Nomen est omen, sagen die Lateiner und meinen, dass Namen Bände sprechen, Geschichten erzählen. Und das tun die Namen der Johannisbeere in der Tat, und vielleicht noch mehr als die Benennungen anderer Pflanzen. Sie erzählen die Geschichte einer Nutzpflanze, die erst spät, in der frühen Neuzeit für den Garten entdeckt wurde. In diesem Artikel erfahren Sie die verschiedenen Namen der Johannisbeeren und wenn Sie Johannisbeeren kaufen möchten, empfehlen wir den Lubera Shop mit über 30 verschiedenen Sorten von roten, weissen und schwarzen Johannisbeeren.
Inhaltsverzeichnis
- Die Namen der Johannisbeere erzählen eine Geschichte
- Johannisbeere: Reif um den längsten Tag
- Der lateinische und botanische Name Ribes: Der Rhabarber, der zur Beere wurde
- Ribisel - Johannisbeeren sind klein
- Die englische Johannisbeer-Bezeichnung Current und die Korinthen:
- Cassis: Die Johannisbeere der Franzosen mit dem Duft und Geschmack von Zimt?
- Aalbeeren: Fisch oder Pflanze?
- Gichtbeere: Gift oder Gegengift?
- Trübel und Trübeli: Trauben für den Norden
- Meertrübeli: Wo bitte ist das Meer?
- Sauer macht lustig - und jetzt Schluss mit lustig
Die Namen der Johannisbeere erzählen eine Geschichte
Die Sache war plötzlich und ohne antike Tradition und Vorbilder da, und da brauchte man Namen, die in irgendeiner Form, über Vergleiche, Analogien und teilweise auch kräftige Bedeutungsverschiebungen das beschreiben, was man da plötzlich im Garten und auf dem Tisch hatte. Die Namen der Johannisbeere erzählen die Geschichte einer Pflanze, die als Ersatz für die südlichen Weintrauben herhalten musste und deren Beeren früher als fast alle anderen Früchte reif werden. Johannisbeeren Pflanzen und vor allem die Blätter der Schwarzen Johannisbeeren wurden auch als Arzneimittel benutzt; wenn man sie noch heute ganz allgemein als sehr gesund beurteilt, dann allerdings eher wegen der Vitamin C haltigen Früchte und wegen der vielen in ihnen vorhandenen anderen Antioxidantien. Auf der anderen Seite - auch das zeigt die Namensgeschichte - sind die Johannisbeeren und ihre Liebhaber doch zu bescheiden, die Beeren offensichtlich zu klein und zu sauer, als dass jemand auf die naheliegende Idee käme, sie jetzt zu Superfood und Superfruits zu erklären. Um jedes Missverständis auszuräumen: Die Johannisbeere gehört zu meinen Lieblingsfrüchten, gerade deshalb widme ich ihr auch so viel Züchterzeit; aber bevor wir sie in den Fruchtolymp erheben können, müssen wir ein- für allemal die Namen der Johannisbeere bereinigen.
Johannisbeere: Reif um den längsten Tag
Die Namen der Johannisbeere sind ganz einfach zu verstehen: Pars pro toto wird da die Reifezeit der Beere beschrieben und gleich für die ganze Pflanze in Beschlag genommen. Johannisbeeren werden rund um den Johannistag, den 24. Juni und längsten Tag des Jahres reif. Natürlich haben sich die Gärtner und Züchter dann nicht ganz an die Vorgabe des Wortes, des Wortsinns gehalten und sich alle Mühe gegeben, auch Johannisbeeren zu finden, die früher und vor allem später reif werden. Wir bei Lubera® sind zum Beispiel ganz stolz darauf, dass wir auch rote Johannisbeeren (Ribest® Sonette und Ribest® Violette) gezüchtet haben, die erst sehr spät, im August reif werden. Uns ist so ein Züchtungscoup sogar bei den tendenziell noch früheren schwarzen Johannisbeeren gelungen: Auch Cassissima® Late Night® wird erst spät im Juli reif und kann bis in den August hinein hängengelassen werden, was bei dieser Sorte - über die Produktion von zusätzlichem Zucker und wohl auch über die Konzentration der Inhaltsstoffe - eindeutig Geschmack und Aroma verbessert.
