Es ist vollbracht – so oder ähnlich dachte und seufzte ich auch ein bisschen, als ich das unten vorgestellte Lubera® Gemüsebuch in Händen hielt. Dass ich je (zusammen mit Sabine Reber) ein Gemüsebuch schreiben würde, hätte ich zumindest vor 15 Jahren nicht gedacht. Hättet ihr mich damals nach Gemüse gefragt, so hätte ich unwissend und wohl auch etwas ungeduldig-arrogant mit der Schulter gezuckt. Mit Gemüse hatte ich nicht viel am Hut, ich war auf Gehölze, auf mehrjährige ausdauernde Kulturen, auf Obst und Beeren fokussiert. Gemüse war mir zu sehr 'Gemüse', grünes Zugemüse, ich wollte mich auch nur ungerne nach den Früchten der Gartenarbeit bücken. Ich erinnerte mich – eben schulterzuckend – an die Salatobsession meines Vaters, der Salate anbaute, als ginge es um das Leben, um das Überleben selber. Jeden Tag – 365 Tage pro Jahr – wollte er ganz sicher seine volle Schüssel mit Grünzeug bekommen! Bei den Tomaten war er dagegen eher an der Konstruktion des Schutzdachs interessiert als an den verheissungsvollen roten Früchten. Da konnte er nach Herzenslust Holzlatten, alte Antennen, all die sorgsam, aber in wildem Durcheinander in seiner Garage aufbewahrten, vermeintlich nutzlosen, Dinge einer sinnvollen Verwendung zuführen.
Inhaltsverzeichnis
- Der essbare Garten
- Inhalte des Buchs
- Gärtnern in neuen Zeiten
- Die unvollendete Kartoffel
- Ewige Gemüse®
- Einjähriges grünes Gemüse
- Die bunte Welt der Fruchtgemüse
- Kräuter und Gewürze
- Die Sorten im Lubera-Shop
- Fünf Fragen von Sabine Reber an Markus Kobelt
- Fünfeinhalb Fragen von Markus Kobelt an Sabine Reber
Der essbare Garten
Wie ich dann doch vom Gemüse-Saulus zum Paulus wurde, das erzähle ich im Tomatenkapitel unseres Gemüsebuchs… Jedenfalls spielten wieder Kindheitserinnerungen, vielleicht die frühesten Bilder, die ich überhaupt erinnern kann, eine wesentliche Rolle. Mehr kann ich hier selbstverständlich nicht verraten, sonst wird der eine oder die andere ja keinen zureichenden Grund mehr haben, das Buch zu bestellen. ;-)
Vor 10 Jahren kam dann bei Lubera (und bei mir) die systematische Entscheidung, das Gemüse für uns und unsere Kunden zu erschliessen und auch züchterisch tätig zu werden. Das Gemüsebuch markiert nun nicht den Abschluss, sondern eigentlich nur den endgültigen Aufbruch zu dieser Entdeckungsreise in die Welt der Gemüse. Und Bücken wird ja sowieso mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Obstbäume muss ich nicht mehr selber veredeln (auch das geht nicht ohne Bücken), aber nach einem Fruchtgemüse, einer Melone oder einem Rhabarberstiel die Hand auszustrecken, das mag schon angehen…
Ich würde nicht so weit gehen, dass ich mich jetzt einen Gemüseexperten schimpfen würde. Zu gross sind noch die Lücken, mein Interesse gilt vor allem den Wurzelgemüsen rund um die Kartoffel (die Kartoffel selber, aber auch das, was vor der Kartoffel war und vielleicht wieder kommen wird), den Fruchtgemüsen von der Tomate bis zur Melone und den mehrjährig anbaubaren Ewigen Gemüsesorten. Und die Grenzen des Wissens und der eigenen Erfahrung haben ja auch etwas Gutes: Schlichtes Unwissen hat mich davor bewahrt, noch mehr zu schreiben, noch mehr Pflanzen und Geschichten aufzutischen, die ich am Schluss dann, bei der Endredaktion des Buches wieder hätte streichen müssen. Ja auch das gehört zur Erfahrung beim Buchschreiben: Der Platz ist begrenzt… und Streichen tut weh!
