Bei Lubera erschaffen wir Jahr für Jahr neue essbare Pflanzen für den Hausgarten. Aber wie funktioniert das Züchten ganz praktisch? Und an was für Sorten für die Zukunft wird im Augenblick gearbeitet? Im folgenden Beitrag geben wir dir einen Einblick in die aktuellen Arbeiten der Lubera Züchtung.
Inhaltsverzeichnis
Aussaat und Sämlinge (Maulbeere, Heidelbeere und Himbeere)
Beginnen wir ganz von vorne, mit dem Samen. Jeder neue Samen einer Pflanze aus der Lubera Züchtung birgt das Potential zu einer ganz neuen Sorte zu werden, aber bis der Samen es dorthin schafft vergeht viel Zeit.
Zuerst müssen die Samen geerntet und verarbeitet werden. Dazu müssen wir wissen von welcher Pflanze wir diese Samen nehmen sollen. In unserer Versuchsanlage im Schweizer Rheintal haben wir unter anderem zahlreiche Maulbeersorten aus der ganzen Welt (von Australien über Pakistan bis Spanien) ausgepflanzt. Nach jahrelanger Beobachtung und Verkostung der leckeren Früchte haben wir 4 Favoriten: Wunderschöne, winterharte Bäume mit Unmengen an schmackhaften Früchten in Schwarz oder Weiss. Nun haben wir diese Woche Früchte von diesen 4 wirklich beeindruckenden Maulbeersorten geerntet. Mit etwas Glück werden aus den Sämlingen in ein paar Jahren noch bessere neue Maulbeersorten, welche perfekt an unser Klima angepasst sind.
Bild: Einen Teil der geernteten Maulbeerfrüchte aus der Lubera Versuchsanlage in der Schweiz.
Nach der Fruchternte müssen die Samen gewonnen und ausgesät werden. Letzte Woche haben wir unter anderem Heidelbeersamen ausgesät. Die Mutterpflanzen wurden im Frühjahr bestäubt und die Früchte sind im Gewächshaus herangereift. Bei Heidelbeeren gelingt die Keimung am besten, wenn die Samen frisch ausgesät werden. Wir sind gespannt was daraus wird. Ziel bei den Heidelbeeren ist unter anderem neue zweimaltragende Heidelbeersorten zu erschaffen.
Bei den Brombeeren und Himbeeren sind wir schon einen Schritt weiter, hier wurden letzten Sommer unter anderem Kreuzungen mit sehr krankheitsresistenten Himbeeren (wie Sanibelle) gemacht. Ziel ist es, neue leckere und ertragreiche Himbeersorten zu erschaffen, welche gegen Wurzelkrankheiten immun sind. Hierzu wurden die Samen im Januar mit Schwefelsäure behandelt und danach 3 Monate in der Kälte gelassen um die Keimung anzuregen. Solch eine Behandlung hört sich sehr rabiat an, jedoch verbessert das die Keimraten enorm und erleichtert uns somit die Arbeit.
Bild: Jon, der spanische Züchtungspraktikant, pikiert Himbeer- und Brombeersämlinge.
Diese Woche pikierte dann unser spanischer Züchtungspraktikant Jon mehrere hunderte verheissungsvolle Himbeer- und Brombeersämlinge, welche in der Zwischenzeit gekeimt sind. In zwei Monaten können die kleinen Pflanzen dann bereits ins Freiland ausgepflanzt werden und nächstes Jahr dürfen wir die ersten Früchte verköstigen.
Wie ein verregneter Frühling unserer Züchtung hilft (oder auch nicht)
Bei den Kartoffeln sind wir schon einen Schritt weiter. Hier durften die Sämlinge diese Woche in Töpfe ins Freiland umziehen. Unser Ziel bei Kartoffeln ist eine absolute Kraut- und Braunfäule Resistenz. Das regnerische Wetter dieses Jahr hilft uns ungemein die Spreu vom Weizen zu trennen. Auf unserem Gemüsefeld testen wir unsere erfolgsversprechenden Neuzüchtungen gegen die Kartoffel Standartsorten. Und die Ergebnisse sind beeindruckend. Während die ersten "normalen" Kartoffelsorten bereits fast tot sind, stehen unsere resistenten Sorten kerngesund im Feld.
Bild: Kartoffelpflanzen auf dem Gemüseversuchsfeld von Lubera. Oben und unten resistente Kartoffelkandidaten, in der Mitte eine kranke Kartoffelpflanze.
Leider war das unglaublich nasse Frühjahr nicht nur hilfreich. Ein Teil unseres Gemüsefeldes stand teils tagelang (oder wochenlang?) unter Wasser. Und wenn das Wasser nicht da war, dann waren es Unmengen von Schnecken. Zwar züchten wir resistentes Freilandgemüse, aber irgendwann wird es den meisten Pflanzen doch zuviel. So haben wir leider einen Teil unserer Melonen, Tomaten und Gurken Jungpflanzen verloren. Aber wer weiss, vielleicht war es ja nur eine besonders harte Selektion und die überlebenden Pflanzen sind dafür umso robuster? Die Zeit wird es zeigen.
Bild: Die Pflanzen auf einem Teil des Lubera Freilandgemüsefeldes haben unter dem vielen Wasser und den vielen Schnecken gelitten.
