Es ist mir eine wahre Freude, das neue Wildobst-Buch 'Wildes Obst' von Hans-Joachim Albrecht hier in unserem Lubera®-Gartenbuch anzuzeigen und zu besprechen. Zwar kenne ich den Autor, Hans-Joachim Albrecht, nicht persönlich, aber er ist mir in den letzten 30 Jahren in der Literatur immer wieder begegnet, ist auch der Freund von Freunden, so dass ich ihn fast schon zu kennen glaube - wenigstens fachlich notabene. In unserem Gartenshop können Sie Wildobst kaufen in vielen verschiedenen Sorten und im eigenen Garten anbauen.
Hans-Joachim Albrecht, der Vater der europäischen Sanddornkultur
Ich bewundere Hans-Joachims Albrecht für seine Hartnäckigkeit, wie er ein Leben lang die Sache des Wildobstes, schreibend, forschend und züchtend weitergetrieben hat. In Mittel und Westeuropa hat er nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fast im Alleingang Sanddorn zu einer anerkannten Obstart (auch im Erwerbsanbau) gemacht. Natürlich hat er dabei auf seinen Vorarbeiten in der DDR und von den vielen Beiträgen und Züchtungsarbeiten russischer Kollegen aufbauen können, aber seiner Leistung gebührt Respekt, ja Bewunderung. Es ist doch der Traum jedes Züchters (und meist ein unerreichbarer Traum), selber am Anfang einer neuen, immer wichtiger werdenden Obstart zu stehen. Hans-Joachim Albrecht ist genau das mit Sanddorn gelungen. Und wer weiss, wie weit das noch führen wird: Ist der Weg bei einer Obstart einmal gebahnt, der vom Wildobst zur Kulturform führt, so ist manchmal kein Halten mehr, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind: Die Frucht sollte interessante, gesunde Inhaltsstoffe haben, sie sollte industriell angebaut, geerntet und gelagert werden können, und sie sollte gut schmecken, am besten auch frisch gegessen werden können. Jetzt schütteln sie alle beim Gedanken an Sanddorn den inneren Kopf: Viel zu sauer, nicht direklt essbar. allerdings habe ich gerade in diesem Hebst diverse russische Sorten degustiert, die richtig süss waren… Wer weiss also, wohin der bis jetzt von Hans Joachim Albrecht und seinen Sanddornsorten wie Leikora und Frugana und der Pollmix Serie gebahnte Weg noch führen wird... Konnte etwa Coville in den 30er Jahren schon ahnen, welche Bedeutung die Kulturheidelbeere heute haben würde, wo sie drauf und dran ist, die Himbeeren und Brombeeren als zweitwichtigste Beerenobstart nach Erdbeeren abzulösen... (Lesen Sie dazu meinen Gartenbuch-Beitrag "Die Geschichte der Kulturheidelbeeren")
Der Begriff Wildobst
Bleiben wir gleich noch einen Moment bei den Heidelbeeren. Hier sprechen wir ja bis heute von den Kulturheidelbeeren, um diese von den Wilden Heidelbeerfrüchten im europäischen Wald oder auch in den Oststaaten der USA abzugrenzen, aus welch letzteren die Kulturheidelbeeren mehrheitlich gezüchtet worden sind.
Entsprechend versteht man unter Wildobst bis heute vor allem unwichtigere oder weniger bekannte Obstarten, die nicht oder nur in Anfängen züchterisch bearbeitet worden sind, also wild wachsen, wenig beeinfluss von menschlicher Selektion.
Und da ist dann das Problem, das auch Hans-Joachim Albrecht im Vorwort fast augenzwinkernd anschneidet: Ab wann ist Wildobst kein Wildobst mehr, ab wann ist es Kulturobst? Ehrlich gesagt würde ich anhand dieser Überlegung die Sanddornsorten jetzt schon entschieden dem Kulturobst zurechnen, ebenso die vielen Erstbeeren- oder Honigbeerenzüchtungen (Lonicera caerulea var. edulis). Vielleicht muss man den Begriff 'Wildobst' doch noch etwas weiter ziehen: Einerseits ist das Wort 'wild' zu betonen, das wohl so viel bedeutet wie 'noch nicht ganz gezähmt', 'nicht vollständig domestiziert', wild und stark wachsend, vielfach mit Dornen. Und andererseits grenzt sich das Wildobst von den bekannten Kulturobstarten ab, die als Kanon allgemein bekannt sich: Apfel, Birne, Pflaume, Kirsche, Aprikose, Pfirsich, Nektarine, Erdbeere, Himbeere, Brombeere, Johannisbeere, Stachelbeere und Heidelbeere. Wildobst ist dann der Rest, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der Heidelbeere irgendwann auch andere Obstarten in den Kanon der klassischen Obstarten reinrutschen. Albrecht zählt die Heidelbeeren übrigens immer noch zu den Wildobstarten.
