Die Vielzahl der Feigensorten ist fast unüberblickbar. Allein Gusti Bechtold hat in seiner Sammlung, die wir übernommen haben, über die Jahre weit mehr als 200 Sorten getestet. Dazu kommt, dass die Feige einen starken Polymorphismus zeigt, das heisst sich je nach Alter, Zeitpunkt und Standort wieder anders zeigen kann. Diese ‘Verwandlungskunst‘ manifestiert sich am stärksten an den Blättern (die runder und auch wieder geschlitzter sein können, an der gleichen Sorte) und auch bei den Früchten. Vor allem die Früchte vom letztjährigen Holz, die sogenannten Blütenfeigen, unterscheiden sich sehr häufig von den Früchten am diesjährigen Holz… Wie soll man da zurechtkommen? Und welches ist die richtige Feige für meinen Garten?
Günstige Feigenbäume finden Sie im Lubera Shop.
Verschiedene Namen für die gleiche Feigensorte
Und das ‘Durcheinander’ geht noch weiter: Von unzähligen Feigensorten gibt es diverse Synonyme, man könnte meinen jeder Besitzer habe einen neuen Namen gesucht, jedes Dorf will seine eigenen Feigen… Beginnen wir gleich mit A. Unsere Feige Abicou hat - jedenfalls nach unseren Erkenntnissen - gleich 5 Synonyme: Figue Poire, Birnenfeige, Aubique Noir, Noire de Loguedoc, Grosse Rouge de Bordeaux, Grosse Violette de Bordeaux. Dauphine kommt leicht auf 8 Synonyme: Grosse de Huillet, Mussega Negar, Cougourdon, Rouge D’Argenteuil, Adam, Boule d’Or, Grise de Tarascon, Grise de Beaucaire. Und wenn Ihnen aufgefallen ist, dass wir in der Literatur vor allem französische Namen gefunden haben, so können Sie sicher sein, dass wir in anderen Ländern gleich nochmals eine schöne Anzahl Synonyme finden könnten... Eins aber kann man aus den vielen Namen sicher folgern: Was so häufig und unterschiedlich besprochen wird, macht sicher Eindruck; Feigen sind wichtig, so wichtig, dass man sich gerne Namen dafür ausdenkt!
Unterschiedliche Feigensorten mit dem gleichen Namen
Aber natürlich gibt es auch den anderen Fall: Unterschiedliche Feigensorten mit gleichem Namen. Am Auffälligsten ist sicher der Brown Turkey-Feigenkomplex. Nicht alles, was als Brown Turkey verkauft und gesammelt wird, ist eine echte Brown Turkey. Aber was ist schon eine echte Brown Turkey? Da gibt es eine Unzahl von Varianten, ja regelrecht unterschiedliche Sorten. Das kann man sich vielleicht am besten so erklären: Die Feige Brown Turkey ist mit ihrer Fähigkeit zum zweifachen Ertrag, mit ihrer Fruchtbarkeit auch am diesjährigen Holz und mit ihrer guten Klimaadaption einfach so interessant, dass sie extrem häufig vermehrt wurde. Und durch die unendlichen Vermehrungen haben sich Mikromutationen aufsummiert, und eigene Sortenvarianten, letztlich neue Sorten sind entstanden. Zum ‘Brown Turkey’-Komplex gehören Sorten wie die Bayernfeige, wie unsere Brown Turkey Selektion, aber z.B. auch Gustis® Morena.
