Du gärtnerst gerne und interessierst dich für neue Pflanzen Sorten? Dann könnte Pflanzenzüchtung als Hobby für dich genau in Frage kommen. Fast jedes Mal, wenn Besucher unsere Züchtungsanlage in Buchs besuchen, staunen sie und kommentieren diese Arbeit ungefähr so: „Wow, das könnte ich niemals!“. Dann antworte ich meist: „Züchtung ist an sich eigentlich ganz einfach, das könnte fast jeder Hobbygärtner machen“. Du glaubst mir nicht? Ich werde versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen.
Inhaltsverzeichnis
- Warum Pflanzenzüchten? Erschaffe etwas ganz Neues!
- Was braucht man für die Pflanzenzüchtung als Hobby?
- Zeit und Ausdauer
- Botanisches Grundwissen
- Ein bisschen gärtnerische Erfahrung
- Was man nicht (unbedingt) bei der Pflanzenzüchtung als Hobby braucht
- Einen Doktortitel?
- 10 Hektar Land?
- Einen Genehmigungsschein oder eine Berechtigung?
- Die Geschichte der Pflanzenzüchtung als Hobby
- Wie fange ich ein Züchtungsprogramm an?
- Der Plan
- Sortentestung
- Tipp: Wo finde ich viele Sorten?
- Kreuzen – oder Bienchen spielen
- Aussäen und selektieren.
- Vermehren und stabilisieren
- Bäume, Sträucher und Stauden züchten
- Einjährige Pflanzen züchten: Gemüse und Blumen
- Pflanzenzüchtung für Anfänger und Fortgeschrittene: Ein paar Tipps und Informationen
- Internetseiten:
- Bücher:
- Suche den Kontakt zu Gleichgesinnten
- Eigene Sorten schützen lassen und verkaufen?
- Der gute Rat zum Schluss: Den Spass nicht vergessen
- Wie geht’s weiter?
Warum Pflanzenzüchten? Erschaffe etwas ganz Neues!
Was ist das eigentlich, das Faszinierende an der Pflanzenzüchtung? Du kannst eine ganze neue, noch nie dagewesene Pflanze erschaffen. Ist das nicht verrückt? Bei der Pflanzenzüchtung siehst du, dass es unendlich mehr Vielfallt gibt als du dir vorstellen kannst. Karotten müssen nicht immer orange und länglich sein, sie können auch gelb, weiss, lila oder rot und rund sein!
Rosen sind nie so richtig bei dir im Garten gewachsen? Warum nicht eine neue Rosensorte züchten, welche perfekt für deinen Garten angepasst ist? Als Pflanzenzüchter bist du gleichzeitig kreativ, kannst etwas für die Umwelt tun, spielst ein wenig Forscher, und du kannst ganz viel Zeit mit unglaublich schönen und vielfältigen Pflanzen verbringen. Und wenn alles gut geht, kannst du am Ende eine neue Sorte selbst benennen!
Was braucht man für die Pflanzenzüchtung als Hobby?
Für jedes Hobby braucht man ein wenig Ausrüstung. Genauso ist es auch für die Pflanzenzüchtung. Wobei man hier ganz klein mit sehr wenig anfangen kann. Man braucht wirklich nicht viel, um selbst zuhause mit Züchten zu beginnen.
Zeit und Ausdauer
Das ist wahrscheinlich das Wichtigste. Pflanzenzüchtung braucht Zeit. Zeit bis eine Pflanze blüht. Zeit bis die Früchte reif werden. Zeit bis die Samen keimen. Zeit bis die neuen Pflanzen sich bewährt haben. Zeit bis zur nächsten Pflanzengeneration. Zwar kann man viele Pflanzen (zum Beispiel Sträuchern oder Stauden) auch mal für 1 bis 2 Jahre im Garten vergessen, jedoch sollte man immer langfristig denken. Eine neue Sorte zu züchten, geht nicht in 1 bis 2 Tagen, sondern braucht meist eher ein paar Jahre.
