Im letzten Newsletter habe ich über meine Begegnung mit dem Pflanzenexperten Carlos Magdalena in London berichtet. Dabei habe ich auch seinen ‘Ehren’-Titel erwähnt: Der "Pflanzen-Messias". Verständlicherweise kann eine solche Bezeichnung manchen Menschen sauer aufstossen. Wie kommt ein Mensch zum Titel "Pflanzen-Messias"? Sieht Carlos Magdalena sich als Sohn Gottes und Retter der Welt? Mitnichten! Er ist einfach ein leidenschaftlicher Gärtner, dem Pflanzen sehr am Herzen liegen. Den Titel "Pflanzen-Messias" gab sich Carlos übrigens nicht selbst, sondern er bekam ihn eher als Schimpfname, beziehungsweise Spitzname.
Inhaltsverzeichnis
- Wie man dazu kommt, als "Messias" bezeichnet zu werden?
- Carlos Magdalena liebt und lebt Pflanzen
- Seine atemberaubende Biografie
- Seine Kindheit im spanischen Asturien
- Wanderjahre und Ankunft in London
- Ein spanischer Schulabbrecher wird Englands bekanntester Gärtner
- Der Durchbruch
- Zeit, die Leidenschaft zu Leben
- Carlos Magdalena – Ein Gärtner mit Leidenschaft
- Fazit: Ein Buch über Artenverlust, das Hoffnung macht
- Wo kann ich das Buch finden?
Wie man dazu kommt, als "Messias" bezeichnet zu werden?
Sein Aussehen trug sicherlich dazu bei, dass andere ihm diesen Namen gaben. So ähnelt Carlos mit seinen fast schulterlangen, schwarzen Haaren, dem Bart und der sonnengebräunten Haut doch sehr den kitschigen Hollywood- Vorstellungen des Nazareners.
Aber wie sieht es mit seiner Berufung aus? In der Bibel steht, dass Jesus von Gott dem Vater als Retter der Menschheit in die Welt gesandt wurde. Carlos hat sicherlich keinen göttlichen Auftrag bekommen, die Pflanzen zu retten, jedoch sieht er dies schon als seine Lebensaufgabe an. So waren es vor allem seine einzigartigen Fähigkeiten und sein Engagement für den Erhalt vom Aussterben bedrohter Pflanzen, die ihm den Spitznamen "The Plant Messiah" eingebracht haben. Jesus Christus war dafür bekannt, dass er Tote auferwecken konnte. Dies kann Carlos wahrlich nicht, jedoch wurde er zu einem Spezialisten, der dafür bekannt ist, totgeweihten Pflanzen ein neues Leben zu schenken.
Carlos Magdalena liebt und lebt Pflanzen
Wenn man Carlos zum ersten Mal begegnet, so erlebt man zuerst einen Schock. Er redet viel und mit Leidenschaft, man fragt sich aber im ersten Augenblick, in welcher Sprache er redet. Sowohl sein gewöhnungsbedürftiges Englisch als auch seine ausladende Gestik sind stark von seiner spanischen Heimat beeinflusst. Wenn man sich jedoch nach ein paar Minuten daran gewöhnt hat, erlebt man einen Menschen, der vollkommen von der wunderbaren Schönheit der Pflanzenwelt beseelt ist. Er ist voller Enthusiasmus und Begeisterung, wenn es um Pflanzen geht. So sind Pflanzen an sich zwar stumm, aber Carlos verleiht ihnen eine wunderbare Stimme und lässt uns über die Faszination dieser Geschöpfe staunen.
Seine atemberaubende Biografie
Heute arbeitet der Spanier Carlos Magdalena in dem weltbekannten botanischen Garten "Royal Botanical Gardens Kew" in der Nähe von London. Dort ist er als Gärtner und wissenschaftlicher Berater angestellt. Ausserdem ist er Vorsitzender der "International Waterlily and Water Gardening Society", das war aber nicht immer so. Wenn man wirklich verstehen möchte, wie jemand zum Titel "Pflanzen-Messias" kommt und dabei einer äusserst unterhaltsamen und spannenden Lektüre frönen möchte, ist seine Autobiographie wärmstens zu empfehlen. Auf 288 Seiten taucht man im Buch "Der Pflanzen-Messias – Abenteuerliche Reisen zu den seltensten Arten der Welt" ins Leben von Carlos Magdalena ein, so dass man das Buch kaum mehr zur Seite legen kann.