Glücklicherweise aber hatte ich meine Co-Autorin Sabine Reber, die sich mit Elan, profundem Wissen, viel Disziplin und in einem unterhaltsamen Erzählton um die Gemüse gekümmert hat, die mir noch immer eher fremd sind: grünes Blattgemüse, die Kräuter, die Beikräuter, ja auch der Salat, ohne den mein Vater nicht leben konnte. Danke Sabine! Ohne dich und dein Vorwärtsdrängen hätte es ganz sicher kein Gemüsebuch gegeben!
Ein Buch zu schreiben, mitzuschreiben und dann loszulassen… das ist eine Erfahrung, die ein bisschen dem Abschicken einer Flaschenpost ähnelt: Wird die Botschaft ankommen? Und was ist eigentlich die Botschaft, die im Kopf des Lesers entstehen wird? Wer wird das lesen, wie wird es aufgenommen werden? Da sind Sabine und ich natürlich extrem ungeduldig, wer die Flaschenpost fischen wird und was ihr dazu antwortet.
Gebt uns doch bitte ein Feedback, am besten auch als Mail oder als Kommentar beim Artikel im Lubera-Shop. Was gefällt euch, und was nicht? Wo hättet ihr mehr erfahren wollen? Was denkt ihr über die eher philosophischen Einführungskapitel zum Garten und Gemüse, die sich zusammen mit uns und unserer Umwelt verändern, verändern müssen? Und wie kommen die Exkurse zur Züchtung an, die ich immer wieder eingestreut haben, wo wir zeigen wollen, wie neue Sorten für den lustvollen Gemüsegarten entstehen? Und wie gefallen euch die Bilder des Fotografen Stöh Grünig, der das unscheinbare Gemüse ins Rampenlicht, jedenfalls in ein neues Licht rückt?
Wer lesen mag, der lese…und sehe!
Aber bitte vergesst das Pflanzen und Gärtnern nicht!
Herzliche Grüsse
Markus Kobelt
Inhalte des Buchs
Markus Kobelt, der Gründer und Chef von Lubera und die Gartenbuchautorin Sabine Reber haben gemeinsam in die Tasten gegriffen und tatsächlich das Buch geschrieben, das sie schon lange geplant haben: Der essbare Garten – robuste Gemüse und Kräuter für Beet und Topf. Dass das Buch dabei etwas 'anders' geworden ist, das ist bei den beiden Autoren zu erwarten. Sie reproduzieren nicht die altbekannten Tipps und Tricks, sondern versuchen die Welt der Gemüsearten und -Sorten so zu zeigen, wie sie ist: Im fluss! Wenn sich die Welt, wenn sich die Temperaturen und Umwelteinflüsse ändern, dann kann auch der Gemüsegarten nicht bleiben, wie er immer schon war. Eine Sammlung alter Sorten ist zwar schön und wertvoll, aber sie müssen permanent angepasst und erneuert werden, damit wir Gärtner auch in der neuen – notabene menschengemachten – Umwelt damit zurechtkommen. So zeigt der Lubera-Gründer und Züchter ganz konkret am Beispiel der Tomaten, der Kartoffeln und vieler anderer Arten auf, wie neue Sorten gezüchtet oder sogar ganz neue Gemüsearten domestiziert und für den Anbau und den Genuss entwickelt werden. Und Sabine Reber weiss humorvoll Gemüsegeschichten zu erzählen, die immer wieder Lust auf die ebenso schweisstreibende wie lustvolle Arbeit am Gemüsebeet machen.
Was wir jetzt aber noch nicht erwähnt haben, weil man es eigentlich nur sehen kann: Die Bilder des Fotografen Stöh Grünig! Wo wir die Majestät und Schönheit der Gemüsepflanzen mit unserem abgestumpften Blick schon gar nicht mehr zu sehen vermögen, da zaubert Stöh Grünig über das Spiel von Schärfe, Unschärfe und Licht ihren inneren Kern, ihre Kraft- und Farben-strotzende Vitalität in unser Bewusstsein. Es ist nicht nur gesund, Gemüsepflanzen zu kultivieren und zu essen, es ist auch eine Augen- und Bewusstseinskur. Da müssen die so aktivierten Leserinnen und Leser unbedingt gleich mit Pflanzen und Säen beginnen!