Botanisches Grundwissen
Man muss kein Biologiestudium durchgeführt haben, aber sollte schon grundsätzlich verstehen wie Sex bei Pflanzen funktioniert. Was sind Pollen? Ist die Blüte zwittrig? Was ist der Unterschied zwischen einhäusig und zweihäusig? Auch ist es hilfreich, ein klein wenig über Vererbung zu verstehen. Die Mendelschen Regeln zu kennen ist gut, auch wenn man sicher kein Genetiker sein muss. Grundsätzlich kann man die Vererbung ganz einfach zusammenfassen: Eigenschaften werden von Eltern auf Kinder übertragen. Also sehen Pflanzen immer ähnlich aus wie ihre Eltern. Und ab und zu überspringen Eigenschaften auch eine Generation und sind erst bei den Enkelkindern wieder zu sehen (2. Mendelsche Regel). Das ist eigentlich das Wichtigste, was man wissen muss. Wenn du zusätzlich noch den Unterschied zwischen samenfesten Sorten und F1 Hybriden kennst, dann bist du definitiv bereit selbst mit züchten zu beginnen!
Ein bisschen gärtnerische Erfahrung
Du hast noch nie einen Samen ausgesät oder einen Steckling erfolgreich bewurzelt? Dann ist Pflanzenzüchtung wahrscheinlich (noch) nichts für dich. Grundsätzlich solltest du schon ein bisschen in der Vergangenheit gegärtnert haben und wissen wie Pflanzen wachsen und wie man sich um sie kümmert. Besonders die Pflanzen, welche du züchten möchtest, solltest du schon angebaut haben. Falls nicht, fang einfach damit an. Beginne am besten direkt bei der Aussaat und versuche, bis zu reifen Samen zu kommen. Wenn du das schaffst, dann kannst du auch mit dem Züchten beginnen.
Was man nicht (unbedingt) bei der Pflanzenzüchtung als Hobby braucht
Nun haben wir die grundlegenden Fähigkeiten zusammengefasst, welche es braucht um neue Sorten zu züchten. Jedoch gibt es auch so einiges was man sich vorstellt zum Züchten zu brauchen. Hier aber die gute Nachricht: Das meiste braucht man (zumindest zu Beginn) sicher nicht.
Einen Doktortitel?
Du brauchst keine akademische Ausbildung. Wie bereits gesagt, brauchst du nur grob zu wissen wie Eigenschaften vererbt sind. Alles andere brauchst du am Anfang nicht. Wenn dir Pflanzenzüchtung Spass macht, wirst du sicher gerne von ganz alleine mehr verstehen wollen: Wie genau die Genetik funktioniert und welche Techniken man einsetzen kann. Jedoch kannst du alle notwendigen Informationen leicht im Internet, in Büchern oder von anderen Pflanzenfreunden lernen. So gibt es zum Beispiel eine kleine Videoserie von Lubera, welche die einzelnen Schritte der Apfelzüchtung erklärt.
Video: Apfelzüchtung Teil 1 von 10 - Selektion der Mutterbäume
10 Hektar Land?
Grundsätzlich stimmt es schon. Je mehr Platz man für Pflanzen hat, desto besser ist es. Jedoch habe ich mit der Pflanzenzüchtung als Hobby angefangen, als ich weder einen Garten noch eine Terrasse hatte. Gerade am Anfang empfiehlt es sich sowieso klein anzufangen. Alles ist möglich: Ein Schrebergarten, ein Balkon mit Töpfen, eine Fensterbank oder sogar nur ein Keller oder Dachboden mit Pflanzleuchten. Du willst mit Pflanzenzüchtung anfangen? Dann fang einfach mit dem an, was du hast und warte nicht auf ein riesiges Versuchsfeld.
Einen Genehmigungsschein oder eine Berechtigung?
