Der Aufruf, Lubera-Fragen zu stellen, hat funktioniert. Herzlichen Dank an alle Einsenderinnen und Frager. Wir werden dann im nächsten Newsletter die spannendsten Fragen publizieren. Vor allem werde ich über die folgenden Wochen immer wieder auf diese Fragen zurückgreifen, um eine Artikel-Serie über uns selber zu schreiben.
Inhaltsverzeichnis
Frage an Lubera
Im ersten Lubera-Editorial zu Lubera Themen geht es um 'Geschäft und Leidenschaft' (das wäre ja direkt ein Titel für eine süchtig machende Netflix Serie…)
Tina schreibt: "Mich würde mal interessieren, was eigentlich deine treibende Kraft ist für Lubera. Ist es schlicht und einfach nur der Profit (was ja völlig legitim ist) oder sind es doch Werte wie die Liebe zu den Pflanzen, Experimentierfreudigkeit, etwas Gutes für die Menschheit/ Natur zu schaffen oder, oder, oder….?"
Antwort von Lubera
Ich beginne meine Antwort mit einer Geschichte: Als ich vor 30 Jahren mit Lubera begann, hiess das Ganze noch Rhein-Baumschulen und ich produzierte zu Beginn vor allem Obstbäume für den Erwerbsanbau. Ich hatte schon während des Studiums (Obst- und Weinbau-Ingenieur in Wädenswil) davon gehört, dass östlich des Eisernen Vorhangs schorfresistente Äpfel gezüchtet würden und hatte auch mit einigen Züchtern Kontakt aufgenommen. Schon bald nach 1989 war ich unter anderem in Dresden-Pillnitz, bei Prof. Christa und Manfred Fischer, um ihre Züchtungen zu begutachten, eher zu bewundern und dann in der Schweiz mit der Vermehrung zu beginnen. Ich war felsenfest davon überzeugt, jeder und jede würden schorfresistente Apfel anbauen, verkaufen und auch kaufen, wenn man dabei weitgehend auf den Einsatz von Fungiziden verzichten könne. Einige Jahre zuvor hatte ich auf einem Versuchsbetrieb gearbeitet, wo wir im Hochsommer den heissen Sommernachmittag auf dem Bodensee, den Abend aber auf dem Traktor beim Spritzen verbrachten.
Wieviel schöner hätte der Sommer noch sein können ohne Spritzen?
Meiner Sache sicher produzierte ich mutig 100’000 resistente Apfelbäume – die gar niemand wollte. Ich hatte in meiner Naivität vollkommen unterschätzt, ja ausgeblendet, dass Apfelbäume von Baumschulen produziert werden, aber Äpfel von Obstbauern, die diese wiederum über Lagerhalter und Zwischenhändler an Lebensmittelketten verkaufen. Und da hatte gar niemand Interesse an diesen neuen Sorten. Warum sollten sie auch? Der Obstbauer produziert lieber bekannte Sorten, der Handel vergleicht seine Wochenzahlen und Aktionen mit dem Vorjahr, neue Produkte machen das Leben nur viel komplizierter. Erst jetzt, 30 Jahre später finden die ersten schorfresistenten Apfelsorten langsam Eingang in den Handel. Im Bioanbau allerdings, da bleibt der Apfel Gala, der mehr oder weniger für alles anfällig ist, die mit Abstand am häufigsten angebaute Sorte.
Natürlich rief ich über die Unzulänglichkeit der Welt aus, die meine Äpfel und Apfelbäume nicht wollte, aber das war schlicht und einfach mein Fehler. Ich hatte viel zu wenig Geschäftssinn gezeigt; ich hatte zu stark darauf gesetzt, dass die Obstbauern meine Apfelsorten kaufen MÜSSEN, dabei aber zu wenig bedacht, warum sie sie wirklich kaufen WOLLEN… Sie wollten nicht, weil ihre Abnehmer und deren Endkonsumenten gar nichts anderes wollten, als das, was sie schon kannten. Und damit das so blieb – ich übertreibe jetzt natürlich ein bisschen – bekamen sie auch nichts Anderes und Neues zum Essen.