Gärtnern in neuen Zeiten
Alles ändert sich, auch der Gemüsegarten und die Sorten. Der essbare Garten muss für das Hier und Heute und für die Zukunft neu entdeckt, neu interpretiert werden. Da werden eben nicht mehr nur beetweise und schön in Reih und Glied Salate und Kartoffeln gezogen, da wird mit Lust auch frisch und frei (und mit einigen wenigen Regeln) durchmischt und experimentiert. Und damit die Kartoffeln und Tomaten auch ohne Chemie und ohne aufwändige Tomatenhäuschen angebaut werden können, braucht es neue resistente Sorten, wie sie bei Lubera gezüchtet werden. Markus Kobelt erzählt in diesem Kapitel auch ganz konkret, wie die Freilandtomate 'Happy Black' gezüchtet wurde… Die Lektorin meinte zwar zu Beginn, dass so etwas nicht in eine Gartenbuch gehöre ("ihr schreibt ja kein Fachbuch"), aber genau diese Integration der züchterischen Arbeit für die neuen Sorten von Heute und Morgen macht einen entscheidenden Reiz dieses Gartenbuchs aus, das in der Tat auch ein Fachbuch geworden ist!
Die unvollendete Kartoffel
Eigentlich ist es ein Skandal, dass 150 Jahre nach der irischen und europäischen Hungersnot noch immer fast keine Kartoffelsorten angebaut werden, die resistent sind gegen die Kraut- und Knollenfäule, den hinterlistigen Eipilz, der vor 150 Jahren einen ganzen Kontinent Hunger aufzwang und Millionen von Toten verursachte. Was führte zu diesem Versagen der Landwirtschaft? Einerseits war es die hinterlistige Anpassungsfähigkeit des Krankheitserregers, der Phytophthora infestans, der immer wieder neue Varianten bildete. Es war aber auch die Agrarindustrie, die sich vorschnell damit zufrieden gab, dass die Krankheit chemisch bekämpft werden konnte. So konnten sie sich weiter auf das konzentrieren, was sie unter Qualität verstand: mehr Ertrag, schöne und gleichmässige Knollen, Stärkegehalt, die Eignung für McDonald’s… Lubera hat vor einem knappen Jahrzehnt damit begonnen, diese Lücke zu schliessen und lanciert gleichzeitig mit dem Buch die ersten vollständig gegen Krautfäule resistenten Kartoffelsorten, die Revoluzzer®-Kartoffeln. Selbstverständlich wird in diesem Erdfrucht-Kapitel auch auf die vielen anderen, im Garten immer wertvoller werdenden anderen Knollenpflanzen eingegangen: von der Süsskartoffel bis zur Oca.
Ewige Gemüse®
Einmal pflanzen, jahrelang ernten. Warum auch immer den neuen Setzlingen nachrennen, wenn es auch mehrjährig anbaubare und erntbare Gemüsearten gibt? Vom Rhabarber über den Baumkohl bis Meerkohl werden in diesem Kapitel eine Vielzahl von Ewigen Gemüsearten vorgestellt. Und zwei Exkurse zeigen, dass es auch bei den Ewigen Gemüse noch viel mehr zu entdecken, und vor allem zu züchten gibt. Oder hast du schon mal von der Knolligen Platterbste gehört, oder von einer Bohne, die es wieder lernen wird, auch mehrjährig zu wachsen, zu blühen und eine reiche Ernte zu tragen?
Einjähriges grünes Gemüse
Nach wie vor ist ein Grossteil der Gemüse grün und wird ausgesät. In diesem Kapitel werden eher herkömmliche Gemüsearten wie Bohnen, Salate, kesse Kressen, Kohl und Kabis besprochen. Vor allem aber plädieren die Autoren für mehr Durchmischung und mehr Experimentierfreude. Es geht nicht um die Anbauschlacht, sondern um das Probieren und Testen, am Schluss selbstverständlich immer mit der Belohnung des gesunden Genusses.