Der lateinische und botanische Name Ribes: Der Rhabarber, der zur Beere wurde
Die botanische Bezeichnung der Johannisbeeren, Ribes rubrum und Ribes nigrum, wurde zum ersten Mal von Simon Januensis, Medizinkaplan in der Kurie des Papstes Nikolas IV.um 1290 in diesem Sinne gebraucht. Dieser Name der Johannisbeere, Ribes, der dann auch von Linné als Gattungsbezeichnung gewählt wurde, geht den einschlägigen Handbüchern zufolge auf Rheum ribest, den Libanon-Rhabarber zurück! Dessen sauer schmeckende Stängel, letztlich die Stiele der rötlich gefärbten Laubblätter nutzten schon die Araber als medizinischen Sirup für allerlei Gebrechen. Als sie dann - im 8. Jahrhundert - Südspanien, Andalusien eroberten, fanden sie da keine Rhabarber vor, aber wohl auch keine
Rhabarber beim Austrieb
Johannisbeeren, die so weit südlich gar nicht wachsen. Es ist also äusserst unwahrscheinlich, dass es die Araber selber waren, die Mangels Rhabarber nun einfach beherzt auf die ebenso gesunden und sauren Johannisbeeren zurückgriffen. Eher ist anzunehmen, dass der gut geschulte päpstliche Medizinalrat Simon Januensis und eine gelehrten Freunde und Zeitgenossen auf den Libanonrhabarber zurückgriff, um der neu zu beschreibenden Pflanze auch linguistisch Herr zu werden. Die Schriftsteller und die Mediziner des 13. und 14. Jahrhunderts bezogen einen Grossteil ihres Wissens aus der antiken und arabischen Literatur. Und die Beweggründe für die Namensübertragung, für den Namensraub liegen ja auch auf der Hand: Beide, Johannisbeeren und Rhabarber sind sauer und beide wurden und werden auch medizinisch genutzt. Das musste reichen - und so kam die Beerenfrucht in den Genuss des Gemüsenamens. Diese Verwirrung, das werden wir ganz am Schluss dieses Artikels nochmals sehen, ist bis heute noch nicht ganz aus der Welt geschafft... Und wir bei Lubera®? "Wenn schon, denn schon!" haben wir uns gesagt, und den botanischen Namen gleich nochmals leicht zweckentfremdet und usurpiert, indem wir daraus unseren Markennamen Ribest® für die bei uns in den letzten 15 Jahren gezüchteten neuen roten und weissen Johannisbeersorten gewählt haben. Nachdem wir übrigens nun auch in die Rhabarberzüchtung eingestiegen sind, schliesst sich der Kreis, und ich warte nur darauf, dass wir einen absolut, durch und durch und von Anfang an rot gefärbten Rhabarber "Johannisbeerrhabarber" taufen können. Den Himbeerrhabarber (Frambozen rod) und den Erdbeerrhabarber (als Sammelbezeichnung für rotstielige Rhabarbersorten) gibt es ja schon, wenn hier auch falsche, süsse Tatsachen vorgespiegelt werden. Der Johannisbeerrhabarber wäre da eindeutig ehrlicher. Vielleicht gibt es ihn darum noch nicht ;-) Aber klar ist: Den Rhabarber zieht es hin zur Frucht, und auch die Johannisbeere konnte dem Rhabarber nicht entgehen.
Ribisel - Johannisbeeren sind klein
Alemannen, Bayern, Österreicher und auch Südtiroler übernahmen vielleicht auch wegen ihrer Nähe zum lateinisch-italienischen Sprachraum den lateinischen Namen in ihre Dialekte und machten daraus Ribisel. Natürlich ergänzten sie - mit der abschleifenden und abwandelnden Kreativität, die nun mal Sprachen eigen ist - den lateinischen Namen gleich um einen Diminutiv, aus Ribes wurde Ribisel, Ribiseli. Denn - da sind wir uns ja über Dialekt-, Sprach- und Zeitgrenzen hinaus alle einig - Johannisbeeren sind nun mal eher klein. Und Alemannen sind Realisten, sicher keine Träumer.