Profit
Was ich daraus lernte – aber nicht sofort, sondern erst über die Jahre: Die Leidenschaft für ein Produkt, für eine Pflanze, in diesem Falle für schorfresistente Apfelsorten ist gut, sie nützt aber gar nichts, wenn ich dafür keinen Kunden finde, der mir das abkaufen möchte. Ich weiss, nicht gerade eine Erkenntnis der Raketenwissenschaft, ziemlich banal…
Und eigentlich – auch das wusste ich zu Anfang nicht so richtig mit allen Konsequenzen – muss man dabei auch Gewinn (Profit) machen, denn sonst bleibt das Geschäft stehen und die Leidenschaft, ja, die ist irgendwann nur noch damit beschäftigt zu überleben – und erlischt. An der Geschichte mit den ersten schorfresistenten Apfelsorten bin ich übrigens fast pleite gegangen.
Ist der Profit nun zu einer wichtigen Antriebsfeder von Lubera und Markus Kobelt geworden? Im ganz praktischen Sinne schon: Ohne Profite hätten wir keine Baumschule in Deutschland aufbauen können, ohne Profite wäre die französische Plattform lubera.fr unmöglich, ohne Profite würden wir jetzt auch nicht… den Betrieb in der Schweiz neu bauen.
Die Freuden des Wachstums
Aber die Gewinne sind es nicht, die mich und meine Firma antreiben. Es ist viel eher der Spass, die Freude, etwas zu schaffen und zum Wachsen zu bringen. Auch wenn es ziemlich lange dauert. Vielleicht ist Dauer auch eine Qualität an sich.
Überhaupt 'Wachsen': Das hängt auch mit dem Obstbauer und Gärtner in mir zusammen. Meine Pflänzchen müssen wachsen. Es geht gar nicht anders. Ich habe in den letzten Jahrzehnten ganz einfach gelernt, dass es den Mitarbeitern, der Firma und mir immer gut ging, wenn wir wuchsen, und dass es deutlich weniger Spass machte, wenn wir stagnierten oder sogar schrumpften. Dank Wachstum gibt es einfach für alle mehr zu verteilen. Ich kenne natürlich das Gerede über die Grenzen des Wachstums, global und individuell, aber für meine Zeit ziehe ich es vor, beim Wachstum zu bleiben. Als Gärtner verstehe ich ja auch etwas davon, fast mehr noch als vom Profit…
Die Liebe zu den Pflanzen
Ich bin nicht ganz sicher, ob ich so etwas wie eine spezielle 'Liebe zu den Pflanzen' besitze. Aber negativ gedreht geht es besser: Als Kind und Jugendlicher habe ich regelmässig auf dem Hof meiner Tante gearbeitet, und da hasste ich es, mich im Stall mit den Tieren abzuplagen; dagegen liebte ich das Aussäen, Pflegen und Ernten der Pflanzen, auf der Kartoffelsteckmaschine, beim Karottenernten, das Stäben und Aufbinden der Hochstämme, die meine Tante produzierte. Vielleicht empfand ich die Tiere als zu menschlich, störrisch, uneinsichtig, neidisch (die Rinder, die unablässig aus der Krippe der Nachbarin fressen). Wahrscheinlich ist es aber nicht so, dass die Tiere uns Menschen ähneln, eher sind wir Menschen schlicht und einfach … auch Tiere.
Jedenfalls empfand ich die Pflanzen als 'anders'. Sie l e b e n, aber ganz anders als Menschen und Tiere. Und natürlich können wir sie auf den ersten Blick besser manipulieren, sie können nicht wegrennen, und sie reden nur ganz selten. Erst über die Jahrzehnte habe ich dann kapiert, dass die Pflanzen die eigentlich dominierende Lebensform darstellen und unser Leben prägen. Meine frühe und für die Tiere etwas ungerechte Priorisierung der Pflanzen war also wohl richtig.
Wollen wir bei Lubera auch etwas Gutes schaffen?
Wir laufen nicht permanent mit der Aufschrift 'Achtung! Wir tun Gutes' herum! Wir lassen auch keine wie auch immer realen oder virtuellen Bäume pflanzen, wenn jemand von uns Pflanzen kauft, und wir haben als Firma auch keinen systematischen Spendenansatz. Wir glauben zu wissen, dass wir in der privilegierten Position sind, fast automatisch Gutes zu tun. Zumindest ein bisschen… Eine Pflanze ist immer besser als keine Pflanze, und aus menschlicher Sicht sind essbare Pflanzen vielleicht noch ein bisschen besser als die übrigen Pflanzen. Indem wir Pflanzen produzieren und verkaufen, tun wir etwas Gutes.
Aber wie schon gesagt: Das alles funktioniert nur, wenn wir Kunden finden und Geld verdienen.😉
Kauft Pflanzen – gerne auch von uns!
Herzliche Grüsse
Markus Kobelt