Die bunte Welt der Fruchtgemüse
Tomaten, Chili, Paprika und Co. stellen den stolzen Kern eines jeden Gemüsegartens dar und können problemlos auch auf Balkon und Terrasse angebaut werden. Es ist bei der um sich greifenden Angstmacherei vor fremden, ausländischen Pflanzen ganz heilsam, dass wir uns mit den Autoren vor Augen führen, dass fast alle Fruchtgemüse, nach denen wir so gedankenlos im Supermarktregal greifen, eigentlich aus weit entfernten Ländern, aus Südamerika und Asien stammen. Und auch hier ist die Anpassungsarbeit an unser Klima noch nicht zu Ende, die Reise der Tomaten von Südamerika in unseren mitteleuropäischen Garten muss erst noch vollendet werden. Lubera widmet deshalb einen Grossteil der Gemüsezüchtung den Fruchtgemüsen und versucht sie so anzupassen, dass sie problemlos auch im Garten oder auf dem Balkon, und zwar ohne zusätzlichen Witterungsschutz angebaut werden können. Bei den Tomaten gibt es schon die resistenten OpenSky® Tomaten; bei den Melonen hat Lubera gerade damit begonnen, die Pflanzen so widerstandsfähig gegen unser immer noch etwas zu feuchtes und zu kaltes Klima zu machen, dass sie im Garten bald schon besser und genussvoller kultiviert werden können, als auf südlichen Äckern. Vom Topf und Beet auf den Teller – das soll ganz einfach werden.
Kräuter und Gewürze
Ein Kapitel über Kräuter und Gewürze schliesst das Buch ab. Auch hier wird wieder ein besonderes Augenmerk auf mehrjährige, und damit nachhaltige Kräutersorten gelegt.
Die Sorten im Lubera-Shop
Selbstverständlich können die meisten der im Buch erwähnten Kräuter und Gemüsesorten auch im Lubera Shop gekauft werden, entweder als Samen oder aber als fertige Gemüsepflanzen. Nach dem Lesen, so ist das Buch gedacht, beginnt das Gärtnern!
Fünf Fragen von Sabine Reber an Markus Kobelt
Sabine: Willkommen im Club der Buchautoren! Wie hast du dich gefühlt, so zum ersten Mal dein eigenes Buch in den Händen zu halten?
Markus: Ganz schön stolz. Aber der Eindruck war etwas sehr gemildert, durch den gleichzeitig einsetzenden Frühling und die damit verbundene Gärtneraktivierung – bei uns, bei Lubera und bei unseren Kunden. Irgendwie werden wir Gärtner ja im Frühling in einen ganz anderen Modus versetzt, der den Winter nur noch als dumpfes Dahinvegetieren erscheinen lässt. Alles geht schneller, die Arbeit wird mehr, aber wir leisten auch viel mehr! Und ja, dann kam auch noch das Buch, dem der Frühling etwas die Show gestohlen hat.
Sabine: Wem schenkst du dein erstes signiertes Exemplar?
Markus: Signieren? Muss man das wirklich signieren? Könnte ich wählen, hätte ich lieber noch ein paar mehr Kapitel und Geschichten im Buch gehabt und würde im Gegenzug dann gerne auch die Signatur verzichten. Aber natürlich habe ich das jetzt gleich nachgeholt: Für meine Frau Magda, die eine viel bessere Gärtnerin ist als ich.
Sabine: Es war ja etwas eine Zangengeburt und wir haben einige Anläufe gebraucht (genaugenommen haben wir schon im Jahr 2019 mit unserem gemeinsamen Projekt angefangen!). Und jetzt, bist du stolz auf das Baby?
Markus: Natürlich bin ich stolz. Vor allem, dass das Buch auch fertig geworden ist! Am Schluss hatten wir halt dann viel zu viel Inhalt, es musste gekürzt werden, das tat mir einigermassen weh. Das bin ich vom Online-Schreiben her nicht gewohnt.
Sabine: Bei Büchern gilt im Gegensatz zu einem Webseitentext: In der Kürze liegt die Würze. Wir mussten stellenweise wirklich viel kürzen. Mir scheint, du hast es doch überlebt? War's sehr schlimm?
Markus: JA
Sabine: Du bist es gewohnt, selber der Chef von allem zu sein. Nun war das anders bei diesem Projekt, bei einem Buch reden ja ziemlich viele Leute mit. Wie war diese Erfahrung für dich?
