Zugegeben, ich bin ja kein Staudengärtner und eigentlich auch kein Staudenfreak (dafür sind sie mir zu niedrig – und ich habe ja noch keinen Spazierstock). Aber es ist wirklich so leicht sich für Goldsturm (Rudbeckia fulgida var. sullivantii ) zu begeistern, dass ich fast sicher bin, dass der eine oder andere Leser gleich zur Tat schreiten und die Klassiker-Staude neu in seinen Garten pflanzen wird. Deshalb 3 praktische Gartentipps zu Rudbeckia Goldsturm …
Vom grossen, wahrscheinlich grössten Staudenzüchter Karl Förster hat sich bei mir eine Fotografie in die Erinnerung eingegraben, die sich fast automatisch immer wieder aktiviert, wenn ich seinen Namen höre. Ein älterer, distinguierter, kultivierter, für einen Gärtner auch ziemlich sonntäglich gekleideter Herr steht mit einigen Begleitern in einem Staudengarten und zeigt mit einem Spazierstock un-widerruflich auf eine Staude: Das ist sie, sie ist eine Sorte, sie heisst …
Sie heisst zum Beispiel Rudbeckia fulgida var. sullivantii “Goldsturm“. Dabei zeigt die Geschichte dieser Sorte ganz deutlich, dass Karl Förster nicht nur ein Züchter, sondern vor allem und im wahrsten Sinne des Wortes ein Seher war. Konrad Näser, Försters Nachfolger in der Staudengärtnerei in Potsdam-Bornim erzählt nämlich, dass die Sorte vom neuen Obergärtner Heinz Hagemann in den 30er Jahren aus dem botanischen Garten Graz mitgebracht worden war. Gelernte Staudengärtner (bin ich nun wirklich nicht!) sprechen da von einem sogenannten Naturfund, oder auch einer “reinen Art”. Na ja, mit StaudengärtnerInnen möchte ich nicht streiten und über Botanik und Züchtung schon gar nicht.
Förster glaubte zunächst nicht an genügend schöne und genügend grosse Blüten, aber als die Pflanze im nächsten oder vielleicht auch übernächsten Jahr in voller Pracht erstrahlte, war ihm der “schlichte” botanische Name var. sullivantii für diese Wunderstaude dann doch zu wenig. Er brauchte bei 80cm Pflanzenhöhe wohl nicht einmal mehr einen Gehstock, um auf den neuen Sonnenhut zu zeigen und ihn flugs “Goldsturm” zu taufen.
Auf den Markt kam Rudbeckia fulgida var. sullivantii “Goldsturm” – so ihr voller botanischer Name, dann 1936, kurz bevor Stauden gar nicht mehr gefragt waren und auch die Staudengärtnerei Karl Försters auf Gemüse umstellen musste… Licht, bevor das Licht ausging.
Was aber hat Karl Förster und Tausende von anderen Gärtnern in den letzten 80 Jahren für diese Sonnenhutsorte begeistert, die 1999 sogar Staude des Jahres in den USA wurde?
Das Licht: Schon bald nach dem längsten Tag, meist noch kurz vor Mitte August fällt einem zum ersten Mal auf, dass das helle Licht der Sonnenwende fehlt. Da ist einfach plötzlich und wahrnehmbar weniger Licht. Rudbeckia Sonnensturm ist da ein naturgegebener Ersatz, der in den kürzer werdenden Tagen das Lichtmanko auszugleichen vermag. Ist das überhaupt möglich? Sonnenhut Goldsturm erinnert zumindest an die helle Zeit des Hochsommers, die gerade schon vorüber ist. Und vielleicht liegt in der rötlich braunen Blütenmitte auch ein Kern der Wahrheit, dass es bald schon vorüber sein wird mit der Licht – und Farbenpracht. Was kommt nach mir? Ja gut, zuerst im besten Falle noch die Astern, und dann der Herbst.
3 praktische Gartentipps zu Rudbeckia Goldsturm :
Die Zuverlässigkeit: Goldsturm kommt Jahr für Jahr immer wieder, beginnt im Juli zu blühen und führt den Garten langsam in den Herbst hinein. Dabei ist die Sorte robust, wird kaum von Schädlingen und Krankheiten heimgesucht, und wuchert auch nicht. Die Horste werden zwar ganz langsam etwas grösser, aber beginnen keine Garteninvasion.