Manchmal kommt auch die Frage: Darf man das überhaupt? Es gibt ja so viel was verboten oder zumindest reglementiert ist. Hier ist die Antwort ganz klar: Ja! Jeder darf nach Herzenslust züchten. Übrigens darf man in der EU und der Schweiz auch grundsätzlich mit jeder Pflanzen Sorte züchten, auch Sorten unter Sortenschutz oder Markenschutz. Dies nennt man das Züchterprivileg und ist ein Grundpfeiler der europäischen Sortenpolitik.
Die Geschichte der Pflanzenzüchtung als Hobby
Heute ist Pflanzenzüchtung als Hobby eher selten. Die meisten Menschen denken, dass das Züchten neuer Pflanzensorten nur von staatlichen Forschungseinrichtungen von Gartenbauprofessoren oder von grossen spezialisierten Pflanzenzüchtungsunternehmen mit vielen Wissenschaftlern gemacht werden kann. Zwar sieht heute ein grosser Teil der Pflanzenzüchtung so ähnlich aus, aber das muss nicht so sein und dem war nicht immer so. Über Jahrhunderte waren es ganz einfach Bauern und Gärtner, die kaum Ahnung von Genetik oder Vererbung hatten, welche aus dem Wildkohl neue Arten wie Blumenkohl, Kohlrabi oder Rosenkohl züchteten. Meist passierte das eher so nebenbei. Vor ungefähr 200 Jahren fing aber die moderne Pflanzenzüchtung so richtig an. Zu jener Zeit interessierten sich immer mehr Gärtner dafür, selbst neue Zierpflanzen, Obst und Gemüsesorten zu entwickeln. So gab es zum Beispiel im 19. Jahrhundert in Grossbritannien 171 "Stachelbeer - Züchtungsvereine". Die Mitglieder dieser Clubs standen im ständigen Wettstreit darüber, wer die Stachelbeersorte mit den grössten Früchten züchten konnte (übrigens liegt der Rekord bei 64 Gramm). Zu jener Zeit gab es in ganz Europa zahlreiche Hobby-Züchter, welche viele neue Sorten aller möglichen Pflanzen von Erdbeeren über Passionsblumen bis hin zu Äpfeln züchteten.
Interessanterweise gehen bis heute sehr viele Pflanzen auf die Arbeit von Amateurzüchtern zurück. Ein paar Beispiele:
- Viele der besten Minikiwi Sorten wurden von dem ostdeutschen Werner Merkel gezüchtet. Dabei war die Pflanzenzüchtung nie sein Beruf, sondern er war Ingenieur im Automobilbau und betrieb seine bahnbrechende Züchtungsarbeit nur als Hobby nebenher. Viele Jahre kreuzte er Kiwiblüten und säte in seinem Hausgarten Kiwisamen aus. Auch viele Minikiwi Sorten im Lubera Shop stammen aus seiner Züchterhand.
- Die weltweit bekannte Wassermelonensorte 'Blacktail Mountain' wurde in den 1970er Jahren von dem Amerikaner Glenn Drowns gezüchtet, als dieser im äussersten Norden der USA im Skigebiet der Blacktail Mountains lebte. Er war frustriert darüber, dass in seinem kalten Klima keine Wassermelone reif wurde. Also machte er sich selbst daran, eine neue Sorte zu züchten. Das Unglaubliche daran war, dass er mit der Züchtung dieser Wassermelone begann, als er gerade 17 Jahre alt war! Er brauchte 4 Jahre, um die Wassermelone zu dem zu entwickeln, was wir heute kennen, aber das Warten hat sich gelohnt.
Bild: Die Rote Wassermelone 'Blacktail Mountain' ist sehr robust und wächst auch in nördlichen Breiten.