Markus: Muss ich dazu wirklich etwas sagen? Ich rede und schreibe gerne, wie mir der Mund gewachsen ist und kühle auch gerne rhetorisch mein Mütchen. Bücher sind dafür eher nicht geeignet, aber gerade Gartenbücher werden auch entsetzlich langweilig, wenn man nicht einige Regeln verletzt und sich und den Lesern etwas zutraut. Jemand aus unserem Umfeld hat im Buchentstehungsprozess doch tatsächlich sinngemäss gesagt, wir würden unsere Leser eventuell überfordern, das sei kein Fachbuch! Das Fordern und Überfordern ist Pflicht! Die meisten Gartenbücher unterschätzen ihre Leser gnadenlos, sind manchmal geradezu eine Beleidigung.
Auch mit der Disziplin und mit dem Gehorsam tue ich mich eher schwer, es scheint sich nun als Spätfolge zu rächen, dass ich nie Militärdienst gleistet habe. Aber du Sabine! Ich hätte nie gedacht, dass du so diszipliniert bist, jedenfalls viel disziplinierter als ich. Wer hätte das gedacht?
Fünfeinhalb Fragen von Markus Kobelt an Sabine Reber
Markus: Sabine, wir waren ja mal zusammen an der Chelsea Flower Show, und ich war ganz überrascht, was du alles über die vielen Blüemli zu sagen hattest. Aber Gemüse? Wie kamst du zum Gemüse? Übers Kochen oder übers Gärtnern?
Sabine: Bei mir waren zuerst die Kräuter, und dann die Salate, damit habe ich angefangen, Ende der 1990er Jahre, als ich in Irland lebte. Es gab damals keine frischen Kräuter im Laden, also habe ich angefangen, mein Grünzeugs selber anzubauen. Aber eigentlich habe ich noch früher angefangen mit Gärtnern, mit einer anderen Art von Kräutern, seinerzeit in Biel als Gymnasiastin, da war das Cannabis-Kraut ziemlich hoch im Kurs, meine ersten ernsthaften gärtnerischen Anstrengungen bewegten sich durchaus im Bereich des Nützlichen.
Das Interesse für die Blumen kam dann in Irland, wo ich immer tiefer in die angelsächsische Gartenwelt eintauchte. Eigentlich habe ich das gar nicht gesucht, es ist einfach so passiert, eher unmerklich und über mehrere Jahre. Mich haben all diese wahnsinnig schönen Pflanzen fasziniert, die Englischen Rosen und die Staudenbeete, und diese enorme Vielfalt an Sorten. Mein Wissen und mein Garten sind immer grösser geworden, und irgendwann hat mich fast nichts anderes mehr interessiert. Ich finde die Welt der Blumen und der Botanik immer noch total spannend, das wird mir wohl nie verleiden. Übrigens, wollen wir nächstes Jahr mal wieder zusammen nach London? Wir könnten doch als nächstes was über Blumen machen.
Markus: Mich hat vor einigen Jahren deine Erzählung 'Meine Gärten zum Glück' beeindruckt, wo du darüber erzählst, wie du in Irland als Gärtnerin wiedergeboren wurdest. Was hast du damals in Irland als Gemüse angebaut. Kartoffeln?
Sabine: Die Kartoffeln sind da gar nicht so wahnsinnig gut gewachsen, weil es ja viel geregnet hat. Auch mit den Tomaten war es eher schwierig. Ich wäre damals sehr froh gewesen um deine neuen, gesunden Sorten! Gut wuchsen hingegen besonders die Kohlarten. Ich hatte riesige Kabisköpfe, und auch mehrjährige Sachen wie beispielsweise der Meerkohl oder der Ewige Kohl gediehen hervorragend und wuchsen zu enormen Stauden heran. Und Meerrettich oder Liebstöckel hatte ich auch nie mehr so grosse Exemplare wie damals in Donegal. Vor allem aber hatte ich Azaleen und Rhododendren und die über alles geliebten Meconopsis grandis. Mit denen ist es in der Schweiz etwas schwieriger.
Markus: HMM, die Inselfrage erübrigt sich bei dir ja, da du schon mal eine bewohnt hast... Ich versuche es trotzdem: Wenn du wieder nach Irland ziehen würdest, welche 5 Gemüsearten oder -sorten würdest du mitnehmen und anbauen?
Sabine: Deine robusten Tomaten- und Kartoffelsorten auf jeden Fall. Und Oca würden dort sicher hervorragend gedeihen – die kannte ich damals noch nicht. Die neuen Gurkensorten wären für das irische Klima gewiss auch interessant. Ob die Sonne reichen würde für Melonen, also das würde ich gewiss ausprobieren wollen.