Bild: Fruchtfeige Gustis® Morena - die schnelltragende Feige
Feigensorten: Das Wunder der Vielfalt im gemässigten und nördlichen Klima
Aber eigentlich ist die Vielfalt der Feigensorten ein ziemlich unerklärtes und unerklärliches Wunder. Feigen können sich nämlich nördlich der Alpen und nördlich einer Linie von Bordeaux nach Lyon nicht sexuell vermehren, weil der dazu notwenige Blastophag, die Feigenwespe, fehlt, die im Süden den männlichen Pollen von der Bocksfeige auf die Fruchtfeigen überträgt. Die Folge: Eigentlich können im Norden gar keine neuen Sorten entstehen, da es zu keiner sexuellen Vermehrung und damit auch zu keiner freien Rekombination der Gene kommt. Aber wie ist dann die Sortenvielfalt entstanden? Einerseits hat die Liebe zu den Feigen geschichtlich bis heute immer wieder dazu geführt, dass neue Feigen aus den südlichen Gebieten eingeführt wurden. Und wenn sie dann nicht obligatorisch wie viele südliche Feigen auf die Befruchtung angewiesen sind, sondern parthenokarp, also ohne Befruchtung Früchte ansetzen, dann können sie auch bei uns Früchte tragen und werden weiter vermehrt werden. Und der zweite Grund für die Sortenvielfalt ist der Sortenengpass selber: Die sehr enge Sortenauswahl verbunden mit einer starken Nachfrage nach Feigen hat dazu geführt, dass im Norden die paar gut adaptierten Feigentypen wie Brown Turkey fast unendlich vermehrt wurden. Durch diese hohe Vermehrungskadenz und auch über den Faktor Zeit haben sich Mutationen, kleinere und grössere Veränderungen im Genmaterial ereignet, die die Entstehung von Sortentypen und auch neue Sorten ermöglicht haben - auch ohne dass es zu einer sexuellen Vermehrung kam. Schliesslich und endlich kommt noch eine gehörige Portion Vermischung, Verwechslung und Neubenennung dazu, die die Sache auch nicht leichter macht. Auch wir sind ja geneigt, einer Feige einen eigenen Namen zu geben, wenn wir sie nicht sofort einer bekannten Sorte zuordnen können…
Das Gustissimo® Feigensortiment - Feigenvielfalt bei Lubera®
Wie schon erwähnt können wir aktuell das riesige Feigensortiment von Gusti Berchtold übernehmen, der über 20 Jahre lang Feigen gesammelt und im harten Klima in Chur, mitten in den Alpen getestet hat. Wir profitieren ungemein von Gustis Wissen und seinen Erfahrungen, so hat er auch die meisten aktuellen Sortenbeschreibungen verfasst. Er berät uns auch beim Ausbau der Sammlung und bei der Erhaltung. Jetzt, im Frühling 2019 haben wir das Sortiment auch in unseren Sortenversuchsflächen in Buchs ausgepflanzt. Dabei werden wir die Sorten weiter testen, ihr Fruchtungsverhalten studieren, und die Garteneignung weiter beurteilen. Selbstverständlich und wie bei Lubera nicht ganz überraschend, träumen wir natürlich auch schon ein wenig von einer eigenen, auf nördliche Standorte ausgelegten Feigenzüchtung, wo wir dann (wie bei der Apfelzüchtung und anderen Züchtungsprogrammen auch) das befruchtende Insekt (das es bei uns ja gar nicht gibt) durch künstliche Hilfsmittel ersetzen, damit Pollen aus Befruchterfeigen, sogenannten Caprifigs in die Fruchtfeigen im Wartestadium übertragen würden… Aber noch haben wir mit der von Gusti übernommenen Feigenvielfalt mehr als genug zu tun, und haben auch bereits damit begonnen, die Sammlung weiter auszubauen…
Wir werden auch das Verkaufssortiment kontinuierlich ausweiten und versuchen, bei allen Sorten immer mindestens zwei Pflanzenqualitäten, die 2-jährigen Pflanzen im 5l Topf und die grösseren, 3- und 4-jährigen Pflanzen im 10-15l Topf anzubieten. Schon ab Sommer 2019 wird das Angebot an 5l Pflanze deutlich grösser werden, bei den Solitärpflanzen dauert es noch 1-2 Jahre länger. Auch Feigen brauchen eben Geduld ;-)
Einteilung der Feigensorten nach Kälteresistenz und Überwinterungseigenschaften
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, hat Gusti Berchtold seine Feingensorten mehrheitlich in 3 Gruppen eingeteilt, die im Wesentlichen die Kälte- und Klimaresistenz der in nördlichen Gefilden gedeihenden Feigen beschreiben. Über diese Einteilung wird es Ihnen leicht fallen, Ihre Feigensortenauswahl schon mal deutlich einzuschränken. Brauchen Sie für Ihren Standort die richtig superharten Feigen, oder leben Sie in einem sehr milden Gebiet, an der Küste, an einem Flussufer? Oder kultivieren Sie Ihre Feige sowieso im Kübel und können so der Feige das ganze Jahr die besten Bedingungen bieten? Im letzten Falle kommen für Sie auch etwas heiklere Feigen in Frage - aber eigentlich können Sie dann alle Feigen kultivieren, wobei sicher bei der Topfkultur der Wuchs noch eine Rolle spielt (dazu mehr weiter unten).
