Oh mein Gott - müssen das wirklich 13 Tipps sein? Nicht wegen der Unglückszahl, aber eigentlich ist doch der Rhabarber so eine einfache und genügsame Pflanze, er wächst fast ohne Zuwendung und trotzdem offeriert er jedes Frühjahr wieder die erste Frucht des Jahres... Was will man da mehr? Wenn Sie nun überlegen Rhabarber zu kaufen und im Garten anzubauen, finden Sie in unserem Gartenshop eine grosse Auswahl an pflegeleichten Pflanzen.
Vielleicht ist DAS das eigentliche Problem des Rhabarbers, dass wir manchmal im Garten etwas zu viel von ihm wollen, ohne viel zu geben. Vor knapp zwei Wochen am Ippenburger Frühlingsfestival sprach mich eine Besucherin auf ihre Rhabarberprobleme an. Ja ihr Rhabarber wolle einfach keine starken Stiele produzieren, die Stängel seien zu wenige und viel zu klein. Auf meine Frage, ob sie denn geerntet habe, meinte die Kundin: Ja natürlich, sie habe feinsäuberlich alles abgeerntet und trotzdem wolle die Pflanze einfach nicht mehr so richtig...
Hand aufs Herz: ist das nicht auch unsere Haltung gegenüber dieser geduldigen Gartenpflanze: Viel (zu viel) zu nehmen, ohne zu geben? Dass das so nicht geht, wüssten wir eigentlich...
Deshalb folgen jetzt also, gleichsam zu Erinnerung und Besserung, 13 Rhabarbertipps. Und neuerdings fällt es auch viel leichter, die frühlingsgetriebene Gartengier dem Rhabarber gegenüber etwas zu zügeln: mit dem neuen Herbst-Rhabarber Livingstone haben wir eine neue Sorte zur Verfügung, die im Sommer und vor allem auch im kühleren Herbst nochmals gute Erträge bringt, und deshalb Druck von der Frühlingsernte nimmt.
1. Expostition
Rhabarber wollen Halbschatten bis Sonne. Vielfach liest man, dass die Exposition sonnig sein müsse, ich habe aber im eigenen Garten die Erfahrung gemacht, dass Schatte am Vormittag und etwas Nachmittagssonne auch reichen... Bei frühen, meist grünen Sorten, die man einfach für den ersten Schnitt kultiviert und die vielfach auch sehr dicke Stiele machen (z.B. Early Green) ist auch eine Kultur im Schatten gut machbar. Hier sollte man sich aber vor allem auf die erste frühe Ernte beschränken und dann die Blätter der Pflanze zur Stärkung überlassen.
2. Rhabarber pflanzen und Erntebeginn
Heute werden auf dem Markt meist nicht mehr kleine wurzelnackte Rhizome, sondern Containerpflanzen angeboten. Wir produzieren diese sogar im grossen 5lt Topf, das heisst, wir können schon ein relativ grosses Rhizom eintopfen. Aber auch bei unseren aussergewöhnlich starken Pflanzen empfehlen wir, im ersten Jahr nicht zu ernten und erst im zweiten Standjahr vorsichtig mit dem Schnitt zu beginnen.
3. Geben und Nehmen
Nur wenigen ausdauernden Kulturpflanzen nehmen wir so viel weg wie dem Rhabarber. Also müssen wir auch zurückgeben. Es macht deshalb Sinn, den Rhabarber im frühen Frühling, knapp vor Vegetationsbeginn mit Kompost und verrottetem Stallmist, eventuell unterstützt von Hornspänen, zu düngen. Nach der Ernte soll die Düngung (etwa auf die Hälfte reduziert) wiederholt werden.
4. Erntemedthode
Die Stängel werden mit Vorteil abgedreht und nicht abgeschnitten. Dies entspricht der von der Natur vorgesehenen Sollbruchstelle und verhindert das Eindringen von Krankheiten und Fäulnis.
5. Erntemenge
In einem Erntegang sollte man nie mehr als 1/3 der Stiele abernten. Im Frühling bei den klassischen Rhabarbersorten und im Herbst beim Herbst-Rhabarber Livingstone kann dieser Vorgang ca. alle 4-5 Wochen wiederholt werden, aber nur wenn man sieht, dass sich in der Zwischenzeit genügend neue Stängel entwickelt haben.
6. Erntezeit
Bei den klassischen Rhabarbersorten endet die Ernte mit dem längsten Tag; vielfach wird dafür das Ansteigen der Oxalsäure als Grund angeführt; was aber bei normalem Verzehrmengen ziemlich unwichtig ist. Entscheidender ist, dass wir der Pflanze genügend Assimilisationsfläche für die Vorbereitung des Winters lassen müssen... Beim Herbst-Rhabarber Livingstone kann nach einer kleinen Pause im Sommer (ca. 6 Wochen) im Spätsommer und Herbst wieder mit der Ernte begonnen werden. Auch hier aber gilt die 1/3 Regel: nie mehr als 1/3 der vollentwickelten Stiele abernten.
