Jetzt geht’s wieder los mit der Jäterei. Als erste spriessen die Brennesseln, die ich ja gerne mag für die Küche. Also nichts wie los und ernten! Die zarten Blättchen verwende ich wie Spinat für diverse Rezepte. Sternmiere, Bitterkresse und die Blättchen der Gänseblümchen, die allenthalben in die Staudenbeete kriechen, landen im Salat, ebenso wie die zarten Löwenzahnblätter.
Weniger gut gebrauchen kann ich hingegen die weiss blühenden Ackerwinden mit ihren meterlangen unterirdischen Wurzeln, denen kaum beizukommen ist. Ich reisse sie überall aus, wo sie auftauchen. Leider hilft ausgraben wenig, da sich auch aus dem kleinsten Wurzelstückchen eine neue Pflanze bildet. Am besten kommt man ihnen bei, wenn sie ständig ausgerissen werden, bis sie irgendwann ermüdet aufgeben. Das kann aber mehrere Jahre dauern. Man muss einfach immer dranbleiben! Schade nur, dass sie nicht essbar sind.
Bei der Gelegenheit gilt es noch ein botanisches Durcheinander zu entwirren: Umgangssprachlich werden die Winden nämlich mitunter auch Wicken genannt. Das ist nicht ganz richtig, aber wie so vieles in der Mundart ist es halt so, dass man manche Pflanzen hier so und anderorts anders nennt. Im Zweifelsfall gilt es darum, zur Klärung auf die lateinischen Namen zurückzugreifen. Also: Bei den im Garten so verhassten, wuchernden Ackerwinden handelt es sich um Convolvulus arvensis.
Die buntblühenden hübschen Duft- oder Edelwicken hingegen heissen Latyrus odoratus. Sie sind beliebt für Balkongeländer und Zäune im Bauerngarten. Besonders die älteren Züchtungen duften intensiv. ‘Matucana’ mit ihren zweifarbigen Blüten ist ein Klassiker. Sie wird zusammen mit anderen Vintage-Sorten, von der Pro Specie Rara wieder in Umlauf gebracht. Andere gute alte PSR-Sorten sind Painted Lady, Mrs. Walter Wright und Captain of the Blues, sowie Cupani, die als die ursprüngliche Edelwicke gilt. Sie wurde 1695 vom Botaniker und Mönch Francesco Cupani erstmals beschrieben, der ihre Samen nach England sandte. Von dort haben sie sich dann in den europäischen Gärten ausgebreitet. Bei uns waren sie bis in die 1980er Jahre häufig kultiviert worden, sind dann aber aus den meisten Schnittblumenbetrieben verschwunden.
Aber auch bei den so hübschen Wicken gibt es solche, die lästig werden können: Die mehrjährigen Lathyrus latifolius muss man nämlich durchaus im Auge behalten. Bei uns im Rebbaugebiet am Bielersee nehmen sie mitunter überhand. Aber auch sie sind schön mit ihren magentafarben leuchtenden Blüten. Nur eben, wer mal versucht hat, so eine mehrjährige Wicke auszugraben, der wird ein Lied singen von der Zähigkeit und der schieren Grösse ihrer Wurzelsysteme. Die klassischen Edelwicken oder Sweet Peas, wie sie in England heissen, sind hingegen überhaupt kein Problem, sie sind einjährig gehen im Herbst zuverlässig ein. Und dann heisst es schon bald, die nächste Generation zu starten: Am besten gedeihen die Edelwicken nämlich, wenn die erbsenartigen Samen bereits im November in lauwarmem Wasser eingeweicht und dann in mit Erde gefüllte Klopapierrollen gesät werden. Darin können sie lange, kräftige Wurzeln entwickeln, und schon zeitig im Frühjahr werden sie dann in Balkonkistchen weiterkultiviert. Wer das verpasst hat, kann sie mit dem Klopapierrollen-Trick auch Anfang März auf einem hellen Fenstersims noch starten. Sobald die Jungpflanzen etwa zehn Zentimeter hoch sind, dürfen sie dann an ein geschütztes Plätzchen auf dem Balkon. Sie vertragen Temperaturen bis zu minus 5 Grad. Vorzeitig kultiviert, blühen sie bereits Anfang Juni, sonst halt etwas später. Wichtig: Sobald sie blühen, lohnt es sich, regelmässig ein duftendes Sträusschen zu pflücken. So bilden sie nämlich die ganze Saison über immer wieder neue Blüten.
Aber zurück zu den Winden: Da gibt es natürlich auch noch die als Kletterpflanzen sehr beliebten Prunk- oder Trichterwinden. Botanisch heissen diese Ipomoea tricolor (syn. Pharbitis purpurea). Sie sind mit den Ackerwinden verwandt, bereiten aber keine Probleme, da sie beim ersten Frost eingehen. Besonders beliebt als Kletterer für sonnige Hauswände sind die leuchtendblauen Trichterwinden ‘Blauer Himmel’, die auch in grossen Kübeln auf dem Balkon ordentlich was hermachen.
Ah, und noch etwas: Winden winden, Wicken ranken. Alles klar?
Sabine Reber
Anmerkung der Redaktion:
Wer Wildbienen gern hat, lässt an einigen Ecken die Ackerwinde Convolvulus arvensis stehen, einige Wildbienenarten wie die Arten der Gattung Systropha sind auf Pollen dieser einen Pflanze spezialisiert und sterben ohne sie aus.