Feigensorten für kühlere Gebiete (windgeschützt)
In der ersten Gruppe finden wir Feigen für kühlere Gebiete, die allerdings etwas windgeschützt sein sollen. Das sind die wirklich harten Feigen, deren Winterhärte deutlich besser ist als beim Durchschnitt der Sorten. Kann man bei einer Feige doch meistens davon ausgehen, dass sie kurzzeitig und bei genügender Holzdicke (2-4 Jahre alt) auch mal eine Kälte von 10-12°C überlebt, können diese harten Feigen in den meisten Fällen noch mehr ertragen und geben doch regelmässig gute Früchte. In dieser Gruppe findet sich unsere klassische Sorte, Gustis® Perretta, dazu Brown Turkey, Hardy Chicago, Morena und noch einige mehr…
Bild: Feigenbaum Gustis® Perretta - erhält riesige birnenförmige, grünliche Früchte - und das jedes Jahr
Bild: Feigenbaum Brown Turkey - rötlich-braune saftige Früchte
Bild: Feigenbaum Hardy Chicago - birnenförmige Früchte mit rotem Fruchtfleisch
Feigen für wintermilde Regionen
In der zweiten Gruppe finden wir Feigen, die zwar problemlos auch ausgepflanzt werden können, also keine Kübelkultur mit Überwinterung brauchen, die aber in wintermilden Regionen die besten Überlebenschancen haben. Was sind wintermilde Regionen? Das sind sicher Regionen in Küstennähe, durchaus auch Holland und die norddeutschen Gebiete mit bis zu 200km Meeresentfernung), ganz England, aber auch Regionen an grossen Flüssen und in der Nähe von grossen Seen. Sorten, die in diese Gruppe gehören sind zum Bespiel Abicou und Negronne/Califfo Blue.
Können damit diese Sorten ausschliesslich an Seen und in Meeresnähe, in England oder in Nordeutschland, also in wintermilderen Regionen angebaut werden? Nein bei weitem nicht! Wenn man der Feige gibt, was sie braucht, etabliert sie sich auch in etwas kälteren Gefilden, aber man muss dann einen sehr sonnigen und geschützten Standort auswählen oder vielleicht sogar auf Kübelkultur wechseln. Womit wir dann schon bei der dritten Gruppe wären...
Feigensorten für geschützte, warme, sonnige Standorte
Die dritte Gruppe schliesslich umfasst Feigensorten, die ein gutes Mikroklima brauchen, eine warme Mauer, eine geschützte Ecke oder die Kultur in Kübeln, die dann über den Winter kühl, aber doch kontrolliert überwintert werden (nicht kälter als -5°C). Hier ist allerdings erstaunlich, was auch im Freiland möglich ist, wenn eine Spalierform an einer Mauer erzogen wird. In Frostjahren sind es ganz häufig nur einige Zentimeter Nähe/Entfernung zur Mauer, die über das Überleben des Feigenholzes entscheiden: Holz das 5-15cm entfernt ist, stirbt ab, ist erfroren; Triebe, die ganz an der Mauer anliegen, überleben problemlos. Im Folgenden zeigen wir einige schöne Sorten aus dieser Feigengruppe. Beispiele sind Grise Olivette oder Marseillaise.
Bild: Fruchtfeige Grise Olivette - gut schmeckende, gelbbraune oder olivgrüne Früchte
Bild: Feigenbaum Marseillaise - süsse zum Frischverzehr und Trocknen geeignete Früchte
Es ist aber nicht nur die Anfälligkeit für Winterkälte, die nach einem milderen geschützten Standort ruft: Auch sogenannte Herbstfeigen, die vornehmlich am neuen Holz tragen (und dadurch auch wenig gefährdet von Winterkälte und Frühlingsfrösten sind), profitieren vielfach von solchen privilegierten Standorten, weil sie so viel länger eine viel grössere Ernte bringen können. Beispiele solcher Sorten sind Ronde de Bordeaux und Pastiliere.