Markus: Wie gesagt, kamst du mir beim Schreibprozess sehr diszipliniert vor. Da gab es aber auch einen Haufen Ski- und Bergtouren. Dazwischen. Du kamst vom Berg oder du gingst zum Berg. Wie hast du das gemacht? Und wie gehen Gemüse, Schnee und Fels zusammen?
Sabine: Ich habe mit den Bergtouren eigentlich angefangen aus botanischem Interesse. Ich finde ja Alpenpflanzen wahnsinnig faszinierend, siehe Meconopsis, die ja im Himalaya auf grosser Höhe gedeihen. Erinnerst du dich an den Showgarten der Alpine Garden Society an der Chelsea Flower Show? Das ist das Grösste, was die jeweils zeigen, einfach unglaublich! Diese Pflanzen sind ja unendlich schwierig zu kultivieren. Auch wenn ich irgendwo in einen botanischen Garten komme, dann suche ich stets die Alpenpflanzen – da sieht man, ob die Gärtner wirklich gut sind. In Edinburgh haben sie eine wahnsinnig kostbare Sammlung. Und in den Kew Gardens natürlich.... also mein Interesse für die Alpenpflanzen war schon in Irland da, und im Berner Oberland war mir dann rasch klar, dass ich eigentlich klettern lernen muss, wenn ich die Aurikeln, die Saxifraga und Mannsschild-Polster und vor allem die Edelweiss an ihrem natürlichen Standort sehen will. Auch bei den Skitouren ist es so, dass da oft ein botanisches Element vorkommt. Wir machen jeweils ein bisschen Witze darüber, wenn wir wegen Schneemangel mit den Ski auf dem Rücken hochkrakseln, und nennen das "botanische Skitouren".... aber mal im Ernst, die allerschönsten Touren sind jeweils die im Mai, wenn man von 3000 Meter durch den Sulzschnee hinabfährt und dann in diese Matten voller Küchenschellen und Enziane kommt, und überall gucken die Murmeltiere aus ihren Löchern. Die letzten ein, zwei Stunden tragen wir jeweils die Ski, und gehen durch diesen unglaublich reichhaltigen Frühlingsblumengarten ins Tal zurück.
Markus: Wir Menschen verändern uns, die Gesellschaft als Ganzes tut es, auch die Pflanzen und Gärten verändern sich. Wenn du aufs Gemüse blickst, was hat sich in den letzten 20 Jahren am stärksten verändert?
Sabine: Reden wir eher über die letzten 30 Jahre. Ganz klar verändert hat sich das Verständnis für den Bioanbau. Als ich angefangen habe, wurde in den Privatgärten allenthalben noch viel Gift verwendet. Das hat sich schon sehr grundlegend zum Besseren verändert. Und natürlich hat sich die Sortenauswahl verändert. Und das Balkongemüse! Das hat in den 1990er Jahren wirklich noch niemand gemacht. Wir hatten damals höchstens ein paar Hanfpflanzen auf dem Balkon, und ein wenig Basilikum und Schnittlauch, wenn überhaupt.
Markus: Wie denkst du, dass die Leserinnen und Leser unser Buch lesen und brauchen werden. Kannst du ihnen eine Gebrauchsanweisung geben. Gibt es Risiken und Nebenwirkungen zu beachten?
Sabine: Das grösste Risiko ist gewiss das Suchtpotential. Wer einmal entdeckt hat, wie toll die neuen Gemüsesorten schmecken und wie einfach sie anzubauen sind, wird gewiss immer noch mehr davon wollen. Und so geht es dann meistens dem Rasen an den Kragen: hier noch ein Stück umstechen für die Kürbisse, und da noch ein weiteres Tomatenbeet... und am Schluss kann man den Rasenmäher zum Verkauf ausschreiben, weil man ihn nicht mehr braucht.
Ansonsten würde ich raten: einfach ausprobieren, was einem Lust macht. Und das anbauen, was man auch gerne isst. Nur eben, der Appetit wächst ja bekanntlich beim Essen.
Danke für das Buch
Guten Tag
Wir wünschen dir viel Spass beim Lesen und freuen uns auf dein Feedback.
Herzliche Grüsse
Dein Lubera Team