Auf jeden Fall zeigen sich bei den überlebenden Pflanzen jetzt schon enorme Unterschiede. Während manche Melonensorten vor sich hinvegetieren, wachsen andere als ob nichts gewesen wäre und bilden bereits Blüten und Fruchtansätze. Die Vorfreude auf leckere Freilandmelonen steigt von Tag zu Tag.
Bild: Einigen Melonen scheint dieses nasse Wetter nicht viel ausgemacht zu haben. Sie wachsen, als wenn nichts wäre.
Und bei den Tomaten hat die Krautfäule auch schon zugeschlagen. Dies ist für uns besonders bei aufspaltenden Populationen interessant. Vor zwei Jahren haben wir extrem resistente Freilandtomaten mit grossfruchtigen und schmackhaften Sorten gekreuzt. Jetzt spalten die Nachkommen auf: Während einige Sämlinge schon sehr krank sind, zeigen andere keinerlei Symptome! Genau das wollen wir. Tomatenpflanzen, welche die Krankheitsresistenz und die Grossfruchtigkeit vereinen.
Bild: Links im Bild eine gesunde Tomatenpflanze, rechts eine kümmerliche und kranke Tomatenpflanze.
Daten, Daten, Daten
Ein wichtiger Teil der Züchtung ist das Sammeln von Daten. Wie schnell, gross, resistent sind die Pflanzen? Diese Daten helfen uns einerseits die besten Sorten auszuwählen und sind die Grundlage für neue Sortenbeschreibungen, falls es eine Sorte dann mal bis in den Verkauf schafft.
Im Augenblick evaluiert unsere holländische Praktikantin Renske alle der über 600 Himbeerkandidaten. Hierzu misst sie die Fruchtgrösse, Süsse, Gewicht, etc. Am Ende hilft diese Datenflut uns hoffentlich, neue leckere Himbeeren für den Garten auszuwählen.
Bild: Renske, die Lubera Züchtungspraktikantin, misst und wiegt alle Früchte und testet auch deren Süsse.
Bienchen spielen
Die Hauptaufgabe eines Züchters ist es Bienchen zu spielen. Die besten Väter und Mütter zukünftiger Obst- und Gemüsesorten auszuwählen und diese dann von Hand zu bestäuben. Unsere Renske ist im Augenblick unsere Meisterbiene. Sie bestäubt Tomaten (mit dem Ziel resistente Balkontomaten zu erzeugen), Auberginen (Ziel: scharfe afrikanische Auberginen mit den besten Freilandauberginen zu kreuzen) und Paprika.
Bald kommen auch noch Melonen und Süsskartoffeln hinzu und natürlich dürfen auch Kartoffeln nicht fehlen. Glücklicherweise haben wir in unserem neuen grossen und modernen Gewächshaus jede Menge Platz, die Masse an Züchtungspflanzen unterzubringen.
Bild: Renske, unser fleissiges Bienchen, bestäubt die Tomaten, Auberginen und Paprika mit einem Pinsel.
Die Qual der Wahl
Das Schönste und Schwerste im Leben eines Züchters ist die Auswahl. Aus hunderten von unterschiedlichen Sämlingen die versteckte Perle zu finden. Diese Woche blühten die wunderschönen Hydrangea quercifolia Pflanzen. Hier sind reichblühende, kompakte und aufrechte Pflanzen gefragt. Und das haben wir glücklicherweise auch gefunden.
Bild: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Aus vielen schönen Hortensien mussten die reichblühendsten, kompaktesten Pflanzen ausgewertet werden.
Eine ganz andere Zierpflanze ist die rotblättrige schwarze Johannisbeere. Mit ihrem leuchtend roten Laub stiehlt sie vielen anderen Pflanzen die Show. Aber Blattschmuck ist eine Sache, der Fruchtertrag und Geschmack muss auch stimmen. Hier hapert es leider bei vielen dieser roten Schönheiten. Jedoch konnten wir auch hier Pflanzen finden, welche durch tolles Laub und viele schmackhafte Früchte auffielen. Mit etwas Glück wird aus der einen oder anderen in ein paar Jahren eine neue Pflanze, welche sowohl in einer gemischten Hecke, als auch im Beerengarten ihren Platz findet.
Bild: Die rotblättrige schwarze Johannisbeere ist ein Blickfang in jedem Garten.
Experimentieren: Wer ist selbstfruchtbar?
Dieses Jahr haben wir unser Augenmerk ganz besonders auf selbstfruchtbare Sorten gesetzt. Also Pflanzen wo man mit nur einem einzigen Exemplar im Garten oder im Topf dennoch eine reiche Ernte einfahren kann. Im Frühjahr haben wir dazu die Erstbeeren eingetütet um sicherzustellen, dass keine Biene uns einen Strich durch die Rechnung macht. Später kamen auch die Vierbeeren hinzu und in den nächsten Wochen stehen die winterharten Passionsblumen auf dem Programm. Sowohl bei den Erstbeeren, als auch bei den Vierbeeren hatten wir Erfolg und haben definitiv selbstfruchtbare Pflanzen gefunden. Die Frage ist nun: Können wir das auch bei den Passionsfrüchten schaffen?
Bild: Das Lubera Züchtungsziel bei Passionsfrüchten ist unter anderem die Selbstfruchtbarkeit. Es bleibt weiterhin spannend, was uns da alles gelingt.