Wir haben letzten Sonntag hier in Buchs den Winter verbrannt. Definitiv endgültig natürlich, wie jedes Jahr. Und der Brandhaufen brannte gut und schön regelmässig und auch der Strohpuppe, dem Winter, ging es gar schnell an den Kragen. Päng, Pfuff und Pfaff und schon zerbarst sie mit lauter Explosion. Oder war es ein Wehklagen? Er (der Winter) mag das Urteil und die Vollstreckung als ungerecht empfunden haben, war er doch recht eigentlich gar nie da …
Die Flaggele, das Winterverbrennen übt eine eigenartige Faszination aus. Das mag einerseits im kleinen Pyromanen in uns allen (Männern?) liegen, anderseits an der physischen Erfahrung: Auch ich starrte, wenn auch zwischendrin mit Fotoapparat und Videokamera bewaffnet, wie gebannt ins riesige Feuer, man spürt die Wärme, geht näher und näher, die Hitze an den Wangen, das Wasser in den Augen – und dann wendet man sich – schweren Herzens – doch ab und holt sich eine Wurst und einen Punsch. Das wäre wieder einmal geschafft.
Woher diese tiefe Befriedigung? Wir haben in einer symbolischen Handlung kontrolliert, zerstört, was unzerstörbar, unkontrollierbar ist. Wir haben die Jahreszeit zum Laufen, zum Springen gebracht, die eh schon rast. Und wir feiern freudig einen Sieg, der eigentlich keiner ist. Ein christlicher Sieg offenbar. In einigen Regionen sind es ausdrücklich die Konfirmanden, die den Zug zum Feuer anführen. Es stellt sich nur die Frage, ob sie den heidnischen Winter als Christen den Garaus machen oder aber als Jugendliche, die eine Mutprobe bestehen müssen, um erwachsen zu werden. In längst vergangenen Zeiten, es ist allerdings nur einige Jahrzehnte her, als politische Korrektheit noch nicht allen Spass verdarb, machten sich die Dorfjugenden einen ebensolchen Spass daraus, das Feuer, die Flaggele des Nachbardorfs anzuzünden. Und das war dann wirklich ein Sieg! Obwohl sich ja eigentlich, bedenkt man es recht, die Besiegten hätten ruhig zurücklehnen können: Ihr Winter war früher vorbei als derjenige der Sieger.
Natürlich könnte man aus der Geschichte noch mehr ironische Funken schlagen, aber ich beschränke mich hier und heute auf eine letzte Wendung: Das Verbrennen so grosser Holzhaufen ist ja ansonsten in unseren zivilisierten Breiten weitgehend verboten. Eben weil wir mit unserer allumfassenden zivilisatorischen Verbrennungsmanie drauf und dran sind, den Winter für mehr als nur ein Jahr zu vertreiben.
(Anmerkung zum Video: Auch Markus kann sich mal irren. Den Frühling, den heissen wir willkommen! Verbrannt haben wir freilich den Winter!)