Die englische Johannisbeer-Bezeichnung Current und die Korinthen:
Die Engländer, mit ihrer Handelstradition und ihrem weitgereisten Wissen, bedienten sich wiederum im Süden, um das passende Wort für die Pflanze zu finden. Dieses Mal mussten die Korinthen herhalten, die getrockneten samenlosen Weinbeeren aus dem Süden, aus Korinth: Auch Korinthen sind ja klein - jedenfalls im Vergleich zu den frischen Trauben. Aber sie sind auch süss und samenlos. Na ja, so genau kann es die Sprachschöpfung, die sich so gerne am weitgehend unbekannten Fremden bedient, ja auch nicht nehmen. Aber klein sind die Johannisbeereen jedenfalls auch hier.
Vermutlich galt die Namensübertragung primär auch eher den schwarzen Johannisbeeren als den roten, die ja auch etwas mehr Zucker enthalten und deren Kerne eindeutig weniger störend sind als bei den roten Johannisbeeren.
Namen der Johannisbeere: Cassissima® Blackbells®
Es mag vielleicht am etwas grossmundigen Vergleich liegen, der den englischen "Currants" zugrunde liegt, dass Schwarze Johannisbeeren und vor allem der Johannisbeersaft und Nektar noch heute in England viel beliebter sind als in Resteuropa. Man findet den Cassis-, äh Entschuldigung Currant-Geschmack im Vereinigten Königreich auch in vielen anderen Süssigkeiten bis zu Hustenbonbons. Die weltweite Bekehrung der Geschmacksnerven zu Currants steht zwar noch aus, aber ist nicht ausgeschlossen: Der grösste Currant-Saft-Produzent, Ribena, der auch die intensive schottische Currant-Züchtung finanzierte, und der bis 2013 10 Jahre lang zum Pharmakonzern GlaxoSmithKline gehörte, wurde 2013 an den japanischen Multi Suntory verkauft. Auch hier wieder die Verbindung zwischen Pflanze, Genuss und Gesundheit, die ganz offensichtlich die Johannisbeergeschichte zu begleiten scheint.
Zum Schluss dieser Namen der Johannisbeere kehren wir aber nochmals zurück zu einer anderen Ribes-Art, zu Ribes aureum oder odoratum, die amerikanischen Ursprungs sind:
Namen der Johannisbeere: Vierbeere® Orangesse®
Wenn man diese amerikanischen Johannisbeeren trocknet, entstehen wirklich sehr süsse Weinbeeren, die geschmacklich nahe an die Korinthen herankommen. Aber zugegeben, das konnten die Engländer damals, beim korinthischen Namensklau, noch gar nicht wissen, da die Entdeckung der nordamerikanischen Pflanzenwelt erst noch bevorstand.
Cassis: Die Johannisbeere der Franzosen mit dem Duft und Geschmack von Zimt?