7. Blütenstände entfernen
Sobald sich ein Blütenstand entwickelt, wird dieser entfernt. Ansonsten würde die Pflanze prioritär den Blütenstand und die Samenentwicklung fördern - und die Blätter und Stängel kämen zu kurz.
8. Rhabarbermüdigkeit
Nach ca. 6-10 Jahren wird häufig festgestellt, dass die Rhabarberpflanze ermüdet, dass der Ertrag und auch die Stielqualität weniger wird. Das immer breiter und dicker werdende Rhizom steht sich sozusagen selber im Weg und die mit dem Rhizom verbundene bodenbürtige Fauna und Flora beginnt das Wachstum zu behindern - ein Vorgang, den wir gut von der Bodenmüdigkeit bei Rosazeen kennen. Schon in der evolutionären Entwicklung der Rhabarberpflanze wurde die Samenvermehrung wegen der grösseren geographischen Verbreitung und der Variabilität wohl gegenüber der Rhizomvergrösserung bevorzugt. Wenn man also eine langsame Degeneration feststellt, ist es an der Zeit, das Rhizom in der Vegetationsruhe auszugraben, mit einem scharfen Messer zu zerschneiden und dann an einem neuen Ort wieder einzupflanzen. Achten Sie darauf, dass Sie nur Rhizomteile pflanzen, die mindestens ein deutliches Auge, einen Blattansatz enthalten.
9. Alternative Vermehrung und Umpflanzung im Sommer
Wir haben in der Vermehrung festgestellt, dass wir mit der Sommervermehrung manchmal fast die besseren Resultate erzielen als mit der Wintervermehrung. Und das geht so: In dem Vermehrungsjahr wird der Rhabarber fast nicht mehr geerntet, soll er doch möglichst stark werden. Im Juni werden alle Blätter entfernt, das Rhizom wird vorsichtig ausgegraben und dann mit einem scharfen Messer (nicht mit dem Spaten!) aufgeschnitten und getrennt, danach werden die einzelnen Teile an neuen Gartenorten wieder eingegraben. Manchmal treiben sie dann nochmals aus, manchmal auch nicht, aber in 95% der Fälle treiben sie im folgenden Frühjahr wieder gesund und frisch aus. (Es versteht sich von selbst, dass wir dieses Selbervermehren nur empfehlen, wenn Ihre Pflanzen auch nach 5-10 Jahren noch besonders gut und gesund ist, auch Viren können zu einer Degeneration der Rhabarberpflanzen führen.)
10. Essbare Pflanzenteile
Gekocht und genossen werden nur die Rhabarberstiele, nicht die Blätter. Bei letzteren ist der Oxalsäuregehalt zu gross.
11. Schälen der Rhabarber
Rhabarberstängel werden vor dem Kochen geschält, dafür wird meist auch der höhere Oxalsäuregehalt in der Stängelhaut als Grund angegeben, was teilweise zutrifft. Viel entscheidender ist aber, dass die Haut meist zu faserig ist und so das Esserlebnis negativ beeinflussen würde. Übrigens: Beim fachgerechten Ausdrehen der Stiele befindet sich unten am Stiel meist ein weisser Teil; der soll ebenfalls vor dem Kochen und weiteren Verarbeiten weggeschnitten werden.
12. Erntereife
Rhabarber sind zur Ernte bereit, wenn das Blatt zwischen den Blattspreiten nicht mehr so stark gewellt und gekräuselt ist und wenn sich der Stiel unter dem eigenen Gewicht etwas nach aussen lehnt. Werden die Rhabarberstiele zu spät geerntet, sind sie meist auch sehr faserig.
13. Rhabarber verfrühen
Rhabarber können ganz leicht verfrüht werden. Dies lohnt sich am ehesten mit sehr frühen grünen, dickstieligen Sorten wie Early Green. Bei einer Abdeckung mit einem kleinen Plastiktunnel entwickelt sich die Ernte ca. 3-4 Wochen früher. Ganz einfach ist auch die englische Methode: Ende Februar oder März wird ein grosser Tontopf oder einfach auch nur ein grosser schwarzer Plastikkopf über die Rhaberknospen gestülpt. In diesem wärmeren und dunklen Mikroklima entwickeln sich schnell feine gebleichte Stängel, die auch weniger Oxalsäure enthalten.
Oxalsäure
Täglich zweimal würde ich allerdings nicht Rhabarber essen - dafür gibt es auch andere Gründe als nur die Ocxalsäure....
Alles ist eine Frage der Dosis,
Markus Kobelt