- Hast du schon mal Avocados gegessen? Dann kennst du sicher die Avokadosorte 'Hass'. Die grosse Mehrheit der Avocados in Supermärkten gehören zur Sorte 'Hass'. Jedoch wurde sie nicht von einer staatlichen Forschungsanstalt oder von einem internationalen Züchtungsunternehmen gezüchtet, sondern von einem Postboten. In den 1920er Jahren wollte der kalifornische Postbote Rudolph Hass sich ein Zusatzverdienst mit dem Anbau von Avocados schaffen. Jedoch war er zu arm, um sich veredelte Bäume zu kaufen. Also pflanzte er einfach stattdessen Kerne, die er später selbst veredeln wollte. Leider (oder zum Glück) klappte das in den meisten Fällen nicht, und so liess er die Bäume aus Sämlingen einfach wachsen. Schnell merkte er, dass einer der Bäume sehr reichlich trug und dazu noch Früchte mit einer rauen Schale hatten, welche lange gelagert werden konnten. Die Avocadosorte 'Hass' war geboren und wurde zu einem Bestseller.
Nun, was denkst du? Vielleicht kommt ja die nächste grosse Rosensorte oder winterharte Zitruspflanze aus deiner Hobbyzüchtung?
Wie fange ich ein Züchtungsprogramm an?
Ok wunderbar! Du bist nun motiviert, selbst mit der Pflanzenzüchtung zu beginnen. Das freut mich! Aber wahrscheinlich stellst du dir die Frage: Wo fange ich überhaupt an? Und wie züchte ich?
Jeder Züchter geht hier ein wenig anders vor und wenn du Züchtung nur als Hobby machst, musst du dich auch nicht an irgendwelche Vorgaben halten. Jedoch gibt es grundsätzliche Schritte, welche den meisten Züchtungsprogrammen zugrunde liegen. Es ist gut, sich hieran zu orientieren. Nun also 5 einfache Schritte zur Durchführung eines Züchtungsprogramms.
Der Plan
Bevor du überhaupt loslegst, musst du dich fragen: Was will ich? Was ist mein Ziel? Im Idealfall sollte dieses Ziel möglichst genau definiert werden. Zum Beispiel "eine Tomatensorte, welche in meinem Garten in Berlin wächst und bis Oktober gesund ist (ohne Pflanzenschutz), die Früchte sollten 200 Gramm schwere gelbe Ochsenherztomaten sein“. Natürlich kannst du auch sagen: Ich lasse mich überraschen und nehme was kommt. Oft ist es hilfreich, ein Hauptziel zu haben. Das kann alles von Fruchtgrösse, Blütenfarbe, Winterhärte bis hin zu Krankheitsresistenz sein. Wenn man jedoch zu viele Ziele hat, ist es schwierig alle zu erreichen.
Sortentestung
Du weisst nun ziemlich (un)genau, was du züchten möchtest und was du erreichen willst. Nun kann es natürlich sein, dass jemand vor dir bereits dieselbe Idee hatte. Du solltest also alle Pflanzensorten suchen, welche deinen gewünschten Eigenschaften entsprechen und eine Liste erstellen. Manchmal gibt es auch nur Sorten, welche nur einen Teil der gewünschten Eigenschaften haben. Hier kann es hilfreich sein, diese auch mit auf die Liste zu nehmen. Du möchtest beispielsweise Fuchsien züchten, welche extrem grosse Blüten haben und gleichzeitig winterhart sind. Hier lohnt es sich, auch Sorten wie die Fuchsie 'Maxima' zu testen, welche zwar sehr grosse Blüten besitzt, aber nicht winterhart ist, und andere mit eher kleinen Blüten, welche aber sehr winterhart sind wie die Fuchsia magellanica 'Genii'.
Bild: Die winterharte Fuchsie 'Genii' hat eine lange Blütezeit von Anfang Juli bis Ende September.
Ziel ist es, alle diese vielversprechenden Testsorten auszuprobieren. Halten sie, was sie versprechen? Oder nicht. Vielleicht findest du ja eine Sorte, welche alle gewünschten Eigenschaften haben. Glückwunsch! Dann brauchst du eigentlich gar nicht weiter zu machen.
Meist ist dies jedoch nicht der Fall. Nun kommt es darauf an, die besten Eltern für deine zukünftigen Kreuzungen auszuwählen. Du hast eine tolle Zwergtomate mit gelben Früchten und eine rote Romatomate, möchtest aber eine gelbe Roma Zwergtomate. Super du hast die beiden Eltern. Jetzt muss du sie nur noch kombinieren.