Die Franzosen, mit ihrem Sinn fürs Sinnliche, für Duft, Geschmack und Eleganz gingen da einen andere Weg. "Cassis" für die Frucht und den Saft und "Cassissier" für den Beerenstrauch gehen auf lat. "Cassia" für Zimt zurück. Zunächst ist mit "Cassia" die Gewürzrinde von Cinnamomum-Arten, vor allem Cinnamomum verum gemeint, dann aber auch die
Zimst-Stangen - Cinnamomum verum
botanischen Cassia-Arten selber, die auch als Gewürz und Arznei im Einsatz waren. Schliesslich geht der Name französisch-elegant auf die Schwarze Johannisbeere über, deren Knospen, Blätter und Früchte so intensiv und speziell duften und schmecken. Bei diesem Duft und Geschmack gehen ja die Meinungen ziemlich diametral auseinander, man liebt Cassis - oder halt eben nicht. Die Franzosen mit ihrem Hang fürs Parfum entschieden sich ganz offensichtlich für die Liebe und verliehen so der Pflanze ätherische Flügel, die bis heute nachwirken. Dabei ist es unerheblich, ob Zimt jetzt im Cassisduft irgendwie vorhanden sei, entscheidend ist nur, dass Cassis zu einem Leitaroma wurde, den man seither fast überall immer wieder entdeckt: Jedenfalls gibt es kaum ein Wort, das so häufig an Weinverkostungen von Rotweinen (nicht nur der Französichen) zu hören ist, wie "Cassis". Auch wenn sie sich dessen nicht immer bewusst sind: Briten und Franzosen haben mehr gemeinsam, als sie denken...
Auch hier haben wir uns bei Lubera einen weiteren Wortspass erlaubt und nennen unsere selber gezüchteten Gourmet-Cassis Sorten Cassissima®. Wir sind davon überzeugt, dass es uns mit der Vergrösserung der Beeren, dem kleineren Samenanteil und mit der Verfeinerung und Rundung des ursprünglich bitteren und stechend scharfen Cassisgeschmacks gelungen ist, den alten Streit zwischen Cassisliebhabern und Cassishassern für immer zu schlichten: Sorten wie Cassissima® Noiroma®, Cassissima® Blackbells® und Cassissima® Black Marble müssen alle Fruchtliebhaber lieben und als Dessertfrüchte, gerne auch einzeln von einer Fruchtschale, Stück für Stück geniessen.
Aalbeeren: Fisch oder Pflanze?
Nun wird's aber fast schon widerlich. Versuchten die regionalen, vor allem Norddeutschen Sprachschöpfer mit der Bezeichnung "Aalbeere" den Cassis-Geschmack der Franzosen als tranigen Fischgestank zu denunzieren? Da muss ich nun ganz besonders aufpassen, was ich sage: Der geräucherte Aal ist in meiner zweiten Heimat, im Ammerland, eine eigentliche Nationalspeise... Normalerweise handelt Sprache aber nicht wirklich bösartig, und Vergleiche orientieren sich eher am Positiven als am Negativen. Wahrscheinlicher ist also die andere Erklärung eher zutreffend, dass der Alant der Namensgeber der Aalbeere ist, Inula helenium. Das Wurzelwerk dieser Pflanze hat eine eindringlichen bitteren bis harzigen Geschmack und Duft, den wohl die Naturfreunde unter den Sprachschöpfern in der schwarzen Johannisbeere wiederzuerkennen glaubten.
Namen der Johannisbeere: Alant - Inula helenium
Gichtbeere: Gift oder Gegengift?
Nun wird's nochmals absurder: Die Johannisbeere wird in einigen Regionen auch Gichtbeere genannt. Aber halt! Hat Gicht nicht etwas mit Säure, Übersäuerung zu tun, sagt unser modernes Gesundheitshalbwissen, das in uns allen schlummert. Ich entsage deshalb sogar neuerdings dem geliebten sauren Most! Aber würde man eine Beere, die Gicht verursachen kann, wirklich in Gärten anbauen? Ich muss da jetzt aufpassen, dass ich nicht gleich ein neues Gerücht produziere, das in Zeiten des sich selber abschreibenden Internets sehr schnell an Fahrt gewinnen kann: Jedenfalls habe ich unendlich viele Johannisbeeren gegessen und zwar seit über 50 Jahren und ich konnte da im Langzeit-Selbstversuch nie einen Zusammenhang zwischen Beere und Gicht feststellen. Der grösste Schaden, den rote Johannisbeeren bei übermässigen Genuss anrichten können, ist banales Halsweh: Als Züchter bin ich in der Selektionszeit zu Überkonsum gezwungen (vor allem wenn ich auf der Suche mach süsseren und milderen Johannisbeeren bin) und bekämpfe dann die halskratzende Säure zwischendurch mit einem Schluck Milch. Also bittebitte keine falschen Gerüchte verbreiten...