Bild: Fruchtfeige Ronde de Bordeaux (Rossa Rotonda) - die rötlich-blaue Feige
Bild: Feigenbaum Pastilière - Früchte in verschiedenen Blautönen, geschmacklich eine der besten Feigen zum frisch essen
Einteilung der Feigensorten nach Blüh- und Fruchtungsverhalten
Neben der Einteilung nach Klimaanforderungen und Kälteresistenz möchten wir aber noch eine weitere Einteilung der Feigensorten vorschlagen, die sich auf das Fruchtungs- und Blühverhalten bezieht. Die Feige kann in subtropischen und tropischen Regionen bis zu 3x pro Jahr oder auch fast kontinuierlich Früchte tragen, in unseren Breiten ist da zumindest eine zweifache Ernte möglich.
Grundsätzlich können Feigen zunächst einmal am diesjährigen Holz Früchte tragen. Was so einfach beschrieben wird, ist ja schon ein ungeheuerlicher und staunenswerter Vorgang: Die Feige ist wie einige anderen Pflanzen auch in der Lage, im gleichen Jahr Triebe zu bilden, an diesen Blütenknospen auszubilden und sie zum Fruchten zu bringen. Warum diese Eile? Naja, Pflanzen haben wie wir und die Tierwelt auch das ureigenste Interesse daran zu überleben, und so bilden sie halt so schnell wie möglich Früchte aus - diese Eigenschaft ist mit dem Wechsel zum parthenokarpen Fruchtansatz (ohne Sex und Befruchtung) ganz offensichtlich nicht verloren gegangen.
Daneben aber können Feigen grundsätzlich auch am letztjährigen Holz fruchten. Dieser Vorgang ist vom oben beschriebenen Fruchtungsverhalten am diesjährigen Holz auch gar nicht so verschieden: Die Blütendifferenzierung findet schon im Herbst im dann noch diesjährigen Holz statt, aber aus was für Gründen auch immer startet die Fruchtentwicklung nicht mehr (wäre ja kurz vor dem Winter auch nicht in jeder Region sinnvoll), die Blütenknospen bleiben fast unsichtbar, beginnen sich dann aber im Frühling schnell zu entwickeln und sind dann früh im Februar/März schon sichtbar.
Bild: Sommerfeige mit sich frühentwickelnden Früchten
Umgekehrt kann es in sehr guten und mit einem langen Herbst gesegneten Jahren durchaus mal vorkommen, dass sich im Herbst noch allzu viel Feigen vorwagen, sich in die Fruchtentwicklung hineinwagen - diese Früchte erfrieren dann in unseren Breiten meistens und reduzieren den Ertrag an Blütenfeigen oder Sommerfeigen im Folgejahr..
Doch betrachten wir nun die unterschiedlichen Feigengruppen nach Fruchtungsverhalten noch etwas genauer, es sind ihrer drei…
Die Sommerfeigen
Die Sommerfeigen werden häufig auch Blütenfeigen genannt, da diese Blüten wie oben erwähnt schon im letzten Jahr angelegt worden sind und sich dann im frühen Frühling so schön als Minifrüchte, als dicke runde Knospen an den Feigentrieben zeigen.
Der Begriff Sommerfeigen meint damit im engeren Sinne zunächst die Feigenfrüchte, die aus den Blütenfeigen schon im frühen Frühling die Entwicklung beginnen und auch in unserem Klima im Sommer reif werden. Im weiteren und hier verwendeten Sinne beschreibt Sommerfeigen diejenigen Feigensorten, die eben vor allem wegen ihrer Sommerfeigen, wegen der frühen Feigen, die am letztjährigen Holz entstanden sind, interessant sind.
Für unser nördliches Klima besteht der Vorteil dieser Sorten darin, dass ihre Feigen ganz sicher problemlos bei uns reif werden; der Nachteil zeigt sich aber gleichzeitig darin, dass die heiklen Feigenknospen, die ja bereits im letzten Herbst differenziert worden sind, den Winter überleben müssen. Dabei hat es sich gezeigt, dass in absoluter Winterruhe diese noch sehr kleinen Mikrofeigen, die ja auch fast unsichtbar sind, noch gut geschützt sind, aber sobald sie sich zu entwickeln beginnen, im Februar und März/April, werden sie auch diffiziler, und können von Frühlingsfrösten zerstört werden.
