Angst kann sehr wohl ein guter Lehrmeister sein – kurzfristig. Du weichst dem Hindernis, der Gefahr aus, du agierst und reagierst, du denkst in Szenarien und wählst laufend das Beste. Du lebst. Ein bisschen Angst gehört zum Leben.
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Angst als Dauerzustand
Aber Angst als Dauerzustand? Irgendwie habe ich den Eindruck, dass wir atemlos von Angst zu Angst getrieben werden und uns auch treiben lassen. Die Welt und die Weltmeere ersaufen im Plastik. Dem Klima geht die Luft aus. Und nun lesen wir jeden Abend die neusten Corona Nachrichten, als wäre es die Heilige Schrift. Damit Sie mich richtig verstehen: An all diesen Mega-Ängsten ist was dran – aber wir kommen gar nicht dazu, sie einzuordnen, wir werden von ihnen regelrecht aufgefressen.
Interessant ist, dass die jeweils letzte Angst fast zu verschwinden scheint, wenn eine neue Mega-Angst auftaucht. Wer spricht noch vom Plastik? Wer jetzt zu einer Klimademonstration aufruft, setzt sich vor allem den Vorwurf aus, die Abstandsregeln und die Versammlungsverbote nicht einzuhalten. Ganz offensichtlich und auch verständlicherweise sind wir unfähig, mehrere Mega-Ängste gleichzeitig zu leben. Angst erfasst uns Menschen leider allzu schnell ganz und ausschliesslich. Angst macht Angst… macht mehr Angst. Wir verlernen, zu relativieren und einzuschätzen. Zwischen Angst und Panik ist nur ein kurzer Weg.
Die Angst vor den Pflanzen
Zur grassierenden Angstkultur gehören aber auch kleinere Ängste. Sie stehen sozusagen in Reserve und können jederzeit aufgeblasen und aufgeladen werden. Meine regelmässigen Leser haben es sicher schon erwartet, jetzt komme ich zur Angst…. vor den Pflanzen. Invasive ausländische und fremde Neophyten verdrängen die guten und gewohnten einheimischen Pflanzen, fressen sie fast schon auf, sie schreien um Hilfe, ihnen muss jetzt geholfen werden. Ein Vaterlandsverräter und eine Ignorantin, die da nicht mitmachen! Dieses sekundäre Angstthema – die Angst vor den Pflanzen – taucht regelmässig zur Sauregurkenzeit in den Medien auf, wohl damit uns die Angst auch in der Ferienzeit nicht ausgehen möge.
Kaum gab es die ersten kleinen Lockerungen beim Corona-Lockdown in der Schweiz, da wollte eine übereifrige Beamtin bei uns in Buchs schon eine physische Kontrolle nach invasiven Neophyten durchführen. Und weil sie es jetzt schon so lange beamtenseelen-alleine im Homeoffice ausgehalten hatte und die weite gefährliche Reise von der Kantonshauptstadt zu uns nicht alleine antreten wollte, kündigte sie zu allem Überfluss an, dass sie ihren Kollegen aus dem Nachbarkanton mitnehmen wolle. Dazu Zitate aus Verordnungen, Kostenfolgen; kurz, alles was man von so einem Amtsbrief erwarten darf. Wie die Geschichte ausging? Der Amtsleiter hat sich unterdessen für das unpassende Vorgehen entschuldigt, die reiselustige Dame leider nicht. Die Kontrolle fand nun nur virtuell auf unserer Homepage statt: Wir wurden aufgefordert, eine Handvoll Stauden aus dem Sortiment zu nehmen und sollen nun jeden Käufer von Sommerflieder über die grossen Gefahren aufklären, die von dieser Pflanze für die Umwelt zu erwarten seien… Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, wir werden hier über die Fortsetzung gerne berichten ;-)
Neben einer schon ziemlich unfassbaren Dummheit grassiert hier vor allem eines: ANGST. Angst in Überdosis macht dumm. Pflanzen fressen Umwelt, ja fast schon: Pflanzen fressen Menschen… Und das muss verboten, davor muss jeder gewarnt werden. Wo noch hinten und vorne keine Angst ist (und wenig bis gar kein Grund dafür), wird sie geschürt, gehegt und gepflegt, bis dann eines Tages ihre Zeit kommt: Sorry, wir können uns Pflanzen eigentlich gar nicht mehr leisten, sie sind einfach viel zu gefährlich.
Haben Sie gemerkt, dass ich jetzt übertreibe? Das Problem daran: Wir beide – Sie und ich – sind nicht ganz sicher, ob es wirklich eine Übertreibung ist.
Wer ist schuld?
Wer ist schuld an den Angstkaskaden, die uns letztlich im wahrsten Sinne des Wortes nur immobilisieren? Hier muss ich nun ganz genau aufpassen, dass ich mich nicht mit Verschwörungstheoretikern aller Couleur in ihr leckes Boot setze… Darum zunächst: Schuld ist niemand, schuld sind wir alle. Alle Angstthemen wie auch die Angst selber sind menschengemacht: Der Plastik, die Klimaerwärmung, die daraus folgenden Veränderungen in der Vegetation, dass Pflanzen gehen und neue kommen. Und typisch menschlich sind auch die Ablenkungsmanöver und Übersprungshandlungen: Der Plastik ist schuld, der Konzern, die furzende Kuh, oder eben die Pflanze, die alles andere verdrängt. Die Anderen. Wir haben ja eigentlich nichts damit zu tun, ausser dass wir unter den Ängsten leiden. Die Angst wäre so verstanden der Preis, den wir für unsere gefühlte Unschuld zahlen.