Tipp: Wo finde ich viele Sorten?
Für eine Sortentestung ist es gut, möglichst viele unterschiedliche Sorten zu testen. Meist findest du in Gärtnereien oder online, wie bei Lubera, schon genug Auswahl. Wenn du jedoch etwas weiter suchen möchtest, so gibt es besonders für Nutzpflanzen öffentlich zugängliche Samenbanken, wo jeder (gegen eine Gebühr) Tausende von verschiedenen Sorten bestellen kann. Eine der grössten Genbanken in Europa ist das IPK in Gatersleben.
Kreuzen – oder Bienchen spielen
Nun kommt die Hauptarbeit des Züchters: Bienchen spielen oder anders gesagt "kreuzen“. Du versuchst hierbei, die guten Eigenschaften der beiden ausgewählten Elternsorten zu kombinieren. Dazu musst du Pollen von der Vaterpflanze auf die Blütennarbe der Mutterpflanze bringen. Wenn du genau arbeitest, machst du das meist mit einem Pinsel und von Hand.
Zuerst entfernst du meist die Staubfäden mit Pollen der ungeöffneten Blüten der Mutterpflanzen. Das nennt man emaskulieren und dient dazu, eine Selbstbestäubung zu vermeiden.
Danach sammelst du Pollen von offenen Blüten der Vaterpflanze und pinselst diesen Pollen auf die Narbe der Mutterpflanze. Das ist die sogenannte Bestäubung. Nach der Bestäubung sollte man die Blüte einpacken, bis ein Fruchtansatz zu sehen ist, um eine Fremdbestäubung zu vermeiden. Zum Einpacken der Blüte kann man beispielsweise ein Organzasäckchen benutzen.
Bei manchen fremdbestäubten Pflanzen kannst du auch einfach Insekten die Arbeit machen lassen. Du hast zwei verschiedene Passionsblumen in deinem Garten und sonst keine Passionsblumen in der Umgebung? Dann kannst du ziemlich sicher sein, wenn volle Früchte mit Samen entstehen, dass sich hier die beiden verschiedenen Passionsblumen gegenseitig dank fleissiger Bienchen bestäubt haben.
Aussäen und selektieren
Falls die Bestäubung geklappt hat, erhältst du Samen, welche einen Mix zwischen den Elternsorten darstellen. Diese kannst du nun aussäen. Je mehr Samen du aussäst, desto mehr Chancen hast du genau die gewünschte Pflanze zu finden. Von diesen neu entstehenden Pflanzen kannst du nun die Pflanze auswählen, welche dir am besten gefällt. Meist lohnt es sich, die Pflanze etwas länger zu testen, da man etwaige Problem nicht immer sofort sieht. Wenn aber alles geklappt hat, hast du jetzt bereits eine neue Sorte! Genial!
Vermehren und stabilisieren
Nun hast du also eine ganz neue Sorte erschaffen. Jetzt heisst es, die Sorte zu vermehren oder zu stabilisieren. Wenn du mit einer Pflanzenart gearbeitet hast, welche sich vegetativ (also über Stecklinge, Absenker, Kindel, Teilung etc.) vermehren lässt, dann muss du deine neue Sorte nur Vermehren um sicher zu sein, dass sie nicht wieder verloren geht.
Wenn du aber beispielsweise mit einer Gemüseart gearbeitet hast, welche über Samen vermehrt wird, dann musst du diese neue Sorte erst stabilisieren, bevor du diese weitergeben kannst. Genaueres erkläre ich dir weiter unten.
