH NUR SO etwas Gutes tun wollen, lässt sich hoffentlich von deinen Worten einschüchtern und verzichtet auf bienenfreundliche Pflanzen.
Das eine schließt das andere nicht aus. Wer den Bienen etwas Gutes gönnt, der gönnt sich auch selbst etwas Gutes, z.B. all die bunten Sommerblumen, die jetzt wieder in den Gärtnereien auftauchen, und die von Menschenhand so gezüchtet wurden, dass sie den Bienen keine Nahrung mehr bieten. Schön sind sie, aber mehr auch nicht. Und wer nimmt denn diese Ausgrenzungsaktionen vor, von denen du sprichst, wenn du diese sterilen Pflanzen so anpreist? Wenn dem so wäre, würde ja nicht vor jeder Gärtnerei und jedem Baumarkt dieses Meer an leblosen, bunten Sommerblumen prangen (und fleißig gekauft werden).
Ja, bienenfreundlich und bienenUNfreundlich, lebt friedlich nebeneinander im Garten des oft zitierten einfachen Mannes. Auch bei mir gibt es die gefüllte Englische Rose und eine Forsythie und eine Prachtdahlie. Aber stehen bleibe ich lieber beim Borretsch, beim Salbei, beim Mohn, in dem sich Bienen, Hummeln und andere Schwebinsekten nur so tummeln. Ganz egoistisch und selbstversunken stehe ich da, und freue mich am Leben und am Treiben in den Blüten, während ein Lächeln über mein Gesicht huscht. Dabei denke ich nicht daran, die Welt zu retten oder dem bienen-allergischen Obstzüchter das Geschäft mit den sterilen Pflanzen zu verderben, nein, ich freue mich einfach nur, ganz spießig, ganz kleinbürgerlich, ganz egoistisch. So einfach kann das Gartenleben sein.
Ranka Tessin
PS: Und ich werde weiterhin bevorzugt bienenfreundliche Pflanzen kaufen, ohne schlechtes Gewissen gegenüber den Pflanzen, die keinen Nektar und keine Pollen zu bieten haben und die meinen geflügelten Gartenbewohnern nichts gönnen wollen. Sie dürfen nur geregelt und vor allem limitiert in meinen Garten einwandern.
Herzlichen Dank, liebe Ranka, für Dein Lob und Kritik zum Gartenbuch und natürlich auch zur Bienenreplik;-) Am Ende sind wir da wohl nicht ganz so weit voneinander entfernt: Ich werde im nächsten Gartenbief auch mal einen Artikel zu bienenfreundlichen Lubera Pflanzen schreiben, und ab diese Woche läuft bei Lubera (erst nur in der Schweiz) eine Wildbienenhotelaktion, inklusive Wildbienen, die man so im Garten ansiedeln kann. Man kann ja gar nicht anders: Wir müssen die Themen aufnehmen, die in der Luft liegen, oder eher summen …
Die Punkte, die mir am Herzen liegen, sind aber:
-Wider das kompensatorische Bienenretten; aber ich habe nichts gegen das Bienenretten an sich
-Pflanzen sollten wenn möglich nicht gegeneinander ausgespielt werden
-Bienen sind nicht alleine, Insekten allgemein, Wildbienen, Hummeln, alles müsste Thema sein
Und dann gibt es da bei mir noch einen wahrscheinlich nicht wegzudiskutierenden philosophischen Unterschied. Historisch ist uns eine Hierarchie des Lebens eingebrannt worden, die den Menschen ganz oben, dann das Tier und ganz unten dann die Pflanzen sieht. Bei mir sind die Pflanzen weit oben, eigentlich noch über dem Menschen (aber das ist ziemlich schwierig, so zu denken … dazu sind wir uns zu wichtig), und da habe ich dann die grösste Hochachtung vor Pflanzen, die es geschafft haben, sich auch ohne Insekten fortzupflanzen. Aber ja, da braucht es halt dann meistens den Menschen, der die Vermehrungsaufgabe übernimmt …
Markus