Jetzt müsste ich also aufhören. Da gibt es ja nichts mehr zu diskutieren: Wenn wir alle und niemand schuld sind, dann lohnt sich das Weiterreden nicht mehr. Aber halt! Wer profitiert von der Angsthysterie, wer reitet auf jeder Welle?
Es sind die Medien und die Bürokratie, die dafür sorgen, dass die Angstthemen unsere Aufmerksamkeit zumindest zeitweise so besetzen, als gäbe es daneben nichts mehr. Die Medien lassen sich von den Ängsten regelrecht instrumentalisieren. Sie sind Verstärker und zugleich Sprachrohr. Dabei geht es nicht etwa um die Wertung und Hinterfragung von Ängsten, die sie teilweise in der Tat noch leisten. Es sind mehr die schiere Aufmerksamkeit und der Platz, die sie der jeweiligen Angst der Stunde einräumen – und die es dem Konsumenten verunmöglichen, das zu tun, was unbedingt angesagt wäre: Distanz schaffen und auch Verdrängung zulassen. Verdrängung ist gesund.
Angst als Wachstumshormon für die Bürokratie
Die Bürokratie und die Angst, das ist ein weiteres und noch ernsteres Thema. Es ist manchmal fast schon unglaublich, was die Angst über den Verstärkungsfaktor (Politik und) Bürokratie alles anzurichten vermag: Adressen, die bei Restaurantbesuchen abgegeben werden müssen; das Erstaunen der südkoreanischen Behörden, als sie feststellten, dass in Nachtclubs falsche Adressen vorgegeben werden. Die Tracing-Manie, wo Zigtausende von Mitarbeiten angestellt werden, um unsere Gesundheit zu sichern, indem sie unsere Freiheit und Selbstverantwortung vernichten. Eine App, die als weltweit allererste und wohl auch allerletzte App absolut datensicher sein soll…
Bild: Zwerg-Sommerflieder 'Blue Chip'® (Buddleja davidii 'Blue Chip'®) – klein und kompakt, mit blauvioletten Blüten und angenehmem Duft von Juni bis Oktober
Wie wollen wir das alles wieder wegkriegen? Was werden die Tracer morgen machen? Wer will die übermütig gewordene Bürokratie (das sind die modernen Zöllner und Pharisäer der Bibel) daran hindern, unsere Daten bei der nächsten Gefahr im Verzug auch individuell auszuwerten. Dabei ist die manchmal regelrecht verrückt gewordenen Bürokratie von jeder Kritik gefeit: Denn sie tut ALLES ja nur im Guten, um uns zu schützen, aus Verantwortung für das Ganze. Wenn sie es nur könnte, würde uns die Bürokratie im Austausch gegen eine unendliche Verwaltungsvollmacht gerne das Ewige Leben garantieren.
In einer staatlichen Verordnung, die ich kürzlich für einen Verband kommentieren durfte, und die bezeichnenderweise legalistisch auf einer anderen Verordnung beruht (nicht etwa auf einem demokratisch kontrollierten Gesetz), wurde allen Ernstes gefordert, dass Mitarbeiter in Baumschulen Obstgehölze nur noch etikettieren dürften, wenn sie dazu von Staat ausgebildet würden und wenn garantiert sei, dass sie kein Gewinnstreben hätten. Wie bitte? Aber eigentlich zeigt der bürokratische Fauxpas nur eines: Letztlich sieht die Bürokratie sich zur Lösung einer (welcher?) allumfassenden Aufgabe berufen, sie verwaltet in Endzustand nur noch sich selber, alles wird zu Bürokratie. Schlussendlich produziert die Bürokratie auch noch unsere Pflanzen – selbstverständlich ganz ohne Gewinnstreben. Haben wir jetzt einen Grund, Angst zu bekommen?
Mehr Ängste bitte!
Angst vor der Bürokratie und teilweise vor den Medien… Habe ich mich jetzt etwa selber bei der gleichen Sünde entdeckt, die ich kritisiere?
Dem totalitären Anspruch der Angst, der EINEN Angst, uns ganz zu besetzen, gilt es zu widerstehen. Eine naheliegende und ganz gut wirksame Methode zur Angstreduktion besteht darin, die übermächtige Angst zu relativieren, indem man auch andere Ängste berücksichtigt. Und ja, nehmen Sie die Angst vor der Bürokratie und vor den Medien ruhig mit dazu.
Und dann machen Sie sich bitte ans Verdrängen!
Buddleja und die Angst
Ich persönlich habe auch einige Buddlejas von Lubera und schneide alle im Herbst ein wenig zurück. Im Frühjahr mache ich dann den normal Schnitt.
In meinem kleinen Garten wachsen die Buddlejas als kleine Bäume, die mit Zitronenmelissen unterpflanzt sind..
Meiner Meinung nach macht es mehr Sinn, einige Buddlejas im Garten zu pflanzen, die doch immerhin noch etwas Nahrung für die Insektenwelt bieten,anstatt GRÜNE WÜSTEN zu pflegen, die mit Kirschlorbeer und Thujas durchwachsen sind.