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Natürlich ist diese ganze Diskussion auch so ein bisschen ein Streit um des Kaisers Bart: Was kümmert es die Sanddornpflanze, ob sie nun dem Wilden Obst zugerechnet wird oder dem kultivierten... Aber es zeigt vielleicht doch den prekären Zustand des Wildobsts: Wildobstarten sind immer auf der Kippe von Wildpflanzen, die so nebenbei auch Früchte abzugeben und zu bieten haben, zu Kulturpflanzen, deren Früchte ganz und gar in den Fokus der Menschen gelangen, mit allen damit verbundenen Bemühungen, die Frucht zugunsten des menschlichen Genusses und Wohlergehens zu verbessern. Die Domestizierung ist übrigens vielfach auch im Interesse der Pflanze selber: Musste sie früher als Wildobst möglichst diverse Samen ausbilden und über Frassfreunde/Frassfeinde in Umlauf bringen, so übernimmt nun der Mensch (auch er ist ein Tier...) die Verbreitung und damit die Garantie fürs Überleben der Pflanze dank vegetativer Vermehrung über Stecklinge und Veredelungen.
Bild: Erstbeere® Blue Pagoda - Highbush mit grossem Ertrag und ausgezeichneten Früchten
Hans-Joachim Albrechts Buch 'Wildes Obst': Ein bibliophiles Kleinod
Genug der Gedankenturnerei zu Wildobst, es geht ja um Hans-Joachim Albrechts neues Buch: Wildes Obst. Wir haben nun wohl genügend dargelegt, dass wildes Obst gar nicht mehr so wild ist in vielen Fällen - das Buch darüber ist in jedem Falle sehr kultiviert. Das vom blv Verlag herausgegebene 159 Seiten umfassende Buch 'Wildes Obst' hat fast schon bibliophilen Charakter. Die einzelnen Wildobstarten - alphabethisch nach den lateinischen Namen geordnet - werden schön übersichtlich in einer zweispaltigen Darstellung gezeigt und zu jeder Obstart sind wunderschöne, mesit historische Zeichnungen eingefügt, was dann eben diesen fast bibliophilen Charakter ausmacht. Zunächst war ich von den Zeichnungen etwas irritiert: Warum hat man keine Fotografien genommen oder gemacht? Und ehrlich gesagt hatte ich auch so ein bisschen den Verdacht, dass man die Mühe des Fotografierens einfach gescheut hat, das für ein solches Buch gerne ein bis zwei Saisons in Anspruch nehmen könnte oder zu einer grossen Sammelaktion ausufern würde (auch wir haben schon für viele ähnlich gelagerte Bücher Fotos geliefert). Aber ich muss auch zugeben: Die Auswahl der Zeichnungen aus historischen botanischen Publikationen ist hervorragend, einige Lücken sind durch neue Zeichnungen geschlossen worden - und eigentlich habe ich nur noch leicht zu kritisieren, dass nicht genau ersichtlich ist, woher die einzelnen Bilder wirklich stammen (auf der letzten Seite ist nach meinem Verständnis nur angegeben, aus welcher digitalen Quelle sie stammen). Nach einige Stunden des Durchblätterns von 'Wildes Obst' bin ich sogar zum Schluss gelangt, dass für eine solche Überblickspublikation Zeichnungen eventuell besser geeignet sind als Fotografien: Fotografien haben immer eine Verfallszeit, nach 10 oder 20 Jahren wirken sie ganz einfach alt, weil sich Technik und Ästhetik verändert haben. Vor allem aber gelingt per Fotografie ein Abbild einer Sorte, aber nicht die idealtypische Darstellung einer Obstart, die bei einem solchen Buch gefordert ist. Also: Schlussendlich bin ich ganz und gar einverstanden mit der Entscheidung, Zeichnungen zu benutzen.