Daraus ergibt es sich, dass Feigensorten dieser Gruppe zwar sehr gut für nördliche Klimazonen geeignet sind, weil sie da problemlos die ersehnten Früchte zur Reife bringen, aber sie sollten an einem sehr geschützten Ort stehen und nicht an Orten oder in Regionen, wo Frühlingsfröste Gang und Gäbe sind. Ebenfalls sind Frostseen zu vermeiden; ein leichter Abhang, wo die kalte Luft abfliessen kann, ist vorzuziehen. Ganz gut sind Wandspaliere in Fächerform, da die Mauern fast immer genügend Wärme speichern und abstrahlen und so die ganz jungen Früchte schützen.
Natürlich bilden fast alle Sorten, die wir hier als Sommerfeigen hervorheben, auch Herbstfeigen aus. Und in vielen Fällen reifen diese bei uns nicht genügend aus - oder aber die Sommerfeigen sind in unseren Augen so gut und interessant, dass wir diese Eigenschaft in den Vordergrund heben möchten.
Fazit: Sommerfeigen sind besonders geeignet für Spaliere, für Regionen mit eher kurzer Vegetationsperiode, was dann durch eine geschützte Mikrolage oder eine Kübelkultur ausgeglichen wird. In den Gebieten, in denen mit weniger Frühlingsfrösten zu rechnen ist, können sie auch gut ausgepflanzt werden. Gefährlich sind für sie vor allem die späten Fröste zu einem Zeitpunkt, an dem die Sommerfeigen schon zu stark exponiert und entwickelt sind.
In folgenden sehen Sie einige Beispiele für Feigensorten, die vor allem für Ihre Sommerfeigen bekannt sind:
Bild: Fruchtfeige Gustis® Sardegna Fiorone - Sardinische Feige mit süssen, schmackhaften Früchten
Bild: Feigenbaum Fiorone Giallo - Blütenfeige mit birnenförmigen, aromatischen Früchten
Die Herbstfeigen
Im engeren Sinne sind Herbstfeigen Früchte, die am diesjährigen Holz, in frühen Regionen ab September zu reifen beginnen. Im weiteren und hier verwendeten Sinne sind Herbstfeigen Feigensorten, bei denen vor allem der Herbstertrag aus dem diesjährigen Holz interessant ist. Die Herbstfeigen sind Sorten, die dazu neigen, ihre frisch angelegten Blütenanlagen gleich rauszupressen und zu entwickeln, und in unsrem Klima natürlich meist auch Sorten, deren Herbstfeigen schon relativ früh reif sind. Gute Beispiele für diese Gruppe sind die französischen Sorten Ronde de Bordeaux (Rossa Rotonda), Pastilière oder die vergleichsweise extrem frühreifende Herbstfeige Marseillaise.
Nun denken Sie vielleicht, nein, nur so eine im Herbst tragende Feige möchte ich nicht, wenn schon möchte ich eine zweimaltragende Feige (die wir im nächsten Abschnitt vorstellen). Diese Haltung ist natürlich verständlich, aber Herbstfeigen haben als Feigensorten auch eindeutige Vorteile…
Die Vorteile der Herbstfeigen
- Herbstfeigen können kompakt geschnitten werden, ist einmal ein Pflanzengerüst vorhanden, kann dieses immer dicker werden und das einjährige Holz, das ja Früchte getragen hat, kann jedes Jahr wieder auf kürzere oder längere Zapfen zurückgeschnitten werden. Herbstfeigen können also als Kübelpflanzen oder auch als Gartenpflanzen kompakter gehalten werden.
- Herbstfeigen sind frostfest: Das alte Holz wird immer älter und dicker und damit auch frostfester. Das neue Holz tut seine Pflicht und Schuldigkeit ja noch im gleichen Jahr und kann im Februar schon wieder zurückgeschnitten werden, das heisst: Man ist nicht wirklich darauf angewiesen, dass es überlebt…
Die Twotimer® Feigen - zweimaltragende Feigen
Schliesslich und endlich kommen wir zu den Twotimer® Feigen, den zweimaltragenden Feigen. Dies entspricht eigentlich dem natürlichen Verhalten der subtropischen Feigen, die dem Klima entsprechend kontinuierlich und bis zu 3x Früchte tragen: einerseits am frischen Holz und auch am letztjährigen Holz. Als Twotimer® Feigen bezeichnen wir Feigensorten, die auch in unserem Klima eine gute Chance haben, zwei Ernten zu zeigen und dies auch in vielen Jahren tatsächlich schaffen. Unser Paradebeispiel ist sicher die Twotimer® Originalfeige, eine Selektion aus Melanzana (Syn. Longue d’Aout), die in unserem Klima zu den regelmässigsten Trägern Gehört. Gustis® Morena, eine Feige aus dem Brown Turkey Sortenspektrum, Conadria, Negronne, Osborn Prolific und Madeleine des deux Saison gehören ebenfalls in die Twotimer® Sortengruppe.
