Auch wenn wir bei uns in Europa nicht täglich mit Erdnussbutter und anderen Erdnussprodukten hantieren wie unsere Freunde in Amerika, gehören sie doch fest zu unserer Esskultur. Kein Steh-Apero ohne Erdnüsschen, keine Bar kommt ohne das Knabberzeugs aus und vor Weihnachten und vor allem zum St. Nikolausfest scheint das ewige Nüsschenrascheln und -Brösmeln gar nicht mehr aufhören zu wollen. Von keinem Gedanken angekränkelt, dafür umso mehr von den Nüsschen gesteuert, greift die Hand immer schon wieder nach den nächsten Erdnusshülsen, da kann der Kopf rein gar nichts dafür. Und jetzt die etwas überraschende Frage: Könnte man bei uns im Garten, im Beet oder im Topf nicht auch Erdnüsse anbauen? Ich bin kürzlich - wegen Peanuts! - nach Manchester geflogen, um auf diese Frage eine Antwort zu finden.
Die Wichtigsten Facts zu Erdnüssen
Erdnüsse (botanisch Arachis hypogaea) sind keine eigentlichen Nüsse, werden aber aufgrund des Aussehens und der Struktur der Früchte so beschreiben und benannt. Eigentlich sind Erdnüsse Hülsenfrüchte, woran ja auch der englische Name erinnert: Peanuts, Erbsennüsse. Und während der deutsche Name ganz nüchtern das Resultat und den überraschenden Wuchs- und Fundort beschreibt (Nüsse, die in der Erde wachsen), verweist der englische Begriff auf die korrekten botanischen Zusammenhänge: Erdnüsse gehören zu den Leguminosen, sind also mit Erbsen (Pea), Bohnen und Klee verwandt und auch die Blätter erinnern stark an diese Verwandtschaft. Überdies hat die Leguminosen-Zugehörigkeit einen entscheidenden Vorteil: Erdnüsse können wir ihre Verwandten Knöllchenbakterien beherbergen und so direkt aus der Luft den wachstumsnotwenigen Stickstoff binden. Sie kommen damit auch auf eher ärmeren und vor allem leichten Böden bestens zurecht. Der pH bei Erdnüssen ist idealerweis ganz leicht auf der sauren Seite - pH 6-7, bevorzugt wird wie gesagt ein leichter, eventuell sandiger Boden. Die Erdnüsse stammen ursprünglich aus Südamerika, aus den Anden und werden dort seit ca. 5000 Jahren angebaut und kultiviert. Die Domestizierung dieser Kulturpflanze hat dabei schon sehr früh stattgefunden, jedenfalls vor mehreren tausend Jahren. Heute werden Erdnüsse überall in warmen Ländern und Regionen angebaut, im subtropischen bis tropischen Klima. Wie bei so vielen Kulturen sind China und Indien die wichtigsten Anbauländer (mehr als alle anderen Länder zusammen); da diese Länder mit ihrer Esskultur aber fast alle ihre Erdnüsschen selber verzehren, kommen vor allem amerikanische Erdnüsse aus den Südstaaten (vor allem Georgia) auf den Markt. Der amerikanische Erdnussfarmer, der Präsident der Vereinigten Staaten wurde, Jimmy Carter, ist geradezu ein Sinnbild für den Anbau in den amerikanischen Südstaaten geworden. Ob es an den Peanuts, diesen nussähnlichen Kleinigkeiten oder gar an den gleichnamigen Cartoons (Peanuts) von Schultz hing, dass er nur einmal gewählt wurde?
Warum die Erdnüsse Erdnüsse heissen
Das Wichtigste hätten wir fast noch vergessen: Erdnüsse heissen natürlich Erdnüsse, weil die Früchte nicht hoch über der Erde, sondern in der Erde wachsen. Geotroph nennt man solche Pflanzen, zur Erde hin gerichtet, nach der Schwerkraft ausgerichtet. Ha, im übertragenen Sinn sind wir Gärtner ja alle ziemlich geotroph! Die Erdnuss müsste entsprechend also eine unserer Lieblingspflanzen sein... Und der Vorgang ist wirklich faszinierend: Die Erdnusspflanze entwickelt im basalen Teil der Triebe (je mehr Triebe, desto mehr Früchte) ihre Blüten, und nach der Befruchtung entwickelt sich aus dem Blütenboden so etwas wie ein Fruchtstiel, der sich nach unten, dem Boden entgegen, richtet und die entstehende Frucht in die Erde drückt. Schwer zu glauben, noch schwerer zu verstehen, aber die Schwerkraft machts möglich... Vielleicht sollte so ganz einfach das Überleben der Art gesichert werden, indem die süsse, schmackhafte und ölreiche Frucht vor Frassfeinden geschützt wurde. Und indem die Samen dort platziert wurden, wo sie - geschützt und eventuell auch nach einer Vegetationspause und schlechterem Wetter - ganz einfach weiterwachsen und einer neuen Erdnüsschen-Generation zum Leben verhelfen würden...