Bild: Das Buch "Der Pflanzen-Messias" – Die Biographie von Carlos Magdalena
Seine Kindheit im spanischen Asturien
Carlos Magdalena wuchs in Gijón einer Stadt im Nordwesten Spaniens an der Küste des Atlantischen Ozeans auf. Bereits als Kind war er von der Leidenschaft für die Natur geprägt. Während andere Jungen Fussballer oder Feuerwehrmann werden wollten, interessierte sich Carlos Magdalena nur für Pflanzen und Tiere. Während die anderen Kinder spielten, las er alles, was er zum Thema Pflanzen und Tiere finden konnte. So kam es, dass der junge Carlos insgesamt zwölfmal alle sechs Bände einer naturwissenschaftlichen Enzyklopädie durchlas!
Die Liebe zu Pflanzen und den Umgang mit ihnen bekam er schon in die Wiege gelegt. Beide Eltern arbeiteten in der grünen Branche. Sein Vater war Verkaufsvertreter für Gartenbedarf und Zimmerpflanzen und seine Mutter Floristin. Als der junge Carlos etwas grösser wurde, kauften seine Eltern einen alten Bauernhof, eine typische spanische Finca. An diesem idyllischen Ort auf dem Lande konnte sich Carlos ganz entfalten. Seine Mutter verwandelte die Finca in einen blühenden Garten Eden. Hier hatte es Carlos vor allem der Teich mit den Seerosen angetan, die ihn sein Leben lang begleiten sollte...
Wanderjahre und Ankunft in London
Es brauchte ein paar Jahre bis Carlos seinen Weg fand. Die Schule schmiss er mit 18 Jahren hin, weil er dort nichts lernte, was für ihn interessant gewesen wäre. Er wollte lieber etwas Eigenes versuchen. Sein erster Versuch, eine Live-Jazz Bar zusammen mit einem Freund zu eröffnen, ging nach wenigen Jahren schief. Sie hatten zwar ein gewisses Renommee erreicht, aber leider auch einiges an Schulden aufgehäuft. Aufgrund dieser Schulden waren sie gezwungen, die Bar wieder zu schliessen. Nach einigen unbefriedigenden Kurzzeit-Jobs beschloss Carlos, für einige Zeit nach England zu fahren und dort sein Glück zu versuchen. Wie viele junge Menschen begann er eine Stelle als Aushilfskellner und erkannte schnell seine Begabung. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zum Chefsommelier des Restaurants, weil er die Gäste mit seiner Leidenschaft und seinem umfangreichen Wissen zu Rebsorten, Terroir, und der Weinrebe im Allgemeinen zu verzaubern wusste.
Ein spanischer Schulabbrecher wird Englands bekanntester Gärtner
Das botanische Interesse seiner Kindheit war immer noch wach. Eines Tages besuchte er "Kew Gardens" den riesigen, altehrwürdigen, botanischen Garten südwestlich von London, der wahrscheinlich über eine der weltgrössten Sammlungen an Pflanzen verfügt. Noch ganz unter dem Eindruck dieser Pflanzenpracht las er auf der Heimreise im Zug einen Artikel mit dem Titel "Lebende Tote". Er war fasziniert von der Geschichte der Pflanze "Café Marron", einer fast ausgestorbenen Pflanze, von der nur wenige Exemplare im botanischen Garten in Kew zu finden sind. Diese Pflanze blühte jedoch jahrelang, ohne je Samen zu produzieren. Es schien, dass dieses Kaffeegewächs Ramosmania rodriguesii zum endgültigen Aussterben verurteilt war. Daher der Titel "Lebende Tote". Jahre später konnte Carlos das Geheimnis um diese Pflanze lüften und ihr zu neuem Leben verhelfen.
Bild: Café Marron mit seinen wunderschönen weisen Blüten in der "Tropical Nursery" von Kew
Carlos war gefesselt von dieser Geschichte und beschloss, unter allen Umständen wieder nach Kew Gardens zurück zu kommen, um die Pflanze mit seinen eigenen Augen zu sehen. Als er schlussendlich vor der Pflanze stand, war er sich seiner Bestimmung sicher. Er gehört nach Kew Gardens und zu diesen seltenen Pflanzen! Aber wie soll er es anstellen? Er hatte keinerlei Studium oder Ausbildung, sondern nur eine abgebrochene Schullaufbahn. Trotzdem schaffte er es, den Direktor des botanischen Gartens zu einem Praktikumsplatz zu überreden. Sein erster Tag in Kew Gardens war der Dreikönigstag, das traditionelle Datum, an dem spanische Kinder ihre Weihnachtsgeschenke bekommen. Für Carlos Magdalena war dieses Praktikum das wahrscheinlich schönste Weihnachtsgeschenk seines Lebens. Während seinem Praktikum fiel er durch seine hervorragende und hingebungsvolle Arbeit auf. Deswegen wurde ihm auch eine nachfolgende Ausbildung zum Gärtner ermöglicht, obwohl die Plätze rar waren und er eigentlich über keine der gefragten Qualifikationen verfügte.