Erleichterung bringt da die Erkenntnis, dass mit Gichtbeere eher die Schwarzen Johannisbeeren gemeint sind und dass sich der Name deshalb wohl auf ein altes Arzneirezept bezieht, nach dem mit Branntwein destillierte oder aber in Branntwein eingelegte Blätter (oder Früchte?) Erleichterung bei Gichtanfällen geben. Eher ist die Gichtbeere also doch ein Gegengift als ein Gift... Die Frage bleibt aber offen, ob man die alkoholische Tinktur eher trinken oder einreiben musste... Trinken half sicher schneller.
Trübel und Trübeli: Trauben für den Norden
Die Schweizer sind da wie die Alemannen nüchterner veranlagt und träumen sogar vom warmen Süden nur mit einem Augenzwinkern. Ihre Benennung für die vor allem roten Johannisbeeren, "Trübel" oder noch feiner "Trübeli" bedient sich zwar bei den südlichen und eindeutig süsseren Weintrauben, meint aber vor allem die Tatsache, dass die Beeren beim Wein und bei den Johannisbeeren an Trauben hängen. Und in ihrem bodenständigen Realismus machen die Schweizer dann auch klar, dass die Johannisbeere in keinster Weise dem Wein und allenfalls den Tafeltrauben Konkurrenz machen kann: weil es eben nur Trübeli, sehr kleine Trauben und Beeren sind. Dennoch hat die Bezeichnung etwas Liebliches und Herziges an sich: Trüübeli. Fast vergisst man bei so einem Namen die Säure. So sind einem die schweizerischen Johannisbeeren (übrigens in den Nationalfarben Rot und Weiss) gleich sympathisch, auch wenn sie klaglos in jedem Bauerngarten am schlechtesten Platz stehen müssen, weil sie halt auch im Schatten rot werden und weil auf mehr Zucker kaum gehofft werden kann. Was man gärtnerisch missachtet und an den Rand drängt, wertet man dialektal-dialektisch wieder auf, als müsste man sich für die schlechte Behandlung entschuldigen.
Meertrübeli: Wo bitte ist das Meer?
Geraden die Berner, sprichwörtlich und tatsächlich die Langsamsten und Bodenständigsten unter den Schweizern, addieren zum bescheidenen und realistischen "Trübeli" gerne noch das Meer? "Meertrübeli" heisst es in Bern und Trubschachen. Das gibt selbst dem Schweizer Autor, der ja seine Miteidgenossen kennt, Rätsel auf. Was hat denn nun das schon wieder zu bedeuten? Selbst Fachlektüre und Internetrecherchen (Gerüchte!) haben mich hier nicht viel gescheiter werden lassen, so dass ich's halt selber versuche. Letztlich bleiben mir zwei Möglichkeiten zur Interpretation der "Meertrübeli".
Johannisbeere Ribest® Violette®
Erstens: Das Meer ist nicht das ferne Sehnsuchts-Meer, sondern das komparative Zahlen-Mehr. Denn wenn die Trübeli etwas auszeichnet, dann ist es die Tatsache, dass an den Trauben eben mehrere, viele Beeren hängen. Je besser und intensiver die Johannisbeerpflanze gedüngt, geschnitten und gepflegt wird, desto mehr Beeren hängen an den Trauben. In vielen Fällen und zu Zeiten der Wortschöpfung (also vor den modernen Tafeltraubensorten) fast in jedem Falle haben Johannisbeeren auch mehr Beeren an den Trauben als die Weinreben. Wobei hier natürlich auch der Wunsch der Vater des Gedankens sein könnte... Schliesslich muss man den süssen Traben auch etwas entgegensetzen. - Auch dieses Mehr hat Eingang in die Lubera® Sprache gefunden, und so haben wir vor einigen Jahren unter der Marke Mehrbeeren®/Moreberries® eine ganze Serie von Beerenpflanzen eingeführt, die jeweils aus zwei unterschiedlichen Sorten, mit unterschiedlichen Farben, Reifezeiten und Geschmacksausrichtungen bestehen. Mehr gibt mehr! Das mögen sich auch die ursprünglichen Schweizer Sprachschöpfer gedacht haben.