Bild: Feigenbaum Conadria - qualitativ gutes weinfarbenes Fruchtfleisch, gelbe Früchte
Bild: Feigenbaum Negronne (Synonym Califfo Blue) - hervorragende blaue Feigensorte, auch für kühlere Standorte
Bild: Fruchtfeige Osborne Prolific - schöne, frühe und wohlschmeckende Früchte
Die Qual der Wahl: Welche Feige soll’s denn sein…
Natürlich ist jetzt die Haltung naheliegend, gleich nur noch Twotimers® zu pflanzen. Das würde ich tatsächlich machen, wenn ich einen sehr guten Feigenstandort mit einem milden Makro- oder einem sehr milden Mikroklima hätte, denn nur so kann ich mir der zwei Ernten sicher sein. Dennoch gibt es weiterhin gute Gründe, auch eine Herbstfeige zu pflanzen: Der Schnitt ist einfacher, die Pflanze kann knapper gehalten werden, sie ist nicht auf milde Winter und Frühjahre angewiesen. Dazu kommt, dass die frühesten Herbstfeigen früher reif werden als der zweite Satz der Twotimer®-Feigen und so gerne auch für eine kontinuierliche Erntefolge ausgewählt werden. Zuerst erntet man eine Sommerfeige, sowie eine Twotimerfeige mit den frühen Früchten, dann folgt die Herbstfeige und schliesslich die zweite Ernte der Twotimerfeige…
Feigenbäume oder Feigenstrauch
Eine weitere Frage stellen sich viele zukünftigen Feigenanbauer: Soll ich ein Feigenbäumchen pflanzen oder einen Feigenstrauch? Ja, vor allem im Frühling sind die Baumärkte voll von wunderschönen Feigenstämmchen. In unserem Klima ist das jedoch eindeutig Blödsinn. In unserem Klima muss man immer mal damit rechnen, dass eine Feige zurückfriert; Ein tief gepflanzter Strauch, mit mehreren Trieben und einem breiten Wurzelstock, hat die viel bessere Chance zur Regeneration nach einem starken Winter-Frost als ein Stämmchen. Ich würde so weit gehen und sagen, dass sich genügend tief gepflanzte Feigensträucher in 95 % aller Erfrierungsfälle wieder aus der Basis erholen, manchmal auch erst im Juni nach dem Frostereignis. Die Feigen, vor allem die Feigensträucher, scheinen auch die Fähigkeit zu haben, beschädigtes Gewebe teilweise zu überbrücken und zu erneuern…
Zu diesen Gründen, die für Feigensträucher und gegen Stämmchen sprechen, kommt noch ein entscheidender letzter Punkt dazu: Feigen sind von Natur aus basiton, sie tendieren zum Strauchwuchs, sie machen immer wieder Wurzel- und Basisschosse, die bei einer Stammerziehung regelmässig entfernt werden müssen, wenn man verhindern will, dass aus dem Stamm ein Strauch wird. Warum dann nicht gleich auf einen mehrtriebigen Strauch gehen, vor allem wenn dessen Klimasicherheit bei uns viel grösser ist?
Aufrecht und buschig wachsende Feigensorten
Dennoch gibt es natürlich unterschiedliche Wuchstypen bei den Feigen. Dalmatie und Ronde de Bordeaux sowie die original Twotimer® Feige sind eher basiton, buschig und breit wachsend.
Bild: Fruchtfeige Dalmatie - gelbe, birnenförmige Früchte mit violettem Fruchtfleisch
Gustis® Perretta und Pastilière dagegen sind eher Beispiele von Sorten die tendenziell aufrecht und sehr stark wachsen.