Die mittlere Höhe: Dank ihrer mittleren Höhe von 60-80 cm fügt sich Rudbeckia Goldsturm überall ein, ohne unterzugehen, und auch ohne zu dominieren. Es sei denn mit der Farbe, einem warmen Gelb, das zum Blütenzentrum noch etwas wärmer zu werden scheint, und das selbst unbedingte Gelbhasser mit der Farbe versöhnen kann.
Die Kombinierbarkeit: Irgendwann, wir haben es schon erwähnt, wird das Licht dann weniger, und neben und nach den Sonnenhüten können nochmals die bunten Herbstastern einen letzten Aufstand der Vegetation veranstalten. So unterschiedlich die Farben sind, so wirkt doch der Übergang von Rudbeckien zu Herbstastern immer harmonisch, vielleicht weil die Blütenstruktur doch Parallelitäten aufweist. Sehr schön neben Goldsturm macht sich z.B. Aster ericoides ‘Erlkönig’. Oder hätten Sie es gerne leichter, federleichter. Da empfiehlt sich das Gartenreitgras “Karl Förster” (Calamagrostis x acutiflora), das das Licht des Sonnenhuts regelrecht tanzen lässt.
Und wenn Sie doch noch nicht vom Sommer lassen können, wenn’s nochmals mehr Licht sein soll, das aus dem Hintergrund und von oben herab, aus über einem Meter Höhe goldgelb erstrahlt, dann empfehle ich Rudbeckia nitida ‘Herbstsonne‘, die zwar nicht vom Meister Karl Förster gezüchtet und erwähnt worden ist, sondern von Goos + Koenemann (aber damit können wir leben, und Karl Förster wird auch zufrieden sein, dass der von ihm ausgehende Staudenzüchtungsvirus unterdessen so viele andere ergriffen hat).
Es ist so leicht sich für Goldsturm zu begeistern, dass ich fast sicher bin, dass der eine oder andere Leser gleich die Klassikerstaude in seinen Garten pflanzen wird.Und hier 3 praktische Gartentipps zu Rudbeckia Goldsturm:
- Wenn’s eine eindrückliche Gruppe sein soll, dann pflanzen Sie ca. 5 Pflanzen, jeweils im Abstand von 20 cm. Damit ist sichergestellt, dass es nicht allzu lange geht, bis der “Klumpen” gefüllt ist, und gleichzeitig bedrängen sich die Pflänzchen auch nicht zu sehr und zu schnell.
- Lieben Sie den Spätsommer im Garten? Dann gehen Die doch dieser fast schon meditativen Arbeit nach: Schneiden Sie die verblühten Sonnenhutblüten regelmässig aus. Und die Meditation nützt: Die Staude wird nächstes Jahr noch voller und noch schöner werden. Aber verzagen Sie auch nicht, wenn sie nicht zu dieser Arbeit kommen. Mit dem Effekt der Meditation verhält es sich ja folgendermassen: Sie wirkt nur, wenn man daran glaubt. Und wenn man nicht daran glaubt, dann geht es auch mal ohne …
- Staudengärtnern wäre ja äusserst langweilig, wenn nach dem Pflanzen nur noch das Spazieren, Beschauen und Meditieren käme. Sogar wenn man einen Spazierstock dabei hätte! Also an die Arbeit! Rudbeckien wie viele andere Stauden ermüden über die Jahre an ein- und demselben Standort, der gegenseitige Druck der Pflanzen wird auch zu gross. Und so macht es Sinn, alle 4 -7 Jahre den Rudbeckien-Horst zu roden, die Stauden zu teilen, um sie dann an einem neuen Lichtort zu pflanzen. Und schon ergibt sich wieder ein ganz neues Gartenerlebnis!
PS: Ich danke Doris Pöppel, der gelernten Staudengärtnerin, Mitinhaberin von Pöppel-Stauden für ein schönes Rudbeckia-Foto und für den tollen Tipp!