Und nun zweitens, die zweite Interpretation: Das Meer ist wirklich das Sehnsuchts-Meer und spiegelt die Tatsache, dass die ersten Gartensorten aus Holland und Belgien, also vom Meer kamen. Vielleicht aber schiesst hier auch die vermeintliche, im lateinisch-italienischen Wort "Ribes" transportierte südliche bis arabische Herkunft der Pflanze (Libanon-Rhabarber) in das Wort ein und macht aus den schlichten Trübeli die rauschenden Meertrübeli.
Sauer macht lustig - und jetzt Schluss mit lustig
In dieser Welt gibt es viel zu viele Dinge, ja auch zu viele Pflanzen, die es zu benennen gilt. Knapp sind nur die Wörter. Und so werden die Wörter halt systematisch geklaut, na ja sagen wir mal: ausgeliehen und abgewandelt. Und WAS dann WIE ausgeliehen wird, sagt viel über die Sprechenden und Schreibenden, aber auch Einiges über die Sache selber aus. Und so kommt man auch zu den Namen der Johannisbeere. Johannisbeeren sind - zugegebenermassen - eher sauer und klein, so dass man sie allzu gerne grösser und süsser wie Weintrauben haben möchte. Bei den Johannisbeeren ist interessanterweise die früher vor allem medizinische Verendung seit dem 19. Jahrhundert, also seit die Pflanze auch aktiver züchterisch bearbeitet wird, der vorwiegend kulinarischen Verwendung gewichen. Und dass Rhabarber und Johannisbeeren über das Wort "Ribes" zusammenhängen, kann letztlich nicht überraschen. Wir alle sehen im Rhabarber noch heute eher eine Frucht als ein Gemüse, das er in Tat und Wahrheit ist.
Die Amerikaner haben das offensichtliche Frucht/Gemüse-Problem des Rhabarbers auf ihre Weise gelöst: 1947 erklärte der US Customs Court in Buffalo, New York das Gemüse Rhabarber von Rechtes wegen zu einer Frucht, weil Rhabarber typischerweise wie eine Frucht benutzt werde. Rhabarber heisst in den USA ja auch Pieplant, Kuchenpflanze. Der eigentliche Grund, warum der Prozess angestrengt wurde, war aber ein ganz anderer: Auf Früchte gab es höhere Importzölle und so konnte die inländische Rhabarberproduktion besser geschützt werden. Es gibt also tatsächlich noch Dinge zwischen Himmel und Erde, die man ganz einfach erklären kann, im Gegensatz zu den Namen der Johannisbeere...
Träubchen
die im mitteldeutschen Sprachraum mundartlich Druweln (Trauben) genannten Beeren, zumindest Ribes rubrum, waren nördlich der Alpen schon vor Einführung der Weintrauben vorhanden (die wilde Weinrebe, wenn tatsächlich einheimisch, könnte natürlich mit ihren winzigen, in Trauben hängenden Beeren, auch namensgebend gewesen sein). Es ist wahrscheinlicher, dass diese altgermanische Formbezeichnung (traubenförmig, in Ansammlung verbunden) von den roten Träubchen auf die durch die Römer eingeführten (?) Weintrauben und die evtl.aus Mittelasien stammenden, durch die Klostergärten verbreiteten, Schwarzen Johannisbeeren überging und nicht umgekehrt. Es gibt auch Menschentrauben! Gichtbeere, in diesem Fall 'Beere' als Gesamtpflanze gemeint, heißen die Ribes nigrum, weil die Blätter in der Heilkunde gegen Gicht angewendet werden.
Ganz herzliche Grüße von einer ebenso die Träubchen und die Etymologie Liebenden