Kreativität und Vielfalt vs. wissenschaftliche Einfallslosigkeit
Wenn ich über unsere Leidenschaft, das Züchten neuer Sorten, spreche, werde ich häufig auf zwei Dinge angesprochen: Erstens auf die Gentechnologie und zweitens auf die alten Sorten.
Das Thema alte versus neue Sorten habe ich schon an anderer Stelle behandelt. Letztlich geht es mir hier jeweils darum, zu zeigen, dass Pflanzensorten immer auch ein Kind ihrer Zeit sind und auf die Umstände dieser Zeit auch reagieren und dass wir versuchen, Sorten für unsere Zeit und für den heutigen Hobbygärtner in seinem Garten zu züchten. Da ist vielleicht eine Stachelbeersorte aus dem 19. Jahrhundert, die ein englischer Pfarrer selektionierte, um lokale Früchte- und Gemüseshows mit fast tennisballgrossen Beerenmonstern zu gewinnen, nicht ganz das Richtige … Und ein Apfel, der so mürbe ist, dass er im 18. Jahrhundert auch ohne funktionierenden Zahnapparat gegessen werden konnte, geht wohl auch am Bedürfnis des gärtnernden Früchteliebhabers vorbei. Aber wertvoll sind die alten Sorten auf jeden Fall: Sie sind die Bibliothek, aus der wir unsere Ideen und Grundlagen beziehen, um neue Sorten zu züchten.
Das zweite Thema, das Thema ?Gentechnik und gentechnisch veränderte Sorten?, ist auch immer sehr schnell in den Diskussionen präsent. Es beschäftigt unsere Gesellschaft, und es beschäftigt auch unsere Kunden. Und Sie möchten zu Recht wissen, ob wir in unserer Züchtung solche Techniken anwenden und was wir dazu denken.
Die erste und wichtigste Antwort dazu ist klipp und klar: Wir benutzen in unserer Züchtung keine Methoden, bei der das Genom, die Erbeigenschaften künstlich beeinflusst, verändert und mit fremden Bestandteilen angereichert werden. Wir züchten alle unsere Sorten über die klassische Kombinationszüchtung, bei der Sorte A mit Sorte B gekreuzt wird und sich die Gene frei kombinieren. Wir überlassen also die Züchtung sozusagen dem Zufall, um später dann über die Selektion (auf Wuchseigenschaften, auf Fruchteigenschaften) die interessanten Varianten rauszusuchen.
Was aber denke ich persönlich über die Gentechnik?
Die Gentechnik ist das Gegenteil dessen, als was sie sich ausgibt. Sie ist nicht hochinnovativ, sondern todlangweilig, weil sie keine wirklich neuen Produkte schafft. Es ist möglich (da gibt es verschiedene Überzeugungen), dass sie auch ethisch fragwürdig ist, weil sie die Würde der Natur, der Pflanzen verletzt. Sicher ist aber, dass sich Gentechnik wunderbar zur Selbstbeschäftigung des agronomischen wissenschaftlichen Apparats eignet. Was soll man sich auch noch jahrzehntelang mit der Züchtung neuer Sorten beschäftigen, wenn in der Gentechnologie Versuch und wissenschaftliche Publikation planbar in viel kürzerer Zeit vollendet werden können. Es überrascht denn auch nicht weiter, dass die gleichen Versuche und Freisetzungen immer x-fach weltweit passieren – weil ja auch alle das Gleiche machen. Und sie machen es so gerne, weil es planbar und publizierbar ist. An den widerstrebenden Kunden denken dann später andere, da treten dann Monsanto und Syngenta auf den Plan, und mischen uns unter, was wir nicht wollen …
Als in diesem Herbst die Agroscope, die staatliche landwirtschaftliche Forschungsanstalt der Schweiz mit grossem Tamtam ankündigte, sie würden jetzt gentechnisch veränderte Äpfel freisetzen, die Sorte Gala mit einer gentechnisch eingeschossenen Feuerbrandresistenz, da wurde ich zunächst böse – um gleich darauf zu lachen.
Böse wurde ich, weil hier staatlich finanziert wird, was die Gesellschaft, was unsere Kunden nicht wollen. Böse wurde ich auch, weil wir in einem Projekt im Forschungsprogramm Züfos – zum ersten und bislang letzten Mal unterstützt von Staatsgeldern – zeigen konnten, wie auf konventionelle
Art und Weise, über ausgewählte Kreuzungen und mit speziellen Eltern, ein extrem hoher Prozentsatz von feuerbrandtoleranten Nachkommen erzielt werden kann. Doch weil die Ergebnisse (20-50% der Sämlinge in bestimmten Populationen sind hochtolerant) nicht den Erwartungen entsprechen, haben die Wissenschaftler offenbar kein Interesse, damit weiterzuarbeiten, der Staat konzentriert seine Forschungsgelder lieber auf Gentechnologie, die sich jetzt modern als Cisgenetik tarnt.
Und lachen musste ich, weil die Gentechnik bei solchen Projekten fleissig am Ast sägt, auf dem sie sitzt: Massenhaft angepflanzt sind solche übertragenen monogenetischen Resistenzen nicht viel wert, werden sofort durchbrochen. Und lachen musste ich weiter, weil solche ?Spitzenleistungen der Wissenschaft? nur ganz leicht abgeänderte Varianten des bereits bekannten liefern, einen Gala-Apfel mit einer vorläufigen Feuerbrandresistenz. Phantasielosigkeit pur!
Wir bei Lubera sind überzeugt davon, dass Sie, unsere Kunden, neue überraschende Pflanzen mit neuen und besseren Eigenschaften wünschen, und nicht bloss leicht variierte Duplikate. Und dieses Neue zu sehen, ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst – wenn auch zugegebenermassen keine Grosse. Gentechnik ist aber definitiv keine Kunst.
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