Unser Kirschbaum beginnt zu kränkeln, die Heidelbeeren rollen ihre Blätter plötzlich zusammen und an den Weinreben wird eines Tages festgestellt, dass die noch unreifen Beeren wie aus heiterem Himmel Stück für Stück platzen. Fangen die Pflanzen im eigenen Garten an, krank zu werden, fühlen sich auch bald ihre Besitzer nicht besonders gesund. Nur, was steckt bei den Sträuchern, Bäumen und dem wenige Tage zuvor noch prächtig gewachsenen Wein eigentlich dahinter, gibt’s da eine "Erste Hilfe" oder stehen wir dem botanischen Dilemma etwa völlig machtlos gegenüber? Nicht nur Anfänger, auch sehr erfahrene Freizeitgärtner sind oft ratlos und überfordert, wenn es um die richtige Erkennung von Pflanzenkrankheiten geht und haben ebenso viel Mühe, die passenden Entscheidungen für eine wirksame Bekämpfung der Ursachen zu treffen. Und selbst im viel gelobten digitalen Zeitalter wird zur Diagnose in erster Linie zunächst die aktuelle Fachliteratur herangezogen, wobei ein wirklich passender und vor allem verlässlicher Ratgeber auch erst einmal gefunden sein will.
Ein wertvolles Nachschlagwerk über Pflanzenkrankheiten
Und um ehrlich zu sein: Meine Suche nach einem dementsprechend informativen und möglichst leicht verständlichen Fachbuch war nicht ganz so einfach und es hat schon einige Stunden gedauert, ehe ich im Grazer Leopold Stocker Verlag schliesslich den "Atlas der Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge im Obst- und Weinbau" fand. "Mit umweltschonenden Strategien für gesunde Kulturen" - so der Untertitel, was mich noch zusätzlich etwas neugieriger machte und den Verlag darum bat, mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung zu stellen. Wobei die Betonung auf "Atlas" liegt, denn es ist kein Lesebuch im herkömmlichen Sinne, sondern nach den ersten hundert Seiten in der Hauptsache eher ein sehr nützliches Nachschlagwerk, das wohl vorrangig zurate gezogen wird, wenn die Hütte tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes brennt. Ich hatte da zum Anfang einige Zweifel, denn wie sollte es bei der stolzen Anzahl von 512 Seiten funktionieren, dass der Leser mit dem im Kopf gespeicherten Krankheitsbild seines plötzlich kümmerwüchsig gewordenen Zwetschgenbäumchens zu einer sicheren Diagnose gelangt, wenn der Atlas dabei von vorn bis hinten durchgeblättert werden muss? Aber kein Grund zur Beunruhigung, wie sich schnell herausstellt, denn Stockers Handbuch bietet gleich drei einfache Möglichkeiten zur Ursachenforschung und der anschliessenden Bekämpfung von Krankheiten.
- Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis am Anfang des Buches bringt den Rat suchenden Leser zunächst auf die richtige Spur nach der zutreffenden Beschreibung für sein Problem, dem dazugehörigen Schadbild und den passenden Gegenmassnahmen, die er einleiten sollte.
- Mit dem übersichtlich strukturierten und 37 Seiten starken Index am Ende des Buches wird über den deutschen oder botanischen Namen direkt zur Hauptbeschreibung der gesuchten Erkrankung geführt.
- Besonders zielführend, so habe ich bei mehreren Versuchen festgestellt, ist die Suche mithilfe der gut 1.500 Abbildungen, die das Buch enthält und die sich sehr gut als Vergleichsmöglichkeit mit dem tatsächlich vor Ort vorhandenen eigenen Schadbild verwenden lassen.
Die Trefferquote, dürfte somit bei bedeutend geringerem Zeitaufwand für die Suche weitaus höher liegen, als wenn hierzu erst umständlich die kompletten Jahrgänge einer oder gar mehrerer Gartenzeitschriften durchsucht werden müssten.
Bild: Ausschnitt aus dem Buch "Atlas der Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge im Obst- und Weinbau"
Ein weiterer, und wie ich finde, sehr wichtiger Vorteil des Buches besteht darin, dass es sich, anders als zum Beispiel in den meisten einschlägigen Internet-Foren, um tatsächlich fachlich versierte Beschreibungen eines sechsköpfigen Autorenkollektivs handelt, das sich aus langjährig erfahrenen Agrarwissenschaftlern mit einem engen Bezug zur Praxis zusammensetzt. Dementsprechend hoch und ergiebig ist der Informationsgehalt bei der Suche, die im Ergebnis auf jede gefundene Krankheit nach folgendem Schema angezeigt und beschrieben wird:
- Botanischer, verwandter sowie deutscher Name der Krankheit;
- Aufzählung möglicher Wirtspflanzen:
- Beschreibung des Schadbildes mit dazugehörigen Fotos;
- ausführliche biologische Erklärung;
- Gegenmassnahmen (unterteilt in vorbeugende und gezielte Handlungen).
Hilfreich für den Leser und unabhängig davon, ob aktuell gerade nach einer konkreten Krankheit gesucht wird, ist der Einführungsteil des Buches, in dem es um wertvolle Informationen zu gängigen Methoden und Techniken in der biologischen Schädlingsbekämpfung geht, wie beispielsweise den in der Natur vorkommenden Gegenspielern von Pflanzenkrankheiten, wichtigen Grundlagen der integrierten ökologischen Produktion oder den vordringlichsten biologischen Pflanzenstrategien.
450 Pflanzenkrankheiten - fachlich perfekt und ausführlich beschrieben
Insgesamt ist der"Atlas der Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge im Obst- und Weinbau", der vom Stocker Verlag zur besseren Übersichtlichkeit in die (farblich separat gekennzeichneten) Bereiche Kernobst, Steinobst, Beerenobst, Nussobst, Weinreben und Baumpilze aufgesplittet wurde, ein sehr gelungenes Nachschlagwerk, das 450 ausführliche Krankheitsbeschreibungen enthält. Und gerade weil mit diesem Kompendium (auch) Landwirte und gewerbliche Obstbauern angesprochen werden sollen, darf der private Gartenbesitzer davon ausgehen, dass ihm in dem 49,90 Euro teuren Buch genau die fundierten Informationen zugänglich gemacht werden, die er gerade dringend benötigt - fachlich exakt beschrieben, ausführlich bebildert und dennoch einfach verständlich auf den Punkt gebracht.
Das Buch kann direkt beim österreichischen Leopold Stocker Verlag bestellt werden.
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