Bäume, Sträucher und Stauden züchten
Mehrjährige Pflanzen wie Obstbäume, Blühsträucher, Beeren oder Zierstauden haben den Vorteil, dass man eigentlich nur eine Züchtungsgeneration braucht, um eine fertige Sorte zu bekommen. Sobald du unter deinen Sämlingen eine aufregende neue Pflanze gefunden hast, kannst du sie als fertige Sorte vermehren. Schneide einfach davon Stecklinge und schon hast du ein Dutzend Pflanzen deiner neuen Sorte. Natürlich kannst du auch hier mehrere Generationen an Züchtungen durchführen, besonders wenn das Ergebnis nicht so aussieht wie du es erhofft hast. Du hast vielleicht einen rotfleischigen Apfel mit einen normalen Apfel gekreuzt und das Ergebnis ist ein Apfel, welcher nur ganz leicht rosa ist? Dann musst du vielleicht eine Rückkreuzung durchführen und diesen rosa Apfel nochmals mit der rotfleischigen Elternsorte kreuzen.
Wenn du bei Obst und Beeren ganz einfach beginnen willst, dann kannst du einfach direkt mit Samen aus Supermarktfrüchten beginnen! Du sparst dir hier die Bestäubung von Hand. Du hast leckere Himbeeren, Äpfel oder Aprikosen gekauft? Säe die Samen aus. Du wirst sehen, dass jede Pflanze unterschiedlich ist. Mit etwas Glück findest du unter diesen offen bestäubten Sämlingen eine neue tolle Sorte. Übrigens sind viele bekannte Apfelsorten wie 'Golden Delicious' oder 'Braeburn' so entstanden und auch wir bei Lubera benutzen diese Technik mit Erfolg.
Einjährige Pflanzen züchten: Gemüse und Blumen
Die meisten Gemüsepflanzen wachsen als einjährige Pflanze und selten wie bei Karotten oder Rote Beete auch als zweijährige Pflanzen. Hier muss man immer wieder neu Samen aussäen. Das Gleiche gilt für einjährige Zierpflanzen wie Sonnenblumen oder Tagetes. Wenn du über Jahre immer die gleiche Sorte haben möchtest, musst du diese erst einmal stabilisieren. Hierzu fängst du ganz normal mit einer Kreuzung zweier Pflanzen an. Du wählst dabei unter den Nachkommen die Pflanzen aus, welche dir am besten gefallen. Jedoch musst du deine Sorte nicht nur einmal auswählen, sondern über mehrere Jahre und Generationen immer wieder. Sammle jedes Jahr hierfür Samen von der Pflanze, welche dir am besten gefällt. Dabei wirst du sehen, dass die Vielfalt in jeder Generation abnimmt, bis nach 5 bis 8 Generationen alle Pflanzen gleich aussehen. Nun ist die Sorte "stabilisiert" und du kannst die Samen weitergeben und sicher sein, dass sie alle einheitlich sind.
Bild: Inzucht bei Tomaten
Pflanzenzüchtung für Anfänger und Fortgeschrittene: Ein paar Tipps und Informationen
Es gibt ein paar grossartige Bücher und Internetseiten, welche dir sicher helfen können mit dem Hobby zu beginnen und dazu zu lernen. Hier mal eine kleine Liste von hilfreichen Ressourcen.
Internetseiten:
- https://www.diyseeds.org/de/films/: Du willst Gemüse züchten, weisst aber nicht so genau wie das mit der Bestäubung, Samengewinnung und so geht? Dann ist diese exzellente Internetseite genau das Richtige für dich. Hier findest du kurze Videos, welche dir alles Wichtige zum Thema einfach und verständlich erklären.
- Das Gartenbuch von Lubera: Hier auf der Internetseite von Lubera veröffentlichen wir viele Artikel über unsere Züchtungsarbeit. Sicher gibt es dabei auch viele hilfreiche Infos für dein eigenes Züchtungsprojekt!
Bücher:
- "Pflanzenzüchtung" von Heiko Becker: Ein deutsches Lehrbuch zum Thema Pflanzenzüchtung. Das Buch ist für Studenten geschrieben, es ist jedoch auch für alle, die ein wenig tiefer in das Thema einsteigen wollen, interessant. Es hat viele zahlreiche hilfreiche Illustrationen.
