...das sagten meine Kinder immer zu mir, wenn ich wieder mit den überflüssigen, mütterlichen Ratschlägen ankam, die da alle anfingen mit "Hättest du mal...". Satire und öffentliche Ironie waren halt schon immer mächtige Waffen der geknechteten Untertanen (Kinder) gegen die herrschende Klasse (Eltern) :-)
Jetzt sind die Kinder ausgezogen und ich muss diese Hätte-Sätze bei mir selbst anwenden, bzw. meinen Garten-Ich. Das macht doch immer wieder Fehler (denkt das Mütter-Ich). Aktuell werden die Lubera®-Tomaten kritisch bewertet. Und das obwohl sie meine totale Nichtbeachtung und mangelnde Pflege überlebt haben, was ja für sich gesehen schon enorm ist. Aber es kommt noch besser: Die harte Tour scheint ihnen gefallen zu haben.
Aber trotzdem, als Mutter kann man nicht aus seiner Haut. Da findet man immer ein Haar in der Suppe. Nach diesem grandiosen Sommerwetter (nur für das Gemüse, nicht die Gärtnerin), fällt mir beim Anblick der vielen dicken Fleischtomaten und kleinen Cherry-Tomaten trotz allem wieder das berühmt-berüchtigte "Hätte" ein:
- Hättest du doch bloß mehr davon gekauft! (Hättest dann endlich eine noch größere Ernte einfahren können).
- Hättest du sie bloß mal gedüngt! (Hätten sie höher/breiter wachsen können).
- Hättest du sie bloß mal ausgegeizt! (Hätten sie dickere Früchte getragen).
- Hättest du bloß größere Töpfe gekauft! (Hätten sie besser wachsen können).
Hätte, hätte, Fahrradkette. Nicht, dass ich keine Ernte hätte, beileibe nicht. Wenn ihr meine Tomaten sehen wollt, schaut mal auf meinem Instagram Account vorbei, der da heißt "thehealingberrygarden" (ist auf Englisch, weil ich nicht nur ein Fan vom Lazy Gardening bin, sondern auch vom Lazy Writing). Aber bei Instagram kommt es ja nicht auf den Text an, sondern auf die Bilder. Und falls ihr ganz sicher gehen wollt, dass ich euch nichts 'vortüddel' (vormache) mit meinen ganzen Ernten, von denen ich immer erzähle, dann schaut euch die Beweisbilder an :-)
Ich kann eigentlich nicht glauben, dass meine Tomaten mehr getragen hätten, wenn ich mich besser gekümmert hätte. Oder vielleicht doch? Hätte ich es besser machen können?
Tatsache ist, meine Tomaten hatten einen guten Start, kamen gesund an, bekamen sogar die Fruchtbare Erde Nr. 1 von mir, einen Stab in die Mitte des Topfes, sie wurden mit Bindeband angebunden und ich habe sogar einmal ausgegeizt, als sie noch klein und niedlich waren. Und dann, ja, dann kam das Leben dazwischen, mit aller Härte, sprich Krankheit und Sich-nicht-kümmern-können und die Tomaten mussten sehen, dass sie alleine klar kamen. Täglich einen Guss aus dem Wasserschlauch, o.k., aber das war’s denn auch schon. Kein Ausgeizen mehr, kein Dünger, kein gar nichts. Und statt mich abzustrafen und vor sich hin zu kümmern, wuchsen sie prächtig vor sich hin, bekamen auch gelbe Blätter, gegen die ich nichts unternahm, so dass es immer mehr wurden, aber trotzdem wurden Tomaten in rauen Mengen hervorgebracht. Die Fleischtomaten mit dem komischen Zahlen-Namen, den ich mir nie merken kann, produzierten sogar so viel, dass sie zusammenbrachen. Nicht gerade schlau, diese Tomate. Sie müsste doch merken, dass Überproduktion negative Konsequenzen hat. Aber trotz physischem Kollaps macht sie fröhlich weiter. Ich habe noch nie so viele dicke, plumpe, wonnig-sonnig-rote Tomaten an einer Pflanze gesehen!
Jetzt sind fast alle Blätter gelb und alle Tomaten reif geworden (rechtzeitig vor dem angesagten Regensturm) und ich brauche zum ersten Mal nicht mehr neidisch auf andere Instagram-Accounts von befreundeten Gärtner zu gucken, die mich seit Jahren mit ihren riesigen Tomaten-Ernte-Bildern neidisch gemacht hatten. Jetzt kann ich endlich mithalten, ha!
Oder hätte ich vielleicht doch ausgeizen sollen? Besser anbinden sollen? Etwas gegen die gelben Blätter spritzen sollen? Etwas düngen sollen? NEIN, ganz großes Doppel-Nein, die gesunden roten Lycopin-Bonbons haben alles richtig gemacht, trotz nicht einsatzfähiger Obergärtnerin. Mehr geht wirklich nicht. Oder doch? Tomaten produzieren am besten, wenn sie leiden, hat mal eine schlaue Tomaten-Expertin geschrieben. Man darf sie nicht verwöhnen, hieß es da. In meinem Fall war es dieses Jahr so: Zuckerbrot (die Fruchtbare Erde Nr. 1) und Peitsche (Dünger- und Liebes- bzw. Pflege-Entzug). Meine Tomaten-Fülle ist nun das lebendige Beispiel dieser eher ungewollten "Erziehungs-Methode". Normalerweise neige ich eher zum maßlosen Verwöhnen, bei Kindern als auch bei Pflanzen :-)
Bleibt rein theoretisch nur ein "Hätte" über: Hätte ich im Frühling bloß mehr Tomatenpflanzen gekauft. Aber wer ahnt denn schon, dass es so ein genialer Tomatensommer werden würde? Aber nach der Ernte ist ja bekanntermaßen vor der Ernte. Nächstes Jahr setze ich alles auf eine Karte, vertraue auf die Sonne und Lubera® und kaufe im Frühjahr alle Tomatensorten, die ich im Garten unterbringen kann (und vielleicht sogar etwas Dünger). Dann bleibt kein "hätte" mehr über. Höchstens ein "hättest du doch bloß eine größere Gefriertruhe gekauft."