Ranka kämpft mit Wühlmäusen, wehrt sich gegen gefrässige Amseln, erklärt den Kaninchen den Krieg, hat die Kraut- und Braunfäule im Garten und erntet trotzdem. Zufall oder TLC?
Manchmal möchte man ja echt verzweifeln, die Schaufel ins Gras werfen, einfach nur heulen und dann fliehen – am besten auf eine einsame Insel im Pazifik ohne Wühlmäuse, ohne Karnickel, ohne Amseln und einfach nur noch Kokosnüsse ernten und in einer Schilfhütte am Strand leben. Am besten auch gleich ohne Nachbarn.
All‘ das habe ich nähmlich zu Hause im Überfluss und im Überdruss – sozusagen. Nur mal kurz zum Einstieg: Ich habe dieses Jahr eine 'Susette', eine 'Glasperle', eine 'Black Marble' und eine 'Rosa Sport' an die Wühlmäuse verloren. Dazu zwei Stachelbeerbüsche 'Nibbling' ('Darling' kämpft noch um ihr Leben) und meine alte Freundin, die 'Circe' sieht auch nicht so wahnsinnig gesund aus. Egal, wo ich hintrete im Garten, sinken die Füsse ein. Jupp, überall! Meine Morgenroutine im Garten (vor dem Wässern) sieht so aus: Ich ziehe schwere, knöchelhöhe Arbeitsstiefel an und trampele wie eine Verrückte auf meine Beete ein! Muss herrlich aussehen, so eine Art Hexentanz, mit wehenden Haaren und Flüche murmelnd. Aber leider kann ich nicht hexen. Ich muss also weiterhin mechanisch die Wühlmausgänge runtertreten vor dem Wässern, ansonsten würde das kostbare Wasser einfach in die Gänge laufen und dabei die schöne Komposterde sonstwo hin schwemmen.
Bild: Die letzte Ernte von Darling, kurz vor der Notoperation (Transplantation) zur Rettung vor den Wühlmäusen - mit Blüten von der Peruanischen Wildtomate
Das ist meine Realität seit vielen Wochen und nun habe ich gestern Abend auch noch Karnickel im Garten überrascht. Genug ist genug! Die sind noch schlimmer!
Gegen die Amseln war ich aber erfolgreich – ein kleiner Lichtblick. Mein angetrauter Hilfsgärtner und ich haben einen hässlichen, aber praktischen "Fruit-Cage" um die Blaubeeren gebaut, so dass die jedenfalls sicher sind. Die wachsen seit Jahren in Töpfen, vollkommen sicher vor marodierenden Wühlmäusen, juchu, endlich mal ein Sieg im Garten-Kampf! Der ist nämlich äusserst real. Ich werde jedenfalls nicht klein beigeben, ihr vermaledeiten, vierbeinigen Mistviecher, hört ihr mich? Zieht euch warm an!
Bilder: Zwei mal Fruit-Cage, selbst gebastelt - nicht schön, aber praktisch. Einmal für grosse Blaubeeren (wie z.B. Blueroma) und einmal für kleine (u.a. Bluesbrothers).
Bild: Blueromas (und andere) gerettet vor den Amseln, zusammen mit Hapet Dahlie
Was die Wühlmäuse betrifft, werde ich mit dem Trampeln weitermachen und alles etwas weiter auseinander pflanzen, so dass ich besser den Hexentanz aufführen kann (und um den Mäusen keine unnötigen Verstecke zu bieten). Ich werde auch nicht mehr mulchen, das lieben sie nämlich ganz besonders. Gift kommt leider nicht in Frage, nicht weil ich etwas dagegen hätte, nee, nee. Wenn es um meine geliebten Pflanzen geht, werde ich rabiat, (ohauaha, sagt das bloss keinem weiter). Aber da die Wühlmäuse auch die angrenzende Koppel und die Gärten der Nachbarn verwüsten, hat es keinen Zweck, die Chemiekeule zu schwingen. Apropos: Der Freund eines Freundes – seines Zeichens Kammerjäger – meinte doch tatsächlich, gegen Wühlmäuse gäbe es nichts. Man könne höchstens WC-Tabs in die Gänge legen, denn diese mögen sie nicht riechen (wer mag das schon?). Nein danke, ich will keine Johannisbeeren oder Stachelbeeren mit WC-Tab-Geschmack essen!
Eine befreundete Gärtnerin aus Australien empfahl mir, Süsskartoffeln zu pflanzen. Wenn die Wühlmäuse die essen, würden ihre Mägen explodieren! Nun, das funktioniert vielleicht mit australischen Mäusen, aber garantiert nicht mit unseren.
Bleibt also das Trampeln und das hoffen, dass etwas überlebt und nicht alles dahinsiecht mangels Wurzeln. Gärtnern ist eben IMMER auch hoffen, kennt ihr doch auch, oder?