Der Durchbruch
Während seiner Lehre und auch danach beschäftigte ihn die "lebende Tote" Pflanze Ramosmania rodriguesii. Er liess nicht locker und beobachtete die Pflanze Tag und Nacht, durchwühlte die Literatur nach Hinweisen und experimentierte mit der Pflanze. Dann endlich schaffte er den Durchbruch: Die Pflanze produzierte Samen! Von heute auf Morgen wurde er zum Medienstar: Der weltbekannte Dokumentarfilmer David Attenborough, drehte zusammen mit Carlos eine Serie in Kew Gardens. Eine spanische Zeitung benutzte damals zum ersten Mal den Titel "Pflanzen-Messias".
Zeit, die Leidenschaft zu Leben
In der darauffolgenden Zeit reiste er viel, um die Pflanzen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu finden. Egal ob Mauritius, Peru oder Australien: Für die Aussicht, eine besondere Pflanze zu finden, war er bereit, sich durch den Dschungel durchzuschlagen oder auch mit Krokodilen ins Wasser zu steigen. Wie andere Spezialisten auch besitzt er eine grosse Sammlerleidenschaft. Er war und ist davon angetrieben, seltene Arten zu finden, die bisher noch kein Wissenschaftler beschrieben hat, und andere Arten vor dem Aussterben zu bewahren und für die Nachwelt zu erhalten.
Seine Berühmtheit erlaubte es ihm auch, zu seiner ersten Liebe, den Seerosengewächsen zurückkehren. Immer mehr wurde er, was Seerosen betrifft, zu einem wandelnden Lexikon und stieg schliesslich bis zum Vorsitzenden von "International Waterlily and Water Gardening Society" auf. Mit Seerosen gelang ihm auch die nächste Meisterleistung. Er schaffte es, die weltweit kleinste Seerose Nymphaea thermarum vor dem Aussterben zu retten und zu vermehren. Niemandem zuvor war das gelungen. Was kochende Tortellini damit zu tun hatten und warum er darüber ein Kochrezept in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichte, das lesen Sie aber am besten selber in seinem Buch.
Bild: Nymphaea thermarum, die kleinste Seerose der Welt wurde von Carlos Magdalena gerettet.
Carlos Magdalena – Ein Gärtner mit Leidenschaft
Carlos hat eine ungewöhnliche Laufbahn hinter sich. Er ist eigentlich "nur" Gärtner und sieht sich auch so. Er betreibt keine abstrakte Wissenschaft im Büro, sondern er ist ganz nah an den Pflanzen. Er will lernen wie sie wachsen, blühen und leben. Er will beobachten, wie sie sich verhalten und manchmal auch einfach nur den Anblick der überbordenden Schönheit der Natur geniessen. Durch das Lesen seines Buchs wird man selber auch dazu motiviert, mal wieder raus zu gehen und diese fabelhaften Pflanzenwesen genauer kennen zu lernen und über sie zu staunen.
Fazit: Ein Buch über Artenverlust, das Hoffnung macht
Das eigentliche Thema des Buches ist aber das Herzensanliegen von Carlos Magdalena: Der Verlust der Artenvielfalt. Jedes Jahr gehen durch Zerstörung von Lebensräumen seltene Pflanzenarten verloren. Für einen Pflanzenliebhaber wie ihn ist das nicht nur graue Theorie, sondern traurige Realität. Eine Realität, die unsere aufregende und schöne Natur immer wieder ein kleines Stück ärmer machen. So mag man ihm gerne verzeihen, dass er seine Biographie als Aufruf zum Schutz der Biodiversität versteht. Gäbe es jemanden, der besser hierzu geeignet wäre? Das Buch ist auch kein deprimierender Weltuntergangsbericht, sondern eine Geschichte voller Witz und Humor, von einem Menschen, der von Pflanzen beseelt ist und zeigt: Es ist nicht alles verloren. Und ja, wir können die atemberaubende Vielfalt und Schönheit unserer Welt erhalten.
Wo kann ich das Buch finden?
Das Buch "Der Pflanzen-Messias – Abenteuerliche Reisen zu den seltensten Arten der Welt" ist im Oktober 2018 im Verlag Malik herausgekommen. Unter der ISBN: 978-3890295039 ist das 288 Seiten lange Buch überall erhältlich wo es Bücher zu kaufen gibt.