Bild: Blütenstiele bohren sich nach der Blüte in die weiche Erde - die Frucht reift unter der Erdoberfläche - und würde da wohl auch keimen
Die Erdnuss ist überdies selbstfruchtbar, befruchtet die Blüten meist selber, mit dem eigenen Pollen, und reproduziert sich damit immer wieder weiter... Nur zufällige Mutationen und zufällige Auskreuzungen zwischen verschiedenen Landrassen und Populationen sorgen für genetischen Austausch und für eine Neukombination der Gene. Das ist eher schwierig für die Entwicklung der Diversität (die man im Ursprungsgebiet auf kleinem Raum kaum findet, nur über grössere geographische Räume verteilt), aber praktisch für den Selbstanbauer und Gärtner, der ganz einfach seine bevorzugten Sorten wieder aussäen kann.
Für's Erdnüsse anbauen in Mitteleuropa wird es aber entscheidend sein, dass wenn möglich im Mai, nach den Frösten, starke Jungpflanzen ausgepflanzt werden, die dank dem Zeitgewinn gegenüber frisch ausgesäten Samen ihre Erdfrüchte, die Erdnüsschen auch in unserem Klima genügend ausreifen können.
Nochmals: Kann man in unseren Gärten Erdnüsse anbauen?
Nun, die Erdnuss ist eine einjährige Pflanze, die Problematik des Überwinterns stellt sich also nicht. Aber sie werden halt bisher ausschliesslich in tropischen und subtropischen Klimaten angebaut, und ganz so weit hat sich unser Klima dann doch noch nicht entwickelt. Aber wäre es nicht an der Zeit, doch mal auszuprobieren, ob sich die Erdnüsse nicht vielleicht doch als Gartenpflanzen - passend zu den unserem Fruit of the roots - Sortiment, passend auch zu Süsskartoffeln - eignen würden?
Etwas Hoffnung gibt die Herkunft aus Südamerika, aus den Anden. Wie bei anderen Kulturpflanzen auch könnte es gut sein, dass die Erdnüsse aus ihrer Heimat in den Anden eine viel grössere Anpassungsfähigkeit an kürzere Vegetationsperioden und etwas kältere Temperaturen mitbringen könnten als gedacht. Unterdessen bauen wir ja auch erfolgreich und in grossen Mengen Süsskartoffeln und Oca (Oxalis tuberosum) bei uns an. Deshalb finden Sie bei uns im Lubera Shop auch Süsskartoffel-Pflanzen zum Bestpreis.
Peanuts: Auch Kleinigkeiten sind wichtig
Also flog ich vorletzte Woche nach Manchester. Zuhause und beim Treffen mit einem Bekannten auf dem Flughafen beantwortete ich die Frage nach dem Wohin ganz kurz mit dem Hinweis: Peanuts, just Peanuts ;-) Ich flog also wegen Erdnüsschen nach Manchester, wo Lubera® Geschäftspartner einen ausgezeichneten Erdnussversuch angelegt und durchgeführt hatten.
Testanbau von Erdnüssen im Gewächshaus und draussen auf dem Feld
Die Versuchsanlage: 20 südamerikanische Landrassen im Vergleich mit 2 amerikanischen Erwerbsanbausorten, einmal in Töpfen im Gewächshaus kultiviert, einmal draussen auf dem Feld. Der Versuch profitiert natürlich in diesem Jahr vom aussergewöhnlichen warmen Wetter, aber als Korrektur kann man immerhin den Versuchsstandort berücksichtigen: Die subtropischen Erdnüsse wachsen in Mittelengland, fast 1500 km nördlich unserer Baumschule in Buchs, und immer noch 500 km von unserer Baumschule in Bad Zwischenahn entfernt...
Bild: Anbauversuch mit 22 Sorten Erdnüssen im Gewächshaus
Erdnüsse anbauen als Versuch - eine Bildergeschichte
Im Folgenden zeigen wir einige Bilder zum Erdnüsse anbauen und zur Ernte, um einen Eindruck von dieser für uns und unsere Gärten neuen Kulturpflanze zu vermitteln. Und wir formulieren nochmals unser Versuchsziel: Wir möchten Methoden und Sorten finden, mit denen Erdnüsse in Mitteleuropa im normalen Feldanbau, im Gartenbeet, aber auch im Kübel oder Topf angebaut werden können.