Bild: mehrjähriger Perretta Feigenbaum
Kompakt wachsende Feigensorten - für die Kübelkultur
Für die Kultur im Topf wird man eher nach Sorten suchen, die kompakt wachsen. Gustis® Compact Blanche wird ausgepflanzt nur ca. 200cm hoch (was sehr wenig für eine Feige ist), im Kübel erreicht sie ca. 150cm. Weitere super-kompakte Sorten haben wir in Vorbereitung und in Testung. Weiter sind Brown Turkey, und Gustis® Morena - auch wegen der Fruchtbarkeit - eher schwach wachsend und von daher perfekt für den Topf geeignet.
Mittelstark wachsende Sorten eigenen sich auch noch gut für die Topfkultur. Dazu gehören Brunswick, Madeleine des deux Saison, Twotimer® Original, Negronne und auch Figue de Marseille.
Bild: Feigenbaum Madeleine des deux Saisons - Frühlingsfeigen ab Anfang Juli und Herbstfeigen ab Mitte September
Bild: Fruchtfeige Brunswick - wunderschöne, gelb/rötliche Früchte mit amberfarbenem Fruchtfleisch
Aber auch die meist stärker wachsenden Herbstfeigen sind gut für grosse Kübel geeignet; hier kann man nach dem Auswintern die schon mehrjährige und stark verholzte Feigenpflanze regelmässig auf das alte Pflanzengerüst (3-4 starke ca. 50-100cm hohe Gerüstäste) zurücksetzen, da ja der Hauptertrag dann aus den frischen, diesjährigen sich entwickelnden Trieben kommt.
Wer Feigenfreuden wünscht, wird um die Sortenwahl nicht herumkommen
Schlussendlich werden Sie sich mit all diesen Informationen für eine Feige (und damit auch gegen viele andere wunderschöne und wundergute Feigensorten) entscheiden müssen. Gerade aber in der Kombination einer ausgepflanzten Feigensorte mit ein oder zwei Kübelfeigen bietet sich dann aber vielleicht doch die Möglichkeit, noch mehr Feigenfreuden im eigenen Garten erleben zu können. Bei zwei Feigen empfehle ich auf jeden Fall, eine Twotimerfeige auszupflanzen; sie braucht auch mehr Raum, kann auch nicht so hart geschnitten werden wie eine Herbstfeige. Als Ergänzung bietet sich dann eine frühe Herbstfeige wie Perretta oder Marseillaise im Topf an, die immer wieder im Frühling streng zurückgeschnitten werden können und deren Feigen genau zwischen dem ersten und zweiten Ernteschub der Twotimer® Feige reif werden. Oder Sie haben einen geschützten Platz an einer Wand frei, wo sie eine Blütenfeige als Fächerspalier erziehen können… Oder….
In unserem Feigen-Dossier finden Sie noch mehr Informationen.
Und der Geschmack als Kriterium?
Ihr Artikel hat mich nicht verwirrt, wobei die Zusammenfassung am Anfang Ihres sehr geholfen hat!
In meinem Fall wird es wohl eine Herbstfeige werden. Aber: Kann man die fertigen auch geschmacklich einordnen, sagt die Farbe der Feige etwas über ihren Geschmack aus?
Ich habe mich nicht viele frische Feigen kosten dürfen, aber es waren wässrige mit wenig Geschmack dabei. Liegt das an der Sorte oder an der Pflege oder dem Standort?
Einzig bei der Pastiliere schreiben Sie, dass dies geschmacklich eine der besten für den Frischverzehr sei.
Wie wäre s mit einem Verkostungsvideo oder einer Tabelle?
Ich wäre dankbar um einen Entscheidungs-Faktor mehr, der mir sehr wichtig erscheint.
Wissen Sie auch etwas über Allergien gegen Feigen? Bei manchen hat mir der Hals gekratzt, bei wenigen, eher dunklen Sorten jedoch gar nicht...
Liebe Grüße aus Österreich!
P. S. Meine Lage hat fast Weinbauklima, es gibt aber Spätfröste.
Nach meiner Erfahrung hängt der Geschmack auch sehr stark mit dem Wetter und mit dem Behang zusammen: viele Feigen führen auch zu einem etwas verwässerten Geschmack.
Bei Gelegenheit werde ich so einen Vergleich schreiben - muss aber in der Saison geschehen, den Geshcmack der Feigen noch im Mund;-)
Markus Kobelt