Bilder: Ausschnitt aus dem Buch "Wildes Obst" von Hans-Joachim Albrecht
Der bestmögliche Überblick über die Wildobstarten
Bei aller Schönheit sollte man ein Fachbuch, auch ein biologisches Buch oder ein Gartenbuch immer auch danach beurteilen, welchen Nutzen es bringt. Cui bono? Und genau dieser Nutzen ist bei Hans-Joachim Albrechts 'Wildem Obst' ganz klar: Das Buch gibt einen perfekten Überblick über‘s Wildobst, es erlaubt dem Leser, seine eigenen Vorlieben zu finden, eine Auswahl zu treffen, Möglichkeiten für die Kultur im eigenen Garten auszuloten. Stellen Sie sich einfach vor: Sie sitzen wie ich 2-4 Stunden im Garten, Blättern und lesen das Buch durch, hier mal intensiver, da nur die Zeichnungen genießend und schreiben sich parallel auf, was Sie für ihren Garten interessieren würden... Genau so habe ich das nämlich mit dem Buch 'Wildes Obst' gemacht, nur dass bei mir noch eine geisserische Zusatzbeschäftigung (sie wissen, die Zigarre...) dazu kam. Auch ich habe nämlich den Überblick benutzt, unsere Forschungs- und Züchtungsanstrengungen zum Wildobst bei Lubera® mal wieder einzuordnen, zu schauen, wo wir stehen und ob uns vielleicht interessante Arten und Arbeitsgebiete bis jetzt entgangen sind.
Auch ein gutes und schönes Buch kann nicht alles erreichen, kann nicht alles abdecken, vor allem dann nicht, wenn ein Thema so gross und uferlos ist wie das Wilde Obst. Wie gesagt bedeutet Wildobst ja auch soviel wie der ganz grosse Rest neben den bekannten Obstarten... Aber genau bei dieser Auswahl zeigt Hans-Joachim Albrecht eine sichere Hand. Die Grenzen des Buchs sind woanders: Es kann auf diesem kleinen Raum keine Anleitung bieten, wie denn die einzelnen Wildobstarten anzubauen wären, wie sie zu kultivieren sind. Dazu müssen einige Hinweise jeweils zu Standort, Inhaltstoffen und Verwertung genügen. Wie gesagt: Ein Buch kann nicht alles...
Bild: Ein kleiner Teil der Lubera®-Wildobst-Ernte 2018
Als Naschobst geeignete Wildobstarten
Über Geschmack und Geschmäcker und auch unter Obstexperten lässt sich trefflich streiten. Und ich bin sicher, dass man auch mit Hans Joachim Albrecht ganz gut streiten - und trotz unterschiedlicher Meinungen - fachlich gut diskutieren könnte. Zum Schluss des Buches ergänzen einige Tabellen die kleinen Steckbriefe zu den Wildobstarten und eine Tabelle führt auch die als Naschobst geeigneten Wildobstarten auf - also diejenigen Sorten und Arten, die ohne Verarbeitung, direkt vom Strauch oder aus dem Teller gegessen werden können. Wir sind uns wohl alle einig, dass solche Wildobstarten die grössere Chance haben, zu Kultursorten zu werden und dereinst in den Kanon der wichtigen Obstsorten aufgenommen zu werden, als Wildobst, dass zuerst gepresst und gekocht und aufgezuckert oder gemischt werden muss... In dieser Tabelle zum direkt geneissbaren Naschobst hätten wir uns aber gerne auch unsre Lieblinge, die essbaren Eleagnus multiflora (frühe Pointilla®) und Eleagnus umbellata (späte Pointilla®) gewünscht und vielleicht hätten wir auch Ziziphus jujuba da eingeordnet. Aber wie gesagt: Die Geschmäcker sind unterschiedlich und es sollen ja auch nach diesem wunderbaren Buch noch weitere Bücher über das Wildobst geschrieben werden können ;-) Mit den Büchern ist es ja genau so wie mit den Sorten und der Züchtung: Es hört nie auf, es geht immer weiter...
Danke von Lubera®
Hier, zum Abschluss ist glaube ich auch der richtige Ort, dass wir uns bedanken: Hans Joachim Albrecht erwähnt an verschiedenen Stellen auch unsere Sorten, unsere Selektionen aus dem Lubera® Sortiment und dafür bedanken wir uns selbstverständlich ganz herzlich!
"Wildes Obst" von Hans-Joachim Albrecht, Gebundene Ausgabe: 160 Seiten, Verlag: BLV Buchverlag (10. September 2018).
Das Buch ist ausserdem bei Amazon erhältlich.
Gelbhornstrauch
Ich muss wieder betonen, dass Ihre Newsletter die Einzigen sind, auf die ich mich wirklich freue!
Haben Sie schon einmal den Gelbhornstrauch Xanthoceras sorbifolium 'angebaut'?
Ich möchte einen pflanzen, aber leider kann ich den nicht bei Ihnen bestellen...oder habe ich ihn übersehen?
Liebe Grüße aus Österreich!
P.S.: Ist ein Standort in Österreich in Planung? Das wäre wunderbar... ;)
Markus Kobelt