1385 Anbauversuche mit 22 Sorten Erdnüssen im Topf, im Gewächshaus: Das entspricht in etwa der Methode, mit der bis heute vereinzelt auch Hobbygärtnern Erdnüsse anbauen: Im Topf und im Haus, allenfalls im Wintergarten. Wir möchten aber mehr erreichen: Die richtigen Sorten und Methoden für einen Anbau draussen, sei es im Topf oder im Gartenbeet.
Bild: Ausgeschüttelte Erdnusspflanzen aus dem Topfanbau mit den ausgereiften Früchten
Bild: Diverse Landrassen im Vergleich - mit grossen Unterschieden bezüglich Ertrag, Fruchtgrösse, Anzahl der Nüsse pro Schale (1, 2, 4) und Farbe der Fruchthäutchen
Bild: Schöner buschiger Habitus einer amerikanischen Standardsorte: Mehr Triebe bedeuteten mehr Blüten, damit mehr Ertrag
Bild: Diversität bei Erdnüssen, eine Sorte mit Signalfarben
Bild: Freilandanbau, 22 Sorten im Vergleich, Abstand 25x25cm, wohl etwas zu nah, im sandigen Boden, bei einem PH von 6.5-6.8
Bild: Frisch ausgegrabene Erdnüsse in ihren noch feuchten Hülsen - und einige geschälte Nüsschen
Bild: Eher magere Ernte einer Wildsorte im Freiland; da muss noch mehr möglich sein... Aber diese Pflanzen wurden Mitte-Ende Mai in kleinen Plugs gepflanzt, uns schwebt eine starke Speedpotpflanze im 1.3L Topf vor... Und der Abstand müsste wohl eher 40-50 statt 25cm sein. Ebenfalls ist der Anbau auf Dämmen zu prüfen.
Erdnüsse anbauen im englischen und mitteleuropäischen Garten - die Resultate
Und was sind nun die Resultate dieses Erdnussversuchs? Oder mit anderen Worten: Hat sich der Flug nach Manchester nur wegen Peanuts gelohnt? Als Gärtner, muss ich dazu sagen, beschäftige ich mich ja permanent mit Peanuts, mit unwichtigen Kleinigkeiten, die wir dennoch für wichtig halten. Insofern ist der Flug nach Manchester nicht wirklich etwas Besonderes... Aber Ja: Der Flug hat sich gelohnt, ich habe extrem viel über Erdnüsse als mögliche Kultur für unser Klima und für unsere Gärten gelernt:
- Erdnüsse wachsen bei uns und tragen auch Früchte. Das ist schon mal gut!
- Die amerikanischen Kultursorten sind zwar wunderschön buschig formiert und haben dadurch ein hohes Ertragspotential, aber sie benötigen eine zu lange Kulturperiode, werden bei uns also nicht reif oder nicht genügend reif.
- Umgekehrt scheinen viele der speziell wegen der Kältetoleranz ausgesuchten Landrassen problemlos reif zu werden, und sie zeigen auch eine beachtliche und interessante Diversität: Bei der Farbe der Fruchthäutchen, bei der Anzahl und Grösse der Nüsse. Der Wuchs der Wildsorten ist aber in der Regel etwas weniger schön verzweigt, sparriger und auch stärker als bei den modernen amerikanischen Kultursorten.
Wie geht es weiter mit Erdnüssen bei Lubera®?
Auf dem Flug zurück nach Zürich, mit der Swiss gab es leider keine Erdnüsschen, nur Schweizer Schokolade. Aber in den 2 Stunden Flugzeit hatte ich genug Zeit, das Gesehene Revue passieren zu lassen und das weitere Vorgehen zu überlegen. Wir werden diese Versuche nächstes Jahr mit den in Manchester selektionierten favorisierten Sorten wiederholen, uns dabei aber auf den Freilandanbau, (im Topf und im Gartenbeet) beschränken. Dazu werden wir verschiedene Anbausysteme (normales Beet, Höhenpflanzung etc.) testen. Ich bin nach dem Besuch im nigelnagelneuen Erdnussland England ganz sicher, dass die südamerikanischen Landsorten eine interessante Perspektive für's Erdnüsse anbauen in Mitteleuropa bieten. Eine neue spannende Gartenkultur... Und doch alles nur Peanuts.
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Markus Kobelt