Meine grösste Hoffnung dieses Jahr waren meine Tomaten, denn die habe ich gegen alle Vernunft gekauft und gepflanzt. Erstens die neuen Heirloom-Sorten von Lubera auserwählt (ein No-Go, weil sie draussen im Freiland wachsen müssen, weil ich im kühlen, windigen oftmals bedeckten Norden wohne und weil ich eine fürchterliche Tomaten-Mama bin, Asche auf mein Haupt). Erstmal habe ich viel zu viele gekauft, dann standen sie viel zu lange in ihren winzigen Töpfen, bis das Wetter endlich mal gut genug zum Pflanzen war, dann kamen sie ohne Langzeitdünger in viel zu kleine Pflanztaschen, standen viel zu eng beisammen, bekamen immer zu wenig Wasser, wurden nicht ausgegeizt und auch nicht zusätzlich mit Flüssigdünger verwöhnt. Es kam wie es kommen musste, die Blätter wurden krank und gelb und ich schnippelte sie einfach ab (kurz vorm Regen, ein weiteres No-Go).
Bild: Strauchtomate Lizzano - trägt so viel, dass die Zweige sich zum Boden neigen!
Und was machen diese malträtierten Heirlooms aus den warmen Gefilden der USA in meinem nordisch-kühlen Garten? Sie überleben!!!! Ja, sie blieben klein (wir hatten es im Juni/Anfang Juli durchgehend kalt und bedeckt hier), sie blühten im Verborgenen (unter den vielen Geiztrieben, die ich eigentlich hätte ent-geizen sollten) und jetzt, nach ein paar Tagen Hitze zeigen sie tatsächlich die ersten Tomaten! Ich kann es gar nicht fassen!
Bild: Heirloom-Tomate 'Black Beauty' - das schönste Schwarz aller Tomaten! Aber aber allerschönsten unreif, wenn das Schwarz noch mit Grün gemischt ist (siehe Titelbild). 'Black Beauty' war erstaunlicherweise die Früheste hier, sie bildete Tomaten, als es noch kalt war.
Bilder: 'Heirloom-Tomate 'Brads Atomic Grape' - wunderbare, absolut einzigartige Farbentwicklung. Die grosse Tomate besteht aus drei kleinen Atomic Grapes, die durch eine Laune der Natur (deformierte Blüte) zusammen gewachsen sind.
Ich habe jetzt einen zweiten Schwung kranker Blätter abgeschnitten und ansonsten nichts getan (ausser Wasser aus dem Schlauch gegeben oder eher gespritzt) und tue nun nichts weiter als die sich zaghaft und vorsichtig erblühenden Schönheiten zu bewundern. Sie kriegen zwar keinen Dünger, aber jede Menge TLC (englisch für "Tender love and care"). Ich streichele sie, lobe sie, ermutige sie, sich zu entfalten (und nein, küssen tue ich sie nicht, noch nicht jedenfalls, das behalte ich als Ass im Ärmel, wenn nichts anderes mehr helfen sollte). ;-)
Bild: Heirloom-Tomate 'Barry's Crazy Cherry' - noch unreif aber schon mit schönen Spitzen, herrliche Farbe und Form
Bild: Heirloom-Tomate 'Orange Wellington' - die Fleischtomate die noch gar nicht so orange ist und noch reifen muss
Bild: Heirloom-Tomate 'Chocolate Pear' - noch gar nicht schokoladig, sondern grün und unreif aber nicht weniger schön
Die unreifen Tomaten sind so schön, dass ich sie gerne ewig so hätte. Es wären die perfekten Zierpflanzen. Ach ja, meine Peruanische Wildtomate ist so eine wunderbare Zierde des Gartens. Noch keine Tomaten und haufenweise gelbe Blätter (auch alle abgeschnippelt) und siehe da, sie blüht und blüht und blüht (wächst in den Himmel) und sieht neben dem lilafarbenen Ziest einfach traumhaft aus. Meinetwegen kann sie einfach weiterblühen bis zum Winter.
Bild: Die Peruanische Wildtomate am Spalier - eine wunderbare Zierpflanze
Und die ersten Auberginen lassen sich auch schon blicken. Nicht die, die eigentlich am robustesten sein sollten, sondern die japanische 'White Egg', trotz der Kälte der letzten Wochen. Grandios! Das versöhnt mich wieder mit all den Verlusten im Garten. "You loose some and you win some", sagt meine Gärtnerfreundin aus Kalifornien immer in ihren Youtube-Videos über ihren Gemüseanbau im urbanen Garten (die bauen mich auf, wenn ich abends mal schlechte Laune habe wegen verlorener Schlachten im Garten).
Aber Durchhalteparolen helfen nicht immer. Ich finde – nach all meinem Herzeleid – dass es Pflanzen auf Rezept geben sollte. Die Krankenkassen haben das Potential dieser "Medikamente" nur noch nicht erkannt! Bei Herzrasen, Panik und Wut einfach ein paar Beerensträucher oder Tomatenpflanzen verschreiben lassen und dann pflanzen! Kommt bestimmt wesentlich billiger, als fortlaufend Beta-Blocker oder Psychopharmaka zu kaufen. Und wenn Wühlmäuse was totknabbern, dann bitteschön ein Folgerezept. Wir wollen ja nicht, dass der Blutdruck wieder steigt! Ich werde mal meine Krankenkasse anschreiben und darum bitten, ein paar Johannisbeersträucher und Stachelbeerbüsche von Lubera verschrieben zu bekommen. Wer weiss, vielleicht wird sich diese Therapie auf Krankenkassenkosten bald durchsetzen. Ich melde mich freiwillig für den Pilotversuch. ;-)
Unser Garten
Es stimmt , der Garten ist die beste Medizin. Liebe Grüße und nie den Mut verlieren, Ulrike Kreis
Herzliche Grüße.......... Ranka.