- "Breed your own vegetable varieties" von Carol Deppe: Ein moderner Klassiker. Dieses englische Buch war der Anstoss für viele Amateurgärtner, mit dem Gemüsezüchten anzufangen. Es ist voll von spannenden Erzählungen und hilfreichen Erklärungen. Jedoch geht das Buch nur auf Gemüse ein.
- "Landrace Gardening" von Joseph Lofthouse: Du suchst nach einer “faulen” Art, um Gemüse zu züchten? Dann ist dieses, vielleicht etwas eigenwillige, aber sehr einfach zu verstehende, Buch von Joseph Lofthouse auf Englisch, sicher für dich. Es hat zahlreiche Farbfotos und viele Geschichten.
- "Plant Breeding for the Home Gardener" von Joseph Tychonievich: Ein Buch, welches sich der Zierpflanzen Züchtung annimmt und versucht, ohne komplizierten technischen Jargon auszukommen. Dieses verständlich geschriebene englische Buch ist perfekt für Einsteiger ins Thema Pflanzenzüchtung.
Suche den Kontakt zu Gleichgesinnten
Egal ob Orchideenliebhaber oder Carnivoren Fans oder auch Permakultur-Freunde, für jeden gibt es irgendwo eine Gruppe Gleichgesinnter, die sich gerne zum Thema austauschen, Hilfe und Ratschläge geben. Diese Gruppen sind super, wenn du Hilfe für deine Hobby Züchtung suchst. Du findest sie in Online-Foren wie dem Open Source Plant Breeding Forum, in Facebookgruppen wie "Plant Breeding for Permaculture", Pflanzengesellschaften wie der Deutschen Orchideen-Gesellschaft oder einfachen WhatsApp Gruppen. Scheu dich nicht, Kontakt aufzunehmen. Die meisten anderen Hobbyzüchter freuen sich, mit anderen Pflanzenverrückten auszutauschen und ihr Wissen weiterzugeben
Eigene Sorten schützen lassen und verkaufen?
Um es gleich vorweg zu sagen: Hobby Pflanzenzüchtung ist kein Weg, um schnell reich zu werden. Erstens braucht es meist recht lange, bis man eine gute neue Sorte bekommt. Und selbst wenn man eine herausragende neue Sorte hat, heisst das noch lange nicht, dass irgendjemand diese kaufen möchte. Falls du offiziell Sortenschutz für deine neue Sorte beantragen willst, kannst du das machen. Jedoch ist dies ein aufwendiger, langwieriger und auch teurer Prozess und macht in 90% der Fälle keinen Sinn. Es ist meist besser, einfach deine Sorte so an Freunde, Verwandte und Nachbarn weiterzugeben und ihnen damit eine Freude zu machen. Falls du dennoch eine deiner Sorten in grösseren Umlauf bringen willst, dann kontaktiere am besten Unternehmen, welche auf diese Pflanzenarten spezialisiert sind. Sie können dir meist weiterhelfen. Also zum Beispiel eine auf Kletterpflanzen spezialisierte Baumschule für deine neue Clematissorte oder Lubera für eine ungewöhnliche neue Obst- oder Beerensorte. ;-)
Der gute Rat zum Schluss: Den Spass nicht vergessen
Pflanzenzüchtung kann wie jedes Hobby ausarten. Deshalb vergesse das Wichtigste nicht: Es ist ein schönes Hobby und sollte Spass machen. Verzweifle nicht, wenn aus deinen Samen mal nichts geworden ist oder wenn Mäuse deine Pflanzen auffressen. Freue dich an allem was klappt und lerne, über Fehler zu lachen. Teile bereitwillig mit anderen und lass dich nicht zu einem Konkurrenzkampf hinreissen. Freue dich an den tollen Pflanzen!
Wie geht’s weiter?
Fang einfach an! "Learning by doing" ist die beste Devise. Mit der Zeit wirst du schon alles herausfinden. Hast du Fragen? Oder hast du schon mit der Züchtung begonnen? Super! Ich würde liebend gerne von deinen Ergebnissen und Fortschritten lesen. Schreibe einfach hier in die Kommentarspalte und erzähle uns von deinen Erlebnissen.